Leitsatz (amtlich)

1. Wird der Gesellschafter einer Personengesellschaft, der zugleich einen eigenen Betrieb unterhält, in diesem Betrieb ausschließlich für die Personengesellschaft i.S. von § 15 Abs.1 Nr.2 EStG tätig, so ist das Betriebsvermögen des eigenen Betriebs dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters zuzurechnen.

2. Wird eine Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt und bleiben die bisher dem Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters zuzurechnenden Wirtschaftsgüter bei diesem Betriebsvermögen, so hat dieser Vorgang keine Gewinnauswirkung. Das gilt auch, wenn gewerbliches Sonderbetriebsvermögen zu freiberuflichem Betriebsvermögen wird.

 

Orientierungssatz

1. Die Umwandlung einer KG in eine GmbH hat zur Folge, daß das Vermögen der KG auf die GmbH übergeht und die KG damit aufgelöst ist; Auflösung der KG bedeutet in diesem Zusammenhang Vollbeendigung. Von dem Übergang des Vermögens auf die GmbH werden allerdings nur die Vermögensgegenstände des bisherigen Gesamthandsvermögens der KG erfaßt. Nicht vom Übergang betroffen sind Vermögensgegenstände die einem Gesellschafter allein gehören und bisher seinem Sonderbetriebsvermögen zugerechnet worden sind.

2. Zum Betriebsvermögen, das der Ermittlung der Einkünfte der Gesellschafter von Personengesellschaften zugrunde zu legen ist, gehört auch das Sonderbetriebsvermögen (Sonderbetriebsvermögen I und Sonderbetriebsvermögen II) der Gesellschafter. Beim Sonderbetriebsvermögen I handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb der Gesellschaft unmittelbar dienen. Dazu gehören insbesondere solche Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überläßt. Dem Sonderbetriebsvermögen II sind die Wirtschaftsgüter zuzurechnen, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft eingesetzt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 S. 2; UmwStG 1977 § 20; UmwG § 49 Abs. 2; EStG § 5 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war in der Zeit von 1975 bis 1977 Kommanditistin der X-Kommanditgesellschaft (KG). Persönlich haftender Gesellschafter dieser KG war der Beigeladene zu 2., weitere Kommanditistin die Beigeladene zu 3. Gegenstand des Unternehmens war laut Gesellschaftsvertrag ...

Die Klägerin war aufgrund eines mit der KG abgeschlossenen Beratervertrags verpflichtet, die ... zu entwerfen und deren Fertigung zu überwachen. Die Entwurfsarbeiten führte die Klägerin in einem als "Studio" bezeichneten Zimmer ihrer Eigentumswohnung in .... aus. Nach ihren Angaben wurde das Studio ausschließlich zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Beratervertrag verwendet.

Der Wohnungsteil, der das Studio enthielt, wurde in Sonderbilanzen zu den Steuerbilanzen der KG als Sonderbetriebsvermögen geführt.

Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 29.Juni 1978 wurde die KG mit Wirkung vom 1.Januar 1978 in die X-GmbH --die Beigeladene zu 1.-- umgewandelt. Nach der Umwandlung war die Klägerin in gleicher Weise für die GmbH tätig wie vorher für die KG; sie benutzte auch weiterhin das Studio für ihre Entwurfsarbeiten.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, infolge des Ausscheidens der Klägerin aus der KG zum 31.Dezember 1977 sei das Studio aus dem gewerblichen Sonderbetriebsvermögen der Klägerin in ihr der selbständigen Arbeit dienendes Betriebsvermögen überführt worden. Darin liege eine Entnahme. Als Entnahmegewinn ergebe sich ein Betrag von 5 329 DM. Auf dieser Grundlage erließ das FA einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der KG für das Jahr 1977.

Der gegen diese Sachbehandlung gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Auch die Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, das Studio habe während des Bestehens der KG zum gewerblichen Sonderbetriebsvermögen der Klägerin gehört. Mit der Beendigung des Kommanditgesellschaftsverhältnisses durch die Umwandlung der KG in eine GmbH sei auch die Bindung des Studios zum Betriebsvermögen der KG gelöst worden. Hierin sei eine Entnahme zu sehen. Entnahmezeitpunkt sei der Tag, an dem die KG zu bestehen aufgehört habe (31.Dezember 1977).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie führt aus, das Studio habe nicht zu ihrem gewerblichen Sonderbetriebsvermögen gehört; es habe deshalb auch nicht entnommen werden können. Allenfalls könne man das Studio zu den Wirtschaftsgütern rechnen, die ihrer selbständigen Arbeit dienten. Die Einkünfte aus ihrer selbständigen Tätigkeit --die Beraterhonorare-- seien zwar gemäß § 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren; dies habe jedoch nicht zur Folge, daß auch die Wirtschaftsgüter, die für eine solche Tätigkeit verwendet würden, zum gewerblichen Betriebsvermögen der Personengesellschaft gerechnet werden müßten.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, die Einkünfte der KG für das Streitjahr mit ... DM und ihren Anteil daran mit ... DM festzustellen sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage.

Dem FG kann nicht darin beigepflichtet werden, daß die Klägerin einen Entnahmegewinn erzielt hat. Der als "Studio" bezeichnete Wohnungsteil gehörte zwar zu ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG-Beteiligung; der Verlust dieser Eigenschaft hat jedoch keine Gewinnauswirkung gehabt.

1. Mit dem FG ist davon auszugehen, daß das Studio dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin zuzurechnen war.

a) Zu dem Betriebsvermögen, das der Ermittlung der Einkünfte der Gesellschafter von Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) gemäß § 15 Abs.1 Nr.2 EStG zugrunde zu legen ist, gehört außer dem in der Steuerbilanz erfaßten Betriebsvermögen der Gesellschaft das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter (Mitunternehmer).

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. zuletzt Urteil vom 6.Mai 1986 VIII R 160/85, BFHE 147, 313, BStBl II 1986, 838) handelt es sich hierbei um Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören und entweder in einem gewissen Zusammenhang mit dem Betrieb der Gesellschaft stehen (Sonderbetriebsvermögen I) oder in gewisser Weise der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II).

b) Der als "Studio" bezeichnete Wohnungsteil gehörte nicht zum Sonderbetriebsvermögen I der Klägerin.

Bei dieser Art von Sonderbetriebsvermögen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb der Gesellschaft unmittelbar dienen, und zwar dergestalt, daß sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind (BFH-Urteil vom 13.Mai 1976 IV R 4/75, BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617). Dazu gehören insbesondere solche Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überläßt (BFH-Urteil vom 2.Dezember 1982 IV R 72/79, BFHE 137, 323, BStBl II 1983, 215).

Eine solche --unmittelbare-- Überlassung zur Nutzung hat im Streitfall nicht vorgelegen. Denn die Klägerin hat der KG nicht ihr Studio vermietet oder verpachtet; sie hat es vielmehr selbst im Rahmen ihres eigenen Betriebs genutzt.

c) Das Studio war aber dem Sonderbetriebsvermögen II der Klägerin zuzurechnen.

Eine Zurechnung von Wirtschaftsgütern zu dieser Art von Sonderbetriebsvermögen setzt voraus, daß die Wirtschaftsgüter unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft eingesetzt werden (BFH-Urteil vom 15.Oktober 1975 I R 16/73, BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188). Die Rechtsprechung des BFH zählt hierzu insbesondere die Anteile des Kommanditisten einer GmbH & Co. KG an der Komplementär-GmbH (vgl. BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188). Die GmbH-Anteile stärken die Stellung des Kommanditisten deshalb, weil der Kommanditist durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus der Beteiligung an der Komplementär-GmbH die Möglichkeiten seiner Einflußnahme auf die KG erweitert.

Auch Gebäude (oder Gebäudeteile), in denen ein Gesellschafter im Rahmen einer von § 15 Abs.1 Nr.2 EStG erfaßten Tätigkeit für die Gesellschaft tätig wird, können geeignet sein, seine Position innerhalb der Gesellschaft zu stärken. Wenn hier auch eine Nutzung der Gebäude(-teile) durch die Gesellschaft selbst nicht stattfindet (wie im Fall des Sonderbetriebsvermögens I), so ist es doch der Beteiligung des Gesellschafters zumindest förderlich, wenn der Gesellschafter in dem Gebäude im Rahmen eines eigenen Betriebs für die Gesellschaft tätig wird.

Der Umstand, daß man ein im eigenen Betrieb genutztes Gebäude normalerweise zum Betriebsvermögen des eigenen Betriebs rechnet, steht seiner Zurechnung zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters nicht entgegen. Die zwischen dem eigenen Betrieb und dem Sonderbetrieb bestehende Bilanzierungskonkurrenz ist unter gewissen Voraussetzungen zugunsten des Vorrangs der Mitunternehmerschaft zu lösen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 15 Abs.1 Nr.2 EStG. In dieser Vorschrift ist eine Zurechnungsnorm enthalten, aufgrund deren die die Mitunternehmerschaft betreffenden Sachverhalte regelmäßig in die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft einzubeziehen sind (BFH-Urteil vom 18.Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750).

Das hat vor allem für den Fall Bedeutung, daß ein Gesellschafter in seinem eigenen Betrieb ausschließlich für die Gesellschaft tätig wird. Die Vergütungen, die er in diesem Fall "für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft ... bezogen hat" (§ 15 Abs.1 Nr.2 EStG), sind ihm in vollem Umfang als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen; ebenso sind sämtliche im eigenen Betrieb angefallenen Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben zu erfassen. Schließlich sind auch die Wirtschaftsgüter des eigenen Betriebs dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters zuzuordnen; das gilt insbesondere für Gebäudeteile, die im Rahmen der eigenbetrieblichen Tätigkeit genutzt werden.

Da sich die Klägerin im Rahmen ihres eigenen Betriebs ausschließlich für die KG, an der sie als Kommanditistin beteiligt war, betätigte, mußte ihr --an sich zu ihrem eigenen Betrieb gehörendes-- Studio in vollem Umfang ihrem Sonderbetriebsvermögen zugerechnet werden.

2. Mit der Umwandlung der KG in die X-GmbH (die Beigeladene zu 1.) hat das Studio zwar die Eigenschaft von Sonderbetriebsvermögen verloren; dies geschah indessen nicht mit Gewinnauswirkung.

a) Die Umwandlung einer KG in eine GmbH hat zur Folge, daß das Vermögen der KG auf die GmbH übergeht und die KG damit aufgelöst ist (§ 49 Abs.2 des Umwandlungsgesetzes --UmwG--); Auflösung der KG bedeutet in diesem Zusammenhang Vollbeendigung (Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 49 UmwG Rdnr.965).

Von dem Übergang des Vermögens auf die GmbH werden allerdings nur die Vermögensgegenstände des bisherigen Gesamthandsvermögens der KG erfaßt. Nicht vom Übergang betroffen sind dagegen Vermögensgegenstände, die einem Gesellschafter allein gehören und bisher seinem Sonderbetriebsvermögen zugerechnet worden sind. Diese Gegenstände können nur im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die GmbH übertragen werden.

b) Einkommensteuerrechtlich ist in der Umwandlung einer KG in eine GmbH ein tauschähnlicher Veräußerungsvorgang zu sehen, der nach allgemeinen Grundsätzen zu einem Veräußerungsgewinn führen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 23.Januar 1986 IV R 335/84, BFHE 146, 236, BStBl II 1986, 623). Ein Veräußerungsgewinn entsteht allerdings insoweit nicht, als die im Betriebsvermögen der KG ruhenden stillen Reserven auf das Betriebsvermögen der GmbH übertragen werden. Nach den im Umwandlungs-Steuergesetz (UmwStG) und im EStG enthaltenen Regelungen wird auf die Aufdeckung und die Versteuerung stiller Reserven anläßlich der Umwandlung eines Unternehmens grundsätzlich verzichtet, wenn durch die Buchwertfortführung die spätere Erfassung der stillen Reserven gesichert bleibt.

Werden die im gewerblichen Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters stehenden Wirtschaftsgüter anläßlich der Umwandlung nicht auf die GmbH übertragen, so hat das in der Regel zur Folge, daß damit der betriebliche Zusammenhang gelöst wird und insoweit ein Veräußerungsgewinn entsteht, der gemäß §§ 16, 34 EStG zu versteuern ist (vgl. BFH-Urteil vom 29.Oktober 1987 IV R 93/85, BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374). Werden die bisher zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter allerdings mit ihren Buchwerten in einen anderen Betrieb des bisherigen Gesellschafters überführt, so tritt diese Rechtsfolge nicht ein. Die Regelung, nach der auf die Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven grundsätzlich verzichtet wird, wenn durch die Buchwertfortführung die spätere Erfassung der stillen Reserven gesichert bleibt, gilt auch für einen solchen Fall. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Betrieb, in den das Wirtschaftsgut nach der Umwandlung übergeht, gewerblicher oder nicht gewerblicher Art ist. In jedem Fall --also auch beim Übergang von bisher gewerblichem Sonderbetriebsvermögen in ein der freiberuflichen Tätigkeit dienendes Betriebsvermögen-- bleibt die Erfassung der in dem Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven durch die Einkommensteuer sichergestellt. Zu einer gewerbesteuerrechtlichen Erfassung der stillen Reserven kann es in einem solchen Fall ohnehin nicht mehr kommen, weil die im Rahmen eines als Betriebsveräußerung anzusehenden Vorgangs zutage getretenen stillen Reserven der Gewerbeertragsteuer (§ 7 ff. des Gewerbesteuergesetzes) nicht unterliegen (Urteil in BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374).

c) Hiernach vollzog sich auch im Streitfall der anläßlich der Umwandlung der KG in eine GmbH eingetretene Übergang des Studios aus dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin in ihr freiberufliches Betriebsvermögen, ohne daß hierdurch ein Gewinn realisiert wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415733

BStBl II 1988, 667

BFHE 153, 125

BFHE 1989, 125

BB 1988, 1441-1442 (LT1-2)

DB 1988, 1357-1358 (ST)

DStR 1988, 461 (ST1-2)

HFR 1988, 514 (LT1-2)

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