Leitsatz (amtlich)

1. Bilden die land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen des selbstbewirtschafteten Ritterguts einer gemeinnützigen Stiftung eine wirtschaftliche Einheit, ist die Selbstbewirtschaftung des Forstes keine von der Körperschaftsteuer befreite Vermögensverwaltung.

2. Die Aufwendungen für die gemäß den Stiftungsstatuten auf dem Gesamtvermögen ruhenden Schullasten dürfen nicht als Betriebsausgaben bei dem zum Stiftungsvermögen gehörenden und einen steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb bildenden landwirtschaftlichen Betrieb (Rittergut) abgezogen werden.

 

Normenkette

KStG § 4 Abs. 1 Nr. 6, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Stiftung, die im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG von der Körperschaftsteuer beireit ist. Zum Vermögen der Klägerin gehörte in den Streitjahren u. a. ein selbstbewirtschaftetes Rittergut, dessen Flächen zu etwa 2/3 landwirtschaftlich und zu etwa 1/3 forstwirtschaftlich genutzt wurden. In räumlichem Zusammenhang mit dem Rittergut unterhielt die Klägerin ein Waisenhaus und eine in einem Nebengebäude untergebrachte Schule. Mit den Einkünften des Ritterguts wurde die Klägerin zur Körperschaftsteuer herangezogen. Nach den Feststellungen einer in 1957 stattgefundenen Bertiebsprüfung hatte die Klägerin die Aufwendungen für die Unterhaltung der Schule als Betriebsausgaben des Ritterguts gebucht.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) ließ bei den aufgrund der Betriebsprüfung gemäß § 222 AO erlassenen Berichtigungsveranlagungen für die Streitjahre 1951 bis 1954 den Abzug dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben nicht zu. Das FA vertrat - der Auffassung des Betriebsprüfers folgend - die Ansicht, die Schullasten seien für die Erfüllung von Zwecken erbracht worden, die durch die Stiftungsstatuten vorgeschrieben seien. Die Erträge aus der Forstwirtschaft seien steuerpflichtig, weil es sich nicht um Nutzungen aus einer Vermögensverwaltung handele.

Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag, die Körperschaftsteuer für sämtliche Streitjahre auf 0 DM festzusetzen, hilfsweise die Körperschaftsteuerbescheide dahin zu ändern, daß die Schullasten als laufender Betriebsaufwand abgezogen und die Erträge aus dem Forstbetrieb steuerfrei belassen werden.

Das FG wies die Klage mit folgender Begründung ab: Die Aufwendungen für den Unterhalt der Schule dienten ebenfalls der Erfüllung des Zwecks der Stiftung und seien nach § 12 Nr. 1 KStG nicht abzugsfähig. Der Stifter habe in seinem Testament aus dem Jahre 1831 bestimmt, daß ein Waisenhaus mit einer Schule gegründet werden solle, eine selbständige Schule jedoch nur dann, wenn ein Waisenhaus - aus welchen Gründen auch immer - nicht errichtet werden könne. Dem folge auch die revidierte Satzung der Klägerin aus dem Jahre 1878. § 10 dieser Satzung mache das noch einmal deutlich und bestimme, es sei satzungsmäßige Verpflichtung, die Waisenhauskinder und die schulpflichtigen Kinder der Gemeinde aufzunehmen und unentgeltlich zu unterrichten. Aus § 11 der Satzung gehe hervor, daß das Waisenhauspersonal und das Schulpersonal einheitlich instruiert werden sollten. Die Statuten trügen dem Willen des Stifters Rechnung und zeigten, daß nach Errichtung des Waisenhauses dieses und die Schule für Waisenhauskinder und schulpflichtige Kinder der Gemeinde eine Einheit hätte bilden sollen und gebildet habe. Die Trennung in Waisenhaus hier und Schule dort sei nicht vereinbar mit der Absicht des Stifters, der diesem Willen entsprechenden revidierten Satzung und dem tatsächlichen Geschehen. Die Aufwendungen für die Schule seien statutengemäß erbracht worden und daher nicht abzugsfähig.

Es sei nicht streitig, daß der landwirtschaftliche Betrieb ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei, der insoweit nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 KStG steuerpflichtig sei. Hiergegen beständen keine Bedenken, weil der landwirtschaftliche Betrieb (Rittergut) eine selbständige nachhaltige Tätigkeit zur Einnahmeerzielung beinhalte, die über eine Vermögensverwaltung hinausgehe. Zum Rittergut gehöre aber auch der Forstbetrieb. Die Bewirtschaftung des Forstes sei keine Vermögensverwaltung. Sie könne nicht isoliert als steuerunschädlicher Geschäftsbetrieb betrachtet werden.

In ihrer Revision trägt die Klägerin vor, das FG hätte die Schulverhältnisse zur Zeit der Testamentsabfassung durch den Stifter berücksichtigen müssen. Die Errichtung von Schulen gehe in dem hier in Rede stehenden Landesteil bis in das 18. Jahrhundert zurück. Die Kosten für die Schule habe der Gutsherr als Patron getragen. Auch während des 19. Jahrhunderts seien die Rechte Dritter in bezug auf die Erteilung des Unterrichts und die Beaufsichtigung des Schulwesens sowie die Rechte der Behörden, Patrone, Gemeinden und einzelner bei Besetzung der Schulstellen gewahrt geblieben. Diese Situation habe den Stifter offenbar veranlaßt, neben dem Waisenhaus auch von der Schule zu sprechen. Bei Berücksichtigung dieser Umstände hätte das FG nicht zu der Ansicht kommen können, daß der Zweck der Stiftung auch in der Errichtung einer Schule bestanden habe. Zwar hätten die Waisenhauskinder neben der Bekleidung und Verpflegung auch Schulunterricht erhalten müssen, und die anderen im Gutsbezirk wohnenden Kinder hätten ohne weiteres im Waisenhaus zur Schule gehen können. Die spätere Entwicklung des Schulwesens und die damit verbundenen hohen Kosten habe der Stifter aber nicht voraussehen können. Die etwa 50 Jahre später abgefaßte Satzung könne über den Willen des Stifters nichts aussagen. Hinsichtlich der Behandlung der Schullasten werde auf das Urteil des BFH vom 20. September 1963 III 328/59 U (BFHE 77, 578, BStBl III 1963, 532) verwiesen.

Was die Einbeziehung des Forstbetriebes anbelange, so sei in der Vorinstanz darauf hingewiesen worden, daß der zur Stiftung gehörende Forst nicht habe verpachtet werden können. Dafür sei auch Beweis angetreten worden. Das FG sei darauf aber nicht eingegangen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Die Klägerin ist insoweit steuerpflichtig, als sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgeht (vgl. § 6 Abs. 2 der Gemeinnützigkeitsverordnung - GemV - vom 24. Dezember 1953, BGBl I, 1592). In der Eigenbewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu erblicken. Es liegt kein steuerlich unschädlicher Betrieb i. S. des § 7 GemV vor, weil das Rittergut nach seiner Gesamtrichtung nicht dazu dient, die steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar zu verwirklichen. Insoweit wird auf das BFH-Urteil III 328/59 U verwiesen. In dieser Hinsicht besteht über die grundsätzliche Frage der Körperschaftsteuerpflicht der Klägerin mit ihren Einkünften aus dem Rittergut auch kein Streit.

2. Die Steuerpflicht erstreckt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch auf die Einkünfte aus der Selbstbewirtschaftung des Forstes. In dem Urteil des RFH vom 29. November 1933 I A 157/33 (RFHE 34, 329, RStBl 1934, 377) ist allerdings ausgesprochen, daß in Fällen, in denen eine Stiftung mit größerem Forstbesitz die Forsten notgedrungen - weil z. B. eine Verpachtung nicht möglich ist - nicht anders als durch Selbstbewirtschaftung verwalten kann, ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht vorliegt. In derartigen Fällen könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Stiftung mit der Selbstbewirtschaftung einen anderen Zweck als nur die Verwaltung ihres Vermögens verfolge. Es ist aber kein Zweifel daran gelassen worden, daß der Rahmen einer Vermögensverwaltung überschritten ist, sofern mit dem Forstbetrieb gewerbliche Nebenbetriebe, in denen das Holz verwertet wird, verbunden sind. Die Grundgedanken dieser zum Körperschaftsteuergesetz 1925 ergangenen Rechtsprechung hat der Oberste Finanzgerichtshof in der Entscheidung vom 25. Februar 1950 I 8/49 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Körperschaftsteuergesetz, § 4 Abs. 1 Ziff. 6, Rechtsspruch 4) für die Zeit nach Inkrafttreten des Körperschaftsteuergesetzes 1934 für weiterhin anwendbar gehalten. Die Rechtsprechung hat sich letztlich von dem Gedanken leiten lassen, daß bei Verpachtung forstwirtschaftlichen Vermögens ein Pächter vielfach nicht damit rechnen kann, zu seinen Lebzeiten in den Genuß der Früchte zu gelangen, für die er selbst gewirtschaftet und gearbeitet hat. Dadurch ergibt sich praktisch ein Zwang zur Eigenbewirtschaftung, der die Annahme einer Vermögensverwaltung rechtfertigt.

Diese Situation ist aber nicht gegeben, wenn wie hier zu einem selbstbewirtschafteten Rittergut eine verhältnismäßig kleine forstwirtschaftlich genutzte Fläche gehört. Beide bilden dann eine wirtschaftliche Einheit. Dem ist nach den Feststellungen des FG bei der Einheitsbewertung des Ritterguts zum 1. Januar 1935 dadurch Rechnung getragen worden, daß die landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzten Teile mit ihren Werten zu einem Einheitswert zusammengefaßt worden sind. Ist wie im Falle der Klägerin die Bewirtschaftung des Forstes Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs (des Rittergutes), kann dieser einheitliche Betrieb nicht aufgespalten und in der Selbstbewirtschaftung der Forstflächen eine steuerfreie Vermögensverwaltung gesehen werden. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin in der Lage gewesen wäre, für die forstwirtschaftlichen Flächen einen Pächter zu finden. Die Rüge der Revision, das FG sei trotz Beweisantritts auf die Frage der Möglichkeit einer Verpachtung nicht eingegangen, ist nach alledem unerheblich.

3. Die streitigen Aufwendungen für die Unterhaltung der Schule sind bei dem gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 KStG steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Rittergutes nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die Schullasten ruhen auf dem gesamten Vermögen der Klägerin, wovon das Rittergut nur ein Teil ist. In der Entscheidung III 328/59 U hat es der BFH nicht für erheblich angesehen, ob der Gutsherr schon vor der Stiftung zum Unterhalt einer Schule verpflichtet gewesen sei und ob eine solche Schule schon zur Zeit der Begründung der Stiftung bestanden habe. Als entscheidend ist angesehen worden, daß die revidierte Satzung von 1878 es zur "stiftungsmäßigen Verpflichtung" der Klägerin gemacht hat, die schulpflichtigen Kinder der bürgerlichen Gemeinde in der Waisenhausschule aufzunehmen; damit sei ein neuer rechtlicher Grund für die Schulunterhaltungsverpflichtung geschaffen worden, die eine u. U. früher bestehende Verpflichtung ersetzt habe. Der erkennende Senat ist ebenfalls - entgegen der in diesem Punkte nicht eindeutigen Ansicht des FG - der Auffassung, daß für die rechtliche Beurteilung, ob die laufenden Ausgaben für die Unterhaltung der Schule abzugsfähig sind, ausschließlich die zuletzt gültige Satzung der Klägerin - hier das revidierte Statut von 1878 - maßgebend ist. Aus ihr ergibt sich die Verpflichtung zur Unterhaltung der Schule und zur Aufnahme der sonstigen Kinder des Gutsbezirkes. Auch ihre Bezeichnung als Waisenhausschule weist darauf hin, daß die Schule untrennbarer Teil des Waisenhauses ist. Ob schon nach älterem Herkommen für den jeweiligen Rittergutsbesitzer eine Verpflichtung zur Errichtung und Unterhaltung einer Schule für die Kinder des Gutbezirkes bestanden hat und ob der seinerzeitige Stifter hiervon ausgegangen ist, kann dahinstehen. Die Verfasser der revidierten Statuten von 1878 haben den Zweck der Stiftung den Zeitverhältnissen angepaßt und eine neue rechtliche Basis für die Stiftung geschaffen. Bei den Ausgaben für die Unterhaltung der Schule handelt es sich somit um Aufwendungen zur Erfüllung von Zwecken der Klägerin, die ihr durch Stiftung, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben sind. Diese Aufwendungen sind, wie das FG zutreffend entschieden hat, gemäß § 12 Nr. 1 KStG nicht abzugsfähig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72314

BStBl II 1977, 493

BFHE 1977, 455

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