Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungszusage an den im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten

 

Leitsatz (NV)

1. Eine betriebliche Veranlassung für eine Versorgungszusage im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber-Ehegatte auch einem familienfremden Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit eine inhaltlich gleiche Versorgungszusage erteilt hätte. Eine ,,Ruhegeldordnung", nach der jedem Betriebsangehörigen nach mindestens 10jähriger Betriebstätigkeit ein Anspruch auf Gewährung einer Alters- und Dienstunfähigkeitsversorgung zusteht, wenn er sich ,,durch außerordentliche Leistung im Betrieb verdient gemacht" hatte, ist dabei als rechtlich bedeutungslos anzusehen.

2. Eine Versorgungszusage kann auch insoweit betrieblich veranlaßt sein, als die zugesagte Pension die Sozialversicherungsrente ersetzen soll.

 

Normenkette

EStG § 6a

 

Tatbestand

Die Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlußrevisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden in den Streitjahren 1975 bis 1981 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt eine . . . mit . . . einzelhandel.

Seit 1. Juli 1969 arbeitet die Klägerin aufgrund eines Arbeitsvertrages als Geschäftsgehilfin gegen Entgelt im Betrieb des Klägers mit.

Mit Vertrag vom 30. März 1974 erteilte der Kläger seiner Ehefrau eine Pensionszusage. Danach stand ihr nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres oder bei vorzeitigem Ausscheiden wegen Dienstunfähigkeit nach mindestens 10jähriger Betriebszugehörigkeit eine monatliche Rente in Höhe von 1 000 DM zu; die zugesagten Versorgungsleistungen konnten unter bestimmten Voraussetzungen gekürzt oder eingestellt werden.

Im Betrieb galt eine als ,,Betriebsvereinbarung" bezeichnete Ruhegeldordnung vom 30. Dezember 1974. Danach stand jedem Betriebsangehörigen ein Anspruch auf Gewährung einer Alters- und Dienstunfähigkeitsversorgung zu, sofern er mindestens 10 Jahre im Betrieb tätig war und sich ,,durch außerordentliche Leistungen im Betrieb verdient gemacht" hatte. Weiter bestimmte die Ruhegeldordnung: ,,Über die jeweilige Höhe der betrieblichen Altersversorgung entscheidet die gegenwärtige und künftige Ertragslage des Betriebs sowie die allgemeine Entgeltentwicklung. Die Versorgung darf nicht über 75 v. H. des zuletzt bezogenen Entgelts liegen." Familienfremden Arbeitnehmern wurde aufgrund dieser Ruhegeldordnung in den Streitjahren keine Pensionszusage erteilt.

Für die der Klägerin zugesagte Pension bildete der Kläger in seinen Bilanzen Rückstellungen. Diese Rückstellungen erkannte der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionbeklagte (das Finanzamt - FA -) bei Festsetzung der Einkommensteuer 1975 bis 1981 nicht an; er erhöhte die Einkommensteuer in entsprechender Weise. Die Einsprüche blieben erfolglos.

Die Klagen hatten nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erkannte die Pensionszusage in einem Umfang an, als sie zu einer Rückstellung führe, die den zwischem dem 1. Juli 1969 und dem 31. März 1974 ersparten Arbeitgeberbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1970 und 31. März 1974 zur Zusatzversorgungskasse entsprächen. Im übrigen aber sei die Pensionszusage nicht betrieblich veranlaßt. Das ergebe sich aus einem Vergleich der für alle Arbeitnehmer des Betriebes geltenden Ruhegeldordnung und der Einzelversorgungszusage an die Klägerin.

Gegen diese Urteile haben das FA die vom FG zugelassenen Revisionen und die Kläger Anschlußrevision eingelegt. Die Beteiligten rügen jeweils die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, die Urteile des FG aufzuheben und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der angefochtenen Urteile den Klagen in vollem Umfang stattzugeben.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hat die Revisionsverfahren gemäß § 73 Abs. 1 i. V. m. § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Auf die Revisionen des FA müssen die angefochtenen Urteile des FG aufgehoben und die Klagen im ganzen abgewiesen werden; die Anschlußrevisionen der Kläger erweisen sich demgemäß als unbegründet.

1. Rückstellungen für eine Pensionszusage an den im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Ehegatten können nach Maßgabe des § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gebildet werden, wenn ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis vorliegt, das mit einkommensteuerrechtlicher Wirkung anzuerkennen ist und die Versorgungszusage ernsthaft gewollt und ausschließlich betrieblich veranlaßt ist (vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. März 1980 IV R 53/77, BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450; vom 26. Oktober 1982 VIII R 50/80, BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209; vom 23. Februar 1984 IV R 148/ 81, BFHE 140, 553, BStBl II 1984, 551).

Eine betriebliche Veranlassung für eine Versorgungszusage im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses ist insbesondere dann zu verneinen, wenn bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der Arbeitgeber-Ehegatte einem familienfremden Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit eine inhaltsgleiche Versorgungszusage nicht erteilt hätte (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 29. Mai 1984 VIII R 177/78, BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661); nach diesen Maßstäben ist auch zu beurteilen, ob die Zusage der Höhe nach betrieblich veranlaßt ist. Im Einzelfall kann für die Pensionszusage an den Arbeitnehmer-Ehegatten noch eine betriebliche Veranlassung gegeben sein, wenn und soweit andere Gründe als der innere Betriebsvergleich für die betriebliche Veranlassung sprechen; in Betracht kommt insbesondere die anstelle einer Sozialversicherungsrente zugesagte Altersversorgung (Urteil in BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661, m. w. N.). Danach können, soweit die zugesagte Pension die Sozialversicherungsrente ersetzen soll, die Leistungen des Arbeitgebers für die Altersversorgung des Arbeitnehmers den betrieblichen Gewinn im Ergebnis in der Höhe mindern, wie dies bei Entrichtung der gesetzlichen Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung der Fall gewesen wäre (BFH-Urteil vom 15. Juli 1976 I R 124/73, BFHE 120, 167, BStBl II 1977, 112).

2. Der BFH hat die vom Prozeßbevollmächtigten der Kläger bei seinen Mandanten eingeführten Ruhegeldordnungen und die daraufhin den Ehegatten erteilten Pensionszusagen bereits wiederholt unter diesen Gesichtspunkten gewürdigt. Er ist hierbei stets zu dem Ergebnis gelangt, daß die Pensionszusage nicht betrieblich veranlaßt sei und daß die Leistungen des Arbeitgebers den Gewinn nur im Umfang der gesetzlichen Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung mindern können (BFH-Urteile vom 9. März 1983 I R 212/79, nicht veröffentlicht - NV -; vom 30. März 1983 I R 2/80, NV; vom 16. Januar 1986 III R 198, 199/84, NV; Beschluß vom 8. Mai 1985 I S 6/85, NV). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten; der Streitfall bietet keine Gesichtspunkte, die zu einer abweichenden Beurteilung führen.

a) Eine Pensionszusage ist, wie vorstehend im einzelnen dargelegt, betrieblich veranlaßt, wenn sie auch anderen Betriebsangehörigen erteilt, angeboten oder verbindlich in Aussicht gestellt wurde. Eine derartige Begünstigung anderer Arbeitnehmer gab es im Betrieb des Klägers nicht. Zu Recht hat das FG die vom Kläger eingeführte Ruhegeldordnung als rechtlich bedeutungslos angesehen.

Als Ruhegeldordnung wird eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers an die Belegschaft bezeichnet, unter welchen Voraussetzungen den Betriebsangehörigen ein Anspruch auf Ruhegeld zustehen soll (vgl. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 81). Dies erfordert, daß in der Ruhegeldordnung die Tatbestandsmerkmale aufgeführt werden, bei deren Erfüllung ein Ruhegeldanspruch bestehen soll. Daran fehlt es im Streitfall.

Nach der Erklärung des Klägers sollte der Anspruch auf Altersversorgung davon abhängig sein, daß sich der Arbeitnehmer ,,durch außerordentliche Leistungen im Betrieb verdient gemacht" habe. Da sich die Erfüllung dieser Voraussetzung nicht nach einem objektiven Maßstab beurteilen läßt, war es in das Belieben des Klägers gestellt, ob die Arbeitnehmer eine Altersversorgung erlangten. Dies zeigt auch die weiter vorgesehene Einschränkung, daß die Höhe der Altersversorgung von der gegenwärtigen und künftigen Ertragslage des Betriebs sowie der allgemeinen Entgeltsentwicklung abhängig sein sollte. Der Kläger hatte es damit zusätzlich in der Hand, etwaige Ansprüche von Arbeitnehmern mit dem Hinweis auf die Ertragsentwicklung des Betriebs zurückzuweisen. Auf diese Sachlage ist bereits in den Verfahren I R 2/80 und I S 6/85 hingewiesen worden.

b) Demnach ist davon auszugehen, daß allein der Klägerin eine Altersversorgung zustehen sollte. In einem solchen Fall müssen besondere betriebliche Motive vorliegen, die eine derartige Sonderbehandlung rechtfertigen. Sie können darin gesehen werden, daß der Ehegatte eine besonders qualifizierte Tätigkeit verrichtete und ein entsprechendes Gehalt bezog. Unter diesen Voraussetzungen wird häufig auch familienfremden Arbeitnehmern eine Pensionszusage erteilt, um sie an den Betrieb zu binden bzw. ihre Altersversorgung zu verbessern, die im Vergleich zu ihrem Gehaltsniveau durch die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung oft nicht hinreichend gewährleistet ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450; vom 30. März 1983 I R 162/80, BFHE 138, 351, BStBl II 1983, 500). Diese Voraussetzungen waren im Streitfall aber nicht gegeben. Die Klägerin war Gehilfin in einem handwerklichen Betrieb mit einem dieser Stellung entsprechenden mäßigen Gehalt.

Daß sie in der Vergangenheit unbezahlte Mehrarbeit geleistet haben soll, begründet keinen betrieblichen Anlaß für die Pensionszusage. Familienfremde Arbeitnehmer würden in einem solchen Fall auf einer Gehaltserhöhung bestehen. Hatte die Klägerin hierauf aus privaten, familiären Gründen verzichtet, besteht kein betrieblicher Anlaß für die Versorgungszusage. Die Abgeltung früherer unentgeltlicher Mitarbeit bildet keinen betrieblichen Anlaß für die Gewährung einer Pensionszusage (BFH-Urteil in BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209). Dies gilt auch dann, wenn die Mitarbeit nicht in vollem Umfang, sondern nur teilweise unentgeltlich erfolgte (BFH-Urteile vom 21. August 1984 VIII R 106/81, BFHE 142, 231, BStBl II 1985, 124; vom 5. Februar 1987 IV R 198/84, BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557). Eine abweichende Auffassung wäre auch nicht mit dem Grundsatz vereinbar, daß in Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten vor Beginn des Leistungsaustausches klare und eindeutige Vereinbarungen getroffen sein müssen und daß die Vollziehung der Vereinbarung entsprechen muß (BFH-Urteil vom 28. Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60). Von diesen Grundsätzen ist der Senat auch bei der Beurteilung einer Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten ausgegangen (Urteil vom 17. April 1986 IV R 2/86, BFHE 146, 423, BStBl II 1986, 559).

c) Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 17 Abs. 1 Satz 2 des Betriebsrentengesetzes. Danach gelten die Bestimmungen des Gesetzes auch für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Es wird die Auffassung vertreten, daß diese Bestimmung auch auf Personen anwendbar sei, die im Unternehmen aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen tätig geworden seien, gleichwohl aber eine Pensionszusage erhalten hätten (vgl. Höfer/Abt, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., § 17 Anm. 47). Dies besagt jedoch nichts darüber, ob eine derartige Pensionszusage betrieblich veranlaßt und steuerlich zu berücksichtigen ist.

d) Die besonderen Anforderungen, die an eine Pensionszusage für Arbeitnehmer-Ehegatten gestellt werden, bedeuten keinen Verstoß gegen Grundrechte (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 22. Juli 1970 I BvR 285/66 u. a., BStBl II 1970, 652).

3. Wie hervorgehoben, ist eine Pensionszusage ungeachtet dieser Umstände jedoch in dem Umfang zu berücksichtigen, als die Leistungen des Arbeitgeber-Ehegatten an die Stelle eines sonst zu entrichtenden Beitrags zur gesetzlichen Sozialversicherung treten (BFHE 120, 167, BStBl II 1977, 112). Diese Ausnahme greift im Streitfall jedoch nicht ein, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Pensionszusage der Sozialversicherung angehörte.

Das FG hat zugunsten des Klägers allerdings berücksichtigt, daß er in der Vergangenheit keine Arbeitgeberbeiträge aus dem Arbeitsverhältnis mit seiner Ehefrau entrichtet hat. Dem ist nicht beizupflichten.

Die Klägerin konnte sich nach Inkrafttreten des Zweiten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 23. Dezember 1966 (BGBl I, 745) für die Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung entscheiden. Dies hätte zur Folge gehabt, daß der Kläger Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung hätte entrichten müssen. Wenn die Klägerin hierauf verzichtete und vom Kläger auch nicht die Nachversicherung für die Zeit seit Beginn des Arbeitsverhältnisses oder einen finanziellen Ausgleich hierfür verlangte, verrichtete sie ihre Dienste insoweit unentgeltlich und auf familienrechtlicher Grundlage. Dies kann nicht dadurch ausgeglichen werden, daß im Nachhinein hierfür ein geldwerter Ausgleich, sei es auch in Form einer Pensionszusage, gewährt wird. Wie hervorgehoben, hat der BFH familiäre, nicht aber betriebliche Erwägungen für eine Pensionszusage gesehen, die dem Ehegatten im Hinblick auf eine bisherige unentgeltliche Mitarbeit im Betrieb gegeben wird (BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209). Dies hindert auch die Berücksichtigung der vom Kläger vor der Pensionszusage ersparten Arbeitgeberbeiträge.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424310

BFH/NV 1990, 21

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