Leitsatz (amtlich)

1. Die wirtschaftliche Eingliederung einer GmbH in eine andere GmbH setzt voraus, daß die herrschende GmbH solche eigenen gewerbliche Zwecke verfolgt, denen sich die beherrschte GmbH im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann.

2. Die wirtschaftliche Eingliederung wird nicht allein dadurch begründet, daß

a) die herrschende GmbH mit der beherrschten einen Beherrschungsvertrag abschließt,

b) die herrschende GmbH nur gegenüber der beherrschten wie eine konzernleitende Holding fungiert,

c) die herrschende GmbH der beherrschten wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet und

d) der Organschaftsvertrag Teil eines Sanierungskonzeptes für die herrschende GmbH ist.

 

Orientierungssatz

1. "Anderes gewerbliches Unternehmen" i.S. des § 14 Satz 1 KStG 1977 können sowohl Gewerbebetriebe kraft gewerblicher Tätigkeit als auch Gewerbebetriebe kraft Rechtsform als auch Gewerbebetriebe kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sein.

2. Auf die Prüfung der wirtschaftlichen Eingliederung als selbständige Voraussetzung einer Organschaft i.S. der §§ 14 und 17 KStG 1977 kann nicht verzichtet werden, weil § 14 Satz 1 KStG 1977 eine entsprechende Tatbestandsvoraussetzung neben der finanziellen und der organisatorischen Eingliederung fordert. Daran sind die Gerichte gebunden.

3. Die Gewinnabführung aufgrund einer "verunglückten Organschaft" ist steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln. Darauf, ob der Organgesellschaft ein Rückforderungsanspruch gegen den Organträger wegen überhöhter Abführung zusteht, kommt es nicht an. Die Rückforderung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist steuerrechtlich als Einlage zu behandeln (vgl. BFH-Urteil vom 29.4.1987 I R 176/83). Sie schließt die Annahme einer Vermögensminderung nicht aus.

4. Bei der Entscheidung über die Frage, wann eine Einlageforderung das EK 04 erhöht, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem die Forderung in der Steuerbilanz auszuweisen ist. Den BFH-Urteilen vom 9.12.1987 I R 260/83 und I R 1/85 ist nichts anderes zu entnehmen.

5. Bei der Beurteilung der Frage, wann eine Einlageforderung in der Steuerbilanz anzusetzen ist, ist auf den normativen Erkenntnisstand eines sorgfältigen Kaufmanns bei der Aufstellung der Bilanz abzustellen. Dabei ist der normative Erkenntnisstand des sorgfältigen Kaufmanns unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und des Vorsichtsprinzips zu bestimmen.

6. Forderungen, deren Existenz bestritten ist und die Gegenstand eines Rechtsstreits sind, können solange nicht aktiviert werden, als es an einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 26.4.1989 I R 147/84). Entsprechendes gilt, wenn eine Forderung nur als Kehrseite eines streitigen Rechtsverhältnisses besteht.

 

Normenkette

KStG 1977 § 14 S. 1, §§ 17, 27-29, 40, 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 22.08.1988; Aktenzeichen IX 1172/87 K)

 

Tatbestand

I. Bis zum September 1979 bestand die OT-GmbH mit den Betriebsabteilungen A sowie B. Die OT-GmbH mußte im August/September 1979 einen Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens stellen. Zwecks Sanierung gründeten die OT-GmbH und ein Treuhänder einerseits die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, mit einem Stammkapital von 900 000 DM und andererseits die X-GmbH. Die OT-GmbH übernahm einen Anteil an der Klägerin im Werte von 899/900 des Stammkapitals. Sie übertrug auf die Klägerin im Wege der Sacheinlage das Vorratsvermögen ihrer früheren Betriebsabteilung B. Gleichzeitig übertrug sie das Vorratsvermögen ihrer früheren Betriebsabteilung A im Wege der Sacheinlage auf die X-GmbH. Das restliche Betriebsvermögen beider Betriebsabteilungen (Fabrikgrundstücke, Mietwohnungen u.a.m.) verpachtete die OT-GmbH an die Klägerin bzw. an die X-GmbH. Anschließend veräußerte sie die Anteile an der X-GmbH.

Am 21.September 1979 schlossen die OT-GmbH und die Klägerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag entsprechend dem § 291 Abs.1 des Aktiengesetzes (AktG 1965) ab. Danach unterstellte die Klägerin die Leitung ihres Unternehmens der OT-GmbH. Sie verpflichtete sich, ihren gesamten Handelsbilanz-Gewinn an die OT-GmbH abzuführen. Die OT-GmbH hatte Verluste der Klägerin auszugleichen. Der Gewinnabführungsvertrag wurde schriftlich unkündbar bis zum 31.Dezember 1987 abgeschlossen. Seine Eintragung im Handelsregister unterblieb. Das Sanierungskonzept unterlag der Genehmigungspflicht des Landes Nordrhein-Westfalen, weil dieses sich für Schulden der OT-GmbH verbürgt hatte. Das Land Nordrhein-Westfalen machte seine Zustimmung zu dem Sanierungskonzept von der Vereinbarung einer Organschaft zwischen der OT-GmbH und der Klägerin mit Gewinnabführungsvertrag abhängig. Der Gewinnabführungsvertrag durfte nicht ohne Zustimmung des Landes Nordrhein-Westfalen aufgehoben werden.

Seit September 1979 bestand die Tätigkeit der OT-GmbH in der Verpachtung von Grundbesitz an die X-GmbH und an die Klägerin, außerdem in der Verpachtung sonstigen ursprünglich vorhandenen bzw. später erworbenen Betriebsvermögens an die Klägerin, in der Finanzierung des neu erworbenen bzw. neu zu erwerbenden Betriebsvermögens und schließlich in der Leitung der Klägerin.

Für die Streitjahre 1979 bis 1983 erklärte die Klägerin jeweils ein zu versteuerndes Einkommen von 0 DM. Ihren Handelsbilanz-Gewinn rechnete sie der OT-GmbH zu. Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, es fehle an der organisatorischen und an der wirtschaftlichen Eingliederung. Die OT-GmbH sei nur vermögensverwaltend tätig und entfalte keine eigene gewerbliche Tätigkeit. Im übrigen sei nicht gewährleistet, daß in der Geschäftsführung der Klägerin der Wille der OT-GmbH durchgesetzt werde. In den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheiden 1979 bis 1983 vom 9.Juli 1986 behandelte das FA die tatsächlich abgeführten Gewinne als verdeckte Gewinnausschüttungen.

Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in vollem Umfang statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1989, 310 veröffentlicht.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977).

Es beantragt, das Urteil des FG Münster vom 22.August 1988 IX 1172/87 K aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Gemäß §§ 14 und 17 KStG 1977 ist unter einzeln aufgezählten Voraussetzungen das Einkommen einer Organgesellschaft (hier: der Klägerin) dem Träger des Unternehmens (Organträger; hier: der OT-GmbH) zuzurechnen. Das FG hat für den Streitfall zu Unrecht alle Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 14 und 17 KStG 1977 als erfüllt angesehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Ergebnisabführungsvertrag zivilrechtlich wirksam war (vgl. Beschluß des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 24.Oktober 1988 II ZB 7/88, Der Betrieb --DB-- 1988, 2623, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1989, 295).

2. Nach § 14 Satz 1 i.V.m. § 17 Satz 1 KStG 1977 muß die Organgesellschaft Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sein. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs.2 FGO) festgestellt, daß die Klägerin eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in B war. Damit war sie inländische Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 Satz 1 KStG 1977 (§ 1 Abs.1 Nr.1 KStG 1977, §§ 10 und 11 der Abgabenordnung --AO 1977--).

3. Nach § 14 Satz 1 i.V.m. § 17 Satz 1 KStG 1977 muß die Organgesellschaft einen dem § 291 Abs.1 AktG 1965 entsprechenden schriftlichen Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abschließen. Im Streitfall wurde zwar am 21.September 1979 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag schriftlich auf mehr als acht Jahre abgeschlossen. Dieser Vertrag genügte jedoch den in §§ 14 und 17 KStG 1977 aufgestellten Anforderungen nicht.

a) Zwar schloß die Klägerin den Vertrag vom 21.September 1979 mit einem "anderen inländischen gewerblichen Unternehmen" ab. Mit der Verwendung des Begriffes "anderes Unternehmen" nehmen die §§ 14 und 17 KStG 1977 nicht auf den in § 291 Abs.1 AktG 1965 verwendeten aktienrechtlichen Unternehmensbegriff Bezug. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, daß § 14 Satz 1 KStG 1977 den Abschluß eines zivilrechtlich wirksamen Gewinnabführungsvertrags i.S. des § 291 Abs.1 AktG 1965 voraussetzt. Auch wenn ein solcher Vertrag mit einem Unternehmen im aktienrechtlichen Sinne abgeschlossen werden muß, fordert § 14 Satz 1 KStG 1977 nur einen Gewinnabführungsvertrag mit einem "anderen gewerblichen Unternehmen". Dies ergibt sich auch daraus, daß § 14 Satz 1 Nr.2 KStG 1977 als zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung die wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger verlangt. Das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Eingliederung ist in mancher Hinsicht dem aktienrechtlichen Unternehmensbegriff ähnlich, ohne deshalb mit ihm identisch zu sein. Die Begriffe "anderes inländisches gewerbliches Unternehmen" und "wirtschaftliche Eingliederung" verdrängen deshalb den aktienrechtlichen Unternehmensbegriff. Sie sind steuerrechtlicher Natur. Der Begriff "gewerbliches Unternehmen" knüpft an die Formulierung in § 15 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Er ist hier wie dort einheitlich auszulegen. Deshalb können sowohl Gewerbebetriebe kraft gewerblicher Tätigkeit (§ 2 Abs.1 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG-- i.V.m. § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung --GewStDV--) als auch Gewerbebetriebe kraft Rechtsform (§ 2 Abs.2 GewStG) als auch Gewerbebetriebe kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (§ 2 Abs.3 GewStG) "anderes gewerbliches Unternehmen" i.S. des § 14 Satz 1 KStG 1977 sein. Da die OT-GmbH nach den tatsächlichen Feststellungen des FG eine inländische Kapitalgesellschaft war und damit einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform ausübte (§ 2 Abs.2 GewStG), bestehen insoweit gegen die Anwendung der Rechtsfolge des § 14 Satz 1 i.V.m. § 17 Satz 1 KStG 1977 keine Bedenken.

b) Allerdings stellt § 14 Satz 1 Nrn.1 und 2 KStG 1977 weitere einschränkende Voraussetzungen auf. Danach muß die Organgesellschaft gegenüber dem Organträger wirtschaftlich unselbständig sein. Sie muß rechtlich und tatsächlich dem Organträger untergeordnet sein. Die Unterordnung muß in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht bestehen. Entgegen einer im Schrifttum weit verbreiteten Auffassung (vgl. Thiel, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1966/67, 271 ff.; Kreile, Finanz-Rundschau --FR-- 1966, 275, und FR 1968, 458; Dornfeld, FR 1969, 349; Eckhardt, Betriebs-Berater --BB-- 1969, 927; Ranft, FR 1969, 333; Telkamp, DB 1969, 669; Dornfeld/Telkamp, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1971, Sp.67 ff.; Reuter, Die Besteuerung der verbundenen Unternehmen, München 1970, Rdnr.1517; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, Heidelberg 1975, Rdnr.219 ff.; Mangold, StuW 1978, 173; Felix/Streck, Körperschaftsteuergesetz, 2.Aufl., § 14 Rdnr.18) kann auf die Prüfung der wirtschaftlichen Eingliederung als selbständige Tatbestandsvoraussetzung einer Organschaft i.S. der §§ 14 und 17 KStG 1977 nicht verzichtet werden, weil § 14 Satz 1 KStG 1977 eine entsprechende Tatbestandsvoraussetzung neben der finanziellen und der organisatorischen Eingliederung fordert. Daran sind die Gerichte gebunden. Sie können auch nicht das Merkmal im Sinne einer Leerformel interpretieren (a.A. Dornfeld/Telkamp, StuW, 1971, Sp.67 ff.).

Da das Merkmal der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung in § 14 Satz 1 KStG 1977 neben die Verpflichtung zur Abführung des ganzen Gewinnes an das andere gewerbliche Unternehmen tritt, begründet die Abführungsverpflichtung für sich genommen noch keine finanzielle, wirtschaftliche und/oder organisatorische Eingliederung. Ebensowenig begründen die Voraussetzungen einer finanziellen und organisatorischen Eingliederung zwangsläufig auch eine wirtschaftliche Eingliederung, weil anderenfalls die ausdrückliche Erwähnung der wirtschaftlichen Eingliederung in § 14 Satz 1 Nr.2 KStG 1977 überflüssig wäre. Die mit einer Beteiligung verbundenen Gesellschaftsrechte vermögensrechtlicher und herrschaftsrechtlicher Art sind deshalb nur zur Beurteilung der finanziellen Eingliederung heranzuziehen. Aus dem gleichen Grunde kann eine personelle Verflechtung zwischen den Geschäftsführungen des herrschenden und des beherrschten Unternehmens wohl eine organisatorische, jedoch keine wirtschaftliche Eingliederung begründen.

c) Nach der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes ist unter der wirtschaftlichen Eingliederung eine wirtschaftliche Zweckabhängigkeit des beherrschten Unternehmens von dem herrschenden zu verstehen. Deshalb muß das herrschende Unternehmen solche eigenen gewerblichen Zwecke verfolgen, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann. Das beherrschte Unternehmen muß den gewerblichen Zwecken des herrschenden dienen, d.h. es muß im Sinne einer eigenen wirtschaftlichen Unselbständigkeit die gewerblichen Zwecke des herrschenden Unternehmens fördern oder ergänzen. Dabei muß es wegen der geforderten wirtschaftlichen Unselbständigkeit nach der Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung des herrschenden Unternehmens auftreten (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.April 1973 I R 120/70, BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740, und vom 21.Januar 1976 I R 21/74, BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389). An einer solchen wirtschaftlichen Zweckabhängigkeit fehlt es, wenn das herrschende Unternehmen nur Gewerbebetrieb kraft Rechtsform ist oder wenn es nur eine Tätigkeit i.S. des § 2 Abs.1 GewStG i.V.m. § 1 GewStDV ausübt, die ausschließlich den Zwecken des beherrschten Unternehmens dient. Aus diesem Grunde hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740 gefordert, das herrschende Unternehmen müsse eine eigene gewerbliche Tätigkeit ausüben. Ferner hat er in seinem Urteil in BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389 entschieden, daß es an einer wirtschaftlichen Eingliederung des beherrschten Unternehmens fehle, wenn das herrschende lediglich das beherrschte leite. Entsprechendes gilt, wenn das herrschende Unternehmen in anderer Weise ausschließlich gegenüber dem beherrschten tätig wird. Dazu gehört die Vermietung und Verpachtung von Betriebsgrundlagen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (vgl. BFH-Urteile vom 25.Juni 1957 I 119/56 U, BFHE 65, 181, BStBl III 1957, 303; vom 7.März 1961 I 251/60 S, BFHE 72, 578, BStBl III 1961, 211; vom 9.März 1962 I 123/60 U, BFHE 74, 533, BStBl III 1962, 199; vom 25.Juli 1963 IV 417/60 S, BFHE 77, 504, BStBl III 1963, 505; vom 26.April 1966 I 102/63, BFHE 85, 472, BStBl III 1966, 426; vom 18.April 1973 I R 120/70, BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740). In Fällen dieser Art ist der Zweck der Tätigkeit des herrschenden Unternehmens darauf ausgerichtet, ausschließlich dem beherrschten Unternehmen zu dienen und dessen Tätigkeit zu ergänzen bzw. zu fördern. Dies schließt die wirtschaftliche Eingliederung des beherrschten Unternehmens in das herrschende aus.

d) Entgegen der Auffassung des FG kann eine wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft nicht schon mit der Begründung bejaht werden, daß der Organträger eine Kapitalgesellschaft ist und beide einen Beherrschungsvertrag abgeschlossen hätten. Die tatsächliche Durchführung eines Beherrschungsvertrages und ein Organschaftsverhältnis i.S. des § 14 KStG 1977 sind zweierlei. § 14 KStG 1977 geht auf § 7a KStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15.August 1969 --KStG 1968-- (BGBl I 1969, 1182; BStBl I 1969, 471) zurück. Vor dem Inkrafttreten des § 7a KStG 1968 beruhte die körperschaftsteuerliche Organschaft auf der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) und des BFH. Beide Gerichte hatten die wirtschaftliche Eingliederung als Tatbestandsvoraussetzung einer Organschaft losgelöst von der Existenz eines Beherrschungsvertrages gefordert (vgl. RFH-Urteile vom 11.November 1927 I A 75/27, RFHE 22, 183, RStBl 1928, 52; vom 14.November 1929 I A 623/28, RFHE 26, 124, RStBl 1930, 41; Gutachten vom 26.Juli 1932 I D 2/31/III D 2/32, RFHE 31, 297, RStBl 1933, 136; BFH-Urteile in BFHE 65, 181, BStBl III 1957, 303; vom 21.Januar 1970 I R 90/67, BFHE 98, 168, BStBl II 1970, 348). Der BFH hatte die Möglichkeit eines Organverhältnisses zu einer Holding-Kapitalgesellschaft abgelehnt, wenn die Holding keine einheitliche Leitung gegenüber mehreren abhängigen Gesellschaften ausübt (vgl. Urteile vom 17.Dezember 1969 I 252/64, BFHE 98, 152, BStBl II 1970, 257; vom 15.April 1970 I R 122/66, BFHE 99, 123, BStBl II 1970, 554; vom 31.Januar 1973 I R 166/71, BFHE 108, 348, BStBl II 1973, 420). Der Gesetzgeber hat das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Eingliederung in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der an ihr geübten Kritik (vgl. Kreile, FR 1966, 273, 275; Thiel, StbJb 1966/67, 247, 271; ders., FR 1968, 456, 458; Eckhardt, BB 1969, 925, 927; Dornfeld, FR 1969, 349, 351) in § 14 Satz 1 Nr.2 KStG 1977 ohne Einschränkung übernommen. Daraus muß geschlossen werden, daß die in der Rechtsprechung zum Wesen eines Organschaftsverhältnisses allgemein entwickelten und speziell mit dem Begriff der wirtschaftlichen Eingliederung verbundenen Kriterien zum Inhalt des § 14 Satz 1 Nr.2 KStG 1977 wurden. Schon deshalb ist es nicht gerechtfertigt, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen.

Selbst wenn Organträger und Organgesellschaft --wie es das FG im Streitfall angenommen hat-- eine wirtschaftliche Einheit bilden, so reicht dies zur Begründung eines steuerrechtlich anzuerkennenden Organschaftsverhältnisses jedenfalls dann nicht aus, wenn der Organträger nicht originär am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, sondern nur Vermögensverwaltung betreibt. In diesem Fall vollzieht sich die den Gewerbebetrieb begründende Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nur über die Organgesellschaft. Dann fehlt es aber zwangsläufig an übergeordneten gewerblichen Zwecken, die der Organträger verfolgt und denen sich die Organgesellschaft nach Art einer Geschäftsabteilung unterordnen kann.

e) Nach den den erkennenden Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs.2 FGO) verwaltete die OT-GmbH die Beteiligung an der Klägerin. Sie übte außerdem eine geschäftsleitende Tätigkeit auf der Grundlage des Beherrschungsvertrages aus. Ferner verpachtete sie umfangreichen Grundbesitz sowie weiteres Betriebsvermögen an die Klägerin. Damit nahm die OT-GmbH nicht originär am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil (vgl. BFH-Urteil vom 9.Juli 1986 I R 85/83, BFHE 147, 245, BStBl II 1986, 851). Ihre Tätigkeit war --für sich und unabhängig von dem Wirken der Klägerin betrachtet-- eine vermögensverwaltende. Daran ändert die Tatsache nichts, daß der Abschluß des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages Teil eines Sanierungskonzeptes war. Das Vorhandensein von Schulden und ihre Bedienung nach einem Sanierungskonzept sind nicht geeignet, eine vermögensverwaltende Tätigkeit in eine gewerbliche umzuqualifizieren. Verfolgte aber die OT-GmbH nur vermögensverwaltende Interessen, so schließt dies die wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in die OT-GmbH aus, ohne daß es auf die Prüfung der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 14 und 17 KStG 1977 ankäme.

4. Fehlt es an der nach § 14 Satz 1 Nr.2 KStG 1977 erforderlichen wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin, so greift die Rechtsfolge des § 17 Satz 1 i.V.m. § 14 Satz 1 KStG 1977 nicht ein. Die dennoch vorgenommene Gewinnabführung ist eine Form der Gewinnverteilung i.S. des § 8 Abs.3 KStG 1977, die den Gewinn und das Einkommen der Klägerin nicht mindern darf. § 14 KStG 1977 bildet eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 8 Abs.3 Satz 1 KStG 1977, die dann nicht eingreift, wenn die Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt sind. Die Gewinnabführung auf Grund einer "verunglückten Organschaft" ist damit steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln, weil sie eine Vermögensminderung der Organgesellschaft auslöst, die sich in der Form der Nichtanwendung der §§ 14 Satz 1, 17 Satz 1 KStG 1977 auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Darauf, ob der Organgesellschaft ein Rückforderungsanspruch gegen den Organträger wegen überhöhter Abführung zusteht, kommt es nicht an. Die Rückforderung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist steuerrechtlich als Einlage zu behandeln (vgl. BFH-Urteil vom 29.April 1987 I R 176/83, BFHE 150, 337, BStBl II 1987, 733). Sie schließt die Annahme einer Vermögensminderung nicht aus. Eine solche ist auch dann anzunehmen, wenn bei der Kapitalgesellschaft Vermögenswerte abfließen, die der Gesellschafter zurückzugewähren verpflichtet ist.

5. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Deshalb kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Die in den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheiden festgesetzten Körperschaftsteuern enthalten auch Körperschaftsteuerminderungen und -erhöhungen i.S. des § 27 Abs.1 KStG 1977. Um diese Steuerteilbeträge revisionsrechtlich überprüfen zu können, bedarf es in tatsächlicher Hinsicht der jeweils zur Verfügung stehenden Bestände des verwendbaren Eigenkapitals. Das FG hat diese Bestände --aus seiner Sicht: zu Recht-- nicht festgestellt. Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des erkennenden Senats kommt es jedoch auf ihre Feststellung an. Sie nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.

6. Für den zweiten Rechtszug weist der Senat auf folgendes hin:

a) Das FG wird prüfen müssen, ob die Klägerin einen Rechtsanspruch gegen die OT-GmbH auf (teilweise) Rückgewähr der abgeführten Gewinne hatte. Ein (hier unterstellter) Rückgewähranspruch würde zwar weder die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 (vgl. II.4) noch die einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 ausschließen. Er würde jedoch in sinngemäßer Anwendung des Urteils in BFHE 150, 337, BStBl II 1987, 733 das EK 04 erhöhen, was in den Grenzen des § 40 KStG 1977 eine Ausnahme von der Körperschaftsteuererhöhung gemäß § 27 Abs.1 KStG 1977 nach sich ziehen könnte.

b) Bei der Entscheidung über die Frage, wann eine Einlageforderung das EK 04 erhöht, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem die Forderung in der Steuerbilanz (§ 29 Abs.1 KStG 1977) auszuweisen ist. Den Urteilen des erkennenden Senats vom 9.Dezember 1987 I R 260/83 (BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460) und I R 1/85 (BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463) ist nichts anderes zu entnehmen. Sie betreffen Ausschüttungen. Für Ausschüttungen enthalten die §§ 27 und 28 KStG 1977 Sonderregelungen, die nach Wortsinn und Zweck der Vorschriften auf Einlagen nicht entsprechend (d.h. spiegelbildlich) angewendet werden können.

c) Bei der Beurteilung der Frage, wann eine Einlageforderung in der Steuerbilanz anzusetzen ist, ist das BFH-Urteil vom 23.Mai 1984 I R 266/81 (BFHE 141, 261, BStBl II 1984, 723) mit der Maßgabe anzuwenden, daß auf den normativen Erkenntnisstand eines sorgfältigen Kaufmanns bei Aufstellung der Bilanz abzustellen ist (vgl. Döllerer, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 1985, 386 ff., 398, und BB 1986, 97, 98). Dabei ist jedoch der normative Erkenntnisstand des sorgfältigen Kaufmanns unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und des Vorsichtsprinzips zu bestimmen. So gesehen können Forderungen, deren Existenz bestritten ist und die Gegenstand eines Rechtsstreits sind, solange nicht aktiviert werden, als es an einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 26.April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121). Entsprechendes gilt, wenn --wie im Streitfall-- eine Forderung nur als Kehrseite eines streitigen Rechtsverhältnisses besteht. Auch in diesem Fall kann die Forderung solange nicht angesetzt werden, als der Streit über das Bestehen des Rechtsverhältnisses bei einem Gericht anhängig und noch nicht entschieden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62979

BFH/NV 1989, 52

BStBl II 1990, 24

BFHE 158, 346

BFHE 1990, 346

BB 1989, 2462-2464 (LT1-2)

DB 1990, 407-410 (ST)

HFR 1990, 144 (LT)

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