Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Gemeinnützigkeit eines Tischfußballclubs

 

Leitsatz (NV)

Der Begriff des Sports im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 enthält als wesentliches Element die körperliche Ertüchtigung durch Leibesübungen. Das Tipp-Kick-Spiel erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

 

Normenkette

AO 1977 § 52; KStG 1977 § 5 Abs. 1 Nr. 9

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein 1972 gegründeter Verein. Nach § 3 seiner im Streitjahr (1983) geltenden Satzung hatte er den Zweck, ,,seinen Mitgliedern die wettkampfmäßige Ausübung des Tischfußballspiels ,Tipp-Kick` im Vereinsrahmen und auf überregionaler Ebene zu ermöglichen und damit die Mitglieder sportlich zu fördern". Der Kläger begehrte im Februar 1984 von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) die Anerkennung als gemeinnützig. Das FA lehnte dies ab und erließ für das Streitjahr einen Körperschaftsteuerbescheid, in dem bei einem zugrunde gelegten Einkommen von 0 DM die Körperschaftsteuer auf 0 DM festgesetzt war. Das Versagen der Steuerbegünstigung begründete das FA in dem Bescheid damit, daß es sich bei dem Tischfußball nicht um Sport, sondern um ein Geschicklichkeitsspiel handele.

Einspruch und Klage des Klägers blieben erfolglos. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist im wesentlichen abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 419 Nr. 468.

Gegen die Entscheidung des FG hat der Kläger Revision eingelegt; er rügt die Verletzung materiellen Rechts und verfolgt sein Begehren weiter. Er meint, das Tipp-Kick-Spiel sei Sport. Er sei deshalb als gemeinnützig anzuerkennen und von der Körperschaftsteuer zu befreien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat zutreffend dem Kläger eine Befreiung von der Körperschaftsteuer versagt und dessen Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die tatsächlichen Feststellungen des FG und dessen Entscheidung sind frei von Rechtsirrtum und verstoßen weder gegen Erfahrungssätze noch gegen Denkgesetze.

a) Der Kläger ist nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 persönlich von der Körperschaftsteuer befreit. Er verfolgt nach seiner Satzung und seiner tatsächlichen Geschäftsführung nicht ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke (§§ 51 ff. der Abgabenordnung - AO 1977 -).

b) Das FG hat die Betätigungen der Mitglieder des Klägers zutreffend nicht als Sport im Sinne des § 52 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 gewertet. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß der Begriff Sport in dieser Gesetzesvorschrift nach wie vor als wesentliches Element die körperliche Ertüchtigung durch Leibesübungen voraussetzt. Zu Recht ist das FG deshalb, wie der Kläger einräumt, mangels einer gesetzlichen Definition und einer gesetzlichen Umschreibung von der allgemeinen Definition des Sports ausgegangen. Es hat dementsprechend eine körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivität als erheblich angesehen, die ,,durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung" gekennzeichnet wird. Das entspricht im wesentlichen der Rechtsauffassung des Senats in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 1978 I R 2/77 (BFHE 127, 356, 358, BStBl II 1979, 495). In dieser Entscheidung hat der Senat hervorgehoben, daß die in (dem damals maßgebenden) § 17 Abs. 3 Nr. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) aufgeführten Klammerbeispiele (,,Turnen, Spiel, Sport") nur dann als Förderung der Allgemeinheit anerkannt werden können, ,,wenn sie die körperliche Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen fördern". Das gilt - wie das FG zutreffend dargetan hat (Seite 6 des Urteils) - auch für die neue Regelung des Gemeinnützigkeitsrechts durch die AO 1977 (vgl. insbesondere § 52 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2).

c) Der Senat tritt auch der Auffassung des FG bei, der Kläger fördere durch das Tipp-Kick-Spiel als solches keine körperliche Ertüchtigung durch Leibesübungen in dem vorstehend dargelegten Sinne. Das folgt aus den diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen des FG, die mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Das Herumgehen um das (Tisch-)Spielfeld, das Beugen des Oberkörpers über das Spielfeld und schließlich die Hand- und Armbewegungen zum Bedienen der mechanischen Spielfiguren erfordern in der Tat keine (gegenüber den allgemeinen Tätigkeiten des Menschen) besonderen körperlichen Aktivitäten. Diese Betätigungen können nicht als körperliche Ertüchtigungen durch Leibesübungen gewertet werden.

d) Der Senat vermag schließlich nicht zu beanstanden, daß das FG den Tätigkeiten der Mitglieder des Klägers entsprechend seinen tatsächlichen Feststellungen nur den Charakter einer für die körperliche Ertüchtigung unbedeutenden Spieltätigkeit zugemessen und den Spielzweck und nicht die körperliche Ertüchtigung als im Vordergrund stehend angesehen hat. Damit wird die Art des Spieles als eines seit Jahrzehnten bekannten Jugend- und Gesellschaftsspieles berücksichtigt. Das Tipp-Kick-Spiel dient allgemein der Unterhaltung und der Beschäftigung in der Freizeit.

Seine Ausführung in Form eines Wettkampfes und unter einer besonderen Organisation macht es nicht zum Sport im Sinne des § 52 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AO 1977.

2. Demgegenüber vermag das Vorbringen des Klägers in der Revisionsschrift nicht zu überzeugen.

a) Auf den zweiten Teil der allgemeinen Definition des Sports (,,. . . durch einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegungen . . .") kann es im Streitfall nicht ankommen. Entscheidungserheblich ist, daß es bei dem Tischfußball überhaupt an einer körperlichen Ertüchtigung fehlt (vgl. oben 1. c). Es braucht schon deshalb nicht geprüft und entschieden zu werden, ob eine solche Ertüchtigung beim Tischfußball durch körperliche Anstrengungen oder durch Kunstbewegungen erreicht wird.

b) Hinsichtlich des vom FG angenommenen Maßes des körperlichen Einsatzes durch den Sport verkennt der Kläger das ,,ansonsten übliche erforderliche Maß". Wie die Ausführungen des FG erkennen lassen, legte das FG als Ausgangspunkt für seine Erwägungen die körperliche Aktivität zugrunde, die ,,. . . fast alle menschlichen Tätigkeiten in irgendeiner Weise . . ." kennzeichnet. Über dieses Maß sollen nach Auffassung des FG die körperlichen Aktivitäten hinausgehen, soweit Sport in Frage steht. Das ist nicht zu beanstanden.

Es erscheint selbstverständlich, daß Sportler regelmäßig nur so viel körperlichen Einsatz aufbringen, wie für das Erreichen des (sportlichen) Zieles notwendig ist. Das gilt grundsätzlich für alle Sportarten. Entgegen der Auffassung des Klägers trifft dies auch für den Eiskunstlauf und das Bodenturnen zu. Der Kläger irrt, wenn er meint, der körperliche Einsatz bei diesen Sportarten gehe nicht über das für die menschlichen Tätigkeiten im allgemeinen übliche Maß hinaus. Das lassen schon die körperlichen Anstrengungen während eines (meist zeitaufwendigen) Trainings und während der in der Regel länger andauernden Wettkämpfe deutlich werden. Für das (Sport-)Schießen kann nichts anderes gelten, mag auch die körperliche Anstrengung nicht so offensichtlich wie bei anderen Sportarten sein. Der Kläger weist dazu selbst richtig darauf hin, daß ,,beim Schießen . . . eine vollendete Körperbeherrschung außerordentlich nützlich" ist. Diese ist - was der Kläger übersieht - in der Regel nur durch langes, hartes Training und bei der erforderlichen körperlichen Fitness zu erreichen. Anders als das Bedienen der mechanischen Spielfiguren beim Tipp-Kick erfordert das Halten, das Anlegen und das Führen eines Gewehres ebenso besondere körperliche Kraft und Anstrengung wie beim Bogenschießen das Halten und Führen des Bogens sowie das Spannen der Sehne.

c) Der Kläger weist zu Recht darauf hin, daß es für die Ertüchtigung durch Leibesübungen nicht darauf ankommen kann, ob die entsprechenden Betätigungen in Straßen- oder in Sportkleidung vorgenommen werden; ebensowenig spricht das Rauchen als solches und besonders das Rauchen während des Spieles oder in den Spielpausen gegen sportliche Betätigungen. Die davon abweichende Auffassung des FG kann jedoch im Revisionsverfahren nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen; die entsprechenden Erwägungen des FG berühren die im übrigen zutreffende Begründung der Klageabweisung nicht.

d) Der Hinweis des Klägers auf die Entwicklung von verschiedenen Freizeitbeschäftigungen (Tennis, Squash, Reiten, Federball) zu ernsthaften Sportarten geht fehl. Es ist richtig, daß die genannten Betätigungen (heute) als sportliche Betätigungen anerkannt sind. Sie fallen - anders als das Tipp-Kick-Spiel - schon nach der allgemeinen Definition unter den Begriff Sport und dienen - ebenfalls anders als das Tipp-Kick-Spiel - der körperlichen Ertüchtigung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414856

BFH/NV 1987, 705

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