Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltszahlungen an Lebensgefährtin eines einkommenslosen Sohnes

 

Leitsatz (NV)

Unterhaltszahlungen eines Steuerpflichtigen an die Lebensgefährtin und spätere Ehefrau seines Sohnes, mit der dieser seit Jahren in einem eigenen Haushalt zusammenlebt, erwachsen regelmäßig nicht zwangsläufig und stellen deshalb keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 a Abs. 1 EStG dar.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 1, § 33 Abs. 2; AO 1977 § 15 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) unterstützte im Streitjahr 1984 Frau A, die damalige Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau seines Sohnes B mit 3 600 DM. Frau A, eine freiberuflich tätige . . . Jahre alte Künstlerin, bezog im Streitjahr Einkünfte in Höhe von 2 544 DM und lebte in diesem Zeitpunkt bereits über fünf Jahre im eigenen Haushalt zusammen mit B. B war ebenfalls freiberuflich tätig und erwirtschaftete im Streitjahr nach Angaben des Klägers einen Verlust.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1984 beantragte der Kläger, seine Unterstützungsleistungen an Frau A gemäß § 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte den begehrten Abzug.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wurde zurückgewiesen. . . .

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. . . .

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen, die hier allein in Betracht kommt, für die Unterhaltszahlungen des Klägers nicht bejaht werden kann.

Die Anforderungen, die an eine sittliche Verpflichtung i. S. des § 33 Abs. 2 EStG zu stellen sind, hat der Senat in den letzten Jahren wiederholt präzisiert. Danach muß eine sittliche Verpflichtung so unabdingbar auftreten, daß sie einer Rechtspflicht gleichkommt oder zumindest ähnlich ist (Senats-Urteil vom 27. Februar 1987 III R 209/81, BFHE 149, 240, BStBl II 1987, 432). Eine Zwangsläufigkeit in diesem Sinne ist nicht schon dann gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige subjektiv zur Hilfeleistung verpflichtet fühlt; vielmehr muß die sittliche Verpflichtung des einzelnen von seiner Umgebung als so schwerwiegend betrachtet werden, daß ihre Erfüllung als eine selbstverständliche Handlung erwartet wird und die Mißachtung dieser Erwartung den Ruf des Betreffenden empfindlich beeinträchtigen würde, so daß er eine Einbuße in seiner gesellschaftlichen Stellung befürchten müßte (Senats-Urteil vom 24. Juli 1987 III R 208/82, BFHE 150, 351, BStBl II 1987, 715, m. w. N.). Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Senat ferner im Anschluß an die Rechtsprechung des VI. Senats ausgesprochen, daß eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt in der Regel nur gegenüber Angehörigen i. S. des § 15 AO 1977 besteht (Senats-Urteil vom 13. März 1987 III R 301/84, BFHE 149, 245, BStBl II 1987, 495). Diese Rechtsprechung, an der der Senat festhält, hat das FG beachtet. Denn Verlobte sind nur untereinander Angehörige i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil es sich hier um Unterhaltsleistungen des Klägers an seine künftige Schwiegertochter handelt.

Der Senat hat inzwischen durch Urteil vom 27. Oktober 1989 III R 205/82 (BFHE 158, 431, BStBl II 1990, 294) entschieden, daß bei Unterhaltszahlungen eines Steuerpflichtigen an seinen mit ihm in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebenden Partner Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen regelmäßig nicht in Betracht kommt. Dies hat er aus den oben dargelegten allgemeinen Maßstäben für die Beurteilung einer sittlichen Verpflichtung i. S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG gefolgert. Eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung an den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lasse sich deshalb nur annehmen, wenn zu dem Tatbestand des Zusammenlebens und des gemeinsamen Wirtschaftens hinzukomme, daß die Bedürftigkeit des Partners gemeinschaftsbedingt sei und besondere Umstände hinzuträten, die die Unterhaltsgewährung an den Partner bei Würdigung der gesamten Umstände als unausweichlich erscheinen ließen. Die letztere Voraussetzung könne z. B. erfüllt sein, wenn bei einer - auf längere Dauer eingegangenen - eheähnlichen Lebensgemeinschaft die Bedürftigkeit des einen Partners durch Pflegedienste des anderen Partners oder durch die Betreuung gemeinsamer Kinder veranlaßt sei. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.

Besondere Umstände der vorerwähnten Art liegen im Streitfall nicht vor. Der Kläger hat sich vielmehr ausschließlich darum bemüht, die Vergleichbarkeit der hier bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit den Verhältnissen bei einer bestehenden Ehe zwischen seinem Sohn und der vom Kläger unterstützten Frau A darzulegen.

Fehlt es aber an besonderen Umständen, wie dies insbesondere bei Vorhandensein eines gemeinsamen Kindes der Fall hätte sein können, so ist im Verhältnis der Partner der nichtehelichen Gemeinschaft zueinander eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nicht anzuerkennen. Erst recht scheidet dann eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung für Dritte, hier den Kläger und zukünftigen Schwiegervater, aus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417905

BFH/NV 1992, 27

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge