Leitsatz (amtlich)

Eine Darlehensforderung gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die Gewährung des Darlehens dem Erwerb eines Betriebsgrundstückes dient.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 5

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1966 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger betrieb seit 1962 eine Bäckerei in gemieteten Räumen. Im März 1965 erzielte er in Verhandlungen mit dem damaligen Eigentümer des Nachbargrundstücks R. grundsätzlich Einigkeit über den Ankauf dieses Grundstücks. Er gewährte dem R. auf dessen Veranlassung am 24. März 1965 ein Darlehen von 65 000 DM, das mit 7 v. H. zu verzinsen und am 1. Juli 1965 zurückzuzahlen war. Mit diesem Geld sollte R. Grundstücksbelastungen ablösen. Zur Sicherung des Darlehens bestellte R. für den Kläger eine Hypothek und trat ihm einen Entschädigungsanspruch ab, der dem R. angeblich gegen die vorherigen Eigentümer des Grundstücks, die Eheleute Sch., zustand. Die Darlehensmittel brachte der Kläger zum Teil aus dem Betriebsvermögen und zum Teil durch Aufnahme von Darlehen auf.

Die Vereinnahmung der zur Finanzierung des Darlehens aufgenommenen Kreditmittel, die Darlehenshergabe und die Zinseinnahmen wurden zunächst in der Buchführung des Klägers nicht erfaßt. Bei einer turnusmäßigen Überprüfung der Buchhaltung durch den Bevollmächtigten der Kläger wurden die Buchungen unter dem 5. Oktober 1965 nachgeholt, insbesondere wurde die Darlehensforderung in Höhe von 65 000 DM als Betriebsvermögen ausgewiesen.

Inzwischen, am 16. Juli 1965, wurde über das Vermögen des R. das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger erlangte davon Kenntnis am 8. September 1965. Das Konkursverfahren wurde am 19. April 1966 mangels Masse eingestellt. Die Eheleute Sch. erhielten das Grundstück zurück, der Kläger verlor seine Hypothek. Am 20. Oktober 1965 erwarb der Kläger das Grundstück von den Eheleuten Sch. und verlegte einen Teil seines Betriebes in das erworbene Gebäude. In der Bilanz zum 31. Dezember 1966 schrieb er die Darlehensforderung von 65 000 DM ab. Die Zinsen für die Darlehen, die der Kläger zur Finanzierung des Darlehens an R. aufgenommen hatte, wies der Kläger als Betriebsausgaben aus.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erkannte die Darlehensforderung von 65 000 DM nicht als Betriebsvermögen und dementsprechend die Abschreibung des Darlehens und die Zinsen nicht als betriebliche Aufwendungen an.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das FG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Darlehensforderung sei weder Gegenstand des notwendigen Betriebsvermögens noch Gegenstand des gewillkürten Betriebsvermögens geworden. Die Einbuchung der Darlehensforderung am 5. Oktober 1965 könne als Einlage nicht anerkannt werden, weil die Forderung erkennbar nicht mehr vollwertig gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger, mit der Verletzung der §§ 4, 5 EStG gerügt wird. Die Kläger vertreten die Auffassung, die Darlehensforderung sei notwendiges Betriebsvermögen gewesen, weil die Hingabe des Darlehens dem Erwerb eines Grundstücks gedient habe, das der Kläger zu betrieblichen Zwecken benötigt habe.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Einkommensteuer 1966 nach einem zu versteuernden Einkommensbetrag von 26 824 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die Auffassung des FG, das Darlehen von 65 000 DM, das der Kläger an R. gegeben habe, gehöre nicht zum notwendigen Betriebsvermögen, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Eine Darlehensforderung - gleich aus welchen Mitteln das Darlehen gegeben wurde - zählt zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die Gewährung des Darlehens auf einem Vorgang beruht, der in den betrieblichen Bereich fällt (vgl. Urteile des BFH vom 22. Juli 1966 VI 12/65, BFHE 86, 482, BStBl III 1966, 542, und vom 27. März 1974 I R 44/73, BFHE 112, 265, BStBl II 1974, 448).

Die Kläger haben ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils bereits vor dem FG behauptet, für die Hingabe des Darlehens seien ausschließlich betriebliche Gründe maßgebend gewesen. Das Darlehen sei dazu bestimmt gewesen, den Erwerb des Nachbargrundstücks zu sichern. Die Darlehensforderung habe auf den Kaufpreis angerechnet werden sollen. Mit dem Erwerb des Nachbargrundstücks habe der Kläger die Absicht verfolgt, der Geschäftsentwicklung Rechnung zu tragen und einen Teil seiner Bäckerei dorthin zu verlegen, um der Gefahr einer Steigerung der Mieten für die angemieteten Räume zu begegnen.

Die Kläger haben damit schlüssig dargelegt, daß die Hingabe des Darlehens von 65 000 DM an R. betrieblich veranlaßt war und daß die Darlehensforderung daher zum notwendigen Betriebsvermögen gehörte. Das FG hat zu Unrecht die Richtigkeit der Behauptungen der Kläger ungeprüft gelassen und wird die Prüfung bei der erneuten Verhandlung nachholen.

2. Erweisen sich bei der erneuten Verhandlung die Behauptungen der Kläger als richtig, so steht der Behandlung des Darlehens als Betriebsvermögen die verspätete Einbuchung der Darlehensforderung nicht entgegen. Denn Gegenstände des notwendigen Betriebsvermögens sind als Betriebsvermögen zu behandeln, auch wenn sie fälschlicherweise nicht als solches ausgewiesen sind. Andererseits muß das FG prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Abschreibung der Darlehensforderung erfüllt waren. Denn das FA hat dies mit dem Hinweis auf den zur Sicherung abgetretenen Entschädigungsanspruch der Kläger gegen die Eheleute Sch. bestritten.

3. War die Hingabe des Darlehens ein betrieblicher Vorgang, so sind auch die Zinsen für die Darlehen, die der Kläger zur Finanzierung des an R. gegebenen Darlehens aufgenommen hat, als Betriebsausgaben abzuziehen (§ 4 Abs. 4 EStG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 71043

BStBl II 1974, 734

BFHE 1975, 279

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