Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Steuerbefreiung eines Austausches von Grundstücken zur besseren Bewirtschaftung von zersplitterten landwirtschaftlichen Grundstücken steht für sich allein nicht entgegen, daß der Steuerpflichtige dabei die bisher gepachtete Hofstelle erwirbt.

Ist bei einem gemischten Tausch der Erwerb des einen Tauschpartners, der die Zuzahlung leistet, gemäß § 29 RSiedlG steuerbefreit, so steht die Zuzahlung der Befreiung des anderen Tauschpartners für dessen Erwerb nicht entgegen.

 

Normenkette

GrEStG § 4/1/3/b

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige - Stpfl. - (Revisionskläger) hat von seinem landwirtschaftlichen Grundbesitz zwei Parzellen mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden an deren bisherigen Pächter veräußert und dafür von diesem neben einem baren Kaufpreis ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück erworben. Der Erwerb des bisherigen Pächters blieb gemäß § 29 des Reichssiedlungsgesetzes (RSiedlG) steuerfrei. Wegen des tauschweisen Erwerbs des Grundstücks hat das Finanzamt den Kläger zur Grunderwerbsteuer herangezogen. Dieser ist der Ansicht, sein Erwerb sei nach § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG, nach § 1 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 des niedersächsischen Gesetzes über Befreiungen von der Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Grundstücken zur Verbesserung der Struktur land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 25. März 1959 - GrEAgrarG - (GVBl 1959 S. 57) und nach § 29 RSiedlG von der Besteuerung ausgenommen.

Einspruch und Berufung des Klägers hatten im wesentlichen keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Stpfl. ist seit 1. Januar 1966 als Revision zu behandeln (§§ 115, 184 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO, vgl. mit § 286 AO a. F.). Sie ist begründet.

Zu Recht hat allerdings das Finanzgericht (FG) die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 29 RSiedlG verneint. Denn bei einem Tausch von Grundstücken unterliegen nach § 1 Abs. 4 GrEStG der Grunderwerbsteuer sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils. Daher kann sich der Stpfl. nicht darauf berufen, daß der Erwerb seines Vertragspartners von der Steuer befreit war. Denn dieser Erwerb ist im Sinne des § 1 Abs. 4 GrEStG ein anderer Steuerfall als der Gegenerwerb des Revisionsklägers. Dessen Erwerb diente nicht unmittelbar zur Durchführung des Siedlungsverfahrens. Ein bloß mittelbarer Zusammenhang reicht aber nicht aus (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - II 30/59 U vom 14. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 105, Slg. Bd. 72 S. 281).

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEAgrarG liegen bei dem Stpfl. nicht vor, weil er nicht Landwirt ist. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEAgrarG hat das FG deshalb nicht angewandt, weil der Vertragspartner des Stpfl., auf dessen Erwerb allenfalls das Merkmal der "besseren Bewirtschaftung" zutrifft, sein Grundstück nicht aus "einem landwirtschaftlichen Betrieb" hingegeben habe. Diese Frage kann jedoch auf sich beruhen, weil nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht zu ersehen ist, daß die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein könnten, ohne daß die Befreiung nach § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG Platz greifen würde (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 GrEAgrarG).

Die zu § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG vertretene Auffassung des FG kann nicht aufrechterhalten bleiben. Nach dieser Vorschrift ist unter anderem der von der zuständigen Behörde als zweckdienlich anerkannte freiwillige Austausch von Grundstücken zur besseren Bewirtschaftung von zersplitterten Grundstücken von der Besteuerung ausgenommen. Wie das FG nicht verkannt hat, genügt es, daß die Grundstücke des einen Teils infolge des Tausches besser genutzt werden können; die Befreiung kommt dann auch dem anderen Tauschpartner zugute (BFH-Urteil II 113/62 U vom 13. Oktober 1965, BStBl 1965 III S. 693). Dem FG kann darin jedoch nicht beigetreten werden, daß eine bessere Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Grundstücke voraussetze, daß der Erwerber die für die Bewirtschaftung erforderlichen Wirtschaftsgebäude bereits zu Eigentum besitzt. Allerdings würde § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG nicht schon dann eingreifen, wenn jemand ein landwirtschaftliches Anwesen samt den dazu gehörenden Grundstücken neu erwirbt und dafür seine eigenen landwirtschaftlichen Grundstücke, die bislang nicht gemeinsam bewirtschaftet werden konnten, hingibt. Denn in diesem Falle würde der Tausch nicht der besseren Bewirtschaftung von zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten landwirtschaftlichen Grundstücken, sondern dem erstmaligen Erwerb eines bewirtschaftungsfähigen landwirtschaftlichen Grundbesitzes dienen. Aus den Aktenteilen, die im Tatbestand des angefochtenen Urteils in Bezug genommen sind, ergibt sich aber, daß der Tauschpartner andere landwirtschaftliche Grundstücke besessen und behalten hat, die nach seiner Behauptung bisher von der gepachteten Hofstelle bewirtschaftet wurden und künftig von dem erworbenen Anwesen aus bewirtschaftet werden sollen. Der Stpfl. hat weiterhin behauptet, daß das von ihm erworbene Grundstück in weit größerer Entfernung von allen anderen Grundstücken liege. Das Katasteramt hat die Zweckdienlichkeit des Tausches anerkannt.

Danach reichen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht aus, die Steuerpflicht des Klägers zu bejahen. Vielmehr liegt es nahe, daß der Austausch der Grundstücke in der Person des Tauschpartners zur besseren Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke geführt hat, die diesem schon bisher gehörten und die er auch weiterhin zu Eigentum behalten hat. Dem steht für sich allein jedenfalls nicht entgegen, daß Gegenstand des einheitlichen, als gemischten Tausch zu betrachtenden Rechtsgeschäftes auch der Erwerb einer Hofstelle durch den Tauschpartner war. Denn die Anwendung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG scheidet, sofern die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind, nicht deshalb aus, weil der Tauschpartner, dem eine bessere Bewirtschaftung seiner Grundstücke ermöglicht wird, die Hofstelle wechselt (BFH-Urteil II 42/58 U vom 30. August 1961, BStBl 1961 III S. 507, Slg. Bd. 73 S. 663). Eine bessere Bewirtschaftung der diesem Tauschpartner schon bisher gehörenden Grundstücke ist sowohl deshalb möglich, weil er statt eines im Verhältnis zu diesen Grundstücken weiter entfernt liegenden unbebauten Grundstücks ein näher liegendes erhalten hat, als auch deswegen, weil er die bislang gepachtete, zu den bisherigen und zum neu erworbenen Grundstück günstig gelegene Hofstelle zu Eigentum erworben hat. Denn die dauernden Bewirtschaftungsmöglichkeiten eines Eigentümers sind jedenfalls dann besser als die eines kündbaren - im gegebenen Fall gekündigten - Pächters, wenn er befürchten muß, daß er bei Aufgabe dieser Hofstelle eine gleich günstig oder günstiger gelegene nicht finden kann. Dazu kann für den vorliegenden Fall nicht abschließend Stellung genommen werden, weil das FG insoweit keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, von seinem Standpunkt aus auch nicht zu treffen brauchte.

Damit kann es letztlich auf die Frage ankommen, ob die Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG etwa deshalb nicht angewandt werden kann, weil ein gemischter Tausch vorliegt, und weil die Zuzahlung nicht mehr als bloßer Spitzenausgleich gewertet werden kann (vgl. zu dieser Frage - teilweise Bauland betreffend - die BFH-Urteile II 165/52 S vom 19. Februar 1953, BStBl 1953 III S. 95, Slg. Bd. 57 S. 239; II 8/55 S vom 23. Februar 1956, BStBl 1956 III S. 130, Slg. Bd. 62 S. 353; II 182/56 U vom 8. Oktober 1958, BStBl 1959 III S. 7, Slg. Bd. 68 S. 15; II 70/56 U vom 16. Dezember 1959, BStBl 1960 III S. 270, Slg. Bd. 71 S. 58; II 113/62 U a. a. O.). Einer abschließenden Stellungnahme dazu bedarf es jedoch nicht. Denn der vorliegende Fall ist nach der Angabe des FG dadurch gekennzeichnet, daß der Erwerb des Tauschpartners nach § 29 RSiedlG von der Steuer befreit ist. Die Kaufkomponente des gemischten Geschäfts ist also für beide Vertragsteile nach dieser Vorschrift von der Besteuerung ausgenommen. Das gilt unabhängig von der richtigen Erkenntnis des FG, daß das einheitliche gemischte Rechtsgeschäft für die Besteuerung nicht in einen - bloß gedachten - reinen Kauf des Anwesens und in einen reinen Tausch bezüglich der angrenzenden Grundstücke zerlegt werden kann. Denn die selbstverständliche Grundlage, daß Rechtsgeschäfte über Grundstücke so zu besteuern sind, wie sie vorgenommen wurden, und nicht danach, wie sie hätten vorgenommen werden können (vgl. BFH-Urteil II 165/52 S, a. a. O.), sagt nichts darüber aus, wie sich das Zusammentreffen zweier Befreiungsvorschriften auswirkt. Daher kann bei einem gemischten Tausch, dessen Befreiung nach § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG wegen einer Zuzahlung zweifelhaft sein kann, nicht unbeachtet bleiben, daß der Erwerb, wegen dessen die Zuzahlung geleistet wurde, nach § 29 RSiedlG von der Besteuerung ausgenommen ist. Denn die Zuzahlung ist in diesem Fall für einen Zweck geleistet worden, den der Gesetzgeber unbesteuert wissen wollte. In einem solchen Fall darf die Besteuerung nicht davon abhängig gemacht werden, ob der begünstigte Erwerb durch zwei - womöglich gar gleichzeitige - Rechtsgeschäfte zwischen denselben Personen getätigt wird, von denen sich das eine als ein nach § 29 RSiedlG begünstigter Kauf, das andere als ein nach § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchst. b GrEStG begünstigter Tausch darstellt, oder ob beide Rechtsgeschäfte zu einem gemischten Vertrag vereinigt wurden.

Demzufolge war das angefochtene Urteil wegen Verletzung des materiellen Rechts aufzuheben. Genügende tatsächliche Feststellungen darüber, ob die Bewirtschaftungsmöglichkeit der Grundstücke, die der Tauschpartner zuvor besessen hat, verbessert worden ist, liegen nicht vor. Die Sache war deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (ß 126 Abs. 3 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 412002

BStBl III 1966, 318

BFHE 1966, 298

BFHE 85, 298

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