Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei den im § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG aufgeführten Unternehmen bedarf es zum Eintritt in die Gewerbesteuerpflicht nicht der Ausübung eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 1 GewStDV, es genügt jede andere Tätigkeit. Eine solche liegt auch vor, wenn eine Kapitalgesellschaft lediglich das eingezahlte Kapital verwaltet.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 Ziff. 2

 

Tatbestand

Die Bfin. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20. April 1959 und Eintragung ins Handelsregister vom gleichen Tage mit einem Stammkapital von 20.000 DM errichtet. Das Stammkapital wurde voll eingezahlt. Gegenstand des Unternehmens der Bfin. war nach § 3 der Satzung der Groß- und Einzelhandel mit Mineralölen und artverwandten Produkten sowie Bau, Betrieb und Unterhaltung von Tankstellen und Garagen.

Diese ihre satzungsmäßige Tätigkeit hatte die Bfin. im Streitjahr noch nicht begonnen. Durch Gesellschafterbeschluß vom 21. März 1960 ist sie rückwirkend auf den 31. Dezember 1959 aufgelöst worden.

Die Bfin. bestreitet ihre Gewerbesteuerpflicht. Sie habe eine eigentliche gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 1 GewStDV nicht ausgeübt. Der Begriff des Gewerbebetriebs im Sinne des § 2 GewStG, der Voraussetzung für das Eintreten der Gewerbesteuerpflicht sei, setze eine solche gewerbliche Tätigkeit voraus.

Finanzamt und Finanzgericht bejahten die Gewerbesteuerpflicht der Bfin. Das Finanzgericht führte im wesentlichen aus, nach § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG gelte stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften. Anders als bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG gelte die Vermutung des Gesetzes, daß die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften in jedem Fall einen Gewerbebetrieb darstelle, uneingeschränkt. Die Gewerbesteuerpflicht dieser Unternehmen richte sich allein nach der Rechtsform, die Art der Tätigkeit habe keine Bedeutung. Auch eine Vermögensverwaltung stelle eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG dar, so gering sie auch sein möge. Im Streitfall habe die Bfin. das durch die Einzahlung der Stammeinlagen entstandene Bankguthaben von 20.000 DM durch ihren Geschäftsführer verwalten müssen. Das genüge.

 

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung vom Finanzgericht zugelassene Rb. ist nicht begründet.

Nach § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG gilt die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften und anderer dort genannter Unternehmensformen stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Allerdings handelt es sich hierbei im Gegensatz zur Auffassung des Finanzgerichts nicht um eine Vermutung, sondern um eine gesetzliche Fiktion, die nicht widerlegbar ist. Im Streitfall hat die Bfin. durch die Vereinnahmung und Verwaltung der Stammeinlagen eine Tätigkeit bereits entfaltet. Damit aber ist sie in die Gewerbesteuerpflicht eingetreten. Mit Recht sieht das Finanzgericht den Unterschied zwischen den in § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG aufgeführten Offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und anderen Mitunternehmerschaften einerseits und den in § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG aufgeführten Unternehmensformen, zu denen die Bfin. gehört, andererseits darin, daß das Gesetz für die ersteren ausdrücklich fordert, daß "die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind" (siehe hierzu auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 351/56 U vom 16. September 1958, BStBl 1958 III S. 462, Slg. Bd. 67 S. 492). Ist dieses Erfordernis erfüllt, so gilt auch bei diesen Unternehmen die Tätigkeit in vollem Umfang, also auch hinsichtlich von Tätigkeiten, die ihrer Art nach nicht zu den gewerblichen gehören, als Gewerbebetrieb. Im Gegensatz hierzu verzichtet das Gesetz bei den in § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG genannten Unternehmensformen auf das Erfordernis eines Gewerbebetriebs.

Die Einwendungen der Bfin., die sich auf die Gewerbesteuerpflicht der über eine Vermögensverwaltung hinausgehenden wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe im Sinne des § 2 Abs. 3, § 3 Ziff. 6 GewStG gründen, sind nicht stichhaltig. Es steht dem Gesetzgeber frei, auf welche Art einer Tätigkeit er die Gewerbesteuerpflicht bestimmter Unternehmen gründen will. Die Bfin. hätte einen schlüssigen Einwand nur dann vorgetragen, wenn sie behauptet hätte, sie gehöre zu den in § 2 Abs. 3 oder in § 3 Ziff. 6 GewStG aufgeführten Unternehmen. Sie gehört jedoch nicht dazu.

Die Rb. war hiernach als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409912

BStBl III 1961, 66

BFHE 1961, 177

BFHE 72, 177

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