Leitsatz (amtlich)

Bei Abtretung einer Forderung ist die vereinnahmte Abtretungsvaluta zugleich das Entgelt für die der Forderung zugrunde liegende Leistung; es kann nicht gemindert werden um Gebühren und Zinsen, die der bisherige Gläubiger an den neuen Gläubiger zahlt. Diese Grundsätze gelten auch bei Forderungsabtretungen im Rahmen eines sogenannten Factoring.

 

Normenkette

UStG 1951 §§ 1, 5; UStDB 1951 § 10

 

Tatbestand

Für die Jahre ... versagte das FA der Steuerpflichtigen, die nach vereinnahmten Entgelten versteuert, die begehrte Entgeltsminderung wegen der an die Bank für die vorzeitige Gutschrift des Gegenwertes für abgetretene Forderungen gezahlten Zinsen.

Das FG hat hierzu im einzelnen folgendes festgestellt:

Zwischen der Steuerpflichtigen und der Bank besteht ein sogenannter Factoring-Vertrag. Nach diesem tritt die Steuerpflichtige (mit gewissen Ausnahmen) ihre sämtlichen Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen gegen ihre Abnehmer und Auftraggeber an die Bank ab; die Bank ist verpflichtet, diese Forderungen zu erwerben. Die Forderungen gehen mit ihrer Entstehung auf die Bank über. Den Kunden der Steuerpflichtigen wird die Abtretung nicht angezeigt. Der Vertrag enthält ferner u. a. Bestimmungen über die Gewährung von Sicherheiten für die Bank, die Einräumung von Gewährleistungsansprüchen, die Möglichkeit der Rückübertragung der Forderungen, Festlegung von Tilgungsfristen sowie die Verpflichtung zur Zahlung bestimmter Vomhundertsätze der Rechnungsbeträge für gewisse Dienstleistungen der Bank. Die Bank stellt der Steuerpflichtigen sofort nach Abtretung jeweils 90v H. des Nennbetrages der Forderung zur Verfügung; die restlichen 10 v. H. werden der Steuerpflichtigen auf einem von ihr geführten Sonderkonto (Sperrkonto) gutgeschrieben und dienen der Begleichung von Forderungen der Bank gegenüber der Steuerpflichtigen aus dem laufenden Factoring-Verhältnis (z. B. Gebühren und Zinsen). Die auf die abgetretenen Forderungen bei der Steuerpflichtigen eingehenden Zahlungen der Kunden hat die Steuerpflichtige am Tage des Eingangs an die Bank weiterzuleiten.

Das FA hat den Zinsbetrag, der der Bank aus dem Sonderkonto der Steuerpflichtigen für die vorzeitige Gutschrift des Rechnungsbetrages zugeflossen ist, bei der Steuerpflichtigen nicht als Entgeltsminderung angesehen und der Umsatzbesteuerung der Steuerpflichtigen jeweils den gesamten ihr für Abtretung gutgeschriebenen Betrag (90 v. H. + 10 v. H.) zugrunde gelegt.

... Das FG hat die Auffassung vertreten, daß der gesamte Betrag von der Steuerpflichtigen als Entgelt für ihre Leistungen gegenüber ihren Kunden vereinnahmt worden sei.

Mit der Revision vertritt die Steuerpflichtige die Auffassung, daß von ihr nur die um die Zinsen gekürzten Beträge vereinnahmt worden seien. Selbst wenn man aber davon ausgehe, daß sie zunächst den Gesamtbetrag vereinnahmt habe, so habe "sich das Entgelt eines Quartals spätestens bei der Zinsabrechnung um den Zinsbetrag" vermindert. Die Steuerpflichtige weist ferner erneut darauf hin, daß bei wirtschaftlicher Betrachtung die von der Steuerpflichtigen an die Bank gezahlten Zinsen ebenso behandelt werden müßten wie der Wechseldiskont, der umsatzsteuerrechtlich ein Fall der Entgeltsminderung sei.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

...

Dagegen teilt der Senat im Ergebnis die Auffassung des FG, daß die von der Steuerpflichtigen für die vorzeitige Gutschrift des Gegenwertes für abgetretene Forderungen gezahlten Zinsen das Entgelt der Steuerpflichtigen nicht mindern.

Zutreffend ist das FG unter Bezugnahme auf die Ausführungen von Löffler in BB 1967, 1304 ff. davon ausgegangen, daß es sich bei den hier in Rede stehenden wirtschaftlichen Vorgängen um Fälle des sog. Factoring, d. h. um einen "Forderungskauf" (S. 1305, a. a. O.) durch den sog. "Factor" zum Zwecke der Vorfinanzierung ausstehender Kundenforderungen handelt, dessen Besonderheiten im vorliegenden Falle darin bestehen, daß der Kunde (Schuldner) von dem Übergang der Forderung auf den Factor nichts erfährt ("stilles Factoring") und dieser das Risiko des Schuldnerausfalles nicht übernimmt ("unechtes Factoring").

Umsatzsteuerrechtlich lassen sich indessen aus diesem wirtschaftlichen Tatbestand unmittelbar keine Erkenntnisse gewinnen. Für die umsatzsteuerrechtliche Betrachtung ist vielmehr entscheidend, welcher Leistungsaustausch (§ 1 UStG 1951) jeweils in diesen wirtschaftlichen Vorgängen liegt und insbesondere, welches Entgelt für jede Leistung vereinnahmt wird.

Dieser Leistungsaustausch zwischen der Steuerpflichtigen und der Bank besteht, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, in der entgeltlichen Abtretung sämtlicher Forderungen für Warenlieferungen und Dienstleistungen an die Bank. Der Leistungsaustausch wird, wie das FG ebenfalls richtig ausgeführt hat, nicht dadurch beeinflußt, daß der Schuldner die Abtretung nicht kennt (§ 407 BGB), und daß die Bank zur Vermeidung des Risikos eines Schuldnerausfalls unter bestimmten Voraussetzungen zur Rückübertragung der Forderungen berechtigt ist. Der Abtretungsvaluta kommt neben ihrer Bedeutung als Entgelt im Rahmen dieses nach § 4 Nr. 8 UStG 1951 steuerfreien Umsatzes (Umsätze von Geldforderungen) nach ständiger Rechtsprechung (Entscheidungen des RFH V A 913/28 vom 15. November 1929, RStBl 1930, 121; V 312/39 vom 26. Juli 1940, RStBl 1940, 920) noch eine weitere Bedeutung zu: Sie ist, soweit sie von der Steuerpflichtigen vereinnahmt wird (§ 5 Abs. 1 UStG 1951), das (nunmehr von einem anderen als dem Empfänger der Lieferung oder sonstigen Leistung gewährte - § 10 Satz 2 UStDB 1951 -) Entgelt für die der Abtretung zugrunde liegenden Umsätze. Die neuerdings wiederum vertretene abweichende Auffassung über die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Forderungsabtretung (vgl. z. B. Furkel in BB 1972, 148; ähnlich bereits Schettler in UStR 1955, 41 unter Widerspruch von Hirschmann in UStR 1955, 59) wird vom Senat jedenfalls bei der Beurteilung der Frage im Rahmen des alten Umsatzsteuerrechts (UStG 1951) nicht geteilt.

Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz richtig angenommen, daß auch die in den ... v. H. der Abtretungsvaluta enthaltenen Beträge, die - ganz oder zum Teil - später von der Steuerpflichtigen (im Rahmen anderer Leistungsaustausche) wieder an die Bank gezahlt werden müssen (Gebühren, Zinsen usw.), zu den von der Bank der Steuerpflichtigen gewährten, aber auch von dieser vereinnahmten Entgelten gehören. Daß diese Beträge auf ein Sonderkonto (Sperrkonto) zur Sicherung der Gebühren- und Zinsforderungen usw. der Bank übertragen wurden, steht dieser Auffassung nicht entgegen, weil nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), diese Beträge zunächst der Steuerpflichtigen zugeflossen sind und erst dann (aufgrund ihrer Verpflichtungen in dem Factoring-Vertrag) auf ein von ihr selbst geführtes Sonderkonto (Sperrkonto) übertragen wurden, aus denen die Gebühren- und Zinsforderungen der Bank beglichen wurden.

Der Sachverhalt liegt insoweit auch anders als bei der Diskontierung von Wechseln, weil im letzteren Falle der Wechseldiskont (die Vorzinsen) vom Empfänger der Wechsel sofort einbehalten und daher vom Indossanten nicht vereinnahmt wird. Gründe, aus welchen die im vorliegenden Fall vereinnahmte Entgelte, (einschließlich der darin enthaltenen Zinsen) später wiederum um diese Zinsen gemindert werden sollen, sind nicht ersichtlich.

...

 

Fundstellen

BStBl II 1973, 37

BFHE 1973, 243

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