Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Hat jemand ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger auf Abzahlung gekauft und ist zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart, daß der Fahrzeugbrief bis zur Abtragung des Kaufpreises in den Händen des Verkäufers bleibt und das Fahrzeug während dieser Zeit für den Käufer nicht zugelassen werden soll, so ist die Benutzung des Fahrzeugs durch den Käufer während dieser Zeit keine widerrechtliche, wenn der Käufer zur Benutzung die Zustimmung des Verkäufers hat und für das Fahrzeug während der Zeit der Benutzung, sei es vom Verkäufer unmittelbar, sei es vom Käufer im Namen des Verkäufers, die Kraftfahrzeugsteuer entrichtet wird.

 

Normenkette

KraftStG § 1/1/3

 

Tatbestand

Der Bg. benutzte "nach polizeilicher Meldung vom 12. August 1952" einen Kraftfahrzeug-Anhänger, den er auf Abzahlung gekauft hatte. Der Anhänger war zugelassen, der Anhängerschein lautete allerdings noch auf den Namen des Verkäufers bis zum 1. Juli 1953, an welchem Tage nach § 27 Abs. 3 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ein auf den Namen des Bg. lautender Anhängerschein ausgestellt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Verkäufer des Anhängers den Anhängerbrief in seinem Besitz. Die Kraftfahrzeugsteuer für den Anhänger wurde auch für die vor dem 1. Juli 1953 liegende Zeit, in der der Bg. den Anhänger benutzt hat, jeweils entrichtet, allerdings nicht von dem Verkäufer, sondern auf Grund Vereinbarung von dem Bg. unter dem Namen des Verkäufers.

Das Finanzamt sah eine widerrechtliche Benutzung des Anhängers durch den Bg. als gegeben an und forderte von diesem nach § 1 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1935 in der damals geltenden Fassung mit Bescheid vom 11. Juni 1956 Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 12. August 1952 bis zum 11. Juli 1953 in Höhe von 311,70 DM.

Der Einspruch des Bg. gegen den Steuerbescheid wurde vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Bg. hob das Finanzgericht die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid ersatzlos auf. Es stellte auf Grund der Vernehmung des Verkäufers fest, daß dieser entgegen der bisherigen Annahme des Finanzamts mit der Benutzung des Anhängers durch den Bg. während des in Betracht kommenden Zeitraums einverstanden gewesen sei und daß weiter die Vereinbarung bestanden habe, daß der Bg. bis zur Abtragung des Kaufpreises und Aushändigung des Anhängerbriefes an ihn die Kraftfahrzeugsteuer für den Anhänger anstelle des Verkäufers für diesen entrichten sollte. Angesichts dieser Aussage des Verkäufers sah das Finanzgericht keine widerrechtliche Benutzung des Anhängers durch den Bg. während des in Betracht kommenden Zeitraums als gegeben an.

 

Entscheidungsgründe

Der Rb. des Vorstehers des Finanzamts muß der Erfolg versagt bleiben.

Allerdings kann dem Finanzamt darin gefolgt werden, daß die Erfüllung der im § 27 Abs. 3 Satz 2 StVZO für den Erwerber eines Kraftfahrzeugs oder eines Kraftfahrzeug-Anhängers vorgeschriebenen Pflichten eine Vorbedingung für die Benutzung des Fahrzeugs durch den Erwerber ist. Das ergibt sich aus § 27 Abs. 3 Satz 1 StVZO, wo es im zweiten Halbsatz heißt, daß der Veräußerer dem Erwerber "zur Weiterbenutzung des Fahrzeugs" Kraftfahrzeugschein und -brief (Anhängerschein und -brief) gegen Empfangsbestätigung auszuhändigen hat. Daraus ergibt sich weiter, daß bei Nichterfüllung der Pflicht des Erwerbers nach § 27 Abs. 3 Satz 2 StVZO, nämlich unverzüglich die Ausfertigung eines neuen Kraftfahrzeug- oder Anhängerscheins zu beantragen, auf seiten des Erwerbers, wenn er das Fahrzeug ohne Ausfertigung eines neuen Kraftfahrzeug- oder Anhängerscheins weiterbenutzt, verkehrsrechtlich eine widerrechtliche Benutzung des Fahrzeugs vorliegt, obwohl die Zulassung des Fahrzeugs eine am Fahrzeug haftende - also an sich von der Person des Eigentümers unabhängige - Eigenschaft ist, wie aus § 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), § 18 Abs. 1 StVZO geschlossen werden muß. Auf Müller, Straßenverkehrsrecht, Erster Teil: Straßenverkehrsgesetz, § 1 D IV, 20. Auflage S. 137 und 21. Auflage S. 146 und 147, wird Bezug genommen.

Jedoch lag im Streitfall während des in Betracht kommenden Zeitraums zwar ein Verkauf des Fahrzeugs, aber noch keine Veräußerung des Fahrzeugs im Sinne des § 27 Abs. 3 StVZO und damit noch kein Erwerb des Fahrzeugs im Sinne dieser Vorschrift durch den Bg. vor. Die Vorschrift des § 27 Abs. 3 StVZO ist nur auf den Eigentumswechsel abgestellt (vgl. Müller, Straßenverkehrsrecht, Zweiter Teil: Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, § 27 Anm. 10 Abschn. II vorletzter Absatz, 20. Auflage S. 586 und 21. Auflage S. 591). Ein solcher war von den Beteiligten nicht gewollt und hatte noch nicht stattgefunden. Dies ergibt sich daraus, daß der Verkäufer den Anhängerbrief im Einverständnis mit dem Bg. zurückbehalten, also dem Bg. beim Abschluß des Kaufvertrages nicht ausgehändigt hatte. Nach dem Willen der Beteiligten war dem Verkäufer also das Eigentum am Fahrzeug bis zur Tilgung des Kaufpreises vorbehalten. Die Bedeutung des Anhängerbriefes liegt gerade darin, daß sein Besitz der Sicherung des Eigentums am Fahrzeug dient und zum Stellen des Zulassungsantrags berechtigt. Beim Abzahlungskauf mit Eigentumsvorbehalt für den Verkäufer bleibt der Verkäufer Eigentümer (vgl. Müller, Straßenverkehrsrecht, Zweiter Teil: Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, § 27 Anm. 10 II Absatz 4, 20. Auflage S. 586 und 21. Auflage S. 590). Solange er das ist, bestehen weder für ihn noch für den Käufer die Pflichten, die für den Veräußerer und den Erwerber nach § 27 Abs. 3 StVZO vorgesehen sind. Damit liegt im Streitfall kein Verstoß gegen diese Vorschrift seitens des Bg. vor. Da der Bg. das für einen anderen zugelassene Fahrzeug mit dessen Einwilligung verkehrsrechtlich ohne weiteres benutzen konnte und dies auch, da das Fahrzeug versteuert war, steuerrechtlich tun konnte, war die Benutzung des Anhängers durch den Bg. während der in Betracht kommenden Zeit keine widerrechtliche.

Auf die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs II A 417/29 vom 17. September 1929 (Mrozek-Kartei, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1927 § 3 Rechtsspruch 5) und II F 1/31 vom 20. Januar 1931 (Slg. Bd. 27 S. 313, Mrozek-Kartei, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1927 § 3 Rechtsspruch 7) kann sich das Finanzamt für seine Auffassung nicht berufen. In diesen Urteilen ist offensichtlich davon ausgegangen und konnte auch davon ausgegangen werden, daß in den dort zur Beurteilung stehenden Fällen im Zeitpunkt der Benutzung bereits ein Eigentumswechsel eingetreten war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409913

BStBl III 1961, 72

BFHE 1961, 194

BFHE 72, 194

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