Leitsatz (amtlich)

Leisten die Gesellschafter einer neu gegründeten Aktiengesellschaft ihre Einlagen durch Einbringung des Betriebsvermögens eines von ihnen bisher betriebenen Unternehmens, unterliegen die von diesem Unternehmen begründeten Pensionsverpflichtungen bei Überleitung auf die Aktiengesellschaft den Hinzurechnungsvorschriften der §§ 8 Nr. 2 und 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine AG, ist mit notariellem Vertrag vom 1. Mai 1962 gegründet worden. Ihre Gründung diente nach ihren Ausführungen vor dem FG der Fortführung des Unternehmens der bisherigen gleichnamigen Kommanditgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Ihr Grundkapital von 6 Mio DM wurde in Höhe von je 2 997 000 DM von den beiden Gesellschaften der bisherigen KG und in Höhe von je 2 000 DM von drei weiteren (Gründungs-)Gesellschaftern übernommen. Die beiden Hauptgesellschafter leisteten ihre Einlagen durch Einbringung des Betriebsvermögens der bisherigen KG. Im Rahmen dieses Betriebsvermögens übernahm die Steuerpflichtige auch die von der bisherigen KG begründeten Pensionsverpflichtungen.

Der Revisionsbeklagte (FA) rechnete die von der Steuerpflichtigen übernommenen Pensionsverpflichtungen für die streitigen Erhebungszeiträume (1962 und 1964), soweit die Steuerpflichtige auf Grund der übernommenen Verpflichtungen Zahlungen geleistet hatte, gemäß § 8 Nr. 2 GewStG dem Gewinn, soweit sie Rückstellungen gebildet hatte, gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG dem Einheitswert ihres gewerblichen Betriebes hinzu, da die Übernahme der Verpflichtungen wirtschaftlich mit dem Erwerb des Unternehmens der bisherigen KG zusammenhänge. Einspruch und Klage der Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:

Werde ein Betrieb mit Aktiven und Passiven in eine neugegründete Kapitalgesellschaft eingebracht, dann seien die Pensionszahlungen an Arbeitnehmer der früheren Personengesellschaft dem Gewerbeertrag der Kapitalgesellschaft hinzuzurechnen. Dasselbe gelte für die Rückstellungen aus Pensionszusagen hinsichtlich der Hinzurechnung zum Gewerbekapital. Das FG schließe sich der vom BFH im Urteil IV 293/64 vom 21. Oktober 1966 (BFH 87, 421, BStBl III 1967, 185) vertretenen Rechtsauffassung an. Das von der Steuerpflichtigen für ihre Auffassung angeführte BFH-Urteil VI 294/62 U vom 9. Oktober 1964 (BFH 81, 547, BStBl III 1965, 198) könne im Streitfall keine Anwendung finden, da ein Fall der Umwandlung nach dem Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. November 1956 - UmwG - (BStBl I 1957, 471) und des UmwStG 1957 (BStBl I 1957, 468) nicht vorliege. Das FG sehe sich im übrigen in seiner Rechtsauffassung durch § 11 Abs. 4 und § 20 Abs. 4 UmwStG 1969 (BStBl I 1969, 498) bestätigt. Dieser Vorschriften hätte es nicht bedurft, wenn die hier streitigen Hinzurechnungen nicht auch bei Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft von vornherein nicht anzuwenden wären.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Steuerpflichtigen mit dem Antrag, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 16. August 1967 und die Gewerbesteuermeßbescheide vom 22. November 1965 aufzuheben sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Zur Begründung läßt die Steuerpflichtige vortragen:

Wirtschaftlich gesehen bedeute die Umwandlung einer Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft nach dem BFH-Urteil VI 294/62 U (a. a. O.) keinen Erwerb des Unternehmens der Kommanditgesellschaft durch die Aktiengesellschaft im Sinne der Vorschrift des § 8 Nr. 2 GewStG. Dieses Urteil, das die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 8 Nr. 2 GewStG auf Fälle der Gesamtrechtsnachfolge verneine, sei nach Ansicht der Steuerpflichtigen auf alle, nicht nur auf die steuerbegünstigten Umwandlungsfälle anzuwenden. Das vom FG für seine Rechtsauffassung herangezogene BFH-Urteil IV 293/64 (a. a. O.) betreffe den Eintritt eines Gesellschafters in eine Einzelfirma; es vermöge daher für den vorliegenden Streitfall nichts auszusagen. Auch die vom FG angezogenen Vorschriften des UmwStG 1969 seien lediglich als eine Bestätigung des schon bisher für Fälle der Umwandlung gegebenen Rechtszustandes zu verstehen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Wie das Urteil des erkennenden Senats I 71/60 S vom 4. Dezember 1962 (BFH 76, 259, BStBl III 1963, 93) ergibt, fällt bei Erwerb eines Unternehmens die - vom Veräußerer begründete, vom Erwerber übernommene - Verpflichtung zur Zahlung von Ruhegeld grundsätzlich unter § 8 Nr. 2 GewStG (siehe dazu auch die Kommentare zum Gewerbesteuergesetz Blümich-Boyens-Steinbring-Klein-Hübl, 8. Aufl., Anm. 14 zu § 8; Lenski-Steinberg, Anm. 5b Abs. 5 zu § 8 Nr. 2; Müthling, 2. Aufl., Anm. 3 zu § 8). Diese Rechtsauffassung ist durch die letzten Sätze des BFH-Urteils VI 294/62 U (a. a. O.), das die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 8 Nr. 2 GewStG auf Fälle der Umwandlung (Gesamtrechtsnachfolge) verneint, zwar auch im Grundsatz in Zweifel gezogen, der Zweifel indes nicht weiter begründet worden. Sie findet jedoch, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, ihre Bestätigung durch die Vorschriften der §§ 11 Abs. 4 und 20 Abs. 4 UmwStG 1969 insoweit, als diese Vorschriften anderenfalls nicht nur entbehrlich, sondern unverständlich wären (siehe dazu auch Widmann-Mayer, Umwandlungsrecht, RdNr. 3168 ff., 3360 und 4563).

2. Im Streitfall ist jedoch eine Umwandlung nach den Vorschriften des UmwG und des UmwStG 1957 nicht gegeben. Der Fall der Gesamtrechtsnachfolge scheidet damit für die Beurteilung aus. Der Umstand, daß die Steuerpflichtige angesichts der Vorschrift des § 2 AktG 1937 (derzufolge an der Feststellung des Gesellschaftsvertrags mindestens fünf Personen beteiligt sein müssen, welche Aktien gegen Einlagen übernehmen) an einer Umwandlung gehindert war, ändert hieran nichts.

Die Steuerpflichtige hat somit mit dem Betriebsvermögen der bisherigen KG Verpflichtungen übernommen, die von Hause aus in Höhe ihres Wertes im Zeitpunkt der Übernahme unter die Hinzurechnungsvorschriften des § 8 Nr. 2 und des § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG fallen. Sie hängen wirtschaftlich mit ihrer Gründung zusammen. Ihre Hinzurechnung ist daher zu Recht erfolgt (vgl. auch BFH-Urteil I 170/60 vom 15. Juli 1964, HFR 1965, 64).

 

Fundstellen

Haufe-Index 69559

BStBl II 1971, 718

BFHE 1971, 394

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