Entscheidungsstichwort (Thema)

Mangels Unternehmeridentität kein Verlustvortrag nach dem Ausscheiden von Gesellschaftern einer Personengesellschaft; zeitanteilige Anwendung der ermäßigten Steuermeßzahl bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr

 

Leitsatz (NV)

1. Scheiden aus einer KG mehrere Gesellschafter aus, so ist Unternehmeridentität nur bis zur Höhe der bisherigen Beteiligung der verbliebenen Gesellschafter gegeben. Gewerbeverluste aus früheren Jahren können, soweit sie auf die Anteile der ausgeschiedenen Gesellschafter entfallen, mangels Unternehmergleichheit nicht zur Kürzung des Gewerbeertrags späterer Jahre herangezogen werden.

2. Erwirbt ein bei der Ermittlung des Gewerbekapitals berücksichtigtes Schiff das Recht zur Führung der Bundesflagge erst nach dem Stichtag während eines Erhebungszeitraums, so ist die ermäßigte Steuermeßzahl für das Gewerbekapital bei Unternehmen, die den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben (§ 13 Abs. 3 GewStG 1974), auf das zum Stichtag ermittelte Gewerbekapital zeitanteilig anzuwenden. Der VIII. Senat schließt sich der Rechtsprechung des IV. Senats (Urt. v. 22. 4. 1982 IV R 216/79, BFHE 136, 123, 126 BStBl II 1982, 609) an.

 

Normenkette

GewStG 1974 §§ 10a, 13 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revionsbeklagte (Klägerin), eine KG, betrieb im Erhebungszeitraum 1974 ein Motorschiff. Durch Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Februar 1980 I R 181/76 (BFHE 129, 389, BStBl II 1980, 190) wurde in der Gewinnfeststellungssache 1974 entschieden, daß die Klägerin in der Zeit vom 1. November 1974 (vor diesem Zeitpunkt fuhr das Schiff unter der Flagge von Panama) bis zum 31. Dezember 1974 Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr i. S. des § 34c Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielte.

1969 hatte die Klägerin einen bis 1973 einschließlich noch nicht abgezogenen Gewerbeverlust von . . . DM, der in (geschätzter) Höhe von 12,15 v.H. auf seit 1969 ausgeschiedene Kommanditisten entfiel.

1971 hatte die Klägerin einen Gewerbeverlust in Höhe von . . . DM, der voll auf Gesellschafter entfiel, die bis zum 31. Dezember 1974 noch nicht ausgeschieden waren. Die 1969 und 1971 erzielten und noch nicht abgezogenen Gewerbeverluste wurden durch den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erzielt.

Die Beteiligten streiten darüber, von welchem Teil des Gewerbeertrags 1974, von demjenigen, der der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Oktober, oder von demjenigen, der der Zeit von 1. November bis zum 31. Dezember zuzuordnen ist, die noch nicht abgezogenen Gewerbeverluste der Jahre 1969 und 1971 zuerst zu kürzen sind (zu dieser Frage siehe Anmerkung am Ende). Im Streit sind ferner die Fragen, ob auch die auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfallenden Anteile der Fehlbeträge verrechnet werden können und schließlich, ob gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 1974 (GewStG) die auf 1 v. T. ermäßigte Steuermeßzahl angewendet werden kann. Das Urteil des Finanzgerichts ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 195 veröffentlicht. Die Klägerin rügt mit der Revision die Verletzung der §§ 10a, 13 Abs. 3 Satz 1 GewStG 1974.

a) Das FG habe zu Unrecht den auf die Beteiligungsrechte der ausgeschiedenen Kommanditisten entfallenden Gewerbeverlust 1969 nicht zur Anrechnung auf den Gewerbeertrag des Erhebungszeitraums 1974 gebracht. Die Meinung, daß das Erfordernis der Unternehmergleichheit bei einem Wechsel im Gesellschafterbestand insoweit nicht gegeben sei, sei abzulehnen. Sie werde abgeleitet aus dem Gebrauch des Begriffs ,,Gewerbetreibender" in § 10a Satz 1 GewStG. Diese Ableitung stehe nicht nur im Widerspruch zum Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung, sondern beruhe in erster Linie auf einem Mißverständnis hinsichtlich der Gesetzesformulierung und verstoße deshalb gegen deren Wortlaut. Das Wort ,,Gewerbetreibender" stehe nämlich in der streitigen Vorschrift nicht als isolierter, selbständiger Begriff, sondern sei Teil einer aus mehreren Worten bestehenden Begriffsbeschreibung. Diese Begriffsbeschreibung laute ,,Gewerbetreibende, die den Gewinn nach § 5 EStG ermitteln". Das Wort ,,Gewerbetreibender", welches - soweit erkennbar - im gesamten GewStG nur an dieser Stelle gebraucht werde, sage zur Frage des Erfordernisses der Unternehmergleichheit im Bereich des Verlustabzugs überhaupt nichts aus. Es könne nur im Zusammenhang mit der Beschreibung der Grundvoraussetzung für den Verlustabzug überhaupt, nämlich der Notwendigkeit der Gewinnermittlung nach § 5 EStG, gelesen werden. Der Fall des ,,Verlustes" von Fehlbeträgen aus vorangegangenen Erhebungszeiträumen beim Unternehmerwechsel sei gesetzlich in § 10a Satz 2 GewStG - und nur dort - ausschließlich geregelt und erfasse (durch die Verweisung auf § 2 Abs. 5 GewStG) ausdrücklich nur die Fälle des Übergangs eines Gewerbebetriebs im ganzen auf einen anderen Unternehmer. Der Wechsel im Bestand der Kommanditisten einer KG sei kein Übergang des Gewerbebetriebs im ganzen auf einen anderen Unternehmer.

b) Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 GewStG sei die ermäßigte Steuermeßzahl auf den Teil des Gewerbekapitals anzuwenden, der auf Handelsschiffe entfalle. Das Motorschiff P sei ein Handelsschiff im Sinne dieser Vorschrift. Das für den Erhebungszeitraum maßgebende Gewerbekapital enthalte den Wert des Motorschiffs P. Auf § 13 Abs. 3 GewStG könne nicht abgeleitet werden, daß die Voraussetzungen des § 34c Abs. 4 EStG bereits am Beginn des Erhebungszeitraums (1. Januar 1974) erfüllt sein müßten. Dies könne auch nicht aus dem Sinn dieser Regelung geschlossen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags.

a) Der Auffassung der Klägerin, auch der auf die Beteiligtenrechte der ausgeschiedenen Kommanditisten entfallende Gewerbeverlust 1969 sei auf den Gewerbeertrag 1974 zu verrechnen, kann nicht gefolgt werden.

Der für die Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags maßgebende Gewerbeertrag wird bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, um die Gewerbeverluste der fünf vorangegangenen Erhebungszeiträume gekürzt, soweit diese in den Vorjahren noch nicht berücksichtigt worden sind (§ 10a Satz 1 GewStG). Geht ein Gewerbebetrieb im ganzen auf einen anderen Unternehmer über, so kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Gewerbeverluste kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben (§ 10a Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 5 GewStG). Die Kürzung ist demnach an die Identität des Unternehmers, aber auch an die Identität des Unternehmens (Unternehmer- und Unternehmensgleichheit) geknüpft. Das Erfordernis der Unternehmergleichheit ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, das der Unternehmensgleichheit aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer folgt, deren Besteuerungsgrundlagen der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital des jeweiligen Gewerbebetriebs sind (vgl. Urteile des BFH vom 12. Januar 1978 IV R 26/73, BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348, und vom 19. Dezember 1984 I R 165/80, BFHE 143, 276, BStBl II 1985, 403). Scheidet bei einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden Personenhandelsgesellschaft ein Gesellschafter aus und ist somit das Unternehmen der Gesellschaft auf den allein verbleibenden Gesellschafter (Unternehmer) übergegangen, so ist Unternehmeridentität nur bis zur Höhe der bisherigen Beteiligung des verbleibenden Gesellschafters gegeben. Eine Berücksichtigung des anteiligen Gewerbeverlustes des ausgeschiedenen Gesellschafters kommt mangels Unternehmergleichheit nicht in Betracht. Entsprechendes gilt beim Ausscheiden mehrerer Gesellschafter (vgl. Urteil des Senats vom 13. November 1984 VIII R 312/82, BFHE 143, 135, BStBl II 1985, 334).

Das FG hat diese Grundsätze zutreffend auf den vorliegenden Fall angewendet. Die demgegenüber von der Revision vorgetragenen Gesichtspunkte finden im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten keine von der bisherigen ständigen Rechtsprechung abweichende Auslegung. Die Bindung der Verlustverrechnungsmöglichkeit an ein und dasselbe Steuersubjekt ist Ausfluß des die Ertragsbesteuerung allgemein beherrschenden Grundsatzes, daß nur derjenige Rechtsträger steuerrechtlich erfaßt wird, der positive oder negative Einkünfte (Erträge) selbst erwirtschaftet hat. Eine Übertragung von Gewinnen/Verlusten auf andere Personen kommt mit steuerrechtlicher Wirkung grundsätzlich nicht in Betracht. Dieses wesentliche Element der Personenbesteuerung wird durch den grundsätzlich gegebenen Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer nicht angetastet.

b) Zu Recht rügt die Klägerin dagegen die Verletzung des § 13 Abs. 3 GewStG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ermäßigt sich bei Unternehmen, soweit sie den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, die Steuermeßzahl für das Gewerbekapital auf 1 v. T. Die Frage, ob diese Vergünstigung zeitanteilig zu gewähren ist, wenn sich die Flaggenführung nach dem gemäß § 12 Abs. 5 GewStG für die Ermittlung des Gewerbekapitals maßgebenden Stichtag ändert, insbesondere das Recht zur Führung der Bundesflagge erst nach diesem Stichtag während des Erhebungszeitraums erworben wird, ist in § 13 Abs. 3 GewStG nicht ausdrücklich geregelt. Der Wortlaut der Vorschrift ist nicht eindeutig. Der Senat schließt sich der vom IV. Senat des BFH vertretenen Rechtsauffassung an, wonach die ermäßigte Steuermeßzahl in derartigen Fällen auf das zum Stichtag ermittelte Gewerbekapital zeitanteilig anzuwenden ist (Urteil vom 22. April 1982 IV R 216/79, BFHE 136, 123, 126, BStBl II 1982, 609). Der Zwecksetzung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zur Förderung der deutschen Handelsflotte, zu denen auch § 13 Abs. 3 GewStG gehört, kommt dieses Gesetzesverständnis am nächsten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414646

BFH/NV 1986, 696

BFHE 1987, 380

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