Leitsatz (amtlich)

Schließen sich mehrere Steuerpflichtige zu einer Gesellschaft zusammen, um gemeinsam ein Flugzeug zu erwerben und zu unterhalten, und steht fest, daß durch den Betrieb des Flugzeuges keine Gewinne erzielt werden können, so kommt eine einheitliche Gewinnfeststellung nach § 215 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht in Betracht. Die für die Annahme gewerblicher Einkünfte nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GewStDV erforderliche Gewinnerzielungsabsicht kann nicht damit begründet werden, daß die Gesellschafter das Flugzeug auch für geschäftliche Zwecke ihrer eigenen Betriebe genutzt hätten.

 

Normenkette

AO § 215 Abs. 2; EStG § 2 Abs. 4 Nr. 1, § 15 Nr. 2; GewStDV § 1 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig war, ob eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) sich gewerblich betätigte und deshalb ihre in den Streitjahren erlittenen Verluste im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren festzustellen waren.

Die Klägerin und Revisionsklägerin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (Gesellschaft), wurde von G L und den Firmen T-KG und Sch-OHG durch Vertrag vom 10. September 1961 gegründet. Dieser Vertrag wurde ab 1. Februar 1965 durch den Vertrag vom 10. Februar 1965 ersetzt und gleichzeitig der Kaufmann C L neu in die Gesellschaft mit aufgenommen. Durch Vertragsnachtrag vom 30. Dezember 1965 trat noch der später tödlich abgestürzte Dr. H als fünfter Gesellschafter der Gesellschaft bei. Die jeweiligen Gesellschaftsverträge wurden durch die "Geschäftsordnung und Betriebsrichtlinien" von 1961 und 1965 ergänzt. Ab 1967 war an Stelle der Firma Sch-OHG infolge deren Umwandlung in eine Einzelfirma der Alleininhaber Sch an der Gesellschaft beteiligt.

Zweck der Gesellschaft war nach dem Vertrag von 1961 der Betrieb und die gemeinsame Unterhaltung eines Reiseflugzeuges, nach dem Vertrag von 1965 der Betrieb und die gemeinsame Unterhaltung eines aus einer oder mehreren Maschinen bestehenden Flugzeugparks. In Verfolgung dieses Zweckes unterhielt die Gesellschaft ein Flugzeug, das im Jahre 1965 durch ein neues ersetzt wurde. Das Flugzeug wurde teils von den Eignern und sogenannten vertraglichen Mitbenutzern zu privaten und beruflichen Zwecken benutzt, teils an sogenannte Fremdbenutzer, insbesondere an eine Luftfahrtgesellschaft (GmbH & Co KG) verchartert. Nachdem das einzige Flugzeug der Gesellschaft abgestürzt war, wurde die Gesellschaft aufgelöst. Sie befindet sich seitdem in Liquidation.

Die Gesellschaft reichte dem Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) für die Jahre 1961 bis 1967 Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen ein, die Verluste bis zu 60 000 DM auswiesen.

Nachdem im Jahre 1967 eine Betriebsprüfung stattgefunden hatte, lehnte das FA die Durchführung einheitlicher Gewinnfeststellungen ab.

Zur Begründung verwies es auf die Feststellungen der Betriebsprüfung, wonach die Gesellschaft wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht keinen Gewerbebetrieb unterhalten habe.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage der GbR hatte im Streitpunkt keinen Erfolg.

Das FG führt aus, der Gesellschaft habe die für die Annahme eines Gewerbebetriebes im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 GewStDV erforderliche Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Aus dem für 1964 maßgebenden Gesellschaftsvertrag 1961 nebst Richtlinien ergebe sich, daß das Flugzeug grundsätzlich nur von den Eignern und vertraglichen Mitbenutzern habe benutzt werden sollen, die auch anteilig die fixen Kosten im voraus hätten einzahlen und bei einer negativen Endabrechnung Nachschüsse hätten leisten müssen, während ein etwaiger Überschuß zugunsten der Gesellschafter vorzutragen gewesen sei. Der Flugstundenpreis für Eigner habe 24 DM, für Mitbenutzer 36 DM betragen. Unter Umständen hätten auch andere Piloten für einen Stundenpreis von 120 DM die Maschine sollen fliegen können. Eigner und vertragliche Mitbenutzer hätten jedoch Vorrang gehabt. Tatsächlich sei die Maschine fast ausschließlich von den Eignern benutzt worden. Bei dieser Ausgestaltung könne keine Rede davon sein, daß die Erzielung eines Überschusses der Einnahmen über die Betriebsausgaben beabsichtigt gewesen sei, wenn man noch dazu berücksichtige, daß die von den Gesellschaftern erhobenen Umlagen keine Einnahmen, sondern Gesellschafterbeiträge gewesen seien. Ob die Gesellschafter die Maschine privat oder für ihre eigenen beruflichen Zwecke benutzt hätten, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Gewinnerzielungsabsicht habe auch für die Jahre ab 1965, in denen der Gesellschaftsvertrag 1965 nebst Richtlinien gegolten habe, gefehlt, so daß das FA mit Recht die Durchführung der einheitlichen Gewinnfeststellungen 1965 bis 1968 abgelehnt habe. Die neuen Vertragsbestimmungen hätten zwar die Vercharterung des Flugzeuges vorgesehen. Der Eigenbenutzung sei jedoch nach wie vor der Vorrang eingeräumt gewesen. Die Eigner-Flugstunden hätten denn auch gegenüber den Charterflugstunden beträchtlich überwogen, nämlich 165 : 50 in 1965, 89 : 47 in 1966 und 43 : 4 in 1967. Nach Ziffer 7 der Richtlinien hätten die Chartererlöse lediglich "einen finanziellen Stock zum teilweisen oder vollständigen Ausgleich der Halterungs- und Verwaltungskosten der Gesellschaft" bilden sollen. Gewinnabsicht fehle aber, wenn die Einnahmen nur der Deckung der Selbstkosten dienten.

Mit ihrer Revision rügt die Gesellschaft Rechts- und Verfahrensverstöße. Dem FG sei mangelnde Sachaufklärung vorzuwerfen, da es nicht, was angesichts der unsicheren Rechtsgrundlage des § 1 GewStDV erforderlich gewesen sei, die Verkehrsauffassung geprüft habe (Hinweis auf das Urteil des Senats IV 139/63 vom 11. Juli 1968, BFH 93, 281, BStBl II 1968, 775). Die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft. Der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen von 1965 sei verzerrt wiedergegeben. Hieraus erkläre sich die Annahme des FG, es sei nur eine Selbstkostendeckung beabsichtigt gewesen. Die Gewinnerzielungsabsicht hätte nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom FG nicht verneint werden dürfen. Es sei keineswegs unerheblich, ob die Gesellschafter das Flugzeug beruflich oder privat benutzt hätten. Soweit berufliche Benutzung vorgelegen habe, seien infolge des billigen Flugstundenpreises Betriebsausgaben erspart worden. Bei der privaten Benutzung hätten mit dem Teilwert anzusetzende Entnahmen vorgelegen. Die Zahlungen der Gesellschafter an die Gesellschaft seien nicht Gesellschafterbeiträge sondern Einnahmen der Gesellschaft, die sogar noch nach dem wahren Wert der Nutzung aufzustocken seien. Die Gesellschafter hätten in der mündlichen Verhandlung klar zu erkennen gegeben, daß sie mit Gewinnen gerechnet hätten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ließ die Gesellschaft noch vortragen, bei der einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 215 Abs. 2 AO dürfe nicht nur auf die "eigene" Gewinnabsicht der Gesellschaft abgestellt werden. Es müsse vielmehr auch berücksichtigt werden, ob und inwieweit die Gesellschafter das Flugzeug im Interesse ihrer eigenen Betriebe verwendet hätten, weil bezüglich dieser Betriebe die Gewinnerzielungsabsicht nicht verneint werden könne, die sodann aber auf die Gesellschaft "durchschlage" (Hinweis auf das Urteil des Senats IV 129/64 vom 25. August 1966, BFH 86, 715, BStBl III 1966, 625). Selbst wenn also die Gesellschaft keine Gewinne erzielen könne, sei die einheitliche Gewinnfeststellung gleichwohl durchzuführen, weil es sich bei den Einkünften der Gesellschaft, selbst wenn sie für sich genommen negativ sein sollten, um einen Teilbereich der gewerblichen Einkünfte der Gesellschafter aus ihren eigenen Betrieben handele, wie dies z. B. bei eindeutig nur aus betrieblichen Gründen geschaffenen Apparategemeinschaften der Fall sei (z. B. Zusammenschluß von Ärzten zur Anschaffung eines teueren Röntgenapparats oder von Unternehmern zum Erwerb einer Datenverarbeitungsanlage). Das FG hätte es daher nicht als unerheblich ansehen dürfen, ob die Eigenbenutzung des Flugzeuges durch die Gesellschafter zu privaten oder eigenen beruflichen Zwecken erfolgt sei. Das FG habe insoweit seine Sachaufklärungspflicht verletzt.

Die Vorinstanz hat mit Recht entschieden, daß die Gesellschaft kein Gewerbe betrieben hat. Zutreffend ist das FG bei seiner Entscheidung von § 1 GewStDV ausgegangen, der in richtiger Auslegung des Gesetzes den Begriff des Gewerbebetriebes definiert und hierfür unter anderem eine mit Gewinnabsicht unternommene Betätigung voraussetzt. Da der Streitfall sich nur nach dem Vorliegen dieses Merkmals entscheidet, bedurfte es keiner Feststellung einer Verkehrsauffassung. Die diesbezügliche, unter Hinweis auf das Urteil des Senats IV 139/63 von der Gesellschaft erhobene Rüge mangelnder Sachaufklärung geht fehl; denn aus der genannten Entscheidung ergibt sich, daß die Verkehrsauffassung nur dann zu Rate gezogen werden muß, wenn die Merkmale des § 1 GewStDV zwar mehr oder weniger deutlich in Erscheinung treten, gleichwohl aber noch Zweifel bestehen, ob ein Vorgang in den privaten oder gewerblichen Bereich gehört. Der Prüfung der Verkehrsauffassung bedarf es aber nicht, wenn eines der in § 1 Abs. 1 GewStDV aufgezählten Merkmale, z. B. eben die Gewinnerzielungsabsicht, eindeutig fehlt. So aber liegt es im Streitfall.

Nach der Rechtsprechung ist für die Annahme eines Gewerbebetriebes darauf abzustellen, ob der Steuerpflichtige bei der Art und Weise seiner Betätigung auf die Dauer gesehen damit rechnen darf, daß diese Tätigkeit nachhaltig nicht nur einen Ausgleich zwischen Ausgaben und Einnahmen, sondern auch einen Überschuß (Gewinn) ergibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich grundsätzlich nicht nach der subjektiven Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern nach den objektiven Verhältnissen (vgl. die Entscheidungen des Senats IV R 57/68 vom 18. Dezember 1969, BFH 98, 247, BStBl II 1970, 377 und IV R 36/68, BFH 95, 97, BStBl II 1969, 340). Diese Abgrenzungsmerkmale gelten für alle Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 EStG) gleichermaßen. Auch für die Gewinnabsicht im Sinne des § 1 Abs. 1 GewStDV kommt es daher nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern auf die objektiven Umstände des Einzelfalles an.

Diese Grundsätze hat das FG nicht verkannt, wenn es davon ausging, daß aus den vertraglichen Vereinbarungen und den tatsächlichen Umständen nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht der Gesellschaft geschlossen werden konnte. Die vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächliche Durchführung lassen erkennen, daß das Flugzeug vorrangig zur Benutzung durch die Gesellschafter gehalten wurde. Bei der Überlassung an fremde Benutzer lag die Erzielung eines Einnahmeüberschusses so außerhalb jeder Möglichkeit, daß hiermit die Gesellschaft bei objektiver Beurteilung auch auf die Dauer gesehen nicht rechnen konnte. Ob und inwieweit die Gesellschafter das Flugzeug beruflich oder privat benutzt haben, konnte das FG mit Recht dahingestellt sein lassen. Es bedarf hier bei der Beurteilung der Verhältnisse der Gesellschaft keiner Prüfung der Frage, inwieweit die Gesellschafter Aufwendungen für die Benutzung des Flugzeuges in ihrem persönlichen, beruflichen oder betrieblichen Bereich mit steuerlicher Wirkung geltend machen können. Sollten die Gesellschafter bei der beruflichen Benutzung wegen des verbilligten Preises berufliche Ausgaben gespart haben, so rechtfertigt das jedenfalls nicht den Ansatz fiktiver Einnahmen bei der Gesellschaft, und die Absicht, bei den Gesellschaftern auf deren beruflichem Sektor Ausgaben zu sparen, bedeutet noch nicht die Absicht, bei der Gesellschaft Gewinne zu erzielen. Der Senat vermag dem Vorbringen der Gesellschaft in der mündlichen Verhandlung nicht zu folgen, daß das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht bei der Gesellschaft die Durchführung einer einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 215 Abs. 2 AO nicht hindere, wenn die Gesellschaft zu dem Zweck betrieben werde, Gewinne außerhalb der Gesellschaft in den einzelnen Betrieben der Gesellschafter zu erzielen. Auch der Hinweis auf die sogenannten Apparategemeinschaften läßt den Senat nicht daran zweifeln, daß die Gewinnerzielungsabsicht bei der Gesellschaft selbst, deren Einkünfte nach § 215 Abs. 2 AO festgestellt werden sollen, bestehen muß. Schließen sich z. B. mehrere Unternehmer zusammen, um gemeinsam - aus Kosten- oder Kapazitätsgründen - ein Wirtschaftsgut (z. B. Maschine, Computer oder dergleichen) zu erwerben und für ihre Einzelbetriebe zu nutzen, und steht fest, daß durch diesen Zusammenschluß selbst keine Gewinne erzielt werden sollen, so liegt keine Mitunternehmerschaft im steuerlichen Sinne vor, deren Einkünfte nach § 215 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 AO einheitlich festzustellen wären. Es handelt sich dann um eine Interessengemeinschaft zugunsten der von den Gemeinschaftern aus ihren eigenen Betrieben erstrebten Einkünfte, an denen jedoch nicht, wie dies § 215 Abs. 2 AO voraussetzt, mehrere beteiligt sind. Der Hinweis in der Revision auf das Urteil des Senats IV 129/64 kann deshalb nicht durchgreifen, weil in dem dort entschiedenen Fall bei der Gesellschaft Gewinne erzielt werden sollten und auch erzielt wurden. Ist somit bei einer nur kostendeckend arbeitenden Gesellschaft eine einheitliche Gewinnfeststellung nicht durchzuführen, so schließt das nicht aus, daß die einzelnen Gesellschafter Aufwendungen, die ihnen im Interesse ihrer Einzelbetriebe aus der Benutzung z. B. der genannten unterhaltenen Maschine entstanden sind, bei ihrer eigenen Gewinnermittlung als Betriebsausgaben absetzen können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413215

BStBl II 1972, 599

BFHE 1972, 360

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