Leitsatz (amtlich)

Wirtschaftsgüter, die einem in der Rechtsform einer Personengesellschaft betriebenen Kreditunternehmen von einem Gesellschafter in der Absicht zur Verfügung gestellt werden, das haftende Eigenkapital und damit das Kreditvolumen zu erweitern, sind notwendiges Betriebsvermögen.

 

Normenkette

EStG § 5; KWG 1961 § 10

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger zu 2 (Kläger) ist Komplementär der Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (KG), einer Teilzahlungsbank. Die KG bilanzierte seit ihrer Gründung im Jahre 1955 mehrere unbebaute Grundstücke, die im Alleineigentum des Klägers standen. Dieser veräußerte 1960 die Grundstücke und erzielte dabei einen Überschuß von 83 353,80 DM gegenüber dem Buchwert.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) stellte den Gewinn der KG unter Einbeziehung des Veräußerungsüberschusses fest. Der Einspruch blieb in diesem Punkt erfolglos. Das FG wies die Klage gegenüber dem Kläger zurück. Es hat ausgeführt: Die Grundstücke seien im Zeitpunkt der Veräußerung gewillkürtes Betriebsvermögen der KG gewesen. Sie seien bilanziert worden. Auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb der KG sei zu bejahen. Die Grundstücke hätten zeitweise als Sicherung für betriebliche Kredite gedient und das haftende Eigenkapital der KG (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961, BGBl I 881 - KWG 1961 -) verstärkt. Die KG habe sich durch den Ausweis der Grundstücke als haftendes Eigenkapital ein Genehmigungsverfahren nach § 10 Abs. 4 Satz 2 KWG 1961 (nachgewiesenes freies Vermögen) erspart.

Die Kläger verfolgen mit der Revision die bisherigen Anträge, die Kürzung des Gewinns um 83 353,80 DM. Sie machen im wesentlichen geltend, im Alleineigentum eines Gesellschafters stehende Wirtschaftsgüter könnten nicht gewillkürtes Betriebsvermögen einer Personengesellschaft werden (Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 4 EStG Anm. 10 e).

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Unschädlich ist, daß in der Vorentscheidung nicht die KG als Beteiligte aufgeführt ist, obwohl sie neben dem nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugten Kläger selbst klagen kann (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO; Urteil des BFH vom 4. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672) und auch ausweislich der FG-Akte durch den alleinvertretungsberechtigten Kläger Klage erhoben hat. Der Senat erblickt hierin ein Versehen der Vorinstanz, das noch in dem Revisionsurteil richtiggestellt werden kann.

Der Grundstücksveräußerungsüberschuß ist in die einheitliche Gewinnfeststellung der KG einzubeziehen. Die Grundstücke waren (Sonder-) Betriebsvermögen des Klägers zu 2. Unerheblich ist, daß sie nicht, wie es bilanztechnisch erforderlich gewesen wäre, in einer Sonderbilanz ausgewiesen waren (dazu BFH-Urteil vom 5. Juli 1972 I R 230/70, BFHE 107, 108, BStBl II 1972, 928). Die die Grundstücke erfassende Bilanz der Klägerin zu 1 läßt sich gedanklich in eine das Gesamthandsvermögen erfassende Handelsbilanz der KG und in eine die Grundstücke erfassende Sonderbilanz des Klägers zu 2 aufgliedern.

Der Senat braucht sich nicht mit der von den Klägern aufgeworfenen Frage zu befassen, ob überhaupt gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen gebildet werden kann. Die Grundstücke waren zum Zeitpunkt ihrer Veräußerung notwendiges (Sonder-) Betriebsvermögen. Sie dienten unmittelbar dem Geschäftsbetrieb der KG.

Die KG ist als Teilzahlungsbank ein Kreditinstitut im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG 1961 (bzw. des im Streitjahr noch maßgebenden § 1 Abs. 1 KWG 1939, RGBl I 1939, 1955). Kreditinstitute müssen ein angemessenes haftendes Eigenkapital besitzen. Ihre Gesamtverpflichtungen sollen ein Mehrfaches des haftenden Eigenkapitals nicht übersteigen (§ 11 Abs. 1 KWG 1939). Nach Grundsatz I der gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 KWG 1961 erlassenen Bekanntmachungen des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen sollen die Kredite und Beteiligungen eines Kreditinstituts nicht über das 18fache des haftenden Eigenkapitals hinausgehen (vgl. z. B. Bekanntmachung Nr. 1/69 vom 20. Januar 1969, Bundesanzeiger Nr. 17). Großkredite sollen einen bestimmten Prozentsatz des haftenden Eigenkapitals nicht übersteigen (§ 12 Abs. 1 KWG 1939, § 13 Abs. 1 KWG 1961). Sonach hängen Art und Umfang des Kreditgeschäfts wesentlich von der Höhe des haftenden Eigenkapitals ab. Stellt der persönlich haftende Gesellschafter eines Kreditinstituts diesem Wirtschaftsgüter in der Absicht zur Verfügung, über eine Verstärkung des haftenden Eigenkapitals die Erhöhung des Kreditvolumens zu erreichen, wird eine so enge Bindung zu dem Geschäftsbetrieb des Kreditinstituts hergestellt, daß notwendiges Betriebsvermögen anzunehmen ist, selbst wenn die Wirtschaftsgüter ihrer Art nach (z. B. unbebaute Grundstücke) nicht zur Durchführung von Bankgeschäften (§ 1 Abs. 1 Satz 2 KWG 1939/1961) geeignet sind.

Das FG hat unbeanstandet festgestellt, daß sich der Kläger zu 2 (persönlich haftender Gesellschafter) durch den Ausweis der Grundstücke in der KG-Bilanz ein Genehmigungsverfahren nach § 10 Abs. 4 Satz 2 KWG 1961 (§ 11 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 KWG 1939) erspart hat. Nach dieser Vorschrift kann auf Antrag freies Vermögen (Privatvermögen) eines persönlich haftenden Gesellschafters als haftendes Eigenkapital behandelt werden, allerdings regelmäßig nur in einem unter dem Verkehrswert liegenden Umfang (vgl. Mitteilung Nr. 1/63 des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 29. Juni 1963 Nr. 2 a: Grundbesitz zu 50 v. H. des Verkehrswerts). Wenn der Kläger zu 2 unter Vermeidung dieses weniger wirkungsvollen Verfahrens die Grundstücke der KG zur Verfügung stellte, muß er eine möglichst weitgehende Verstärkung des haftenden Eigenkapitals und sonach auch ein umfangreicheres Kreditgeschäft angestrebt haben. Dahingestellt bleiben kann, ob kreditrechtlich Wirtschaftsgüter im Alleineigentum eines Gesellschafters als haftendes Eigenkapital behandelt werden dürfen. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 zweiter Halbsatz KWG 1961 ist bei Offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften nur das eingezahlte Geschäftskapital zu berücksichtigen (siehe schon § 11 Abs. 2 Buchst. a KWG 1939: "Geschäftskapital"), was darauf hindeuten könnte, daß lediglich das gemeinschaftliche Vermögen (§ 718 Abs. 1 BGB, § 105 Abs. 2 HGB) haftendes Eigenkapital sein kann. Auch wenn die Grundstücke zu Unrecht als Geschäftskapital angesehen worden sein sollten, wären sie notwendiges Betriebsvermögen. Steuerrechtlich ist auf den eingetretenen Erfolg abzustellen. Da die Grundstücke kreditrechtlich unbeanstandet als KG-Vermögen geführt wurden, bewirkte ihre "Einbringung" in jedem Fall eine Erweiterung des Kreditvolumens.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70318

BStBl II 1973, 238

BFHE 1973, 109

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