Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Ist in dem System der sogenannten progressiven Kundenwerbung eine Ausspielung im Sinne des § 17 RennwLottG zu erblicken?

 

Normenkette

RennwLottG § 17

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegner (Bg.) betrieben vom 28. Oktober 1949 an in A. und vom Mai 1950 ab in B. ein Wäscheversandgeschäft nach dem System der sogenannten progressiven Kundenwerbung.

Der Kunde bestellte unter Benutzung eines Bestellscheins, dessen Fassung mehrfach unwesentlich abgeändert wurde, eine der angegebenen Warenpositionen (Textilien) zum Preise von 80 DM. Für den Bestellschein hatte er 5 DM zu zahlen. Dieser Betrag war nach den ersten Bestellscheinvordrucken als Anzahlung auf die Bestellung bezeichnet, ohne daß er aber tatsächlich auf den Kaufpreis angerechnet wurde; in einem späteren Vordruck heißt es, daß diese 5 DM für Porti, Verpackungs- und Versandspesen verrechnet werden. Die ersten Bestellscheinvordrucke enthielten die Erklärung: "Ich werde ... als Werber neuer Kunden für das Wäsche-Versandhaus tätig sein", der spätere: "Ich bin bereit, als Kundenwerber für die obige Firma tätig zu sein."

Das weitere Verfahren gestaltete sich nach Maßgabe der in den Bestellscheinen enthaltenen Bedingungen wie folgt: Nach Eingang des unterzeichneten Bestellscheins sandten die Bg. dem Kunden vier weitere Bestellscheine gegen Nachnahme von 20 DM, also von 5 DM je Schein. Diese vier Bestellscheine konnte der Kunde innerhalb einer bestimmten Frist an von ihm neu zu werbende Kunden zum Preise von 5 DM je Schein absetzen, erhielt also auf diese Weise die für die Nachnahme gezahlten 20 DM zurück, sofern es ihm gelang, alle vier Bestellscheine abzusetzen. Sobald ein neu geworbener Kunde den übernommenen Bestellschein unterzeichnet, den Bg. eingesandt und alsdann die Nachnahme in Höhe von 20 DM für die ihm zugehenden vier weiteren Bestellscheine eingelöst hatte, wurden von den Bg. dem Kunden, der ihn geworben hatte, 20 DM auf seine Schuld von 80 DM gutgeschrieben. Auf diese Weise hatte jeder Besteller die Möglichkeit, seine gesamte Schuld zu tilgen, wenn es ihm gelang, alle vier Bestellscheine abzusetzen, und wenn ferner sämtliche von ihm geworbenen Kunden ihre Nachnahme einlösten. Die bestellten Waren wurden ihm dann von den Bg. ohne weitere Zahlungsverpflichtung geliefert; er hatte sie mithin für lediglich 5 DM erworben, die er für seinen Bestellschein an seinen Werber gezahlt hatte. Den weniger erfolgreichen Kunden wurden für jeden an die Bg. zurückgesandten Bestellschein auf die Kaufpreisforderung 5 DM angerechnet.

Es wurden demnach die für den Bestellschein an den Werber gezahlten 5 DM nicht zurückbezahlt oder verrechnet, anderseits die durch Nachnahme erhobenen 4 x 5 DM dem Werber entweder durch die neu geworbenen Kunden erstattet oder von den Bg. auf die Kaufpreisschuld angerechnet, so daß sich diese entsprechend verringerte. Die gewählte Ware stellte sich also

für den Kunden, der keine weiteren Kunden warb, auf 85 DM,

für den Kunden, der einen weiteren Kunden warb, auf 65 DM,

für den Kunden, der zwei weitere Kunden warb, auf 45 DM,

für den Kunden, der drei weitere Kunden warb, auf 25 DM,

für den Kunden, der vier weitere Kunden warb, auf 5 DM.

Das Finanzamt erblickte in dem Vertrieb der Waren nach dem geschilderten System eine nach § 17 des Rennwett- und Lotteriesteuergesetzes (RennwLottG) steuerpflichtige Ausspielung und berechnete die Lotteriesteuer von den von den Bg. erzielten Umsätzen.

Das Finanzgericht verneinte die Steuerpflicht, weil es einen Einsatz nicht als gegeben ansah und hilfsweise annahm, daß auch die Aussicht, den Warenpreis durch Kundenwerbung abzugelten, nicht oder nicht überwiegend vom Zufall abhing. Das Finanzgericht lehnt es ab, die an den Werber gezahlten 5 DM oder die (später erstatteten bzw. angerechneten) 20 DM als Einsatz zu betrachten, und verneint auch einen im Warenpreis versteckten Einsatz, weil die Waren nicht versteuert angeboten worden, vielmehr von guter Qualität und preiswert gewesen seien. Eine Abhängigkeit des Erfolges vom Zufall verneint das Finanzgericht, weil die von der Rechtsprechung angenommene baldige übersättigung des Marktes im Textilgeschäft nicht eingetreten sei, man auch nicht zwei Zeitabschnitte annehmen könne, einen ersten ohne und einen zweiten mit Zufallsmoment, die Erfolgsaussichten des Werbers bei seinen Bekannten auch größer gewesen seien als die eines Provisionsvertreters, der sich an Unbekannte wendet.

 

Entscheidungsgründe

Eine Ausspielung im Sinne des § 17 RennwLottG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs (vgl. Abschn. II des Urteils des Bundesfinanzhofs II 111/50 S vom 27. April 1951, Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 112) eine Veranstaltung, durch welche dem Publikum nach einem gewissen Plan gegen Entrichtung eines Einsatzes die Hoffnung in Aussicht gestellt wird, je nach dem wesentlich vom Zufall abhängigen Ablauf eines bestimmten Vorgangs einen Gewinn zu erhalten. Diese Begriffsbestimmung deckt sich - abgesehen von dem hier bedeutungslosen Unterschied, daß die Gewinne bei der Ausspielung im Sinne des § 17 a. a. O. auch in Geld bestehen können - mit der Begriffsbestimmung der unerlaubten Ausspielung im Sinne des § 286 Abs. 2 des Strafgesetzbuches. Es kommt deshalb der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs auch für das Steuerrecht Bedeutung zu.

I. Gegen die Beurteilung des strittigen Systems als Ausspielung nach § 286 Abs. 2 des Strafgesetzbuches ist ebenso wie gegen das früher als Schneeball-, Hydra- oder Gellasystem bezeichnete entsprechende Verfahren weitgehender Widerspruch erhoben worden. Es wird vor allem in grundsätzlicher Hinsicht geltend gemacht (vgl. Kleinod, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1952 S. 673), daß zunächst nichts anderes als ein Kaufvertrag abgeschlossen wird und abgeschlossen werden soll und daß darüber hinaus - neben anderen Zahlungsbedingungen - die Möglichkeit eröffnet wird, durch Werbung eines oder mehrerer Kunden den Kaufpreis ganz oder zum Teil durch Werbevergütungen zu tilgen. Demgegenüber liegt es auf der Hand, daß der Kunde, der die Ware nicht gegen bar oder auf Abzahlung kauft, sondern sich in das Verfahren der progressiven Kundenwerbung einschaltet, von vornherein auf den Vorteil bedacht ist, die Ware - abgesehen von den verlorenen 5 DM für den Bestellschein - umsonst, mindestens aber um 75 %, 50 % oder 25 % billiger zu erwerben; er will die Ware nicht im Wege des normalen Kaufs erwerben, sondern durch die progressive Kundenwerbung die Chance billigen Erwerbs wahrnehmen. Das ist auch für den hier strittigen Fall in dem anhängig gewordenen Strafverfahren, in dem das in der NJW 1951 S. 453 abgedruckte Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 1951 ergangen ist, durch eine umfangreiche Beweisaufnahme der Strafkammer, an die die Sache zurückverwiesen wurde, voll bestätigt worden. Die vernommenen Zeugen haben übereinstimmend bekundet, daß sie zwar Bedarf an der Ware gehabt, den Vertrag aber nur abgeschlossen hätten, weil er bei ihnen die Hoffnung erweckt habe, auf weit billigere Art als für 80 DM zu den begehrten Waren zu kommen, woraus die Strafkammer gefolgert hat, daß auch bei der weitaus größten Zahl aller anderen Besteller dieselbe Hoffnung auf billigeren Erwerb als für 80 DM der entscheidende Anlaß zur Beteiligung an der "Werbeaktion" war.

II. Was im einzelnen zunächst den vom Finanzgericht geleugneten Einsatz betrifft, so kann der Einsatz ein "offener" oder ein "versteckter" sein. Ein versteckter Einsatz, der hier nur in Betracht kommt, ist gegeben, wenn die Teilnahme an der Veranstaltung von dem Erwerb eines Gegenstandes abhängt und ein einheitlicher Preis für den Gegenstand und die Gewinnhoffnung zu zahlen ist, wobei es nicht erforderlich ist, daß der gewöhnliche Preis dieses Gegenstandes im Hinblick auf die gewährte Gewinnaussicht erhöht wird (vgl. Abschn. II 2 des oben erwähnten Urteils des Bundesfinanzhofs vom 27. April 1951). Es ist dabei auch unerheblich, was der Gegenstand in anderen Geschäften kostet. An dieser Rechtsprechung, die die verschiedensten Gegenstände (Eintrittskarten mit Berechtigung zur Teilnahme an einer Tombola, Zeitungen mit Preisausschreiben, Waren mit Gewinnverlosung und dergl.) betraf, ist festzuhalten.

Die Bg. wollten als Kaufleute bei ihrem System aufs ganze gesehen mit Gewinn abschneiden. Wenn sie den erfolgreichen Werbern Vorteile bis zum fast unentgeltlichen Erwerb der Waren in Aussicht stellten und auch gewährten, so mußten andere Teilnehmer innerhalb des strittigen Verfahrens diesen Verlust ausgleichen, d. h. es zahlten diese anderen Teilnehmer gegenüber einem allgemeinen Durchschnittsbetrag mehr und die erfolgreichen Werber weniger. Das Mehr gegenüber dem Durchschnittsbetrag ist der Einsatz. Diese Beurteilung stimmt auch mit der Auffassung des Bundesgerichtshofs überein, der in dem sogar in den Zahlen gleichliegenden Fall des Urteils vom 25. Oktober 1951, NJW 1952 S. 34, ausführt, daß das System darin besteht, den vom Veranstalter kalkulierten Durchschnittspreis je nach dem Werbeerfolg ungleichmäßig auf die einzelnen Kunden zu verteilen, und daß diese unterschiedliche Verlagerung den Begriff des Einsatzes erfüllt.

Wenn aber ein versteckter Einsatz anzunehmen ist und die Gegenleistung des Kunden in einen auf die Ware entfallenden Teil und den Einsatz als den anderen Teil zerlegt wird, so kann auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Kunde erleide auch im Falle des Mißerfolges der Werbung keinen Vermögensverlust, weil ihm die Ware nicht überteuert geliefert werde. Würde man diesen Einwand anerkennen, so würde das zur Folge haben, daß die unterbliebene Preiserhöhung die Annahme eines versteckten Einsatzes allgemein ausschließen müßte. Der Einwand wendet sich demnach im Ergebnis gegen die oben niedergelegte Auffassung, daß auch ein nicht erhöhter Kaufpreis einen Einsatz enthalten kann. Kauft jemand, um ein einfaches Beispiel zu geben, eine Zeitung wegen des darin enthaltenen Preisausschreibens zum Zwecke der Beteiligung an dem Preisausschreiben und sind von den gezahlten 50 Dpf. 40 Dpf. auf den Erwerb der Zeitung und 10 Dpf. auf den Erwerb der Gewinnhoffnung zu rechnen, so wird dieses Ergebnis nicht dadurch wieder in Frage gestellt, daß die Käufer der Zeitung, die an dem Preisausschreiben kein Interesse haben, für die Zeitung allein 50 Dpf. zahlen. Der Käufer, der die 10 Dpf. als versteckten Einsatz entrichtet, verliert diesen Einsatz, wenn er bei dem Preisausschreiben einen Gewinn nicht erzielt. Ebenso verhält es sich mit dem versteckten Einsatz bei dem strittigen Verkaufssystem.

Es ist nun zwar nach der Rechtsprechung die Frage der Leistung eines Einsatzes, also auch eines versteckten Einsatzes, vom Standpunkt der Teilnehmer an der Ausspielung zu beurteilen. Aber auch diesem Erfordernis ist Genüge geschehen. Haben sich die Kunden, wie oben ausgeführt, der Gewinnaussicht wegen an der Veranstaltung beteiligt, so liegt darin - zumal angesichts der Höhe des in Aussicht gestellten Vorteils - bereits eingeschlossen, daß sie auch von ihrem Standpunkt aus das Gesamtentgelt für die Ware und die Gewinnhoffnung, also einen Teil des Gesamtentgelts für die Gewinnhoffnung gezahlt haben. Daß sie sich Gedanken über die Höhe des für die Gewinnhoffnung gezahlten Teils gemacht haben, kann nicht verlangt werden (vgl. auch Abschn. II 2 Abs. 7 des erwähnten Urteils des Bundesfinanzhofs vom 27. April 1951).

Es fragt sich nunmehr, welcher Teil des Gesamtpreises als versteckter Einsatz zu erachten ist. Der Bundesgerichtshof hat in dem zitierten Urteil vom 25. Oktober 1951 dargelegt, daß der Durchschnittspreis der angebotenen Waren 65 DM beträgt und deshalb die überschießenden 20 DM den versteckten Einsatz darstellen. Denn die Errechnung des Durchschnittspreises ergibt immer den Betrag von 65 DM (zuzüglich eines gleichbleibenden Festbetrages von 15 DM für jeden Kundenstamm):

Da die 5 DM für den ersten Bestellschein an den Werber gezahlt werden und der Veranstalter für jeden zurückgegebenen Bestellschein 5 DM aus der Nachnahme von 20 DM auf den Kaufpreis anrechnen muß, erhält nämlich der Veranstalter von

dem Kunden, der keinen weiteren Kunden wirbt, 80 DM,

dem Kunden, der einen weiteren Kunden wirbt, 65 DM,

dem Kunden, der zwei weitere Kunden wirbt, 50 DM,

dem Kunden, der drei weitere Kunden wirbt, 35 DM,

dem Kunden, der vier weitere Kunden wirbt, 20 DM.

Daß der Durchschnittspreis immer 65 DM (zuzüglich des Festbetrages von 15 DM) beträgt, sei an zwei Beispielen, einem mit sinkendem Werbeerfolg und einem mit wahllos angenommenem Werbeerfolg, dargelegt.

1. Der Veranstalter erhält von A, der vier weitere Kunden (B 1 - B 4) wirbt, ----- 20 DM, B 1 - B 4, die je drei weitere Kunden (C 1 bis C 12) werben, ------------------------------------ 140 DM, C 1 - C 12, die je zwei weitere Kunden (D 1 - D 24) werben, ---------------------------------- 600 DM, D 1 - D 24, die je einen weiteren Kunden (E 1 - E 24) werden, --------------------------------- 1.560 DM, E 1 - E 24, die keine weiteren Kunden werben, --- 1.920 DM, ------------------------------------------------- 4.240 DM.4.240 DM geteilt durch 65 (abgegebene Warenpositionen) ergibt 65 DM + 15 DM.

2. Der Veranstalter erhält von A, der zwei weitere Kunden wirbt (B 1 und B 2), ----- 50 DM, B 1, der zwei weitere Kunden (C 1 und C 2) wirbt, --- 50 DM, B 2, der drei weitere Kunden (C 3 - C 5) wirbt, ----- 35 DM, C 1, der zwei weitere Kunden (D 1 und D 2) wirbt, --- 50 DM, C 2, der vier weitere Kunden (D 3 - D 6) wirbt, ----- 20 DM, C 3, der einen weiteren Kunden (D 7) wirbt, --------- 65 DM, C 4, der zwei weitere Kunden (D 8 und D 9) wirbt, --- 50 DM, C 5, der einen weiteren Kunden (D 10) wirbt, -------- 65 DM, D 1 - D 10, die keine weiteren Kunden werben, ------ 800 DM, -------------------------------------------------- 1.185 DM.1.185 DM geteilt durch 18 (abgegebene Warenpositionen) ergibt 65 DM + 15 DM.

Hiernach erledigen sich die Einwände gegen die Betrachtung des Systems unter dem Gesichtspunkt der geometrischen Reihe. Das System ist auf den Regeln der geometrischen Reihe aufgebaut; wie die Abwicklung sich vollzieht, ist ohne Bedeutung. Auch daß der Kunde zu weiterer Kundenwerbung nicht verpflichtet ist, ist unerheblich. Er hat statt der Bar- oder Ratenzahlung das System der Kundenwerbung gewählt und geht folgerichtig selbst darauf aus, durch diese Kundenwerbung zu einer verbilligten Ware zu gelangen. Gleichfalls bedeutungslos ist es, aus welchem Grunde die Werbung ihr Ende findet.

III. Was das Erfordernis der Abhängigkeit des Gewinns vom Zufall betrifft, so genügt es, daß die Entscheidung über Gewinn oder Verlust überwiegend von dem Wirken unberechenbarer, dem Einfluß der Beteiligten entzogener Ursachen abhängt. Es steht hiernach der Abhängigkeit der Entscheidung vom Zufall nicht entgegen, daß die Entscheidung, hier der Erfolg oder Mißerfolg der Werbung, durch zielstrebige menschliche Tätigkeit beeinflußbar ist. Diese Beeinflußbarkeit muß nur hinter dem Wirken der dem Einfluß der Beteiligten entzogenen Ursachen zurückstehen. In dieser Hinsicht hat der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 7. Februar 1952 (NJW S. 392) auf eine Reihe von Umständen hingewiesen, die dem Einfluß des Werbers bei dem strittigen System entzogen sind und die bei den berufsmäßigen Werbern, den Maklern, Handlungsagenten und Provisionsreisenden, auf die die verbreitete Gegenmeinung hinweist, nicht vorliegen, weil diese nicht in die Gesetzmäßigkeit eines Systems eingespannt sind. Der Werber weiß nicht, in welchem Stadium der Progression er steht, wie weit der für ihn in Betracht kommende Markt mit Waren oder Bestellscheinen desselben oder konkurrierender Unternehmen gesättigt ist und wie weit die von den Veranstaltern etwa geplante Grenze für die Ausgabe neuer Bestellscheine erreicht ist. Es kommt hinzu, daß der zu werbende Kunde nicht zu einem üblichen Kauf einer mindestens im Muster vorliegenden Ware veranlaßt werden, sondern bestimmt werden soll, ehe die Ware dem Werber zugegangen ist, sich in das Verkaufssystem einzuschalten und außer dem ersten Bestellschein die vier weiteren zu beziehen; denn erst die Einlösung der Nachnahme bringt dem Werber den erhofften Gewinn. Ob sich jemand hierauf einlassen will, hängt zumeist von seiner grundsätzlichen Einstellung zu diesen Dingen ab und ist der Beeinflußbarkeit mehr als ein reguläres Kaufen entzogen.

Es kommt auch nicht darauf an, ob vielleicht ein Werber infolge besonderer Geschicklichkeit besondere Erfolge erzielt, die Erfolgsmöglichkeit (Beeinflußbarkeit) muß vielmehr als Ganzes betrachtet, also auf das Durchschnittsmaß der Beeinflußbarkeit abgestellt werden. Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil vom 7. Februar 1952, NJW S. 392, rechnerisch nachgewiesen, daß die Zahl der Verlierer zwingend durch die Zahl der Gewinner bestimmt und stets größer ist als die Zahl der Gewinner. Angesichts der gebotenen Beurteilung der Veranstaltung als Ganzes kann auch dem Umstand keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, daß die Erfolgsaussichten der Werbung zur Zeit des Anlaufes des Verfahrens größer sind als später.

Ist die überwiegende Abhängigkeit des Erfolgs vom Zufall zu bejahen, so ist die Art der Tätigkeit, die - zum untergeordneten Teil - den Erfolg beeinflußt, belanglos. Es macht nichts aus, daß dies eine geschäftliche Tätigkeit ist.

Der Senat vermag hiernach auch der Meinung, die Verbilligung der Ware stelle ein Werbeentgelt dar, nicht zu folgen.

IV. Nach allem hat das Finanzgericht den Einsatz und die Abhängigkeit des Gewinns vom Zufall zu Unrecht verneint. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Außer den eben genannten Merkmalen sind auch die übrigen Voraussetzungen einer steuerpflichtigen Ausspielung erfüllt. Die Bg. haben sich an eine unbestimmte Mehrheit von Personen und damit an die öffentlichkeit gewandt, die Veranstaltung ist nach den festgesetzten Bedingungen, einem Plan, durchgeführt worden; die Bg. haben Gewinne, nämlich den teilweise unentgeltlichen Erwerb der Waren in Aussicht gestellt. Durch die Bestellscheine ist auch das Merkmal der Ausweise im Sinne des § 18 RennwLottG erfüllt.

Trotzdem ist die Sache nicht spruchreif, weil aus den Akten nicht ersichtlich ist, wieviel Einsätze im Sinne der Ausführungen unter Abschn. II die Bg. im Veranlagungszeitraum entgegengenommen haben. Die Sache wird deshalb unter Aufhebung auch der Einspruchsentscheidung zur weiteren Ermittlung und zur erneuten Steuerfestsetzung an das Finanzamt zurückverwiesen. Für die Ermittlung scheiden die Bestellscheine nach dem am Anfang der Vorentscheidung wiedergegebenen Muster, soweit in ihnen der Abschn. über die Bereitwilligkeit zur Kundenwerbung durchstrichen ist, aus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407803

BStBl III 1954, 23

BFHE 1954, 286

BFHE 58, 286

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