Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen zur Erlangung einer Wohnung sind in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige als Gegenwert eine günstige Wohnung erhält.

 

Normenkette

EStG § 33; LStDV § 25

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung einer verlorenen Abfindung von 2.115 DM für eine Wohnung als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 25 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1955.

Der Beschwerdeführer (Bf.), der im Jahre 1932 geboren ist, bezog als ap. Inspektor ein Bruttogehalt von 5.268 DM. Er heiratete im März 1956. Seine Ehefrau verdiente als Friseurgehilfin 1.509 DM. Der Bf. wohnte seit dem Jahre 1953 als Untermieter in X. Da er nach seiner Verheiratung vom Wohnungsamt keine Wohnung erhielt, blieb seine Ehefrau bei ihren Eltern in Y. Weil das Ehepaar ein Kind erwartete, beschaffte der Bf. für seine Vermieterin eine Einzimmerwohnung und bezahlte dafür einen Baukostenzuschuß von 2.000 DM und eine Maklergebühr von 115 DM. Die Vermieterin bezog diese Wohnung im Mai 1956 und räumte dafür dem Bf. ihre bisherige 2 1/2 - Zimmer-Altbauwohnung ein.

Der Bf. beantragte im Lohnsteuerjahresausgleich 1956, die 2.115 DM als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG, § 25 LStDV 1955 zu berücksichtigen. Er sei rechtlich und sittlich verpflichtet gewesen, seiner Familie eine geeignete Wohnung zu verschaffen. Ein möbliertes Zimmer hätten sie als Ehepaar mit Kleinkind nicht finden können. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, da die Zahlung eines Zuschusses, Darlehens oder Abstands für die vorzeitige Erlangung einer Wohnung nicht außergewöhnlich sei.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht lehnte die Anwendung des § 33 EStG, § 25 LStDV 1955 ab, weil der Bf. für seine Aufwendungen einen Gegenwert in Gestalt einer Altbauwohnung in bevorzugter Wohngegend und guter Ausstattung mit Zentralheizung erhalten habe, für die er nur die verhältnismäßig niedrige Altbaumiete zahle und Mieterschutz genieße. Er habe zudem die Möglichkeit, die Wohnung seinerseits gegen Abstand einem anderen Mieter zu überlassen.

Mit der Rechtsbeschwerde macht der Bf. geltend, er habe keinen objektiven Gegenwert erhalten. Bei Aufgabe der Wohnung könne er über diese nicht frei verfügen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Ein Fall des § 7c EStG liegt nicht vor, da dessen Voraussetzung - Hingabe eines Darlehens - nicht erfüllt ist. Es steht nur die Anwendung des § 33 EStG, § 25 LStDV 1955 in Frage. In der Regel ist eine Steuerbegünstigung nach § 33 EStG 1955 nicht zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige für seine Aufwendungen einen Gegenwert erhalten hat. Einen derartigen Gegenwert hat das Finanzgericht im vorliegenden Falle zutreffend angenommen. Der Bf. ist durch den Aufwand der 2.115 DM früher als andere Wohnungssuchende in den Besitz einer ihm zusagenden Wohnung gelangt. Diese Wohnung bewohnt er seitdem für die verhältnismäßig billige Miete einer Altbauwohnung, die sich nach den Feststellungen des Finanzgerichts in bevorzugter Wohnlage befindet. Der Besitz der Wohnung, der damals durch den Mieterschutz der Altbauwohnungen besonders gesichert war, und der recht preiswerte Mietbetrag von 152 DM einschließlich Heizung für die Wohnung, von der der Bf. ein Zimmer untervermietet hat, ergeben, daß der Bf. für die 2.115 DM einen wirtschaftlichen Gegenwert erhielt. Er hat die Zahlung an den Vormieter geleistet, um auf diese Weise in den Besitz der für ihn vorteilhaften Wohnung zu gelangen. Die Sachlage ist im wirtschaftlichen Ergebnis die gleiche wie bei einer Zahlung an den Vermieter. Hier wie dort führt der geldliche Aufwand zu einem günstigen Mietverhältnis. Denn auch wenn ein Zuschuß an den Vermieter bei der künftigen Miete nicht ausdrücklich betragsmäßig zur Mietberechnung herangezogen wird, wird er doch unzweifelhaft, insbesondere bei einem Neubau, bei Festsetzung der Höhe der Miete berücksichtigt. Ohne Zuschuß würde der Vermieter zum Ausgleich eine höhere Miete verlangen. Grundsätzlich wird jede derartige Zahlung des Mieters im Hinblick auf einen Gegenwert in Gestalt eines dadurch günstigen Mietverhältnisses geleistet. Infolgedessen kann es dahingestellt bleiben, ob der Bf. bei einer späteren Aufgabe der Wohnung seinerseits von seinem Nachfolger ebenfalls eine Abfindung verlangen und dadurch auch noch auf diese Weise zusätzlich seine frühere Zahlung zurückerhalten kann.

Der grundsätzlichen Ablehnung einer außergewöhnlichen Belastung steht das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 376/51 S vom 16. Oktober 1952, Rechtssatz Ziff. 4 (BStBl 1952 III S. 298, Slg. Bd. 56 S. 773) nicht entgegen, das die Anwendung des § 33 EStG dann und insoweit zuläßt, als es sich um die Wiederherstellung eines früheren Zustandes handelt. In der Entscheidung vom 16. Oktober 1952 handelte es sich tatbestandsmäßig um die Wiederbeschaffung verlorener Gegenstände in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen und nicht um den Abschluß von Mietverträgen. Die Zahlung einer verhältnismäßig hohen Miete, der ein Zuschuß in seinen verschiedenen Möglichkeiten dem Wesen nach zuzurechnen ist, fällt in der Regel nicht unter die steuerliche Begünstigung des § 33 EStG. Ob trotzdem in Ausnahmefällen Aufwendungen zur Wiederbeschaffung einer früher schuldlos verlorenen gleichwertigen Wohnung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, braucht der Senat im vorliegenden Falle nicht zu entscheiden, da es sich beim Bf. um die erste Familienwohnung handelt.

Das Finanzgericht hat daher wegen Erlangung eines Gegenwerts zutreffend die Anwendung des § 33 EStG 1955 versagt. Bei dieser Sachlage braucht die Frage der Zwangsläufigkeit und der Außergewöhnlichkeit der Belastung nicht geprüft zu werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409305

BStBl III 1959, 171

BFHE 1959, 447

BFHE 68, 447

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