Leitsatz (amtlich)

Die rechtliche oder wirtschaftliche Möglichkeit, ein Gebäude auf fremdem Boden auf eigene Rechnung zu verwerten, folgt nicht allein schon aus entsprechenden Buchungen und einer entsprechenden Behandlung bei den Ertragsteuern und bei der Vermögensteuer.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und sein Bruder hatten im Jahre 1954 ein Grundstück je zur unabgeteilten Hälfte gekauft. Auf diesem war bis zum Beginn des Jahres 1957 ein gewerbliches Gebäude errichtet worden. Nach der Behauptung des Klägers war im Namen beider Brüder gebaut worden. Der Bau wurde u. a. durch Darlehen finanziert, die auf dem Grundstück dinglich gesichert waren. Die Brüder waren Gesamtschuldner der Darlehnsforderungen.

Ob zwischenzeitlich nur der Bruder des Klägers oder beide Brüder das Gewerbe betrieben haben, ist umstritten. Das Wirtschaftsgebäude nebst Zubehör, die vorerwähnten Darlehen und ein Darlehen des Klägers wies dessen Bruder in seinen Bilanzen für 1955 und 1956 sowie in seinen Vermögensteuererklärungen in voller Höhe aus. Der Bruder des Klägers verzinste und tilgte die Darlehen. Er nahm bei den Ertragsteuern die Abschreibungen auf das Gebäude für sich in Anspruch.

Zu Beginn des Jahres 1957 schlossen die Brüder einen schriftlichen Vertrag über den gemeinsamen Betrieb des Gewerbes. In die Gesellschaft brachte der Kläger die vorerwähnte Darlehnsforderung gegen seinen Bruder, dieser „das seither allein betriebene Gewerbe mit sämtlichen Aktiven und Passiven … zu den Wertansätzen per 31.12.1956” ein. Daraus hat das FG geschlossen, daß der Kläger zuvor nicht Mitunternehmer des Gewerbes gewesen sein könne.

Das FA (Beklagter) hat angenommen, der Bruder des Klägers habe zwar nicht über das Grundstück, wohl aber über das Gebäude die alleinige wirtschaftliche Verwertungsbefugnis besessen und diese im Gesellschaftsvertrag an die Gesellschaft übertragen. Wegen der gemäß § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 3, § 5 Abs. 2, § 10 Abs. 1 GrEStG angesetzten Grunderwerbsteuer hat es den Kläger unter Bezugnahme auf § 113 AO, § 427 BGB in Haftung genommen. Den Einspruch des Klägers hat das FA zurückgewiesen.

Das FG hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Aus dem Umstand, daß der Bruder des Klägers bis zum Abschluß des Gesellschaftsvertrages die Darlehen verzinst und getilgt hatte, aus dessen buchmäßiger und ertrag- und vermögensteuerlicher Behandlung des Gebäudes sowie aus dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages schließt es, daß zuvor das Gebäude diesem allein zuzurechnen gewesen sei. Den Umfang der beiderseitigen Vermögensbeteiligung an der Gesellschaft (§ 5 Abs. 2 GrEStG) hat das FG nicht festgestellt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Frage, ob seit Inkrafttreten des Art. 1 Nr. 3 Buchst. a des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl I, 359) mit der Revision noch die Verletzung des GrEStG als eines Landesgesetzes, das nunmehr im Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes liegt, gerügt werden kann (§ 118 Abs. 1 Satz 2, § 33 Abs. 1 FGO), kann auf sich beruhen, da die Revision vor dem 1. Januar 1970 eingelegt und begründet worden ist.

Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der GrESt Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderern rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dem Grundstück steht ein Gebäude auf fremdem Boden gleich (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG). Geht ein Grundstück oder ein Gebäude auf fremdem Boden von mehreren Mitberechtigten auf eine Gesamthand über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück oder am Gebäude entspricht (§ 5 Abs. 1 GrEStG).

Voraussetzung der von dem Beklagten festgesetzten und von dem FG bestätigten Steuer ist somit, daß das angeblich in die Gesellschaft eingebrachte Gebäude grunderwerbsteuerrechtlich zuvor dem Bruder des Klägers allein zuzurechnen war. Denn hätte das Gebäude auch im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne beiden Brüdern zu gleichen Teilen gehört, so wäre es, da sie je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes waren, auch im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG kein Gebäude auf fremdem Boden gewesen; ein gedachter selbständiger Übergang des Gebäudes an die Gesellschaft wäre, sofern die Brüder an dieser gleich beteiligt waren, gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG in vollem Umfang befreit gewesen; bei ungleicher Beteiligung hätte sich jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG eine andere Berechnung ergeben.

Bürgerlich-rechtlich sind Eigentümer oder Miteigentümer des Grundstückes regelmäßig auch Eigentümer des darauf errichteten Gebäudes. Denn wesentliche Bestandteile eines Grundstückes können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein (§ 93 BGB), und zu diesen gehören grundsätzlich auch die Gebäude (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nicht zu den Bestandteilen des Grundstückes gehören jedoch Gebäude, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten errichtet worden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB). Rechte dieser Art sind nur die dinglichen Rechte (z. B. das Erbbaurecht; § 12 der Erbbaurechtsverordnung – ErbbauVO –), aber nicht obligatorische Rechte (z. B. Pacht, §§ 581 ff. BGB). Dingliche Rechte bedürfen der Eintragung in das Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB). Das hier angeblich übertragene gewerbliche Gebäude war weder zu einem vorübergehenden Zweck noch in Ausübung eines dinglichen Rechtes errichtet worden.

Der Begriff des Gebäudes auf fremdem Boden im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG greift über das bürgerliche Recht hinaus; er erfaßt auch Gebäude, die im bürgerlichrechtlichen Sinne dem Eigentümer gehören. Denn auch in bezug auf diese Gebäude kann im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG einem anderen ermöglicht werden, das Gebäude auf eigene Rechnung zu verwerten. Das setzt aber voraus, daß der Eigentümer entweder dem anderen gestattet hat, ein auf dessen Rechnung verwertbares Gebäude zu errichten (vgl. Urteil II 150/64 vom 20. Februar 1968, BFH 91, 494), oder diesem ohne Übertragung des Grundstückes (bzw. hier des Miteigentumsanteils) die Möglichkeit verschafft hat, das bereits errichtete Gebäude auf eigene Rechnung zu verwerten.

Weder das eine noch das andere ist hier festgestellt (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Nur negativ hat das FG ausgeführt, es sei unerheblich, daß der Kläger als Miteigentümer des Grund und Bodens ebenfalls Schuldner der Hypothekendarlehen gegenüber den Gläubigern wurde und zusammen mit seinem Bruder als Bauherr aufgetreten sei, weil hinsichtlich der Verwertungsmacht über das Gebäude nur das Innenverhältnis der Brüder maßgebend sei. Damit bleibt offen, welcher Art dieses Innenverhältnis war und auf welche Weise dem Bruder des Klägers die Verwertungsmöglichkeit verschafft wurde.

Dazu ist noch darauf hinzuweisen, daß den Gläubigern der zum Bau aufgenommenen Darlehen zwar daran liegen mußte, daß die Hypotheken nicht nur auf dem Miteigentumsanteil des Bruders des Klägers lasteten (§ 1114 BGB), sondern daß der Kläger der Belastung des ganzen Grundstückes zustimmte (§ 873 Abs. 1 BGB, § 19 der GrundbuchordnungGBO –), womit allein aber nicht erklärt ist, weshalb der Kläger Gesamtschuldner (§ 421 BGB) der persönlichen Forderung (§ 607 Abs. 1 BGB) wurde. Das kann um so weniger offenbleiben, als das FG selbst hervorhebt, daß zusammen mit seinem Bruder auch der Kläger „gegenüber den Behörden und Dritten als Partner auftrat”. Von hier aus drängt sich die Frage auf, durch welchen Rechtsvorgang (§ 1 Abs. 2 GrEStG) die im Miteigentum (§ 1008 BGB) enthaltene Möglichkeit zur nur gemeinsamen (§§ 741, 747 Satz 2 BGB) Verwertung (§ 903 BGB) des Gebäudes (§§ 93, 94 Abs. 1 Satz 1 BGB) in die alleinige Verwertungsmöglichkeit des Bruders des Klägers verwandelt worden ist.

Einer Prüfung dieser Frage fühlte sich das FG offenbar deshalb enthoben, weil es vorwiegend aus dem Verhalten des Bruders des Klägers und mittels des – inhaltlich nicht in allen Einzelheiten festgestellten – Gesellschaftsvertrages auch aus dem Verhalten des Klägers entnahm, daß nach deren Ansicht dem Bruder des Klägers die Verwertungsmacht zustand. Indessen war schon dies bestritten; das FG hat sich mit dem Vorbringen des Klägers insoweit nicht auseinandergesetzt. Doch kommt es darauf nicht an. Denn selbst wenn der Kläger und sein Bruder eine bestimmte Rechtsauffassung gehabt hätten, wäre damit nicht gesagt, daß diese zutrifft; selbst wenn sie vom Vorliegen bestimmter Tatsachen überzeugt gewesen wären, wäre nicht erwiesen, daß sie der Wirklichkeit entsprechen.

Das FG führt zunächst aus, der Bruder des Klägers habe das gewerbliche Gebäude „in den Bilanzen seines Einzelunternehmens geführt und es mithin auch besessen und genutzt”. Das ist ein offenbarer Fehlschluß. Bilanzen sind der Ausweis gewisser rechtlicher und wirtschaftlicher Zurechnungen; sie können richtig oder falsch sein. Nicht die Wirklichkeit muß sich nach der Bilanz, sondern die Bilanz muß sich nach der Wirklichkeit richten. Demnach können zwar bei bestimmten rechtlichen Vorgegebenheiten gewisse Tatsachen (hier: Besitz – vgl. § 854 Abs. 1 BGB – und Nutzung) unter Umständen eine Behandlung in der Bilanz zulassen; insofern kann der Schluß von den Tatsachen auf die richtige (nicht aber auf die wirkliche!) Bilanz zwingend sein. Ein zwingender Schluß von der wirklichen Bilanz auf die Tatsachen ist aber nicht möglich, da die Bilanz nicht aus sich selbst heraus beweisbar richtig sein kann. Eine Bilanz kann also allenfalls Indiz, aber für sich allein niemals vollgültiger Beweis für bestimmte natürliche Lebensvorgänge sein.

Aus dem gleichen Grunde geht der – nicht nur als ein andere Tatsachenfeststellungen unterstützender Hinweis, sondern als ein selbständig tragendes Argument gedachte – Schluß fehl, weil der Bruder des Klägers die Hypothekendarlehen in vollem Umfang in seinen Bilanzen ausgewiesen und diese getilgt und verzinst und die ertragsteuerrechtlichen Abschreibungen für sich in Anspruch genommen habe, ergebe sich, daß ihm auch „die Substanz des Gebäudes allein zuzurechnen war”. Dabei wird übersehen, daß die ertragsteuerrechtliche Behandlung richtig oder falsch gewesen sein kann; werden aus ihr Schlüsse gezogen, müßte zunächst belegt werden, daß sie richtig war. Doch ist ein jeder – über indizielle Hinweise hinausgehender – Schluß vom Ertragsteuerrecht der dogmatisch fehlsam und zumindest ein Umweg. Denn die Frage, ob ein Miteigentümer ein auf dem gemeinsamen Grundstück errichtetes Gebäude auf eigene Rechnung verwerten kann (§ 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG), zielt auf das bürgerliche Recht. Das gilt für die rechtliche Verwertungsmöglichkeit unmittelbar, mittelbar aber auch für die wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit. Denn auch diese wird durch das bürgerliche, nicht aber durch das Ertragsteuerrecht bedingt. Das Ertragsteuerrecht kann nur insoweit ein Indiz sein, als es auf den gleichen bürgerlich-rechtlichen Grundlagen aufbaut.

Insoweit darf nicht übersehen werden, daß bei den Ertragsteuern Grundstücke eines Gesellschafters schon dann als notwendiges Betriebsvermögen der Gesellschaft selbst angesehen werden, wenn der Gesellschafter sie der Gesellschaft zur bloßen (betrieblichen) Nutzung überlassen hat (Urteile IV 308/64 vom 29. September 1966, BFH 87, 419, BStBl III 1967, 180, und IV R 43/67 vom 20. März 1969, BFH 95, 436, BStBl II 1969, 463; vgl. auch Urteile VI 43/65 vom 28. März 1966, BFH 86, 80, BStBl III 1966, 352, und VI 26/65 vom 1. April 1966, BFH 86, 131, BStBl III 1966, 365). Das erweckt bei Steuerpflichtigen, welche hauptsächlich mit den Ertragsteuern kofrontiert werden, und deren Beratern leicht den unzutreffenden Eindruck, darin offenbare sich ein allgemeines Prinzip des Steuerrechts. Daher besagt es für sich allein (selbst für dessen Überzeugung) wenig, daß der Bruder des Klägers „den Wert des ganzen Gebäudes zur Vermögensteuer anmeldete”; er kann sich dazu schon deshalb verpflichtet gefühlt haben, weil er das Gewerbe allein betrieb.

Das wiederum ist umstritten. Doch bleiben auch hier viele Gesaltungsmöglichkeiten alleiniger Wirtschaftsführung durch den Bruder des Klägers oder einer Außengesellschaft oder Innengesellschaft bezüglich des lebenden Unternehmens, und weder bei der einen noch bei den beiden anderen braucht die Zurechnung des Gebäudes zwangsläufig beeinflußt zu sein. Mangels irgendwelcher Feststellungen muß sogar mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß sich die Brüder über rechtliche Zuordnungen überhaupt keine Gedanken gemacht, sondern sich nur über die Aufteilung der Arbeit und der Erträge geeinigt haben. Zunächst wäre der Inhalt dieser Einigung festzustellen, bevor rechtliche Schlüsse gezogen werden.

Die bislang dargestellten Erwägungen betreffen nur das Verhalten des Bruders des Klägers, nicht das des Klägers. Zu diesem fühlt sich das FG dadurch „bestätigt”, daß nach dem nicht näher festgestellten Gesellschaftsvertrag der Bruder des Klägers „das seither allein betriebene Gewerbe mit sämtlichen Aktiven und Passiven (mit Ausnahme der oben erwähnten … DM) zu den Wertansätzen der Schlußbilanz per 31.12.1956” einbrachte (der Kläger dagegen das erwähnte Darlehen von … DM). Was damit gesagt sein soll, bleibt offen. Das „Gewerbe” als solches schließt nicht notwendig die Alleinherrschaft am Gebäude ein. Richtig ist allerdings der Schluß des FG, daß der Zusatz „mit sämtlichen Aktiven und Passiven … der Schlußbilanz” auch das dort aufgeführte Aktivum „Gebäude” und die Passiven „Darlehen” (nicht: Hypotheken!) einschließt. Es bleibt aber die Frage, ob sich die Brüder aller Prämissen und Konsequenzen dieser Aussage bewußt waren (vgl. §§ 133, 157 BGB). Selbst wenn sie es waren, ist nicht selbstverständlich, daß diese Prämissen zutrafen.

Über die im Falle eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgangs wegen § 5 GrEStG wesentliche Vermögensbeteiligung der Brüder an der Gesellschaft hat sich das FG nicht ausgesprochen. Es berichtet insoweit die Berechnung des Beklagten. Aus dieser ergibt sich aber nur, daß der Beklagte aus dem Wert des unterstellten beiderseitigen Einbringens der Brüder die Vermögensanteile (Quoten) errechnet hat, welche diese aufgrund dieses Einbringens haben müßten. Das so errechnete Ergebnis scheint allerdings mit der Eröffnungsbilanz der Gesellschaft übereinzustimmen; doch ist diese nicht festgestellt und somit nicht zu ersehen, ob in ihr auf der Passivseite für die Gesellschafter Einlagen unterschiedlicher Höhe ausgewiesen sind. Primär ist aber nicht diese Bilanz maßgebend; sie kann nur einen Schluß über die Auslegung des im Gesellschaftsvertrag Gewollten oder über eine Abweichung des wirklich Gewollten vom schriftlichen Vertrag oder über dessen frühe mündliche Änderung (§ 305 BGB) erlauben. Wie der Gesellschaftsvertrag selbst die Quoten verteilt, ob die Anteile an Gewinn und Verlust (§ 722 BGB) und bei der Auseinandersetzung (§§ 731 ff., § 734 BGB) bestimmt sind, ist nicht erhoben. Maßgebend ist indessen der Gesellschaftsvertrag und nicht eine etwa falsche Bilanz.

Bezüglich des Rechtsvorgangs der Verwertungsmöglichkeit hat das FG nicht verkannt, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht schon dann erfüllt sind, wenn ein Grundstück oder ein Gebäude auf fremdem Boden in den Büchern und Bilanzen einer Gesellschaft ausgewiesen wird, sondern – in Abweichung von der Behandlung bei den Ertragsteuern – erst dann, wenn der Personengesellschaft und damit allen Gesellschaftern die Substanz des Grundstückes oder des Gebäudes auf fremdem Boden wertmäßig zuzurechnen ist; dazu hat es sich ausdrücklich auf das Urteil II 60/56 U vom 24. Oktober 1956 (BFH 63, 433, BStBl III 1956, 364) berufen. Es hat diesen Ausgangspunkt aber alsbald verlassen, in dem es rechtliche Folgerungen allein aus den Büchern und Bilanzen sowie der steuerlichen Behandlung gezogen hat, ohne die hinter diesen Vorgängen stehenden Tatsachen festzustellen. Die buchmäßige, bilanzmäßige und steuerliche Behandlung kann nur ein Indiz dafür sein, daß der Gesellschaft der Substanzwert des Grundstückes – also die Möglichkeit, das Grundstück bzw. das Gebäude (das dadurch ggf. erst im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG zu einem solchen auf fremdem Boden wird) auf eigene Rechnung zu verwerten – zugewandt ist, daß sie also das Gebäude nicht nur besitzt und nutzt (und dafür die Lasten trägt), sondern auch die Wertsteigerungen und Wertminderungen des Grundstückes oder Gebäudes der Gesellschaft und nur vermittels des Gesellschaftsverhältnisses den einzelnen Gesellschaftern zugute kommen, also im Innenverhältnis wie Eigentum der Gesellschaft behandelt werden (Urteile II 60/60 U vom 27. Januar 1965, BFH 82, 51, BStBl III 1965, 265; II 148/62 U vom 8. Dezember 1965, BFH 84, 411, BStBl III 1966, 148; III 171/63 vom 11. Mai 1966, BFH 86, 252, BStBl III 1966, 400; vgl. auch Urteil II 10/63 vom 27. April 1966, BFH 85, 477, BStBl III 1966, 427). Dieses Indiz kann aber die Feststellung der Tatsachen, welche die unmittelbar maßgebenden Rechtsfolgen herbeiführen, nicht ersetzen.

Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Es ist weder zu ersehen, ob dem Bruder des Klägers bis zum Abschluß des Gesellschaftsvertrages allein die durch einen Rechtsvorgang verschaffte Möglichkeit (§ 1 Abs. 2 GrEStG), somit also die Befugnis zustand, das Gebäude (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG) auf eigene Rechnung zu verwerten (§ 1 Abs. 2 GrEStG), noch ob diese etwa bestehende Befugnis durch den Gesellschaftsvertrag auf die Gesellschaft übertragen worden ist (§ 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG).

Wäre die erste Frage zu verneinen, so wäre nur schwer ein wirtschaftlicher Anlaß zu sehen, weshalb beide Brüder – als Miteigentümer (§§ 1008 ff. BGB) des Grundstückes auch Miteigentümer des Gebäudes (§§ 93, 94 Abs. 1 Satz 1 BGB) – dieses in eine zwischen ihnen allein gebildete Gesellschaft einbringen sollten, zumal sie anscheinend das Grundstück selbst auch dem Werte nach nicht eingebracht haben. Demgegenüber kann allein aus einer durch die oben erwähnte Rechtsprechung zu § 15 Nr. 2 EStG erzwungenen Bilanzierung dieser Werte in den Gesellschaftsbilanzen kein Schluß gezogen werden. Sollte gleichwohl eine wirtschaftliche (§ 1 Abs. 2 GrEStG) Übertragung des Gebäudes von beiden Brüdern auf die Gesellschaft zwischen ihnen in Frage kommen und diese nicht gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG in vollem Umfang befreit sein, wird das FG freilich prüfen müssen, ob und inwieweit hier der gleiche Steuerfall vorliegt wie der, der durch den angefochtenen Bescheid zur Steuer herangezogen worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557382

BStBl II 1970, 522

BFHE 1970, 68

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