Leitsatz (amtlich)

Zur Bewertung halbfertiger Bauarbeiten auf fremdem Grund und Boden, bei denen der Bauunternehmer das Eigentum an den verwendeten Materialien verloren hat, weil sie wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens geworden sind.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des ÄndG-BewG 1965 § 12; BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des ÄndG-BewG 1965 § 14 Abs. 1; BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des ÄndG-BewG 1965 § 66 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Ansatzes von halbfertigen Bauten bei der Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen eines Bauunternehmens zum 1. Januar 1963.

Die KG, deren geschäftsführender Gesellschafter der Kläger ist, setzte in ihrer Vermögensaufstellung auf den 1. Januar 1963 die halbfertigen Bauten mit 2 082 700 DM an. Dieser Wert war der gleiche, wie ihn die KG auch in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 1962 angesetzt hatte. Er war in der Weise berechnet worden, daß von den anteiligen Baupreisen von 2 420 579,09 DM ein kalkulatorischer Bewertungsabschlag von 10 v. H. und 4 v. H. Umsatzsteuer abgezogen wurden. Das FA setzte bei der Feststellung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen zum 1. Januar 1963 dagegen die halbfertigen Bauten mit 2 348 300 DM an. Es ließ nur einen Abschlag von 2 v. H. wegen Preisnachlasses, Garantie usw. zu und kürzte den Abzug der 4 v. H. Umsatzsteuer um die Umsatzsteuer auf Anzahlungen. Der Einheitswert wurde dementsprechend auf 427 000 DM festgestellt.

Die Sprungberufung, mit der der Kläger beantragte, den Teilwert der halbfertigen Bauten mit 2 082 700 DM anzusetzen und den Einheitswert des Betriebsvermögens dementsprechend auf 161 000 DM festzustellen, war im wesentlichen erfolgreich. Das FG setzte den Einheitswert des Betriebsvermögens auf 233 000 DM herab. Es ging davon aus, daß die halbfertigen Bauten sowohl rechtlich wie auch wirtschaftlich aus dem Betriebsvermögen der KG ausgeschieden seien und deshalb nicht mehr als solche bewertet werden könnten. Dem vom FA für richtig gehaltenen Ansatz von Teilen der Bauforderungen entsprechend dem Fertigungsstand der Bauten ständen die Grundsätze über die Bilanzierung schwebender Geschäfte entgegen. Diese besagten, daß die Rechte und Pflichten des einzelnen Vertragspartners zunächst als gleichwertig zu behandeln seien, daß eine teilweise Erfüllung den Ansatz eines anteiligen Anspruches auf die Gegenleistung rechtfertige und daß der volle Anspruch auf die Gegenleistung erst bei voller Erfüllung durch einen Vertragspartner anzusetzen sei. Dabei werde unter Erfüllung das Bewirken der geschuldeten Leistung mit der Folge verstanden, daß die Schuld erlösche. Ein Gewinn sei mithin vor einer zumindest teilweisen Erfüllung der Verpflichtung eines Vertragspartners nicht auszuweisen. Die Bauverpflichtungen der KG seien am Stichtag weder ganz noch zum Teil erfüllt gewesen. Der Bauunternehmer habe die übernommene Verpflichtung erst erfüllt, wenn er das Werk vertragsgemäß, d. h. regelmäßig vollständig und mängelfrei hergestellt habe. Von einer teilweisen Erfüllung könne nur gesprochen werden, wenn die abschnittweise Herstellung vereinbart und ein einzelner Abschnitt fertiggestellt worden sei. Vor der zumindest teilweisen Erfüllung seiner Verpflichtung könne der Unternehmer nur in den Ausnahmefällen der §§ 642, 643, 645 BGB Bezahlung verlangen. Eine greifbare Aussicht auf die Realisierung seiner Bauforderungen habe er bis zu diesem Zeitpunkt mithin nur in Höhe des Wertes seiner Leistungen. Im Streitfall seien weder einzelne Bauabschnitte fertiggestellt worden noch liege einer der Ausnahmefälle der §§ 642, 643, 645 BGB vor. Daher müsse eine Gewinnrealisierung ausscheiden. Der Fertigungsstand der Bauwerke könne nur in der Weise berücksichtigt werden, daß die bei Vertragsabschluß entstandenen Bauforderungen mit den Wiederherstellungskosten angesetzt würden. Höhere Wertansätze würden sich auch bei der allenfalls in Betracht kommenden Bewertung der Bauverträge als solche mit dem Teilwert nicht ergeben. Nach der Rechtsprechung liege der Teilwert in der Regel nicht über den Wiederbeschaffungskosten am Stichtag. Es bestehe kein Anlaß, im Streitfall von dieser Beurteilung abzuweichen. Ein Eigentumsverlust an den Bauten bringe für den Unternehmer lediglich zusätzliche Risiken mit sich und könne deshalb keinesfalls zu einer höheren Bewertung führen. Wenn sich in Arbeitsgemeinschaftsund Gesellschaftsverträgen häufig die Abrede finde, daß dem vorzeitig ausscheidenden Gesellschafter der bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens erzielte anteilige Gewinn zu vergüten sei, so ergebe sich daraus auch nur, daß diese Handhabung im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters durchaus nicht selbstverständlich sei. Die Berechnung der KG sei nur insoweit zu beanstanden, als in dem Umsatzsteuerabzug auch Umsatzsteuer auf geleistete Anzahlungen enthalten sei. Die gezahlte Umsatzsteuer gehöre zu den notwendigen Aufwendungen einer Wiederbeschaffung und müsse deshalb berücksichtigt werden. Das vom Kläger in diesem Zusammenhang erwähnte Urteil des BFH III 347/60 U vom 17. Januar 1964 (BFH 79, 1, BStBl III 1964, 234) besage nur, daß die gezahlte Umsatzsteuer kein selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut sei.

Mit der Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben. Es wird Verletzung von Bundesrecht gerügt. Das FG habe den Begriff des Teilwerts im Sinne der §§ 66, 12 BewG a. F. verkannt. Mit dem FG sei davon auszugehen, daß halbfertige Bauten nicht als Sachen, sondern als Rechte (Forderungen) zu bewerten seien. Mangels eines Nennwerts sei der Teilwert dieser Forderungen in der Vermögensaufstellung anzusetzen. Wie der Teilwert von Forderungen, die keinen Nennwert besitzen, zu ermitteln sei, sei bisher höchstrichterlich nicht eindeutig entschieden. Der Grundsatz der Teilwertberechnung nach den Wiederbeschaffungskosten sei für die einkommensteuerliche Bewertung beweglicher Anlagegüter entwickelt worden und gelte auch dort nur für den Regelfall. Eine Teilwertermittlung von nennwertlosen Forderungen gehöre nicht zu den Regelfällen. Selbst wenn die Wiederbeschaffungskosten den Teilwert der Forderungen ausmachen sollten, könnten sie nicht auf die Herstellungskosten zuzüglich Umsatzsteuer beschränkt bleiben. Das FG habe sich mit der Rechtsansicht des FA, bei einer Veräußerung im normalen Geschäftsverkehr werde der Veräußerer nicht auf seinen Gewinnanteil für seinen Anteil an den unvollendeten Bauten verzichten, nicht auseinandergesetzt. Gerade die vom FG angeführte Regelung in den Arbeitsgemeinschafts- und Gesellschaftsverträgen zeige, daß die Bauwirtschaft selbst halbfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden mit einem dem Fertigungszustand entsprechenden Teil der Gesamtforderung erfasse. Auf diesem Hintergrund werde die Wichtigkeit des Gesellschaftervertrages der KG deutlich, der für den Fall einer Auseinandersetzung eine Teilnahme des ausscheidenden Gesellschafters an den schwebenden Geschäften ausdrücklich ausgeschlossen habe. Der Kläger bewerte halbfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden bei der Vermögensermittlung durchaus unter Ansatz eines anteiligen Unternehmergewinns.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA ist nicht begründet.

1. ...

2. ...

3. ...

4. ...1)

5. Die vom FG vorgenommene Bewertung ist demnach nicht zu beanstanden. Das gilt auch für die Berücksichtigung der auf geleistete Anzahlungen entrichteten Umsatzsteuer. Soweit sich in diesem Punkt aus dem BFH-Urteil III 347/60 U vom 17. Januar 1964 (a. a. O.) etwas anderes ergibt, hält der Senat daran nicht mehr fest.

1) Die Gründe zu Nr. 1 bis 4 entsprechen im wesentlichen den Gründen des BFH-Urteils vom 8. Marz 1968 III 85/65 (BStBl. II 1968, 575).

 

Fundstellen

Haufe-Index 68086

BStBl II 1968, 578

BFHE 1968, 347

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