Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft

 

Leitsatz (NV)

Ist ein Stpfl. an einer GmbH allein beteiligt und schließt sich die GmbH mit der Ehefrau des Stpfl. zu einer GmbH & Co. KG zusammen, so wird er nicht deshalb zum Mitunternehmer der KG, weil er Geschäftsführer der GmbH (mit Erfolgsbeteiligung) ist, der KG ein größeres Darlehen gewährt und ihr das Betriebsgrundstück vermietet.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte, eine GmbH (im folgenden GmbH), betreibt eine . . . sowie den Großhandel . . . Sie ist im Jahre 1964 zwischen dem Beigeladenen (Beigeladener) und Frau H gegründet worden. Geschäftsführer waren der Beigeladene und H, der Ehemann der Gesellschafterin Frau H. Zum 1. Januar 1966 brachte die GmbH ihr Unternehmen in eine GmbH & Co. KG ein, an der sie als Komplementärin beteiligt blieb; anstelle von Frau H wurde ihr Ehemann neben dem Beigeladenen Gesellschafter der GmbH. Kommanditisten der KG wurden die Ehefrau des Beigeladenen und Frau H. Zum 1. Januar 1974 verkaufte H seine GmbH-Anteile an den Beigeladenen, während Frau H ihre Kommanditbeteiligung an die Ehefrau des Beigeladenen veräußerte. Nunmehr waren der Beigeladene einziger Gesellschafter der GmbH und seine Ehefrau einzige Kommanditistin der KG. Zum 1. Januar 1978 übernahm die GmbH die Kommanditbeteiligung der Ehefrau des Beigeladenen und wurde dadurch wieder Alleininhaberin des Unternehmens. Gesellschafter der GmbH waren nunmehr der Beigeladene und seine Ehefrau.

Der Beigeladene bezog in den Jahren 1975 bis 1977 als Geschäftsführer der GmbH neben einem Festgehalt von 67 500 DM Tantiemen von 148 850 DM, 173 610 DM und 178 450 DM; diese Beträge wurden der GmbH seitens der KG erstattet. Er stellte der KG auch Geldmittel in Höhe von 355 000 DM (31. Dezember 1976) bzw. 433 000 DM (31. Dezember 1977) gegen eine Verzinsung zur Verfügung. Außerdem hatte er der KG seit 1974 für monatlich 2 340 DM ein Betriebsgrundstück vermietet. In der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG für 1975 bis 1977, den Gewerbesteuermeßbescheiden für diesen Zeitraum und in den Einheitswertfeststellungen des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1975 bis 1977 behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Beigeladenen als Mitunternehmer neben seiner Ehefrau und der GmbH.

Nach Klageerhebung hinsichtlich der Bescheide für 1975 hob das Finanzgericht (FG) diese auf, weil der Beigeladene nicht als Mitunternehmer angesehen werden könne; die eingelegten Revisionen (IV R 3/81 und IV R 4/81) nahm das FA - wie vorgetragen, wegen eines Formfehlers - zurück.

Auf die Klage gegen die Gewinnfeststellungs-, Gewerbesteuermeß- und Einheitswertbescheide 1976 und 1977 sah das FG den Beigeladenen auch für diesen Zeitraum nicht als Mitunternehmer an. Seine Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 345 veröffentlicht.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet; das FG hat den Beigeladenen im Ergebnis zu Recht nicht als Mitunternehmer der KG angesehen.

1. Mitunternehmer i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist, wer als zivilrechtlicher Gesellschafter einer Personengesellschaft oder aufgrund eines wirtschaftlich einem Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Eine nur tatsächliche Beteiligung an den Erträgnissen eines Unternehmens, die das FA für ausreichend angesehen hat, führt deshalb noch nicht zur Mitunternehmerschaft.

Ob die erforderliche Rechtsgrundlage für eine Mitunternehmerschaft des Beigeladenen gegenüber der KG vorhanden ist, muß anhand der im Streitfall vereinbarten Rechtsverhältnisse beurteilt werden. Hierbei ist insbesondere dem Gesellschaftsverhältnis des Beigeladenen als Alleingesellschafter der GmbH und seinen Rechten und Pflichten als Geschäftsführer dieser Gesellschaft, der zwischen der GmbH und der Ehefrau des Beigeladenen begründeten KG und schließlich dem Miet- und Darlehensverhältnis zwischen dem Beigeladenen und der KG Rechnung zu tragen. Diese Rechtsverhältnisse können nicht deswegen unberücksichtigt bleiben, weil die Kommanditistin der KG die Ehefrau des Beigeladenen war und dieser als Geschäftsführer, Darlehensgeber und Vermieter der KG auf das Geschäftsergebnis maßgebenden Einfluß nehmen konnte.

In der Rechtsprechung des BFH ist allerdings wiederholt betont worden, daß Verträge zwischen nahen Angehörigen steuerlich nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie rechtswirksam zustande gekommen sind und nach ihrem Inhalt und ihrer tatsächlichen Durchführung dem entsprechen, was unter einander fremden Personen üblich ist (vgl. Urteile vom 30. Januar 1980 I R 194/77, BFHE 130, 265, BStBl II 1980, 449; vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 22. Mai 1984 VIII R 35/84, BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243; vom 28. Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348). Diese Grundsätze gelten auch für vertragliche Beziehungen zu einer Personengesellschaft, die von einem oder mehreren Angehörigen beherrscht wird (BFH-Urteile vom 12. April 1979 IV R 14/76, BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622; vom 24. März 1983 IV R 240/80, BFHE 138, 427, BStBl II 1983, 663; Urteil in BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555), und zwar auch für den Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG, sofern die GmbH von einem Angehörigen des Kommanditisten beherrscht wird (BFH-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 53/82, BFHE 147, 139, BStBl II 1987, 718). Insoweit ergeben sich im Streitfall jedoch keine Bedenken.

Bei der Würdigung des Sachverhalts kann nicht außer Betracht bleiben, daß die Gesellschafts- und Austauschverträge seinerzeit unter Beteiligung der Eheleute H ausgehandelt worden sind, die andere Interessen hatten als der Beigeladene und seine Ehefrau. Zwar kann es auch in solcher Lage durch abgestimmte Verträge zu familiären Zuwendungen zwischen den Ehegatten kommen, so daß in einem solchen Fall den genannten Anforderungen an Angehörigenverträge zu genügen ist (BFH-Urteile in BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 20. Oktober 1983 IV R 116/83, BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298). Vorliegend enthalten aber weder der Gesellschaftsvertrag der KG noch der Mietvertrag zwischen dieser und dem Beigeladenen Besonderheiten, die sich nur aus familiären Beziehungen erklären ließen; daß dies hinsichtlich der Kreditgewährung durch den Beigeladenen anders sei, hat das FA nicht vorgetragen. Die dem Beigeladenen gewährte Umsatztantieme mag im Vergleich zu seinem Festgehalt recht hoch erscheinen; das FA hat sie, wie unwidersprochen vorgetragen, in zwei Betriebsprüfungen bei der GmbH jedoch als angemessene Vergütung angesehen.

2. Auf der Grundlage der genannten Rechtsverhältnisse läßt sich ein Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis des Beigeladenen gegenüber der KG nicht feststellen.

Der Beigeladene war selbst nicht Gesellschafter der KG. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen ihm und der Gesellschaft bestanden in Form der Darlehensgewährung und des Mietverhältnisses. Wenn es für die rechtliche Einordnung von Vertragsbeziehungen auch nicht auf die von den Vertragsbeteiligten gewählte Bezeichnung ankommt (z. B. BFH-Entscheidungen vom 11. Dezember 1980 IV R 91/76, BFHE 132, 278, 282, BStBl II 1981, 310; vom 28. Januar 1982 IV R 197/79, BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389; vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10), so ergibt der hinsichtlich dieser Verträge festgestellte Sachverhalt doch nichts, was auf ein Gesellschaftsverhältnis, nämlich die Förderung eines gemeinsamen Zwecks durch Beitragsleistungen hindeutet. Auch aus der Stellung des Beigeladenen als Geschäftsführer und Angestellter der GmbH ergibt sich nichts für ein Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis gegenüber der KG. Dieses Rechtsverhältnis bestand gegenüber der GmbH, nicht mit der KG, und war geprägt durch die besondere Stellung, die der Beigeladene innerhalb der GmbH genoß. Es hat in derselben Weise vor der Gründung wie nach der Beendigung der KG bestanden.

Bestand danach zwischen dem Beigeladenen und der KG kein Gesellschafts- und auch kein damit vergleichbares rechtliches Gemeinschaftsverhältnis, kann er schon deshalb nicht als Mitunternehmer der KG angesehen werden. Zwar hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 438, BStBl II 1984, 751, 768) ausgeführt, daß in der Regel auf eine besondere Prüfung des Gesellschaftsverhältnisses verzichtet werden könne, wenn die Merkmale der Mitunternehmerschaft, nämlich Mitunternehmerinitiative und Unternehmerrisiko, vorlägen. Dies kann jedoch nur dahin verstanden werden, daß unter den genannten Voraussetzungen eine gewisse Vermutung für ein Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis besteht. Bestätigt sich diese Vermutung, wie im Streitfall, aber nicht, so können die bestehenden Einflußmöglichkeiten, wirtschaftlichen Erfolgschancen und Risiken nicht als Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko qualifiziert werden.

So mag ein Kapitalgeber aufgrund seines wirtschaftlichen Einflusses die Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen des Kreditnehmers erreichen, wie sie an sich für die Mitunternehmerinitiative typisch ist (BFHE 141, 405, 441, BStBl II 1984, 751, 769). Diesen Einfluß übt er jedoch im Interesse seiner eigenen Rechtsposition, ggf. seines eigenen Unternehmens aus. Die Qualifizierung dieser Einflußmöglichkeiten als Mitunternehmerinitiative setzt voraus, daß sie aufgrund eines Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnisses bestehen. Nur durch ein solches Verhältnis wird auch erreicht, daß der Erfolg oder Mißerfolg des Unternehmens auf gemeinsame Rechnung geht und dadurch ein Mitunternehmerrisiko im Sinne der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 141, 441, BStBl II 1984, 769 begründet wird. Im Streitfall ist auch dieser Voraussetzung nicht genügt. Der Umstand, daß die Realisierbarkeit der Ansprüche des Beigeladenen vom wirtschaftlichen Fortbestand der KG abhängig war, kann ihm nicht als Unternehmerrisiko angerechnet werden; insoweit trug er vielmehr das normale Vergütungsrisiko eines Angestellten, Vermieters und Darlehensgebers. Dies ist vom BFH bereits mehrfach entschieden worden (Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 303/81, BFHE 143, 247, BStBl II 1985, 363; vom 31. Januar 1985 IV R 104/82, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1986, 17; vom 28. Januar 1986 VIII R 335/82, BFHE 146, 375, BStBl II 1986, 599). Der Streitfall bietet keine Besonderheiten, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414707

BFH/NV 1988, 291

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