Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von § 15 Abs. 3 ErbStG bei Berliner Testament mit Änderungsrecht des überlebenden Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament, durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen (Berliner Testament), dem überlebenden Ehegatten das Recht eingeräumt, die Schlußerbenfolge sowie die Verteilung des Nachlasses zu ändern, so bleibt § 15 Abs. 3 ErbStG zugunsten des Schlußerben insoweit anwendbar, als der überlebende Ehegatte durch eine spätere Verfügung von Todes wegen die Erbquote des Schlußerben nicht verändert hat.

Macht der überlebende Ehegatte von seinem Recht auf Änderung dadurch Gebrauch, daß er abweichend vom gemeinschaftlichen Testament einem Schlußerben, dessen Erbquote als solche unverändert bestehen bleibt, ein Vorausvermächtnis aussetzt, kann für diesen Vermächtniserwerb § 15 Abs. 3 ErbStG nicht angewandt werden.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 2, § 15 Abs. 1, 3, § 16 Abs. 1, § 19 Abs. 1; BGB § 2255 S. 1, § 2269

 

Verfahrensgang

FG Köln (Dok.-Nr. 0139194; EFG 1997, 21)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) wurde zu 1/8 Miterbin der 1993 verstorbenen Erblasserin, der Ehefrau des vorverstorbenen Onkels (Bruders der Mutter) der Klägerin. Die Erblasserin hatte mit ihrem Ehemann 1972 gemäß § 2269 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein handschriftliches sog. Berliner Testament mit folgendem Wortlaut aufgesetzt:

"Gemeinsames Testament.

Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein und sind uns darüber einig, daß unser gesamtes Vermögen nach dem Tode des Letztlebenden ausschließlich der Familie des Ehemannes zufallen soll.

Als Richtlinie für die Verteilung des Vermögens soll das anliegende als 'Testament' bezeichnete Schriftstück vom 18. Dezember 1969 gelten, wobei Streichungen und Änderungen dem Letztlebenden vorbehalten bleiben."

In dieser in Bezug genommenen Aufstellung waren u.a. die Klägerin und ihre Schwester als Erben zu je 1/8 des Letztversterbenden bestimmt; in Anrechnung auf ihren Erbteil sollten beide zu je gleichen Teilen zwei Hausgrundstücke erhalten, "welche zu den neuen Einheitswerten per 1.I.64" zuzüglich 50 v.H. anzusetzen seien.

Die Erblasserin machte nach dem Tode ihres Ehemannes in vier notariell beurkundeten Verfügungen von Todes wegen vom 9. Mai 1984, vom 30. August 1985, vom 5. September 1989 und vom 22. April 1991 von ihrem Umgestaltungsrecht Gebrauch; u.a. ermäßigte sie in ihrer letztwilligen Verfügung vom 30. August 1985 den Erbteil einer als Miterbin zu 1/8 eingesetzten Nichte auf 1/16. In ihrer letztwilligen Verfügung vom 5. September 1989 ergänzte die Erblasserin ihre "bisher errichteten Testamente" u.a. insoweit, als sie der Klägerin und ihrer Schwester "im Wege des Vorausvermächtnisses" je eine Eigentumswohnung "zusätzlich zu den den Begünstigten zustehenden Erbteilen", die unverändert blieben, vermachte.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte zunächst mit vorläufigem Bescheid vom 8. Juni 1994 gegen die Klägerin Erbschaftsteuer in Höhe von 179 892 DM fest. Dabei ging es von einem anteiligen Nachlaßerwerb entsprechend der Erbquote von 1/8 in Höhe von 362 749 DM sowie dem Vorausvermächtnis mit einem Wert von 113 680 DM, insgesamt also von 476 429 DM aus und legte der Steuerfestsetzung die im Verhältnis zur Erblasserin maßgebende Steuerklasse IV gemäß § 15 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung zugrunde. Die Anwendung der im Verhältnis zum vorverstorbenen Ehemann der Erblasserin maßgebenden Steuerklasse III gemäß § 15 Abs. 3 ErbStG lehnte das FA ab, da die Erblasserin das ursprüngliche gemeinsame Testament hinsichtlich des der Klägerin zustehenden Anteils verändert habe.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 21 veröffentlichten Urteil die Auffassung vertreten, daß im Streitfall die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 ErbStG erfüllt seien; unstreitig stamme das gesamte, beim Tode der Erblasserin vorhandene Vermögen vom vorverstorbenen Ehemann. Zwar sei der Erblasserin in dem gemeinsamen Testament das Recht zu Änderungen und Streichungen eingeräumt worden, doch habe insoweit eine strikte Bindung an das Testament bestanden, als das Vermögen --unabhängig von der Verteilung im einzelnen-- ausschließlich der Familie des Ehemannes zufallen sollte. Damit verdanke die Klägerin ihre Stellung nicht einer freien Willensentschließung der Erblasserin, sondern der "im gemeinsamen Testament als maßgeblich festgeschriebenen Verwandtschaftsstellung zum Ehemann der Erblasserin". Dies führe zur Anwendung der Steuerklasse III, da die Klägerin eine Nichte des Ehemannes der Erblasserin sei.

Mit der Revision macht das FA geltend, das angefochtene Urteil verletze § 15 Abs. 3 Satz 1 ErbStG. Eine Anwendung dieser Vorschrift scheide aus, wenn der zuletzt versterbende Ehegatte testamentarisch berechtigt gewesen sei, anderweitig zu verfügen, und er --wie im Streitfall-- in einer eigenen letztwilligen Verfügung von dieser Änderungsmöglichkeit Gebrauch gemacht habe.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA einen nach § 165 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten endgültigen Erbschaftsteuerbescheid vom 25. September 1996 erlassen; in diesem Bescheid hat es den Wert des Anteils von 1/8 des Nachlasses mit 353 624 DM und das Vorausvermächtnis --wie bisher-- mit einem Wert von 113 680 DM zugrunde gelegt und die Erbschaftsteuer auf 176 434 DM herabgesetzt. Die Klägerin hat diesen Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision des FA führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung. Denn Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war der vorläufige Erbschaftsteuerbescheid vom 8. Juni 1994. An dessen Stelle trat während des Revisionsverfahrens der nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 geänderte endgültige Bescheid vom 25. September 1996, der verfahrensrechtlich ein neuer Verwaltungsakt war (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juli 1988 II R 164/85, BFHE 154, 13, BStBl II 1988, 955, m.w.N.). Da dem Urteil der Vorinstanz der nicht mehr existierende Erbschaftsteuerbescheid vom 8. Juni 1994 zugrunde liegt, kann es keinen Bestand haben (BFH-Urteile vom 10. April 1991 II R 118/86, BFHE 164, 448, BStBl II 1991, 620, und vom 14. November 1990 II R 126/87, BFHE 163, 218, BStBl II 1991, 556).

Durch den Antrag der Klägerin wurde der endgültige Erbschaftsteuerbescheid vom 25. September 1996 gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens. Im Streitfall bedarf es jedoch keiner Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 127 FGO, da die Sache spruchreif ist. Der vom FG festgestellte Sachverhalt reicht aus, um abschließend prüfen und beurteilen zu können, ob der zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gewordene Erbschaftsteuerbescheid vom 25. September 1996 rechtmäßig ist. Denn hinsichtlich der Streitfrage, ob der Erwerb der Klägerin von Todes wegen gemäß § 15 Abs. 3 ErbStG nach Maßgabe der Steuerklasse III oder der Steuerklasse IV zu besteuern ist, hat sich durch die Änderung des Erbschaftsteuerbescheids gemäß § 165 Abs. 2 AO 1977 kein neuer Sachverhalt ergeben (vgl. BFH-Urteile in BFHE 164, 448, BStBl II 1991, 620, und vom 23. Juni 1993 I R 31/92, BFH/NV 1994, 661). Mit der Aufhebung der Vorentscheidung fallen die Feststellungen des FG nicht weg. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so daß die tatsächlichen Feststellungen des FG bis zur Beendigung des Prozesses fortwirken und bestehen bleiben (s. BFH-Urteil in BFHE 163, 218, BStBl II 1991, 556).

2. Der erkennende Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

Die Klage ist insoweit begründet, als der Erwerb des Erbteils von 1/8 nicht nach Maßgabe der Steuerklasse IV, sondern gemäß § 15 Abs. 3 ErbStG nach Maßgabe der Steuerklasse III zu besteuern ist. Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament, durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen (Berliner Testament), dem überlebenden Ehegatten das Recht eingeräumt, die Schlußerbenfolge sowie die Verteilung des Nachlasses zu ändern, so bleibt § 15 Abs. 3 ErbStG zugunsten des Schlußerben insoweit anwendbar, als der überlebende Ehegatte durch eine spätere Verfügung von Todes wegen die Erbquote des Schlußerben nicht verändert hat. Macht jedoch der überlebende Ehegatte von seinem Recht auf Änderung dadurch Gebrauch, daß er abweichend vom gemeinschaftlichen Testament einem Schlußerben, dessen Erbquote als solche unverändert bestehen bleibt, ein Vorausvermächtnis aussetzt, kann für diesen Vermächtniserwerb § 15 Abs. 3 ErbStG nicht angewandt werden.

a) Im Streitfall hatten die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann in ihrem gemeinschaftlichen Testament bestimmt, daß der Nachlaß nach dem Tode des Überlebenden an Dritte fallen soll (sog. Berliner Testament). Bürgerlich-rechtlich ist bei einer derartigen Gestaltung im Zweifel anzunehmen, daß die Dritten für den gesamten Nachlaß als Erben des zuletzt Versterbenden eingesetzt sind (§ 2269 Abs. 1 BGB). Erbschaftsteuerrechtlich sind hingegen nach § 15 Abs. 3 ErbStG die mit dem zuletzt versterbenden Ehegatten näher verwandten Erben und Vermächtnisnehmer als dessen Erben anzusehen, soweit der überlebende Ehegatte an die Verfügungen des gemeinschaftlichen Testaments gebunden und soweit Vermögen des zuerst verstorbenen Ehegatten beim Tode des überlebenden Ehegatten noch vorhanden ist. Diese Vorschrift beruht auf der Überlegung, daß es unbillig ist, allein auf das Verwandtschaftsverhältnis zu dem zuletzt versterbenden Ehegatten abzustellen, soweit das dem Schlußerben anfallende Vermögen von dem zuerst verstorbenen Ehegatten stammt und der Erbe aufgrund seines Verwandtschaftsverhältnisses zu diesem Ehegatten in eine günstigere Steuerklasse fällt (vgl. BTDrucks VI/3418, S. 69); denn beim gemeinschaftlichen Testament mit Bindung des zuletzt versterbenden Ehegatten erwirbt der Schlußerbe nach dem Tode dieses Ehegatten die Erbschaft aufgrund des Willens beider Ehegatten. Aus dem Sinn und Zweck dieser Regelung hat der BFH in seiner Entscheidung vom 16. September 1982 II R 20/81 (BFHE 136, 552, BStBl II 1983, 44) gefolgert, daß die Anwendung des § 15 Abs. 3 ErbStG nicht ausgeschlossen ist, wenn dem überlebenden Ehegatten das Recht eingeräumt wurde, nach dem Tode des zuerst Versterbenden anderweitig zu testieren, er von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch gemacht hat. Denn auch in diesem Fall ist die Rechtsgrundlage für die Erbschaft des Schlußerben der in dem gemeinschaftlichen Testament niedergelegte Wille beider Ehegatten (BFH-Urteil vom 26. September 1990 II R 117/86, BFHE 162, 97, BStBl II 1990, 1067). An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest.

Im Streitfall bildet das gemeinschaftliche Testament der Erblasserin und ihres Ehemannes von 1972 insoweit die Rechtsgrundlage für den Erwerb der Klägerin, als diese den Nachlaß zu 1/8 geerbt hat (§§ 2253, 2258 Abs. 1 BGB). Zwar hat die Erblasserin von ihrem Recht, an der in diesem Testament vorgesehenen Verteilung des --von dem vorverstorbenen Ehemann ererbten-- Vermögens Streichungen und Änderungen vorzunehmen, nach dem Tode ihres Ehemannes durch vier, in den Jahren 1984 bis 1991 notariell beurkundete letztwillige Verfügungen Gebrauch gemacht und das gemeinschaftliche Testament mehrfach geändert. Sie hat jedoch die im gemeinschaftlichen Testament von 1972 festgelegte Erbquote der Klägerin von 1/8 nicht verändert. Die Erblasserin hat sich vielmehr trotz der ihr eingeräumten Änderungsbefugnis nicht von der mit dem vorverstorbenen Ehemann getroffenen Regelung der Erbquote gelöst, so daß die Bindung insoweit bestehen blieb. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Erblasserin die im gemeinschaftlichen Testament enthaltene Teilungsanordnung bezüglich des Grundbesitzes in ihrer letztwilligen Verfügung vom 5. September 1989 durch ein Vorausvermächtnis ersetzt und daß sie bezüglich einer weiteren im gemeinschaftlichen Testament als Erbin eingesetzten Nichte des vorverstorbenen Ehemannes durch letztwillige Verfügung vom 30. August 1985 die Erbquote von 1/8 auf 1/16 ermäßigt hat. Denn diese Änderungen berühren die zugunsten der Klägerin verfügte Erbquote als solche nicht. Soweit der Entscheidung in BFHE 162, 97, BStBl II 1990, 1067 die Auffassung zu entnehmen wäre, daß die Abänderung des gemeinschaftlichen Testaments durch die Einsetzung einer im gemeinschaftlichen Testament nicht genannten Person zur Schlußerbin stets dazu führe, daß die Erbeinsetzung auch insoweit auf einer eigenständigen Entschließung des letztversterbenden Ehegatten und nicht auf dem gemeinschaftlichen Testament beruhe, als die (unveränderte) Erbeinsetzung nach Person und Quote der im gemeinschaftlichen Testament getroffenen Regelung entspricht, hält der Senat hieran nicht mehr fest. Entscheidend ist vielmehr, daß der im gemeinschaftlichen Testament bestimmte jeweilige Erwerber und seine Erbquote bestehen bleiben, so daß ein Widerruf des Testaments in seiner Gesamtheit nicht anzunehmen ist (vgl. § 2255 Satz 1 BGB). Sind diese Voraussetzungen --wie im Streitfall-- erfüllt, ist bezüglich dieses Erbanfalls § 15 Abs. 3 ErbStG mit der Folge anzuwenden, daß der Besteuerung die im Verhältnis zum erstverstorbenen Ehemann geltende Steuerklasse III zugrunde zu legen ist.

b) Die Klage ist jedoch insoweit unbegründet, als die Klägerin die Anwendung der Steuerklasse III auch für den Erwerb des Wohnungseigentums aufgrund des ihr von der Erblasserin mit letztwilliger Verfügung vom 5. September 1989 ausgesetzten Vorausvermächtnisses begehrt. Denn dieses Vorausvermächtnis beruht auf einer eigenständigen Verfügung der Erblasserin, die damit der Klägerin zusätzlich zu ihrem Erbanteil von 1/8 Wohnungseigentum zuwenden wollte. Im gemeinschaftlichen Testament von 1972 fehlte eine entsprechende Regelung; dieses Testament enthält bezüglich des Grundbesitzes nur eine gemeinsam verfügte Teilungsanordnung, an die sich die Erblasserin jedoch nicht gehalten hat.

Entgegen der Auffassung des FG ändert hieran auch der Umstand nichts, daß nach dem gemeinschaftlichen Testament von 1972 das gesamte Vermögen nach dem Tode des Letztlebenden ausschließlich der Familie des Ehemannes zufallen sollte. Denn diese Regelung ließ die Möglichkeit offen, daß die überlebende Ehefrau --wie im Streitfall-- zugunsten der Angehörigen des Ehemannes eigenständige letztwillige Verfügungen treffen konnte.

Für die Besteuerung des Erwerbs aufgrund des Vorausvermächtnisses scheidet folglich die Anwendung des § 15 Abs. 3 ErbStG aus. Der Erwerb ist vielmehr nach dem persönlichen Verhältnis der Klägerin zur Erblasserin gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG nach Maßgabe der Steuerklasse IV zu versteuern.

c) Die Erbschaftsteuer ist neu zu berechnen und der Erbschaftsteuerbescheid vom 25. September 1996 entsprechend zu ändern. Da der Erwerb der Klägerin von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aus dem unter die Steuerklasse III fallenden Erwerb des Anteils von 1/8 am Nachlaß sowie aus dem unter die Steuerklasse IV fallenden Erwerb durch Vorausvermächtnis besteht, ist gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 ErbStG die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 ErbStG entsprechend anzuwenden.

Für den Streitfall bedeutet dies, daß der aus dem Wert des Erbanteils in Höhe von 353 624 DM und dem Wert des Vorausvermächtnisses in Höhe von 113 680 DM bestehende Gesamtwert von abgerundet (§ 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG) 467 300 DM zunächst um den der Klägerin im Verhältnis zu ihrem Onkel in der Steuerklasse III gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zustehenden Freibetrag von 10 000 DM gekürzt wird. Der für die Bestimmung der Steuersätze maßgebende steuerpflichtige Erwerb beträgt hiernach 457 300 DM. Hierfür gilt gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG in der Steuerklasse III ein Steuersatz von 24,5 v.H. und in der Steuerklasse IV ein Steuersatz von 38 v.H. Die Erbschaftsteuer beträgt folglich für den Erwerb des Anteils von 1/8 am Nachlaß im Wert von (abgerundet) 353 600 DM unter Berücksichtigung des Freibetrags von 10 000 DM 24,5 v.H. von 343 600 DM = 84 182 DM. Für den Erwerb des Vorausvermächtnisses im Wert von (abgerundet) 113 600 DM, das aufgrund des Verbrauchs des Freibetrags von 10 000 DM gemäß § 15 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 4 ErbStG nicht um einen (weiteren) Freibetrag in Höhe von 3 000 DM gekürzt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 II R 43/97, BFHE 187, 120, BStBl II 1999, 235), beträgt die Erbschaftsteuer 38 v.H. von 113 600 DM = 43 168 DM. Die Erbschaftsteuer der Klägerin beträgt damit insgesamt 127 350 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 55403

BFH/NV 2000, 143

BStBl II 1999, 789

BFHE 189, 537

BB 1999, 2342

BB 2000, 500

DB 1999, 2346

DStR 1999, 1811

DStRE 1999, 877

DStZ 2000, 58

HFR 2000, 21

StE 1999, 691

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