Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Erbschaftskäufer kann nicht für ein zur Erbschaft gehörendes Wohngebäude den § 7 b EStG in Anspruch nehmen, weil der Erwerb durch Erbschaftskauf ein entgeltlicher Erwerb ist. Die Frage, ob der Erbschaftskäufer Gesamtrechtsnachfolger ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

 

Normenkette

EStG § 7b/1

 

Tatbestand

Zwei Söhne, die mit ihrer Schwester die im November 1957 verstorbene Mutter zu gleichen Teilen beerbt hatten, verkauften am 13. Februar 1959 ihren Erbanteil an den Ehemann der Schwester. Dieser verkaufte mit Zustimmung seiner Ehefrau am 23. April 1960 diese beiden Erbanteile an einen Rechtsanwalt weiter. Im Vertrag war gesagt, der Nachlaß bestehe im wesentlichen aus einem Grundstück mit einem im Jahre 1958 errichteten Gebäude.

Die Erbengemeinschaft (Bfin.), die nunmehr also aus dem Rechtsanwalt und der Schwester bestand, begehrte, auch für den Anteil des Rechtsanwalts an dem Wohngebäude den § 7 b EStG 1958 anzuwenden. Die Vorinstanzen lehnten das ab.

Mit der Rb. rügt die Bfin. unrichtige Rechtsanwendung. Sie trägt vor, der Erbschaftskäufer trete als Gesamtrechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Erben ein, einschließlich der Rechte aus § 7 b EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Nach § 7 b Abs. 1 EStG können bei Wohngebäuden abweichend von § 7 EStG erhöhte Absetzungen von den Herstellungskosten gemacht werden. Diese Absetzungen stehen grundsätzlich den Bauherren zu; denn nur sie haben "Herstellungskosten". Ein späterer entgeltlicher Erwerber, z. B. auf Grund eines Kaufvertrages, hat keine Herstellungskosten für die Gebäude gehabt, sondern Anschaffungskosten". Erhöhte Absetzungen von den Anschaffungskosten kommen nur unter den besonderen Voraussetzungen der Absätze 3 und 4 des § 7 b EStG in Betracht, die hier nicht erfüllt sind.

Die Unterscheidung zwischen Herstellungskosten und Anschaffungskosten ist für die Anwendung des § 7 b Abs. 1 EStG von wesentlicher Bedeutung. Der Senat hat in seiner Entscheidung VI 234/56 U vom 13. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 72, Slg. Bd. 66 S. 182) dem Erben das Recht auf die Sonderabschreibung nach § 7 b EStG zugesprochen. Der Erbe ist zwar "Erwerber" des Grundstücks; sein Erwerb geschieht aber unentgeltlich. Der Erbe hat also keine Anschaffungskosten im Sinne von § 7 und § 7 b EStG. Auch Schenknehmer und Vermächtnisnehmer, die zwar keine Gesamtrechtsnachfolger sind, die aber das Grundstück unentgeltlich erwerben, hat der Senat in den Entscheidungen VI 206/59 U vom 19. Dezember 1960 (BStBl 1961 III S. 37, Slg. Bd. 72 S. 97) und VI 70/61 U vom 17. August 1962 (BStBl 1962 III S. 444, Slg. Bd. 75 S. 487) hinsichtlich der Absetzung nach § 7 b EStG - ebenso wie Erben - ihren Rechtsvorgängern gleichgestellt. Derselbe Gedanke des unentgeltlichen Erwerbs - oder mit anderen Worten der fehlenden Anschaffungskosten - hat den Senat in den Entscheidungen VI 81/62 U vom 23. August 1963 (BStBl 1963 III S. 484, Slg. Bd. 77 S. 450) und VI 107/62 vom 20. September 1963 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964 S. 43) veranlaßt, bei Schenkungen unter Auflage dem Bedachten die erhöhten AfA nach § 7 b EStG einzuräumen, für gemischte Schenkungen, bei denen der Gedanke von Leistung und Gegenleistung hineinspielt, ist indessen die Anwendbarkeit des § 7 b EStG beim übernehmer abgelehnt worden.

Allerdings klingt in der Entscheidung des Senats VI 234/56 U (a. a. O.) der Gedanke der Gesamtrechtsnachfolge an. Damals ging es um einen Erben. In der Tat rückt der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger voll in die Rechtsstellung des Erblassers ein und setzt rechtlich die Person des Erblassers fort (vgl. §§ 1922, 1942, 1967, 2032 BGB). Zugleich ist er aber im Verhältnis zum Erblasser ein unentgeltlicher Erwerber. Der Gesichtspunkt des unentgeltlichen Erwerbs ist in Fällen dieser Art der rechtlich entscheidende. Darauf beruht auch die spätere Rechtsprechung des Senats, z. B. in den Entscheidungen VI 206/59 U, VI 70/61 U, VI 81/62 U (a. a. O.), daß auch dem unentgeltlichen Einzelrechtsnachfolger die erhöhten AfA nach § 7 b EStG zustehen.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist also die Frage, ob der Erwerb auf Grund eines Erbschaftskaufes ein Fall der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge ist, nicht ausschlaggebend. Es kommt vielmehr nur darauf an, daß der Erbschaftskauf ein entgeltliches Rechtsgeschäft ist und bei entgeltlichem Erwerb von Grundstücken - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - die erhöhten AfA nach § 7 b EStG nicht gewährt werden. Deshalb kann der Erwerber auf ein Gebäude, das er durch Erbschaftskauf erworben hat, grundsätzlich den § 7 b EStG nicht anwenden. Hier kommt hinzu, daß das Wohngebäude praktisch der einzige größere Wert des Nachlasses der Mutter war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411500

BStBl III 1965, 192

BFHE 1965, 531

BFHE 81, 531

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