Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Begriff des Bildberichterstatters

 

Leitsatz (NV)

Ein Fotograf, der für Zeitschriften Fotos von Produkten anfertigt, auf die er zuvor im Interesse der Produkthersteller gestalterischen Einfluß genommen hat, ist kein Bildberichterstatter i.S. des §18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständiger Fotograf. Seine Tätigkeit in den Streitjahren (1990 und 1991) schilderte er wie folgt: Er sei von Verlagen, die Zeitschriften, Magazine oder ähnliche Presseerzeugnisse zu Themen des Bauens und Wohnens herausgeben, beauftragt worden, bebilderte Artikel über interessante Gebäude abzufassen, wobei die Verlage eine Vorauswahl der sich für eine Veröffentlichung bewerbenden Hauseigentümer getroffen hätten. Er habe sodann die Objekte besichtigt und geprüft, ob sich das jeweilige Objekt für einen Artikel eigne und -- unter Berücksichtigung der Leserschaft -- zu welcher Zeitschrift des Verlags der Artikel passe. Die danach verbleibenden Objekte seien nach Terminabsprache mit dem jeweiligen Eigentümer in der Regel in einer mehrtägigen Arbeit fotografiert worden. Dabei habe er, der Kläger, "Fehler" im Mobiliar, in der Dekoration, bei den Außenanlagen und auch bei den Bewohnern, wenn diese nicht ausreichend fotogen gewesen seien, "korrigiert". Als fertiges Werk habe er eine mehrseitige Bildgeschichte über ein Gebäude (meist auch über seine Bewohner) mit dem dazugehörigen Text beim Verlag abgeliefert. Nach der üblichen Überarbeitung durch den Chefredakteur sei die Veröffentlichung erfolgt. Das Entgelt habe der Gebäudehersteller übernommen. Dieser habe -- ohne Rechtsbeziehung zu ihm, dem Kläger -- gezahlt, weil er sich dadurch im Vergleich zu den Kosten für eine Werbeanzeige wesentlich günstiger gestanden habe. Die beim Verlag entstehenden Kosten seien nicht weiterberechnet worden. Für den -- allerdings kaum praktisch gewordenen -- Fall, daß der Gebäudehersteller nicht gezahlt habe, habe er sein Honorar vom Verlag erhalten.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) beurteilte die Reportagen weder als künstlerische Tätigkeit noch als Tätigkeit eines Bildberichterstatters und setzte deshalb für die Streitjahre Gewerbesteuermeßbeträge fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt sinngemäß, die Gewerbesteuermeßbescheide für 1990 und für 1991, die Einspruchsentscheidung und das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat es zutreffend abgelehnt, die Tätigkeit des Klägers in den Streitjahren als freiberufliche Tätigkeit i.S. von §18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu beurteilen. Der Kläger war nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des FG (§118 Abs. 2 FGO) gewerblich tätig.

1. Der Senat hat zuletzt im Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 50/96 (BFHE 185, 400, BStBl II 1998, 441) dargelegt, welche Voraussetzungen die Berufstätigkeit eines Fotografen erfüllen muß, um sie als freiberufliche Tätigkeit eines Bildberichterstatters i.S. von §18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ansehen zu können. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Entscheidung Bezug genommen. Nach diesen Grundsätzen war der Kläger in den Streitjahren nicht als Bildberichterstatter tätig.

Der Bildberichterstatter muß, um wie ein Journalist als Freiberufler anerkannt werden zu können, aktuelle Informationen zur politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Wirklichkeit vermitteln. Die Bilder müssen -- mit oder ohne begleitenden Text -- als Nachrichten, besonders über ein aktuelles Geschehen, für sich selbst sprechen; Sinn und Zweck der Bilder muß darin bestehen, der Allgemeinheit oder doch weiten Kreisen der Bevölkerung über ein sie interessierendes Thema zu berichten.

Geben die Bilder dagegen eine gestaltete Wirklichkeit wieder, der an sich schon Werbecharakter zukommt, und werden sie zu einem dem individuellen Interesse einer bestimmten Person dienenden (nicht auf dem Gebiet der aktuellen Berichterstattung liegenden) Zweck hergestellt, um über ein Produkt zu informieren und möglichst dafür einen Kaufanreiz zu schaffen, so liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 20. Dezember 1966 IV 100/62, BFHE 88, 245, BStBl III 1967, 371; vom 25. November 1970 I R 78/69, BFHE 101, 211, BStBl II 1971, 267, und in BFHE 185, 400, BStBl II 1998, 441). So verhält es sich im Streitfall.

Der Kläger hat nach eigenen Angaben bei seinen Reportagen nicht eine vorgefundene und unverändert belassene Wirklichkeit wegen eines dieser um ihrer selbst willen zukommenden Nachrichtenwertes abgebildet. Er hat die ausgewählten Objekte vielmehr durch "Korrekturen" so gestaltet, daß die Bilder eine von ihm geschaffene Wirklichkeit wiedergeben. Diese Einflußnahme diente dazu, Artikel zu fertigen, die aus der Sicht der Fertighaushersteller geeignet waren, auf ihre Produkte aufmerksam zu machen, zumal sie namentlich genannt wurden. Daß es sich dabei nicht um Werbung im herkömmlichen Sinne, etwa durch Anzeigen, handelte, ist unerheblich. Werbeerfolg kann auch dadurch -- ebenso wirksam wie durch Anzeigen -- erreicht werden, daß das Produkt nicht vordergründig für sich genommen gepriesen, sondern geschickt in einen größeren Zusammenhang gestellt wird. Der Kläger räumt im übrigen selbst ein, daß er regelmäßig von den Fertighausherstellern und nicht von den Verlagen bezahlt worden ist, weil jene sich dabei günstiger als bei vergleichbaren Werbeanzeigen standen. Die Fertighaushersteller zahlten somit für diese Leistung und nicht für die Berichterstattung über ein die Allgemeinheit interessierendes Thema.

Aus diesem Grund kann die Tätigkeit des Klägers auch nicht als ein dem Beruf des Bildberichterstatters ähnlicher Beruf beurteilt werden. Die Bildberichterstattung über ein die Allgemeinheit interessierendes Thema des Tagesgeschehens, woran es bei der Tätigkeit des Klägers fehlt, ist ein die Arbeitsweise des Bildberichterstatters prägendes Element. Fehlt es, so kann kein ähnlicher Beruf angenommen werden.

2. Das FG hat es auch rechtsfehlerfrei abgelehnt, das berufliche Wirken des Klägers in den Streitjahren als künstlerische Tätigkeit i.S. von §18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG anzusehen. Künstlerisch ist nur eine selbständige, eigenschöpferische Arbeit, die dem Werk eine über die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehende Aussagekraft verleiht. Wird das Werk nicht um seiner selbst willen geschaffen, sondern lediglich die Wirklichkeit ohne eigene künstlerische Aussage kopiert, so fehlt es an der der Kunst eigentümlichen Gestaltungshöhe (Senatsurteil vom 2. Februar 1961 IV 234/58, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, §2 Abs. 1, Rechtsspruch 131). Die Würdigung, ob eine künstlerische Tätigkeit gegeben ist, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (vgl. Senatsurteil vom 20. Februar 1958 IV 560/56 U, BFHE 66, 471, BStBl III 1958, 182).

Die "Korrekturen", die der Kläger an den ausgewählten Objekten vorgenommen hat, um sie fotogen wirken zu lassen, gehen nicht über die bei Berufsfotografen übliche Einflußnahme hinaus, um die abgebildeten Objekte zur Zufriedenheit der Auftraggeber bildlich in Erscheinung treten zu lassen. Das FG konnte sich daher, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst keinen Anspruch mehr auf eine Bewertung seiner Tätigkeit als künstlerisch erhoben hat, der Beurteilung des im gerichtlichen Verfahren herangezogenen Sachverständigen anschließen. Dieser hat nachvollziehbar dargelegt, warum die vom Kläger gefertigten Bilder den Kunstbegriff nicht erfüllen.

3. Die Tätigkeit des Klägers weist auch nicht die Merkmale einer schriftstellerischen Tätigkeit oder einer dieser ähnlichen Tätigkeit auf. Allerdings kann auch ein sog. Werbeschriftsteller, dessen Texte ein Produkt originärer Gedankenarbeit sind, Schriftsteller und damit Freiberufler sein (Senatsurteil vom 14. Mai 1958 IV 278/56 U, BFHE 67, 115, BStBl III 1958, 316). Der Kläger hat jedoch nach den Feststellungen des FG nur die Fotos für die Reportagen geliefert, nicht dagegen auch die dazu gehörenden Texte, was durch Zusätze wie "Fotos X" belegt wird. Auch nach den Bestätigungen der Verlage stand der Kläger nur als "Autor für Textrecherche" zur Verfügung bzw. lieferte er "Grobtexte". Die Ausarbeitung eines vollständigen Begleittextes für die Bilder, die ohne den Text nicht Gegenstand eines Artikels hätten sein können, war daher entgegen dem Aufgabenbereich eines Werbeschriftstellers nicht Sache des Klägers. Da der Gesetzgeber die Tätigkeit eines Fotografen nicht in den Katalog der freiberuflichen Tätigkeiten aufgenommen hat, kann sie -- sofern sie nicht die prägenden Merkmale der Tätigkeit eines Bildberichterstatters erfüllt -- auch nicht als diesen Tätigkeiten ähnlich beurteilt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 55222

BFH/NV 1999, 456

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