Leitsatz (amtlich)

Die Vermutung des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG ist nur widerlegt, wenn bewiesen ist, daß jede Möglichkeit des gesetzlichen Schlusses wegfällt. Dazu gehört der Nachweis, daß der nicht geprüfte Teil der Ware anders beschaffen ist, als der geprüfte Teil.

 

Normenkette

ZG §§ 16-17

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ am 27. August 1971 bei dem dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt – HZA –) unterstehenden Zollamt (ZA) u. a. eine aus Marokko stammende Partie von 389 Kartons Aprikosenkonserven ohne Zusatz von Zucker. In unmittelbaren Umschließungen mit einem Gewicht des Inhalts von mehr als 4,5 kg zum freien Verkehr abfertigen. Das ZA wies die Ware entsprechend der Anmeldung der Tarifst. 20.06 B II c) 1 aa) des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) mit einem besonderen Zollsatz von 8,5 v. H. nach Anhang IVe zu Teil II des Deutschen Gebrauchs-Zolltarifs zu und erhob mit vorläufigem Bescheid die entsprechenden Eingangsabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer).

Bei der Untersuchung einer der vom ZA als Probe entnommenen zwei Dosen kam die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) in ihrem Untersuchungszeugnis und Gutachten vom 18. Oktober 1971 zu dem Ergebnis, daß der nach der zusätzlichen Vorschrift 1 zu Kap. 20 GZT ermittelte Gehalt an verschiedenen Zuckern, berechnet als Saccharose (= „Zuckergehalt”), 9,3 v. H. beträgt. Unter Anwendung der zusätzlichen Vorschrift 2 zu Kap. 20 GZT (danach gelten andere Früchte als Ananas und Weintrauben als „Früchte mit Zusatz von Zucker”, wenn ihr „Zuckergehalt” höher als 9 v. H. ist) ordnete die ZPLA die Ware der Tarifst. 20.06 B II a) 6 bb) GZT mit einem Zollsatz von 22,2 v. H. zu. Darauf gestützt forderte das ZA mit endgültigem Steuerbescheid 1 229,20 DM Zoll nach.

Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit ihrer dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, das Ergebnis der Untersuchung durch die ZPLA könne nicht auf alle übrigen Waren angewendet werden. Die Untersuchung der ihr vom ZA ausgehändigten zweiten Dose durch das Chemische Institut X habe einen Zuckergehalt von 7,8 v. H. ergeben. Das HZA hätte deshalb § 17 Abs. 1 Satz 2 des Zollgesetzes (ZG) nicht anwenden dürfen. Bei einer Überschreitung des Zuckergehalts von nur 0,3 v. H. über 9 v. H. hätten weitere Proben entnommen werden müssen. Im übrigen sei die Beschaffenheitsvermutung durch das Ergebnis der vom Chemischen Institut X durchgeführten Untersuchung widerlegt.

Das Finanzgericht des Saarlandes (FG) wies die Klage durch Urteil vom 11. Januar 1974 194/72 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 399 – EFG 1974, 399 –) ab. Es führte aus, die Klägerin habe das Untersuchungsergebnis der ZPLA über den nach den zusätzlichen Vorschriften ermittelten Zuckergehalt von 9,3 v. H. nicht bestritten Da dieser über 9 v. H. liege, habe das HZA die Ware unter Heranziehung der zusätzlichen Vorschrift 2 zu Recht als „Früchte mit Zusatz von Zucker” behandelt. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EGH) habe zu dieser Frage mit Urteil vom 26. April 1972 Rs. 92/71 (EGHE 1972, 231) entschieden, daß andere Früchte als Ananas und Weintrauben der Tarifnr. 20.06 mit einem nach der zusätzlichen Vorschrift Nr. 1 zu Kap. 20 ermittelten Zuckergehalt von mehr als neun Gewichtshundertteilen – ohne Rücksicht darauf, ob ihnen Zucker zugesetzt worden ist oder nicht – dem für Früchte mit zugesetztem Zucker vorgesehenen Zollsatz unterlägen.

Auch wenn man unterstelle, daß das ZA die zweite als Probe entnommene Dose der Klägerin zur Verfügung gestellt habe und daß die Untersuchung dieser Dose durch das Chemische Institut X einen Zuckergehalt von unter 9 v. H. Gewichtsanteilen ergeben habe, sei das HZA gleichwohl zu Recht davon ausgegangen, daß alle übrigen Dosen der Tarifst. 20.06 B II c) 1 aa) zuzuweisen seien. Die Beschaffenheitsvermutung des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG gelte auch im vorliegenden Falle, obwohl der Inhalt der eingeführten einzelnen Dosen unterschiedlich beschaffen habe sein können.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könnten nur die vom ZA im Rahmen der Zollbeschau entnommenen Proben Grundlage für die Feststellung der Beschaffenheit der Ware sein. Zur Widerlegung der Vermutung könne der Zollbeteiligte nur geltend machen, daß die amtliche Entnahme der Probe und die amtliche Untersuchung fehlerhaft gewesen seien. Das sei nicht der Fall, auch wenn von insgesamt 2 574 Dosen nur eine Dose untersucht worden sei.

Mit ihrer hiergegen eingelegten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sie führt aus, das angefochtene Urteil wende eine Tarifbestimmung an, die gegen die Denkgesetze verstoße. Bei den eingeführten Aprikosenkonserven handele es sich unstreitig um solche ohne Zusatz von Zucker. Nach den zusätzlichen Vorschriften zu Kap. 20 gälten jedoch als Früchte mit Zusatz von Zucker auch solche ungezuckerten Früchte, deren natürlicher Fruchtzucker 9 v. H. der Gewichtshundertteile übersteige. Da der natürliche Zuckergehalt der Früchte schwankend sei und vom Reifegrad, der Sonnenbestrahlung, der Lagerung und anderen Umständen abhänge, bringe der Zolltarif den Importeur in unüberwindliche Schwierigkeiten. Wolle er nicht Gefahr laufen, bei einer stichprobenartigen Untersuchung in die ungünstigere Tarifgruppe zu geraten, müsse er praktisch jede Dose untersuchen lassen. Die tarifliche Regelung einer Fiktion sei deshalb nicht nur unpraktisch, sondern auch undurchführbar. Zwar sei die Fiktion ein zulässiges Mittel der Gesetzestechnik, um Ungleiches einander gleichzusetzen. Keineswegs aber dürfe der Gesetzgeber durch die Verwendung einer Fiktion die Frage der Durchführbarkeit seines Gesetzesbefehls verdecken.

Gemäß § 204 der Reichsabgabenordnung (AO) habe die Zollbehörde alle Möglichkeiten des Falles auszuschöpfen und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse auch zugunsten des Abgabepflichtigen zu prüfen, soweit § 17 ZG nicht eingreife. Die Vermutung des § 17 ZG werde nur bei sachgerechter Probenziehung ausgelöst. Nach § 16 ZG sei die Zollbehörde verpflichtet, Proben in solcher Menge zu entnehmen, daß aus ihr auf die Beschaffenheit der gesamten Ware geschlossen werden könne. Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben. Die Zollverwaltung habe von 2 574 Dosen zwar zwei Dosen als Stichprobe entnommen, aber nur eine Probe untersucht. Damit habe sie sich die Möglichkeit genommen, sich Gewißheit über die richtige Beschaffenheit der Ware zu beschaffen. Sie hätte eine größere Zahl von Proben entnehmen müssen.

Im Streitfalle habe die Untersuchung der zweiten vom ZA entnommenen Probe einen Zuckergehalt von 7,8 v. H. ergeben. Aus den beiden Gehalten von 9,3 und 7,8 v. H. hätte das FG einen Durchschnittswert bilden müssen, bei der 8,55 v. H. liege. Die Auffassung des FG, daß ein einziger „Ausreißer” das Schicksal der gesamten Einfuhr besiegele, finde im Gesetz keine Stütze.

Die Auffassung des FG, die Beschaffenheitsvermutung könne nur dadurch widerlegt werden, daß die amtliche Untersuchung fehlerhaft sei, sei nicht richtig. In einem solchen Falle fehle es an der „Vermutungsbasis”, so daß dann die Vermutung nicht Platz greifen würde. Sie greife ferner dann nicht ein, wenn, wie dargelegt, die Stichproben nicht sachgerecht entnommen worden seien oder wenn der Durchschnittswert beider Proben unter 9 v. H. liege.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des HZA aufzuheben und den endgültigen Steuerbescheid des ZA vom 28. Oktober 1971 insoweit zu ändern, als 1 229,20 DM Zoll nachgefordert worden sind.

Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß gegen die Probenentnahme und die sich daran knüpfende Beschaffenheitsvermutung keine rechtlichen Bedenken bestehen und daß die Einordnung der Aprikosenkonserven unter die Tarifst. 20.06 B II a) 6 bb) auch im Hinblick auf die im GZT zum Zuckergehalt vorgesehene Fiktion nicht zu beanstanden ist.

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 ZG liegt es im Ermessen der Zollstelle, ob und in welchem Umfang die Beschaffenheit des Zollguts durch Zollbeschau ermittelt wird. Art und Umfang der Beschau hängen von der gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 ZG auch zur Frage der tariflichen Beschaffenheit abzugebenden Zollanmeldung ab. Im Streitfalle hat die Klägerin in ihrer Zollanmeldung unbestritten nicht angegeben, daß die Aprikosenkonserven, was ihren für die Tarifierung entscheidenden Zuckergehalt anbetrifft, in sich unterschiedlich beschaffen sind. Das ZA konnte sich deshalb im Rahmen des ihm bei der Probenentnahme zustehenden sachgerechten Ermessens darauf beschränken, aus der Partie von 389 Kartons mit 2 574 Dosen nur eine Dose untersuchen zu lassen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 13. Februar 1979 VII R 84/75 (BFHE 127, 450) entschieden hat, erfüllt bei einer Ware, die nicht als in sich unterschiedlich beschaffen angemeldet worden ist, die Entnahme und Untersuchung einer einzigen für die Untersuchung ausreichenden Probe die Voraussetzung des § 16 ZG. Denn die stichprobenweise Beschau dient nicht der Ermittlung der durchschnittlichen Beschaffenheit der gesamten Partie, sondern nur der Beschaffenheit eines Teils davon (vgl. BFH-Urteil vom 12. Februar 1974 VII R 11/71, BFHE 112, 93, und BFH-Beschluß vom 18. Juli 1968 VII B 137–139/67, BFHE 93, 256, Bundeszollblatt 1968 S. 1174 – BZBl 1968, 1174 –).

Der in einem ähnlichen Fall der Einfuhr von Aprikosenkonserven gefällten Entscheidung des FG Hamburg vom 25. November 1971 V 65/70 H (IV) – EFG – 1972, 318 –, daß bei naturgemäß nicht einheitlicher Warenbeschaffenheit die Probeziehung im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG in mengenmäßiger Hinsicht nur sachgerecht sei, wenn durch Vergleich der Proben festgestellt werden könne, ob die Ware einheitlich beschaffen sei ober nicht, und daß dies auch dann gelte, wenn die unterschiedliche Warenbeschaffenheit nicht angemeldet sei, kann nach den vorstehenden Ausführungen nicht gefolgt werden. Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG greift die Beschaffenheitsvermutung stets Platz, wenn in der Zollanmeldung nicht angegeben ist, daß die Ware in sich unterschiedlich beschaffen ist. Fehlt eine solche Angabe, so wird die gesetzliche Vermutung auch dann ausgelöst, wenn die Ware tatsächlich in sich unterschiedlich beschaffen ist.

Die ZPLA hat als Ergebnis der Beschau den Zuckergehalt der Probe in dem in der zusätzlichen Vorschrift 1 zu Kap. 20 GZT vorgesehenen Verfahren mit 9,3 v. H. ermittelt, so daß die Ware der Tarifst. 20.06 B II a) 6 bb) zuzuweisen ist. Daraus ergibt sich gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG die gesetzliche Vermutung, daß der nicht geprüfte Teil der Ware in seiner tariflichen Beschaffenheit dem geprüften Teil entspricht. Die Klägerin hat dem Untersuchungsergebnis nicht widersprochen. Es gibt dafür, daß es falsch sein könnte, auch keine Anhaltspunkte.

Der Einwand der Klägerin, daß das ZA aus dem von der ZPLA festgestellten Zuckergehalt von 9,3 v. H. und aus dem vom Chemischen Institut X bei der zweiten, ihr zurückgegebenen Dose festgestellten Zuckergehalt von 7,8 v. H. bei der Tarifierung den sich daraus ergebenden Durchschnittswert von 8,55 v. H. hätte zugrunde legen müssen, läßt nicht klar erkennen, ob er sich gegen die Grundlagen für Beschaffenheitsvermutung richtet oder zu deren Widerlegung dienen soll. Er ist jedoch unter beiden Gesichtspunkten unbegründet. Der Senat hat mit Urteil vom 21. März 1972 VII R 54/69 (BFHE 105, 536, BZBl 1972, 980) entscheiden, daß nur die vom ZA im Rahmen der Zollbeschau gemäß § 16 ZG entnommenen Proben Grundlage für die dem ZA zustehende Feststellung der Beschaffenheit der Ware sein können und daß das Gesetz nicht vorsehe, daß auch der Zollbeteiligte Proben entnehme und sie untersuchen lasse. Diese Entscheidung beansprucht auch dann Gültigkeit, wenn amtlich entnommene Proben dem Zollbeteiligten zurückgegeben und im Anschluß daran von privaten Institut im Auftrag des Zollbeteiligten untersucht werden. Das Ergebnis der von der Klägerin veranlaßten Untersuchung kann deshalb nicht mit zur Grundlage der amtlichen Beschaffenheitsbeschau gemacht werden, auch nicht i dem Sinne, daß aus beiden Untersuchungsergebnissen ein Durchschnittswert gebildet wird.

Es ist aber auch nicht geeignet, die Beschaffenheitsvermutung zu widerlegen. Das FG zwar erforderlichenfalls unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel aufzuklären, ob die Vermutung widerlegt ist (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 11. Januar 1977 VII R 4/74, BFHE 121, 152, 156, BStBl II 1977, 310). Als widerlegt ist die Vermutung aber nicht schon dann anzusehen, wenn aufgrund vorgelegter Privatgutachten nur die Möglichkeit besteht, daß der gesetzliche Schluß, der nicht geprüfte Teil der Ware entspreche dem geprüften Teil, nicht mehr zwingend ist. Die Vermutung ist vielmehr erst mit dem dem Zollbeteiligten obliegenden Nachweis widerlegt, daß das Gegenteil zutrifft, daß also aus dem als Vermutungsgrundlage behandelten Tatbestand – hier der Beschaffenheit der untersuchten Probe – ein anderer Schluß als der des Gesetzes notwendig zu ziehen ist, also jede Möglichkeit des gesetzlichen Schlusses wegfällt (vgl. die ständige Rechtsprechung der Zivilgerichte zum entsprechenden Tatbestand des § 292 der Zivilprozeßordnung – ZPO –; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 37. Aufl., § 292 Anm. 2 B; Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., § 292 Anm. 112; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 12. Aufl., § 117 I 4, § 113 II 4 ZPO; Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, 10, Aufl., § 292 Anm. 2). Diesen Anforderungen wird die Klägerin mit der Vorlage des privaten Untersuchungszeugnisses, auch wenn man wie das FG unterstellt, daß es sich auf die zweite als Probe entnommene Dose bezieht, nicht gerecht. Denn damit ist nur nachgewiesen, daß ein anderer Teil der Ware anders beschaffen ist als die untersuchte Stichprobe. Zur Widerlegung der Vermutung gehört aber der Nachweis, daß der gesamte nicht geprüfte Teil der Ware tariflich anders beschaffen ist als der geprüfte Teil, über die Beschaffenheit der nicht untersuchten 2 572 Dosen gibt das von der Klägerin vorgelegte Untersuchungszeugnis aber keine Auskunft. Es steht, wenn man dem privaten Gutachten folgt, vielmehr lediglich fest, daß eine andere Dose anders beschaffen war als die amtlich untersuchte. Wenn die Klägerin meint, daß ein einziger „Ausreißer” nicht das Schicksal der gesamten Einfuhrpartie besiegeln dürfe, so ist ihr entgegenzuhalten, daß das ebenso für die Widerlegung der Vermutung durch das Ergebnis der durch sie veranlaßten Untersuchung nur einer Probedose gelten muß.

Mit ihrem Angriff, daß die in der zusätzlichen Vorschrift Nr. 2 zu Kap. 20 GZT hinsichtlich des Zuckergehalts zum Ausdruck kommende Fiktion gegen die Denkgesetze verstoße und die Frage der Durchführbarkeit des Gesetzesbefehls aufwerfe, wendet sich die Klägerin im Ergebnis gegen die Gültigkeit dieser Vorschrift und der damit im Zusammenhang stehenden Tarifst. 20.06 B II a) 6 bb). Was die Auslegung der genannten Vorschriften betrifft, hat der EGH mit Urteil Rs. 92/71 entschieden, daß andere Früchte als Ananas und Weintrauben der Tarifnr. 20.06 GZT mit einem Zuckergehalt von mehr als neun Gewichtshundertteilen – ohne Rücksicht darauf, ob ihnen Zucker zugesetzt worden ist oder nicht – dem für Früchte mit zugesetztem Zucker vorgesehenen Zollsatz unterliegen. In den Gründen hat er ausgeführt, daß die Herkunft des in den Erzeugnissen enthaltenen Zuckers nach dem Willen der Verfasser des Zolltarifs kein entscheidendes Kriterium für die Tarifierung sein sollte. Damit hat der EGH klargestellt, daß Aprikosen auch dann der streitigen Tarifstelle zuzuweisen sind, wenn ihr natürlicher Zuckergehalt über 9 v. H. liegt. Es liegt an den Zollbeteiligten, sich gegen die sich daraus ergebenden Risiken vertraglich oder auch dadurch abzusichern, daß sie bei der Einfuhrabfertigung eine unterschiedliche tarifliche Beschaffenheit anmelden. In letzterem Falle müßte die tarifliche Beschaffenheit der Gesamtpartie auf andere Weise als durch stichprobenweise Beschau und sich anschließende Beschaffenheitsvermutung festgestellt werden. Es kann keine Rede davon sein, daß der Zolltarif, soweit er hinsichtlich des Zuckergehalts von der Fiktion ausgeht, daß ein über 9 v. H. liegender Zuckergehalt als auf zugesetztem Zucker beruhend anzusehen ist, gegen die Denkgesetze verstoße oder zu etwas Unmöglichem verpflichte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 510533

BFHE 1979, 284

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