Leitsatz (amtlich)

Bel der Bilanzierung entgeltlich erworbener Fortsetzungs-Sammelwerke als nicht abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Verlagswerte, Verlagsobjekte) sind in der Regel einzelne - abnutzbare - Belieferungsrechte oder -chancen nicht gesondert anzusetzen (Anschluß an BFH-Urteil vom 8. Juni 1972 IV R 88/68, BFHE 106, 294, BStBl II 1972, 853).

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6 Abs. 1 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist in den Gewinnfeststellungsverfahren 1963 bis 1966, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zu Recht auf eingebrachte Verlagsobjekte Absetzungen für Abnutzung (AfA) vorgenommen hat oder ob es sich um nicht abnutzbare (firmenwertähnliche) Wirtschaftsgüter handelt (§ 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 7 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die einen Verlag betreibt. Sie setzte in der Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1963 die von einzelnen Gesellschaftern eingebrachten Verlagsobjekte zu deren Anschaffungskosten an. Dabei handelte es sich um mehrere Loseblattwerke und Zeitschriften (zu insgesamt 1 181 500 DM), daneben um verschiedene Bücher (zu 19 089 DM), insgesamt 1 200 589 DM. Die Klägerin nahm von den eingebrachten Wirtschaftsgütern laufende AfA vor.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Streitjahre (für 1966 vorläufig) zunächst der Rechtsansicht der Klägerin, daß es sich um abnutzbare Wirtschaftsgüter handle. Aufgrund des Ergebnisses einer Betriebsprüfung nahm es indes das Vorliegen nicht abnutzbarer, firmenwertähnlicher Wirtschaftsgüter an und versagte in den berichtigten Gewinnfeststellungsbescheiden 1963 bis 1965 und bei der endgültigen Gewinnfeststellung 1966 die geltend gemachten AfA. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) teilte bezüglich der Loseblattwerke und der Zeitschriften den Standpunkt des FA. Es ließ dahingestellt, ob - nach der Darstellung des FA - nur neun Loseblattwerke oder - so nach dem Vorbringen der Klägerin - daneben auch noch drei Zeitschriften erworben worden seien. Das FG bezog sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Juni 1972 IV R 88/68 (BFHE 106, 294, BStBl II 1972, 853). Danach sei das Recht an einem Loseblattwerk ein firmenwertähnliches Wirtschaftsgut. Es sei deshalb, wenn ein Sammelwerk als Unternehmen Gegenstand der Veräußerung sei und auf den Erwerber mit dem Sammelwerk auch Lieferverträge über Fortsetzungslieferungen übergingen, nicht möglich, einen Teil des Entgelts diesen Lieferverträgen zuzuordnen und nach Maßgabe der voraussichtlichen Dauer der Belieferungsverträge abzuschreiben. Diese Grundsätze seien auch auf den Erwerb des Rechts an Zeitschriften anzuwenden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14. Dezember 1967 IV 240/63, BFHE 91, 49, BStBl II 1968, 277). Danach wohne den Belieferungsrechten über eine Zeitschrift keine meßbare Gewinnchance inne. Auch wenn man die Ansicht des I. Senats des BFH teile (Urteil vom 5. August 1970 I R 180/66, BFHE 100, 89, BStBl II 1970, 804), daß beim Erwerb eines Zeitschriftenverlages festzustellen sei, welchen Wert die erworbenen Belieferungsrechte im Zeitpunkt des Übergangs hätten, würde dies nur für solche schwebenden Verträge gelten, deren Laufzeit sich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckten. Verträge über längere Zeiträume seien indes nicht üblich und von der Klägerin auch nicht dargetan. Damit erübrige sich eine weitere Aufgliederung in verschiedene immaterielle Einzelwirtschaftsgüter i. S. des BFH-Urteils vom 18. Juli 1972 VIII R 16/68 (BFHE 106, 432, BStBl II 1972, 884). - Die Klage habe nur insoweit Erfolg, als es sich um die Anschaffungskosten der Verlagsrechte an rd. 80 Büchern handle (insgesamt 19 089 DM). Von diesen Anschaffungskosten seien Abschreibungen in dem von der Klägerin begehrten Umfang von 25 v. H. zuzulassen. - Es bleibe dahingestellt, ob die Klägerin berechtigt gewesen sei, nachträglich (mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1974) eine weitere Aufstockung der Bilanzwerte für die bezeichneten Wirtschaftsgüter in der Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1963 von bisher 1 200 589 DM auf 1 360 689 DM geltend zu machen.

In der Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung aufzuheben und die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide dahin abzuändern, daß entsprechend dem noch vor dem FG gestellten Antrag auf Ansatz höherer Anschaffungskosten in der Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1963 erhöhte AfA auf die erworbenen Wirtschaftsgüter zugelassen würden. Gerügt werde mangelnde Sachaufklärung und unrichtige Anwendung sachlichen Rechts. Das FG habe nicht berücksichtigt, daß die Belieferungsrechte bei Fortsetzungs-Sammelwerken losgelöst vom Titel der Werkes im Verkehr gehandelt würden und den hauptsächlichen Wertfaktor bildeten. Der Wert der Belieferungsrechte sei in aller Regel gleich dem Wert des Verlagsobjekts. Gerade der in der Entscheidung IV R 88/68 hervorgehobene Sachzwang zur Abnahme der weiteren Lieferungen zeige, daß den Lieferverträgen beim Fortsetzungs-Sammelwerk als selbständig bewertbaren Wirtschaftsgütern neben dem Urheberrecht, dem Verlags- und Herausgeberrecht eine nicht geringere wirtschaftliche Bedeutung zukomme als beim Zeitschriftenverlag. Die Belieferungsrechte und -chancen prägten geradezu den Inhalt des Anschaffungsgeschäfts über solche Objekte. Die Belieferungsrechte seien wie bei Zeitschriften (Hinweis auf BFH-Urteil I R 180/66) abnutzbare Wirtschaftsgüter. Im übrigen stehe die Entscheidung IV R 88/68 in Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Behandlung von Firmenwerten (vgl. Urteile VIII R 16/68; vom 18. Januar 1967 I 77/64, BFHE 88, 198, BStBl III 1967, 334, und I R 180/66). Das einzelne Loseblattwerk könne nicht als firmenwertähnliches Wirtschaftsgut "Unternehmen" angesehen werden. Dieser verlagsrechtliche Begriff dürfe nicht, wie im Urteil IV R 88/68 geschehen, im steuerrechtlichen Sinne verstanden werden. Die Annahme der Einheitlichkeit des Unternehmens, zu welcher der IV. Senat wegen dieser Gleichsetzung der Begriffe gelangt sei, sei mit der Rechtsprechung zum Geschäftswert nicht vereinbar. Diese habe gerade wegen der Nichtabschreibbarkeit den Begriff des Geschäftswerts immer enger gefaßt und zunehmend gegen die immateriellen Einzelwirtschaftgüter abgegrenzt. Dies entspreche auch dem Grundsatz der Einzelbewertung. Urheberrecht, Verlags- und Herausgeberrechte, insbesondere Titelschutzrechte sowie die Belieferungsrechte und -chancen seien steuerlich getrennt zu behandeln, da sie selbständige Wirtschaftsgüter darstellten. Der Unterschied zum Buchverlagsrecht bestehe nur darin, daß dort dem Verlagsrecht im engeren Sinn, d. h. dem Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung, größeres Gewicht zukomme. Für die Beurteilung sei maßgebend, daß sich die ursprüngliche Bezieherzahl stetig vermindere und umschichte. Einzelne Verlagsobjekte habe die Klägerin inzwischen aufgegeben. Es handle sich somit nicht um ein firmenwertähnliches Wirtschaftsgut, sondern um immaterielle Einzelwirtschaftsgüter "Belieferungsrechte", deren Anschaffungskosten nach den Erfahrungssätzen über die durchschnittliche Benutzungszeit abzusetzen seien (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 9. Juli 1958 I 207/57 U, BFHE 67, 370, BStBl III 1958, 416; vom 20. November 1962 I 266/61 U, BFHE 76, 164, BStBl III 1963, 59; Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 12. Februar 1941 VI 303/40, RStBl 1941, 499). Im Streitfall sei bei der Bewertung der erworbenen Verlagsobjekte von einer zehnjährigen Belieferungsdauer und entsprechenden Ertragsaussichten ausgegangen worden.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I. Die Klägerin rügt in verfahrensrechtlicher Hinsicht (§ 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), daß das FG unterlassen habe zu prüfen, in welchem Umfang die Anschaffungskosten für die Verlagsobjekte auf gesondert zu bilanzierende - abnutzbare - Belieferungsrechte entfielen. Die Begründetheit dieser Verfahrensrüge hängt von der Entscheidung der materiell-rechtlichen Frage ab, ob Belieferungsrechte in Fällen der vorliegenden Art von dem Wert der einzelnen Verlagsobjekte (Verlagswerte) getrennt werden können. Diese Frage ist, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, zu verneinen.

II. Bei den von der Klägerin erworbenen Verlagsobjekten handelt es sich um Verlagswerte, die je für sich als einheitliche immaterielle, nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter anzusehen sind. Die Belieferungsrechte und -chancen sind Teil dieser Verlagswerte und können nicht als selbständige abnutzbare immaterielle Einzelwirtschaftsgüter behandelt werden.

1. Der Senat geht mit der Klägerin davon aus, daß begrifflich unterschieden werden muß zwischen dem Urheber- und Verlagsrecht, dem Verlagswert und - unten 2. - etwaigen selbständigen Belieferungsrechten (vgl. BFH-Urteile I R 180/66; IV R 88/68, mit weiteren Nachweisen).

a) Verlagsrecht ist das ausschließliche Recht eines Verlegers zur Vervielfältigung und Verbreitung eines Werkes der Literatur oder der Tonkunst (§ 1, § 8 Verlagsgesetz). Bilanzrechtlich stellt das einzelne Verlagsrecht ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens dar (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1967 IV 240/63, BFHE 91, 49, BStBl II 1968, 277; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 57 zu § 5 EStG, Stichwort Verlagsrecht; Mutze, Aktivierung und Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter nach Handels- und Steuerrecht, 1960, S. 155 f., 160). Im Streitfall hat die Klägerin selbst einzelne Verlagsrechte nicht gesondert ausgewiesen, da bei dem Erwerb der Verlagsobjekte für Verlagsrechte keine besonderen Anschaffungskosten entstanden sind. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ist davon auszugehen, daß die Verlagsrechte in ihrem Falle - ähnlich wie bei Zeitschriften und anders als bei Buchverlagen, wo den Verlagsrechten meist eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt - keine besondere Rolle spielten. Da die Klägerin auch in der Revision eine bilanzmäßige Abspaltung der Verlagsrechte von den Verlagswerten nicht begehrt und nach den Umständen des Streitfalles die bisherige Sachbehandlung hierin keinen Rechtsfehler erkennen läßt, braucht der Senat auf diese Frage nicht näher einzugehen.

b) Für die Entscheidung kommt es auf die nähere Bestimmung des Begriffes und der Komponenten des Verlagswertes an. Verlagswert oder Verlagsobjekt bezeichnet die einzelne Verlagserscheinung, d. h. das durch einen bestimmten Titel gekennzeichnete "Unternehmen" im verlagsrechtlichen Sinn, welches einen selbständigen Gegenstand des Rechtsverkehrs bildet und auch als solches rechtlich geschützt ist. Es genießt einen Titelschutz (§ 16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb) und nach Maßgabe der §§ 25, 31 des Warenzeichengesetzes einen Ausstattungsschutz (vgl. Bappert/Maunz, Verlagsrecht, 1952, S. 398; Bappert/Wagner, Rechtsfragen des Buchhandels, 2. Aufl. 1958, S. 133 ff). Der Verlagswert in diesem Sinn umfaßt auch den zugehörigen Kundschaftswert, den Organisationswert, den Wert der durch eine Idee geweckten Nachfrage nach der betreffenden Verlagserscheinung (Teske, Bilanzierung von Verlagsrechten, 1958, S. 32). Es gilt hier Ähnliches wie für eine Zeitung oder Zeitschrift: In ihrem Titel verkörpert sich die ganze damit zusammenhängende Organisation, der Abonnentenstamm, die Ertragschance für das "Verlagsunternehmen" (Mutze, a. a. O., S. 156). In diesem Sinn spricht man z. B. von dem "Unternehmen der Herausgabe einer Zeitschrift" (Bappert/Maunz, a. a. O., S. 398 ff.) und von einem "Recht am Zeitschriftenunternehmen" (Bappert/Wagner, a. a. O., S. 91 ff., 93).

Solche Verlagswerte sind nach ständiger Rechtsprechung, anders als die einzelnen Verlagsrechte (oben a), keine abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgüter. Sie sind daher einer regelmäßigen AfA nicht zugänglich (vgl. RFH-Urteil vom 18. November 1937 VI 651/37, RStBl 1938, 133; BFH-Urteile I R 180/66, IV R 88/68). Sie werden als firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter angesehen, für die lediglich die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert in Betracht kommt (vgl. Herrmann/Heuer, a. a. O.).

Ein Teil des Schrifttums sieht indes auch den Verlagswert als abnutzbares Wirtschaftsgut an und bejaht demgemäß die Zulässigkeit - und Pflicht - zur Vornahme von AfA (so Mutze, a. a. O., S. 162 und in Anmerkungen zur Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 6 Abs. 1 Ziff. 2, Rechtsspruch 253; Husemann, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände, 1970, S. 275; Teske, a. a. O., S. 73 f., 96 f.). Diese Ansicht beruht auf einer grundsätzlichen bilanzrechtlichen Gleichbehandlung von Verlagswert und Firmenwert, die ihren Grund in der handelsrechtlich vorgeschriebenen regelmäßigen Abschreibung der Firmenwerte hat und die auf Verlagswerte übertragen wird.

Die Firmenwertähnlichkeit des Verlagswerts (Verlagsobjekts) führt aber unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten zur Versagung regelmäßiger Abschreibungen (AfA). Der Verlagswert weist u. a. eine wichtige Gemeinsamkeit mit dem Firmenwert auf. Zum Verlagswert rechnet, wie bemerkt, auch der Bezieherkreis (Kundschaft, Abonnentenstamm). Dieser wechselt im Laufe der Zeit. Aber der Wert des Verlagsobjekts braucht dadurch nicht berührt zu werden. Er kann sogar steigen. Insofern spielt die Komponente Kundenstamm bei dem einzelnen Verlagswert eine ähnliche Rolle wie beim Firmenwert. Hier wie dort rechtfertigt sie nicht regelmäßige Absetzungen; auch kann eine Teilwertabschreibung nicht allein darauf gegründet werden, daß die Kundschaft im Laufe der Zeit gewechselt hat (vgl. BFH-Urteil vom 2. Februar 1972 I R 96/70, BFHE 104, 442, BStBl II 1972, 381).

Der Senat hält daran fest, daß AfA auf einen Verlagswert nicht vorzunehmen sind, da sich der Wert des einzelnen Verlagsobjekts nicht in einer bestimmten oder annähernd bestimmbaren Zeit erschöpft (vgl. dazu BFH-Urteile vom 1. August 1968 I 206/65, BFHE 94, 52, BStBl II 1969, 66; vom 16. September 1970 I R 196/67, BFHE 101, 76, BStBl II 1971, 175; IV R 88/68). Der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, daß im Streitfall für die Bemessung der Ertragskraft und damit der Werte der einzelnen Verlagsobjekte von einer geschätzten 10jährigen Vertragsdauer ausgegangen worden sei, rechtfertigt es nicht, hieraus auf eine solche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer i. S. der Vorschriften über die AfA (§ 7 EStG) zu schließen. Auch bei anderen firmenwertähnlichen Wirtschaftsgütern ist anzunehmen, daß sie nicht unbegrenzte Zeit bestehen werden. Entscheidend ist, ob ihre Nutzungsdauer annähernd fest bestimmt oder bestimmbar ist. Das ist bei Verlagswerten der hier vorliegenden Art nicht der Fall. So hat die Klägerin selbst vorgetragen, daß sie einige Verlagsobjekte inzwischen - innerhalb des genannten 10-Jahreszeitraums - ganz aufgegeben habe; andere Verlagsobjekte bestehen - weit über jenen Zeitraum hinaus - heute noch.

2. Dem Begehren der Klägerin ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt stattzugeben, daß von den einzelnen Verlagswerten die Belieferungsrechte und -chancen abzuspalten und von ihnen AfA vorzunehmen wären.

a) Der erkennende Senat hat in dem einen Zeitschriftenverlag betreffenden Urteil I R 180/66, auf welches sich die Klägerin beruft, entschieden, daß bei einem Erwerb von Belieferungsrechten festzustellen sei, welchen Wert diese Belieferungsrechte im Zeitpunkt des Übergangs auf den Erwerber hätten. Ein entsprechender Teil des Gesamtkaufpreises für das Verlagsunternehmen sei als Anschaffungskosten der - abnutzbaren - Belieferungsrechte anzusetzen. Der Senat ging in jener Entscheidung davon aus, daß sich bei einem Zeitschriftenverlag die Belieferungsrechte in dieser Weise vom Verlagswert trennen ließen und daß sie im wirtschaftlichen Verkehr als selbständige Vermögensgegenstände angesehen würden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.

aa) Zunächst ist festzustellen, daß die Klägerin mit den von ihr so genannten Belieferungsrechten nicht die einzelnen Abonnementsverträge mit ihren für die Bemessung der AfA bedeutsamen verschiedenen Vertragsdauerbestimmungen meint, sondern die Belieferungsrechte und -chancen insgesamt, welche im wesentlichen den Wert eines Verlagsobjekts ausmachten, d. h. den Kundenstamm. Nach der Größe dieses Bezieherkreises im ganzen bestimmt sich, wie die Klägerin vorträgt, der Wert (die Ertragskraft) des betreffenden Verlagsobjekts. Der Kundenstamm im ganzen ist aber, anders als das einzelne Belieferungsrecht, in der Regel kein selbständiges Wirtschaftsgut, sondern meist Teil des Firmenwerts, bei Verlagsunternehmen Teil des einzelnen Verlagswerts. Eine gesonderte Bilanzierung der Kundschaft ist nur da zulässig und geboten, wo diese gesondert Gegenstand eines Anschaffungsgeschäfts war (vgl. BFH-Urteil I R 196/67). In diesem Falle ist der Kundenstamm grundsätzlich als ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut zu behandeln, welches nur einer Teilwertabschreibung zugänglich ist. Im Streitfall hatten indes gesonderte Anschaffungsgeschäfte über die zu den einzelnen Verlagsobjekten gehörenden Kundenstämme nicht stattgefunden. Die Klägerin selbst hat die Verlagsobjekte mitsamt ihrem jeweiligen Bezieherkreis wertmäßig jeweils als wirtschaftliche Einheit behandelt. Der von der Klägerin betonte Umstand, daß der (Ertrags-)Wert eines Verlagsobjekts nach der Größe des Bezieherkreises und der "durchschnittlichen Verweildauer der Abonnenten" bemessen wird, rechtfertigt es weder, die Kundschaft als ein besonderes Wirtschaftsgut anzusehen noch sie mit dem Verlagsobjekt gleichzusetzen. Letzteres scheidet schon deshalb aus, weil, wie oben dargelegt, der Verlagswert (das Verlagsobjekt) neben dem Bezieherkreis aus zahlreichen Komponenten besteht, deren Wertanteile - ähnlich wie beim Firmenwert - als solche nicht gesondert bilanzierungsfähig sind.

bb) Fehl geht auch der Einwand der Klägerin, daß Belieferungsrechte als selbständige Wirtschaftsgüter gehandelt würden und daß sie, die Klägerin, selbst solche Rechte entgeltlich erworben habe. Soweit solche Anschaffungsgeschäfte getätigt werden, sind die erworbenen Wirtschaftsgüter nach allgemeinen Grundsätzen zu bilanzieren. Wenn dagegen Belieferungsrechte usw. - wie im Streitfall - als Bestandteile ganzer Verlagsobjekte erworben werden, ist für ihre gesonderte Bilanzierung kein Raum.

b) Eine vom Verlagswert gesonderte Bilanzierung von (abnutzbaren) Belieferungsrechten ist schließlich hier auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil es der Klägerin nicht um Belieferungs rechte, sondern um die nachhaltigen Belieferungs möglichkeiten insgesamt geht, deren Bewertung von den Abonnementsverträgen unabhängig ist. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, daß sich der Wert und der Marktpreis von Verlagsobjekten nach der mutmaßlichen Dauer der tatsächlichen Ausnutzung, nicht nach der "Fristigkeit von Verträgen" bestimme; auch längerbefristeten Abnahmeverträgen komme keine entscheidene Bedeutung zu. Damit bestätigt die Klägerin die Ansicht, die der IV. Senat seiner Entscheidung IV R 88/68 zugrunde gelegt hatte, daß nämlich in Fällen der vorliegenden Art nicht der Eintritt in (einzelne) schwebende Verträge entscheidend sei, sondern darüber hinaus der Sachzwang zum Bezug, der auch dann bestehe, wenn kein Abonnementvertrag geschlossen sei. Die von der Klägerin als wesentlich bezeichnete tatsächliche Verweildauer ist durch diesen Sachzwang zum Bezug von Nachlieferungen bedingt. Dieser ist, entgegen der Ansicht der Klägerin, bei einem Fortsetzungs-Sammelwerk anders zu beurteilen als bei einer Zeitschrift oder einer Fachzeitschrift. Bei dieser liegt der Nutzen in der laufenden Unterrichtung; bei einem Fortsetzungs-Sammelwerk dagegen liegt der Nutzen und Wert in der ständig herzustellenden Vollständigkeit des Werks, das auf eine inhaltliche Geschlossenheit angelegt ist, insofern ähnlich wie bei einem gebundenen Buch. Wer auf die Nachlieferungen verzichtet, entwertet über kurz oder lang das bezogene Werk. Wer dagegen auf den Weiterbezug einer Zeitschrift verzichtet, hatte bisher den Nutzen der Unterrichtung, den er künftig bei einem anderen Organ ebenso gut oder vielleicht für seine Zwecke noch besser erlangen mag.

c) Nach alledem können im Streitfall die Belieferungsrechte und -chancen in dem von der Klägerin gemeinten Sinne nicht gesondert bilanziert werden. Sie sind nur zusammen mit dem Verlagsobjekt, zu welchem sie gehören, unter Teilwertgesichtspunkten abschreibungsfähig. Daß die Voraussetzungen für solche Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert vorgelegen hätten, hat die Klägerin nicht dargetan. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß in dieser Richtung der Sachverhalt einer Aufklärung bedürfte.

3. Die Klägerin führt den Rechtsstreit nur hinsichtlich der erworbenen Loseblattwerke. Der Senat sieht deshalb davon ab, auf die Rechtsverhältnisse bei Zeitschriften einzugehen, zumal die Klägerin selbst in ihrer Eröffnungsbilanz für erworbene Zeitschriften keinen Wert mehr angesetzt hatte.

Auch die Frage einer Aufstockung der Bilanzwerte, welche die Klägerin geltend macht, ist dahingestellt zu lassen. Da weder eine AfA noch eine Teilwertabschreibung in Betracht kommt, könnte sich eine Erhöhung der Wertansätze in der Anfangsbilanz auf das Ergebnis des Streitjahres nicht auswirken.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73135

BStBl II 1979, 470

BFHE 1979, 386

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