Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Umzäunung eines Grundstücks folgt, wenn sie Grundstücksbestandteil ist, grundsätzlich der Bewertung des Grund und Bodens.

Eine solche Umzäunung gehört, da bei ihr die besondere Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Betrieb fehlt, nicht zu den Betriebsvorrichtungen im Sinne des Bewertungsgesetzes.

Eine solche Umzäunung gehört in der Regel auch nicht zu den Gebäuden, die der Pächter des Grundstücks auf dem fremden Grundstück errichtet hat.

 

Normenkette

BewG § 50 Abs. 1, §§ 68, 50 Abs. 3, § 70/3, §§ 57, 99

 

Tatbestand

Die Stadt K. verpachtete im Jahre 1929 an die Vorgängerin der Beschwerdeführerin (Bfin.) ein 3.016 qm großes unbebautes Grundstück zur Errichtung einer Tankanlage nebst zugehörigen Gebäuden. Der Pachtvertrag war auf 10 Jahre abgeschlossen, lief aber nach Ablauf der Pachtzeit stillschweigend weiter. Während der Dauer des Pachtvertrages war der Pächterin das jederzeitige Vorkaufsrecht an dem Grundstück eingeräumt. Das Grundstück wurde vor Beginn der Pachtzeit von der Stadt planiert. Die Einrichtung des Grundstücks war Sache der Pächterin. Zaun und Bauten hatte die Pächterin in gefälliger Form herzustellen. Für alle Bauten war die vorherige Genehmigung der Stadt erforderlich. Auf Grund dieses Pachtvertrages wurden von der Pächterin auf dem Grundstück errichtet: Ein Verwaltungs- und Wohngebäude, ein Lagergebäude, ein geschlossener und ein offener Schuppen, eine Abfüllhalle sowie mehrere Tankbehälter. Außerdem umgab die Pächterin das Grundstück mit einer Umzäunung bestehend aus: ca. 21 m Ziegelmauer, ca. 14 m Lattenzaun auf Mauersockel, ca. 88 m Bauplattenzaun auf Mauersockel und ca. 84 m Maschendrahtzaun mit Betonpfosten. An der einen Seite des Grundstücks ist auf einer Länge von rund 84 m keine Umzäunung vorhanden, weil das Lagergebäude und die beiden Schuppen mit ihren Rückwänden auf der Grundstücksgrenze zu stehen kamen und einen Zaun entbehrlich machten. Im Jahre 1950 erwarb die Bfin. das Grundstück zu Eigentum.

Bei der Einheitsbewertung zum 21. Juni 1948, 1. Januar 1950 und 1. Januar 1951 für die von der Bfin. errichteten Gebäude ist lediglich zum 21. Juni 1948 und 1. Januar 1950 streitig geblieben, ob die Umzäunung in den Einheitswert des Grundstücks der Bfin. (Gebäude auf fremdem Grund und Boden) einzubeziehen ist. Das Finanzgericht hat diese Frage in übereinstimmung mit dem Finanzamt bejaht und den Einheitswert zum 21. Juni 1948 auf 15.300 DM und zum 1. Januar auf 17.000 DM festgestellt. Die Bfin. ist dagegen der Auffassung, daß die Umzäunung nicht in ihr Grundstück einbezogen werden kann. Sie verlangt Herabsetzung des Einheitswerts von 15.300 DM auf 14.200 DM und von 17.000 DM auf 15.900 DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Unter den Beteiligten besteht keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß es sich im Streitfall um ein Betriebsgrundstück (Gebäude auf fremdem Grund und Boden) handelt, das, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zum gewerblichen Betrieb der Bfin., zum Grundvermögen gehören würde. (§ 57 Abs. 1 Ziff. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Derartige Grundstücke sind, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu dem gewerblichen Betrieb betrachtet, nach den Vorschriften über die Bewertung des Grundvermögens zu bewerten (§ 57 Abs. 3 BewG).

1. - Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BewG gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. Die Begriffe "Bestandteil" und Zubehör" sind dem bürgerlichen Recht entnommen und im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 35/28 vom 10. Oktober 1928, Slg. Bd. 24 S. 188, Reichssteuerblatt 1929 S. 49). Im Streitfall gehört die mit dem Grund und Boden festverbundene Umzäunung nach § 94 BGB zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks und ist damit Eigentum der Grundstückseigentümerin geworden (§ 946 BGB), obwohl nicht diese, sondern die Bfin. die Umzäunung errichtet hat. Dies würde nur dann nicht gelten, wenn die Umzäunung lediglich zu einem vorübergehenden Zweck (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder in Ausübung eines Rechts an dem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden wäre (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB). Keine der beiden Voraussetzungen liegt hier vor. Wesentliche Grundstücksbestandteile folgen jedoch grundsätzlich - das heißt, wenn keine Ausnahmevorschrift Platz greift - der Bewertung des Grund und Bodens. Dies ergibt sich aus der obengenannten Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 1 BewG.

2. - Nach § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG werden in das Grundvermögen nicht einbezogen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.

Die Bfin. ist der Ansicht, daß es sich bei der Umzäunung des Grundstücks, da diese in erster Linie dem Schutz der auf dem Grundstück befindlichen Betriebsvorrichtungen diene, um eine Betriebsanlage handle. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Begriff der Betriebsvorrichtungen setzt, wie der Zwischensatz, "die zu einer Betriebsanlage gehören", erkennen läßt, Gegenstände voraus, die in gleicher Weise wie Maschinen einem bestimmten Gewerbebetrieb zu dienen bestimmt sind, mithin Gegenstände, durch die dieses Gewerbe betrieben wird. Das kann aber nur zu dem Schluß führen, daß lediglich solche Vorrichtungen, die in einer besonderen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Betrieb stehen, zu den Betriebsvorrichtungen gerechnet werden können. Diese besondere Beziehung fehlt jedoch bei der Umzäunung eines Grundstücks (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs II A 319/27 vom 12. August 1927, Steuer und Wirtschaft 1927 Nr. 525 und die dort angegebenen weiteren Entscheidungen).

3. - Nach § 50 Abs. 3 BewG gilt ein Gebäude, das auf fremden Grund und Boden errichtet ist, als Grundstück (Grundstück im Sinne des BewG), und zwar selbst dann, wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist. Diese Voraussetzungen (Vorhandensein von Gebäuden, Errichtung derselben von einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens) liegen hier vor. Außerdem ist unstreitig, daß die betreffenden Gebäude auch der Bfin. steuerlich zuzurechnen sind.

Die Vorschrift des § Abs. 3 BewG bezieht sich ihrem klaren Wortlaut nach jedoch nur auf die Gebäude. Entsprechend der Regelung im § 50 Abs. 1 Satz 1 BewG können bei der Bewertung solcher Gebäude nur Bestandteile und Zubehör dieser Gebäude einbezogen werden. Im Streitfall ist die Umzäunung des Grundstücks weder Bestandteil noch Zubehör der Gebäude der Bfin. Es muß daher für die Umzäunung bei der Regelvorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 1 BewG (Einbeziehung in den Grund und Boden) verbleiben. Rechtlich besteht keine Möglichkeit, die Umzäunung der Bfin. - in gleicher Weise wie die von ihr errichteten Gebäude - steuerlich zuzurechnen.

4. - Die Bfin. hat in der Rechtsbeschwerde u. a. noch vorgetragen, die Umzäunung könne nicht in den Einheitswert des Grund und Bodens einbezogen werden, weil sie für die Eigentümerin des Grund und Bodens keinen Wert darstelle und zu keiner Werterhöhung des Grundstücks führe. Die Bfin. beruft sich auf ein nicht veröffentlichtes Urteil des erkennenden Senats, jedoch zu Unrecht. In dem dort entschiedenen Fall handelte es sich um die Einbeziehung einer Wegebefestigung in den Grund und Boden. Diese Wegebefestigung war im Jahre 1943 auf Reichsanordnung als Zufahrtsweg zu einer Lagerhalle für Kartoffeln errichtet worden. Später wurde die Lagerhalle anderen Zwecken zugeführt und an eine Düngermittelhandlung verpachtet. Diese benutzte die Wegebefestigung nicht. Ebensowenig geschah dies durch den Eigentümer des Grund und Bodens oder sonstige Verkehrsteilnehmer. Das Finanzgericht hatte festgestellt, daß die Wegebefestigung für den Eigentümer des Grund und Bodens am Stichtag keinen Wert darstellte. Hieraus können aber für normale Fälle, in denen der Pächter eines Grundstücks Aufwendungen auf gemietete oder gepachtete Grundstücke macht, keine Folgerungen gezogen werden (vergleiche hierzu Abschnitt 35 der Vermögensteuer-Richtlinien 1949).

5. - Da die Vorbehörden die Vorschrift des § 50 BewG unrichtig ausgelegt haben, unterliegen die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung sowie die zugrunde liegenden Feststellungsbescheide der Aufhebung. Die Sache ist spruchreif. Es werden für das Grundstück der Bfin. folgende Einheitswerte festgestellt:

zum 21. Juni 1948 -------------------- 14.200 DM und zum 1. Januar 1950 ------------------- 15.900 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409163

BStBl III 1958, 400

BFHE 1959, 325

BFHE 67, 325

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