Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Sonstiges Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn das Finanzamt gegen den Arbeitgeber einen Lohnsteuerhaftungsbescheid erlassen hat, so kann der Arbeitnehmer, von dessen Arbeitslohn die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig gekürzt wurde, im eigenen Namen gegen den Haftungsbescheid insoweit Rechtsmittel einlegen, als er persönlich für die nachgeforderte Lohnsteuer in Anspruch genommen werden kann.

Die für die Besteuerung der katholischen Orden aufgestellte sog. Familientheorie (zu vgl. Urteil des RFHofs IV 35/39 vom 23. Dezember 1940, Reichssteuerbl. 1941 S. 324) ist abzulehnen.

Die Bezüge, die an einen Orden für einen Ordensangehörigen, der ein Amt außerhalb eines Ordens ausübt, gezahlt werden, sind steuerlich als Einkünfte des Ordensangehörigen anzusehen. Wenn es sich bei diesen Einkünften um Arbeitslohn handelt, unterliegen sie der Lohnsteuer.

 

Normenkette

EStG §§ 19, 38/3; LStDV §§ 1-2, 46; AO §§ 238, 231

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Zahlungen einer Kath. Kirchengemeinde an das Provinzialat für die Tätigkeit eines Ordensmitgliedes für die Zeit vom März 1946 bis Ende März 1947 der Lohnsteuer unterliegen.

Das Finanzamt hat die Lohnsteuerpflicht für gegeben erachtet und die Lohnsteuer durch Haftungsbescheid von der Kirchengemeinde nachgefordert. Einspruch und Berufung blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Rechtsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.

I. - Das Finanzamt hat mit Haftungsbescheid vom 26. Mai 1948 einen Lohnsteuerbetrag von 886,50 RM nachgefordert. Bestritten ist hiervon ein Teilbetrag von 695,90 RM, nämlich die Lohnsteuer, die auf den Beschwerdeführer (Bf.) entfällt. Der Haftungsbescheid ist gegen die Kath. Kirchengemeinde erlassen. Der Begriff "Kirchengemeinde" wird in einem doppelten Sinn gebraucht, nämlich in einem innerkirchlichen Sinn und in einem weltlichen (vermögensrechtlichen) Sinn. Kirchengemeinde im innerkirchlichen Sinn (= Pfarrgemeinde) ist die Gesamtheit der zu einer Pfarrei gehörenden Konfessionsgenossenschaft. Ihr Zweck und ihr Aufgabengebiet liegt auf innerkirchlichem Gebiet, insbesondere in der Seelsorge. Vertreter der Kirchengemeinde im innerkirchlichen Sinn ist in der Regel der Pfarrer (rector ecclesiae). Der Kurat (Pfarrkurat, curator beneficii) ist der Vorstand einer früheren Filialkirche, die von der Mutterkirche abgetrennt worden ist, und für die eine eigene Kirchengemeinde mit selbständiger Pfründestiftung gebildet wurde, die jedoch mangels der erforderlichen "Congrua" (= Existenzminimum eines bepfründeten Geistlichen) nicht zu einer wirklichen Pfarrei erhoben wurde. Der Pfarrkurat hat die ganze Seelsorge mit allen Rechten und Pflichten eines Pfarrers. Die Kirchengemeinde im weltlichen (vermögensrechtlichen) Sinn ist ein staatlich organisierter Verband, dem die Verwaltung des Kirchenvermögens obliegt. Maßgebend ist im vorliegenden Fall das Preußische Gesetz über die Verwaltung des Kath. Kirchenvermögens vom 24. Juli 1924 (Gesetzes- Sammlung S. 585). Vertreter der Kirchengemeinde im vermögensrechtlichen Sinn ist der Kirchenvorstand, der aus dem Pfarrer und mehreren gewählten Mitgliedern (Kirchenvorstehern) besteht.

Mit dem Finanzgericht ist davon auszugehen, daß der Haftungsbescheid an die Kath. Kirchengemeinde im vermögensrechtlichen Sinn gerichtet war, deren Vertretungsorgan der Kirchenvorstand ist. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Haftungsbescheides. Gegen den Haftungsbescheid des Finanzamts ist mit Schreiben vom 1. Juni 1948 Einspruch eingelegt worden. Das Einspruchsschreiben trägt den Vordruck "Kath. Pfarrkuratieamt"; es ist unterzeichnet von dem Pfarrkuraten (dem Bf.). Mit Schreiben vom 21. November 1949 zieht das "Kath. Pfarrkuratieamt" den Einspruch vom 1. Juni 1948 zurück, aber nur "unter Vorbehalt der höheren Instanz des Provinzialats". Mit Schreiben vom 3. Februar 1950 teilte der Bf. mit, daß er den Einspruch nur vorbehaltlich des Einverständnisses seiner Ordensoberen zurückgenommen habe; der Einspruch werde aufrechterhalten. In der Einspruchsentscheidung und im Urteil des Finanzgerichts ist davon ausgegangen, daß der Bf. persönlich - nicht etwa als Vertreter der Kirchengemeinde oder der Pfarrgemeinde - das Rechtsmittel eingelegt hat. Auch die Rechtsbeschwerde hat der Bf. im eigenen Namen eingelegt. Es ist die Frage zu prüfen, ob der Bf. in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer berechtigt war, gegen den Haftungsbescheid des Finanzamts, der gegen den Arbeitgeber, nämlich die Kath. Kirchengemeinde, erlassen war, Rechtsmittel einzulegen. Die Frage ist zu bejahen. Nach § 238 der Reichsabgabenordnung ist der befugt, ein Rechtsmittel einzulegen, gegen den der Bescheid oder die Verfügung ergangen ist. Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) ist der Arbeitnehmer Steuerschuldner (§ 38 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Der Arbeitgeber haftet für die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer. Der Arbeitnehmer (Steuerschuldner) wird nur in Anspruch genommen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitslohn nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat. Da im vorliegenden Fall der Arbeitgeber (die Kath. Kirchengemeinde) die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat, haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich in erster Linie. Er konnte deshalb im eigenen Namen gegen den Haftungsbescheid des Finanzamts Berufung und Rechtsbeschwerde einlegen.

II. -

Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil IV 35/39 vom 23. Dezember 1940 (Reichssteuerbl. 1941 S. 324) entschieden, daß Einkünfte, die für die Tätigkeit eines Ordensangehörigen gezahlt werden, Einkünfte des Ordens seien. Die Entgelte, die Dritte für die Arbeitsleistung von Ordensangehörigen zahlen, seien nicht den Ordensangehörigen, sondern unmittelbar dem Orden zuzurechnen. Dies ergebe sich auch aus dem die Ordensangehörigen bindenden Gelübde der Armut. Bei Zugrundelegung dieses Urteils wäre der Bf. von der Lohnsteuer freizustellen. Das Urteil beruht auf der sog. Familientheorie, die besagt, daß die Ordensangehörigen in jedem Falle, einerlei, ob sie im Orden oder auf Außenstationen tätig sind, zu ihrem Orden in einem familienähnlichen Verhältnis stehen. Wenn Ordensangehörige bei Dritten (auf Außenstationen) tätig seien, so werde dadurch kein Dienstverhältnis begründet.

Zu der Familientheorie führt der Bf. aus: "Sie verwirft die von den Orden stets vorgetragenen Rechtstatsachen, nach denen sie "Anstalten" darstellen, d. h. nicht nur eine Vereinigung physischer Personen sind, sondern zu denen daneben notwendig eine Summe materieller Mittel und Rechte gehört, die zusammen mit den Personen zu einem bestimmten Zwecke in einer Einheit organisiert sind (vgl. Lammeyer "Die juristischen Personen der Kath. Kirche", Paderborn, 1929; (S. 65); Eichmann "Lehrbuch des Kirchenrechts" Paderborn, 1923 S. 73 ff. u. v a. m.).

Die ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen einem Orden und einer Familie hat Abt Dr. D. Raphael Molitor OSB in Heft 6 der Schriftenreihe für kirchliche Verwaltung und Finanzwirtschaft (Breslau - Carlowitz 1938) S. 27 ff. eingehend dargestellt. Es kann darauf verwiesen werden. Die nationalsozialistische Finanzverwaltung hat trotz Kenntnis der eingehenden und begründeten Darlegungen der Orden an der Familientheorie festgehalten, nicht weil es ihr auf die objektive Beurteilung eines bestehenden steuerlichen Tatbestandes ankam, sondern weil sie die von ihr aus der Theorie gezogenen steuerlichen Folgerungen (z. B. ein Orden stelle eine "körperschaftliche Rentnerfamilie" - steuerlich ein unmöglicher Begriff - dar usw.) im Zusammenhang mit der Tendenz der damaligen allgemeinen Staatspolitik wünschte. Mit Recht haben daher die Finanzminister der westdeutschen Länder übereinstimmend für die Zeit nach 1945 die Finanzverwaltungen angewiesen, die Theorie nicht mehr anzuwenden."

Der Senat tritt der Auffassung bei, daß die für Besteuerung der Orden entwickelte Familientheorie nicht mehr anzuwenden ist (Art. III des Gesetzes der amerikanischen Militärregierung Nr. 1).

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ist zwischen der Ordensleitung und der Kath. Kirchengemeinde ein Vertrag abgeschlossen worden, nach dem ein von dem Orden bestimmtes Mitglied als Kurat die Seelsorge in der Kirchengemeinde ausüben soll. Die Kirchengemeinde hat dafür ein Entgelt in Höhe des üblichen Gehalts eines Kuraten zu zahlen. Diese Feststellung des Finanzgerichts stützt sich auf das Schreiben des Vertreters des Bf. an das Finanzamt vom 4. August 1948.

Im Abschnitt IV der Rechtsbeschwerdebegründung vom 17. Oktober 1950 macht der Vertreter des Bf. geltend, daß zwischen dem Provinzialat und dem für die Kuratiegemeinde zuständigen Ortsordinarius, nämlich dem zuständigen Bischof - und nicht, wie das Finanzgericht annehme, der Kirchengemeinde - ein Vertrag abgeschlossen worden sei, nach dem dem Provinzialat die Ausübung der Pfarrseelsorge durch eines seiner Mitglieder in X übertragen wurde, wohingegen das Provinzialat die für einen Pfarrkuraten übliche Vergütung beziehe.

Es mag dahingestellt sein, ob das Provinzialat den Vertrag mit der Kirchengemeinde oder mit dem Bischof abgeschlossen hat. Fest steht jedenfalls, daß der Bf. in der Zeit, für die Lohnsteuer nachgefordert wurde (März 1946 bis Ende März 1947), die Seelsorge in der Pfarrkuratiegemeinde ausgeübt hat, und daß für diese Zeit von der Kirchengemeinde wegen der Tätigkeit des Bf. an den Orden Zahlungen geleistet wurden.

Nach § 1 Absatz 1 EStG sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte. Die Tatsache, daß der Bf. Ordensangehöriger ist, steht seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nicht entgegen. Es ist zunächst zu prüfen, ob er Einkünfte bezogen hat. Der Bf. hat als Ordensgeistlicher das Gelübde der Armut abgelegt. Was er durch seine Arbeit erwirbt, erwirbt er nach den kirchenrechtlichen Vorschriften nicht für sich, sondern für den Orden. Die beim Eintritt in den Orden übernommene kanonische Verpflichtung des Bf., durch die Arbeit nicht für sich, sondern für den Orden zu erwerben, ist hinsichtlich künftiger Vermögensvorteile bürgerlich- rechtlich unwirksam (§ 310 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -, zu vgl. auch v. Brünneck, Das Klostergelübde und seine vermögensrechtliche Bedeutung in Gruchots Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts Bd. 45 S. 197 und Urteil des RFHofs VI A 582/30 vom 4. März 1931, Slg. Bd. 28 S. 270, Reichssteuerbl. 1931 S. 665). Ein Ordensangehöriger, der auf Grund eines außerhalb des Ordens ausgeübten Amtes Einkünfte erzielt, muß deshalb steuerlich so behandelt werden, wie wenn ihm die Einnahmen persönlich zugeflossen wären. Die Zahlungen, die die Kirchengemeinde für die Tätigkeit des Bf. an den Orden geleistet hat, sind steuerlich als Einnahmen des Bf. anzusehen. Der Einwand des Bf., daß der § 310 BGB hier keine Anwendung finden könne, weil vom Ordensangehörigen nicht auf zukünftiges Vermögen verzichtet werde, sondern weil hier zwei gleichwertige Leistungen ausgetauscht würden, wobei die Leistung des Ordensangehörigen darin bestehe, daß er auf den Ertrag seiner Arbeit verzichte, während die Leistung des Ordens darin liege, daß der Ordensangehörige vom Orden seinen Lebensunterhalt bekomme, trifft nicht zu; er übersieht, daß die Frage, was als zukünftiges Vermögen anzusehen ist, vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aus zu beurteilen ist. Es ist noch zu untersuchen, ob die Einkünfte, die der Bf. bezogen hat, nach dem Einkommensteuergesetz steuerpflichtig sind. Voraussetzung hierfür ist, daß die Einkünfte des Bf. unter eine der in § 2 Abs. 3 EStG angeführten Einkunftsarten einzureihen sind.

Das Finanzgericht vertritt den Standpunkt, daß die Einkünfte des Bf. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seien (§ 2 Absatz 3 Ziffer 4 in Verbindung mit § 19 EStG und § 1 Absatz 2, 3, § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsbestimmungen - LStDB - vom 10. März 1939, Reichsgesetzbl. I S. 449, Reichssteuerbl. S. 409) und daß die Kath. Kirchengemeinde als Arbeitgeber zu behandeln sei.

Der Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist im § 19 EStG nicht erschöpfend geregelt. Es ist lediglich festgestellt, daß zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit "Gehälter ... und andere Bezüge und Vorteile gehören, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden". Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Im § 1 Absatz 2, 3 und im § 2 Absatz 1 LStDB 1939 sind die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitslohn näher erläutert. Danach sind Arbeitnehmer "Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind ... und die aus diesem Dienstverhältnis ... Arbeitslohn beziehen". "Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Beschäftigte dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft ...) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist." "Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis ... zufließen."

Im vorliegenden Falle treten zwei Rechtsordnungen, die verschiedene Rechtsbegriffe haben, nebeneinander auf, nämlich die innerkirchliche Rechtsordnung und das staatliche Steuerrecht.

Nach der innerkirchlichen Rechtsordnung ist das Amt eines Pfarrers (oder eines Kuraten) ein Kirchenamt, auf Grund dessen der Geistliche berechtigt und verpflichtet ist, die Kirchengewalt innerhalb eines bestimmten Wirkungskreises und vermöge einer dazu erteilten Anstellung (kirchliche Bevollmächtigung) auszuüben. Bei der Ausübung seines Kirchenamtes hat der Pfarrer (Pfarrkurat) die Weisung seiner geistlichen Oberen, insbesondere also des Diözesanbischofs, zu befolgen. Mit jedem Kirchenamt ist ein bestimmtes Einkommen verbunden, das den Lebensunterhalt des Inhabers des Kirchenamts sicherstellen soll. Das Einkommen kann aus einer Pfründestiftung, deren Nutzung dem Pfarrer zusteht, fließen; es kann auch, wie im vorstehenden Falle, in einer Zahlung der Kirchengemeinde bestehen.

Nach dem Einkommensteuerrecht ist für den Begriff des Arbeitslohnes wesentlich, daß eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Eine unselbständige Tätigkeit liegt dann vor, wenn der Leistende nicht sowohl die Leistung als vielmehr seine Arbeitskraft schuldet. Die Ausübung der Seelsorge in einer Pfarrei besteht nicht darin, daß der Pfarrer einzelne Leistungen bewirkt, sondern darin, daß der Geistliche seine ganze Arbeitskraft der Pfarrgemeinde widmet. Das Erfordernis der Unselbständigkeit ist danach gegeben.

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen von lohnsteuerpflichtigen Einkünften ist, daß ein Dienstverhältnis vorliegt. Der Begriff des Dienstverhältnisses ist nicht einem anderen Rechtsgebiet entnommen; er ist vielmehr nach steuerlichen Gesichtspunkten auszulegen. Eine verschiedene Beurteilung des Tatbestandes für verschiedene Rechtsgebiete (Zivilrecht, Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht und Lohnsteuerrecht) ist danach möglich. Ein Dienstverhältnis kann auch vorliegen, wenn der Arbeitslohn nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten gezahlt wird. Im vorliegenden Falle ist ein bürgerlich- rechtlicher Dienstvertrag zwischen dem Bf. und der Kath. Kirchengemeinde nach den Feststellungen des Finanzgerichts nicht abgeschlossen worden. Wenn die Kath. Kirchengemeinde gleichwohl Zahlungen für die Tätigkeit des Bf. geleistet hat, so sind diese Zahlungen nicht etwa Schenkungen, sondern es sind Zahlungen, die mit Rücksicht auf eine Dienstleistung des Bf. entrichtet wurden. Es ist richtig, daß die Kath. Kirchengemeinde gegenüber dem Bf. in seiner Eigenschaft als Seelsorger der Kuratiegemeinde ein Weisungsrecht nicht hat. Dieses Weisungsrecht steht vielmehr dem Diözesanbischof zu. Bei der steuerlichen Betrachtung kommt es aber nicht entscheidend auf die formelle Gestaltung der Rechtsbeziehungen an. Maßgebend ist vielmehr das Gesamtbild. Nach Auffassung des Senats sind die Rechtsbeziehungen, die zwischen dem Bf. einerseits und dem Diözesanbischof sowie der Kath. Kirchengemeinde anderseits bestehen, steuerrechtlich als Dienst- oder Anstellungsverhältnis anzusehen. Wenn ein Weltgeistlicher zur Seelsorge in einer Gemeinde bestellt ist und dafür von der Kirchengemeinde Gehaltsbezüge erhält, unterliegen diese Gehaltsbezüge unstreitig der Lohnsteuer. Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist es nicht angängig, einen Ordensgeistlichen, der dieselbe Tätigkeit ausübt, steuerlich anders zu behandeln als einen Weltgeistlichen. Das Bedürfnis einer geichmäßigen Behandlung der Steuerpflichtigen erfordert, daß die Vergütungen, die für eine gleichartige Tätigkeit gezahlt werden, im Hinblick auf die Einkommensteuer nach denselben Gesichtspunkten behandelt werden. Der Einwand des Bf., daß die gleichartige Besteuerung nicht nur eine gleichartige Betätigung, sondern auch die Gleichartigkeit des Steuersubjekts und der sonstigen für die Beurteilung in Betracht kommenden Umstände voraussetze, ist nicht zutreffend. Es kann insbesondere nicht auf die Unterschiede ankommen, die zwischen einem Weltgeistlichen und einem Ordensgeistlichen in wirtschaftlicher und rechtlicher Beziehung bestehen.

Die Feststellung des Finanzgerichts, daß der Bf. für die Bezüge, die ihm von der Kath. Kirchengemeinde mit Rücksicht auf seine Seelsorgetätigkeit gezahlt worden sind, der Lohnsteuer unterliegt, ist danach im Ergebnis zutreffend. Der Haftungsbescheid des Finanzamts besteht zu Recht. D Die Rechtsbeschwerde muß als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407195

BStBl III 1951, 73

BFHE 1952, 192

BFHE 55, 192

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