Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschuß des Arbeitgebers zu einer unüblichen Betriebsveranstaltung als Arbeitslohn

 

Leitsatz (NV)

Leistet ein Arbeitgeber einen Zuschuß von 25 DM je Arbeitnehmer zu einer ihrer Art nach (noch) nicht üblichen Betriebsveranstaltung (zweitägiger Betriebsausflug), so liegt diese Zuwendung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und ist deshalb Arbeitslohn der jeweiligen Arbeitnehmer.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie gewährt für Ausgaben anläßlich Betriebsveranstaltungen je Mitarbeiter einen jährlichen Zuschuß von 25 DM. Die Zahlung erfolgt an eine Gemeinschaftskasse des Personalrats, der auch die einzelnen Veranstaltungen durchführt. Jeder Beschäftigte leistet daneben zusätzlich einen festen Monatsbeitrag in diese Gemeinschaftskasse, aus der verschiedene Betriebsfeiern finanziert werden. In den Jahren 1986 und 1989 wurden zweitägige Betriebsausflüge unternommen. Der Zuschuß des Arbeitgebers wurde für diese Ausflüge verwendet. Die auf den einzelnen Arbeitnehmer insgesamt entfallenden Kosten beliefen sich bei dem Ausflug im Jahre 1989 nach Darstellung der Klägerin auf 108 DM.

Im Anschluß an eine im Jahr 1989 durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung ließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Zuschuß von je 25 DM je Arbeitnehmer für den Betriebsausflug des Jahres 1986 steuerfrei. Für den im Jahr 1989 gewährten Zuschuß erhob das FA Lohnsteuer nach. Zur Begründung berief es sich auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 22. März 1985 VI R 170/82 (BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529, 532).

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte aus: Voraussetzung dafür, daß Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen nicht als Arbeitslohn zu beurteilen seien, sei nach der Rechtsprechung des BFH, daß die Betriebsveranstaltungen ihrer Art nach üblich und herkömmlich seien. Dies sei nach Auffassung des BFH grundsätzlich nicht der Fall, soweit sie länger als einen Tag dauerten (Urteile vom 13. Mai 1954 IV 197/53 U, BFHE 59, 45, BStBl III 1954, 225; vom 6. Februar 1987 VI R 24/84, BFHE 149, 172, BStBl II 1987, 355, und vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655).

Dieser Auffassung könne gefolgt werden, soweit der BFH davon ausgehe, daß die Gesamtaufwendungen für den zweitägigen Betriebsausflug vom Arbeitgeber getragen worden seien. Nach Auffassung des BFH bestehe bis zu Aufwendungen von 150 DM pro Arbeitnehmer anläßlich einer Betriebsveranstaltung keine Entlohnungsabsicht des Arbeitgebers. Die Finanzverwaltung habe in Abschn. 20 Abs. 4 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1987 festgelegt, daß bei Zuwendungen bis zu 60 DM je Teilnehmer und Betriebsveranstaltung die Üblichkeit der Zuwendungen nicht weiter zu prüfen sei. Sie beharre aber darauf, daß diese Nichtbeanstandungsgrenze nur dann gelte, wenn die Betriebsveranstaltung in bezug auf die Dauer (ein Tag ohne Übernachtung) als üblich anzusehen sei (Abschn. 20 Abs. 3 LStR 1987). Soweit diese Auffassung ihre Stütze in der BFH-Rechtsprechung finde (vgl. Urteile in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655, Leitsatz unter 2.; vom 18. März 1986 VI R 49/84, BFHE 146, 262, BStBl II 1986, 575, sowie BFHE 149, 172, BStBl II 1987, 355), folge der Senat dem nicht.

Zum einen habe der BFH über einen Sachverhalt, in dem die Gesamtaufwendungen für den zweitägigen Betriebsausflug unter dem als angemessen anerkannten Höchstbetrag von 150 DM gelegen hätte, nicht zu entscheiden gehabt. Zum anderen sei nicht erkennbar, inwiefern eine Entlohnungsabsicht des Arbeitgebers deshalb bestehen solle, weil er eine Betriebsveranstaltung, deren Kosten die Arbeitnehmer aus finanzpolitischen Gründen ohnehin weitgehend selbst tragen müßten, mit dem einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Höchstbetrag von 25 DM je Arbeitnehmer bezuschusse. Es würde einen erheblichen Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit darstellen, den nicht nur weit unter dem vom BFH anerkannten Höchstbetrag von 150 DM, sondern auch weit unter der Nichtbeanstandungsgrenze des Abschn. 20 Abs. 4 Satz 2 LStR 1987 liegenden Zuschuß zu dem Betriebsausflug der Arbeitnehmer als Arbeitslohn einzustufen, nur weil die Arbeitnehmer den Betriebsausflug auf eigene Kosten auf zwei Tage ausgedehnt hätten. Der Zuschuß der Klägerin habe nicht einmal die Fahrtkosten gedeckt.

Der wegen der Kostenbeteiligung auch gegebene private Charakter des Betriebsausflugs sei nicht geeignet, das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers zu verneinen und die Förderung einer solchen Veranstaltung durch einen geringen Zuschuß als Arbeitslohn zu qualifizieren.

Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision eine Verletzung des § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und verweist auf die Rechtsprechung des BFH. Es macht geltend, die Argumentation des FG laufe letztlich darauf hinaus, daß entgegen der Rechtsprechung des BFH nur mehr eine betragsmäßige Nichtbeanstandungsgrenze für die Üblichkeit herangezogen würde.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Der Zuschuß der Klägerin zu dem zweitägigen Betriebsausflug in Höhe von 25 DM für den einzelnen Arbeitnehmer ist entgegen der Auffassung des FG Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Der Senat hat mit Urteil in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 entschieden, daß Aufwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen beim Überschreiten eines Höchstbetrages von 150 DM je teilnehmenden Arbeitnehmer ein derartiges Eigengewicht erlangen, daß sie in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sind. Bei Beträgen unterhalb dieser Grenze hat der Senat ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse und mithin keinen Arbeitslohn nur dann angenommen, wenn die Betriebsveranstaltung ihrer Art nach üblich, herkömmlich ist. Er hat unter Hinweis auf das Urteil in BFHE 149, 172, BStBl II 1987, 355 daran festgehalten, daß Betriebsveranstaltungen mit einer Übernachtung nicht üblich sind.

Im Streitfall, in dem ein im Jahre 1989 durchgeführter Betriebsausflug zu beurteilen ist, hat das FG nicht festgestellt, daß sich die Verhältnisse gegenüber den Jahren 1983 bis 1986, über die in dem Urteil in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 zu entscheiden war, derart geändert haben, daß ein Betriebsausflug mit Übernachtung nunmehr als üblich zu beurteilen wäre.

Handelt es sich bei dem zu beurteilenden Betriebsausflug mithin um eine nicht übliche Betriebsveranstaltung, so wären die Aufwendungen dann, wenn sie insgesamt vom Arbeitgeber getragen worden wären, obwohl der Gesamtbetrag pro Teilnehmer unter 150 DM gelegen hat, als Arbeitslohn zu beurteilen, weil Betriebsausflüge mit Übernachtung (noch) als nicht üblich anzusehen sind. Davon geht auch das FG aus. Nichts anderes kann jedoch entgegen der Auffassung des FG dann gelten, wenn der Arbeitgeber zu einer ihrer Art nach nicht üblichen Betriebsveranstaltung einen Zuschuß gewährt. In beiden Fällen greift gleichermaßen der Grundsatz ein, daß Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer - sei es in Geld, sei es in Sachwerten - in der Regel Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind. Davon wird, soweit Zuwendungen für Betriebsveranstaltungen geleistet werden, nur für den Fall eine Ausnahme gemacht, daß die Betriebsveranstaltung ihrer Art nach üblich ist.

Der Senat hat es in dem Urteil in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 aus Gründen der Steuergerechtigkeit für erforderlich gehalten, die Voraussetzungen zu bestimmen und die Beträge zu beziffern, unter denen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern bei Betriebsveranstaltungen Zuwendungen steuerfrei zukommen lassen können. Würde abweichend davon bei ihrer Art nach nicht üblichen Betriebsveranstaltungen die Möglichkeit eines ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses für Zuschüsse in geringer Höhe bejaht, so würde die mit der Einführung des Höchstbetrages angestrebte Vereinfachung und Berechenbarkeit für einen Teilbereich wieder gegenstandslos gemacht werden, weil geklärt werden müßte, welcher Betrag als gering anzusehen ist. Dies könnte dann wiederum zu neuen Härten führen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419393

BFH/NV 1994, 171

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