Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ermittlung eines Grundstückswertes für Grunderwerbsteuerzwecke.

Führt nach Auflösung einer zweigliedrigen OHG der übernehmende Gesellschafter das lebende Unternehmen als Ganzes fort, so erscheint es angemessen, die für Grunderwerbsteuerzwecke zu bewertenden Wirtschaftsgüter, insbesondere Grundstücke, statt mit dem im allgemeinen in Betracht kommenden gemeinen Wert mit dem Teilwert anzusetzen.

In solchen Fällen besteht die Gegenleistung in der übernahme der Betriebsschulden, im Auseinandersetzungsanspruch bzw. gegebenenfalls im Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters und im Wert des untergehenden Kapitalanteils des übernehmenden Gesellschafters.

Zur Ermittlung des Kapitalanteils in diesem Sinne bzw. des Vermögensanteils im Sinne des § 6 GrEStG.

Zum Verhältnis des § 6 Abs. 4 zu § 6 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Ziff. 2 GrEStG unter Berücksichtigung besonderer Umstände in diesem Fall, in dem für die übertragung von Kapitalanteilen innerhalb der letzten fünf Jahre Schenkungsteuer erhoben worden ist.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Ziff. 3, § 3 Ziff. 2, § 6 Abs. 2, 4, § 10/1; BewG §§ 10, 9, 12; AO § 243; FGO § 76/1

 

Tatbestand

Es ist streitig, ob bei Auflösung einer zweigliedrigen OHG und übernahme des Unternehmens durch einen der beiden Gesellschafter der Wert der Gegenleistung und die Höhe des Vermögensanteils der bisherigen Gesellschafter richtig ermittelt worden sind.

I. - Der Bf. E. S. und seine beiden Brüder H. und W. S. waren die Gesellschafter der Firma M. S. OHG (OHG). Vereinbarungsgemäß waren der Gesellschafter H. S. bereits im Jahre 1951 und mit Wirkung auf den 31. Dezember 1954 auch der Gesellschafter W. S. aus der OHG ausgeschieden. Der Bf. als verbleibender Gesellschafter übernahm das Unternehmen ohne Liquidation mit allen Aktiven und Passiven nach der Schlußbilanz zum 31. Dezember 1954 und führte es unverändert fort. Eine besondere Auseinandersetzungsbilanz wurde vereinbarungsgemäß nicht erstellt. Zum Betriebsvermögen der OHG hatten unbebaute und teils mit Werk- und teils mit Wohngebäuden bebaute Grundstücke gehört. Nach der Bilanz zum 31. Dezember 1954 entfielen von den Aktiven von insgesamt 578.888 DM auf die Grundstücke 165.578 DM (Buchwert), auf die übrigen Aktiven 413.310 DM; vom Gesellschaftskapital von 426.753 DM entfielen auf das Kapitalkonto des Gesellschafters E. S. 272.862 DM, auf das des Gesellschafters W. S. 153.891 DM, auf die übrigen Passiven 152.135 DM.

Wegen des übergangs der Grundstücke von der aufgelösten OHG auf den Bf. setzte das Finanzamt nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG eine Grunderwerbsteuer von 5.215,70 DM fest. Als Gegenleistung setzte es den Buchwert der Grundstücke mit 165.578 DM an, von dem es nach § 6 Abs. 2 GrEStG 91.068 DM = 55 v. H. als Wert des Gesellschaftsanteils des Bf. am 31. Dezember 1954 abgesetzt hatte.

Auf Grund einer Beanstandung der Aufsichtsbehörde erhöhte das Finanzamt die Steuer gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO auf 14.185,50 DM. Zur Ermittlung der Gegenleistung ging es nunmehr davon aus, daß der (ohne Anhaltspunkte) geschätzte Wert der Grundstücke am 31. Dezember 1954 (ß 10 BewG) 350.000 DM, der ebenso geschätzte Wert der sonstigen Aktiven 450.000 DM und somit der Wert aller Aktiven 800.000 DM betrage. Dementsprechend errechnete das Finanzamt unter Ansatz der sonstigen Verbindlichkeiten wie bisher mit 152.135 DM den Wert der vom Bf. übernommenen beiden Kapitalanteile mit 647.866 DM. Dabei ermittelte es den Kapitalanteil des Bf. mit 493.975 DM, indem es lediglich den seitherigen buchmäßigen Kapitalanteil des W. S. mit 153.891 DM vom Gesamtkapital abzog. Als Gesamtgegenleistung setzte das Finanzamt demgemäß an die übernommenen sonstigen Verbindlichkeiten mit (abgerundet) 152.134 DM, den Kapitalanteil des ausscheidenden Gesellschafters mit 153.891 DM und den des übernehmenden Gesellschafters mit 493.975 DM, zusammen = 800.000 DM. Die auf die Grundstücke entfallende Gegenleistung berechnete das Finanzamt mit 350.000 DM. Da seit dem Ausscheiden des Gesellschafters H. S. im Jahre 1951 noch keine fünf Jahre verflossen gewesen seien, könne nach § 6 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 GrEStG nur das Beteiligungsverhältnis der drei Gesellschafter nach dem Stande vom 31. Juli 1951 berücksichtigt werden, das für den übernehmenden Gesellschafter 42,1 v. H., für die anderen Gesellschafter zusammen 57,9 v. H. betragen habe.

Mit der Sprungberufung wehrte der Bf. sich gegen die berichtigte Steuerfestsetzung, da vereinbarungsgemäß eine Auseinandersetzungsbilanz nicht erstellt, vom Finanzamt ursprünglich also zutreffend die Buchwerte der Grundstücke bei Ermittlung der Gegenleistung angesetzt worden seien. überdies verstoße die nachträgliche Erhöhung der Steuer gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Das Finanzgericht forderte den Bf. mehrfach unter Fristsetzung auf, weitere "grundsätzliche und spezifizierte Einwendungen" gegen den Ansatz des Wertes der Gegenleistung und des Beteiligungsverhältnisses vorzubringen. Nachdem der Bf. einige Male Fristverlängerung erbeten hatte, wies das Finanzgericht - nach vorherigem Hinweis auf die Möglichkeit der Entscheidung nach Aktenlage - die Berufung als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen der Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO seien zu bejahen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben sei zu verneinen, da das Finanzamt innerhalb der Verjährungsfrist weisungs- und pflichtgemäß die fehlerhafte Steuerfestsetzung berichtigt habe. Da der Bf. trotz Aufforderung und ausreichender Zeit sich zu den Wertansätzen des Finanzamts nicht geäußert habe, müsse davon ausgegangen werden, daß er keine Einwendungen geltend machen könne.

Mit der Rb. rügt der Bf. im wesentlichen mangelnde Sachaufklärung durch das Finanzgericht, hilfsweise Versagung des rechtlichen Gehörs und unrichtige Anwendung bestehenden Rechts. Der gemeine Wert bzw. der Teilwert der Grundstücke sei ohne erforderliches Gutachten unzutreffend unter Verstoß gegen Denkgesetz und Akteninhalt geschätzt worden. Die steuerpflichtige Gegenleistung sei auch deshalb unrichtig ermittelt worden, weil die stillen Reserven anteilig auf die Kapitalkonten der beiden Gesellschafter zu verteilen seien. Schließlich müsse auch eine (teilweise) Schenkung eines Kapitalanteils - wie im Jahre 1951 - von H. S. an seine Brüder jedenfalls dann steuerunschädlich im Sinne des § 6 Abs. 4 GrEStG sein, wenn es sich um einen vorweggenommenen Erbgang handle.

 

Entscheidungsgründe

II. -

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Bf., daß das rechtliche Gehör deshalb verletzt sei, weil das Finanzgericht nach mehrmaliger (zum Teil stillschweigender) Verlängerung der Frist zur weiteren Begründung der Berufung entschieden hat, ohne die in Aussicht gestellte Ergänzung der Berufungsbegründung abzuwarten. Abgesehen davon, daß nach Ablauf der erneut erbetenen Frist wiederum 20 Tage verstrichen waren, hatte das Finanzgericht bei der letzten Fristgewährung ausdrücklich bemerkt, daß der Bf. nach Fristablauf mit einer Entscheidung nach Lage der Akten rechnen müsse. Die Vorentscheidung ist jedoch aus anderen Gründen aufzuheben.

Zunächst beanstandet der Bf. mit Recht, daß die Vorinstanz ihrer Pflicht, den Sachverhalt erforderlichenfalls von Amts wegen zu ermitteln (ß 243 AO), nicht in vollem Maße nachgekommen ist. Der Wert der Gegenleistung und die Höhe der Vermögensanteile der Gesellschafter hängen wesentlich vom Wert der Grundstücke ab. Aus den Akten des Finanzamts - schon aus dem Schriftwechsel mit der Aufsichtsbehörde, die u. a. die überprüfung angeordnet hatte, ob die bisher der Besteuerung zugrunde gelegten Werte den Teilwerten entsprachen - ergibt sich bereits eindeutig, daß der vom Finanzamt im berichtigten Steuerbescheid durch Bezugnahme auf § 10 BewG als gemeiner Wert angesetzte Grundstückswert von 350.000 DM ohne Ermittlung und ohne einen ersichtlichen Anhalt geschätzt worden war. Das Finanzamt hatte die Aufsichtsbehörde bereits darauf hingewiesen, daß dieser Wert im Rechtsmittelverfahren kaum gehalten werden könne; es hatte dem Finanzgericht auf dessen Anfrage, wie und mit welchen Hilfsmitteln der gemeine Wert der Grundstücke ermittelt worden sei, ausdrücklich erklärt, daß die Akten keinen Anhalt ergäben, auf welcher Berechnungsgrundlage geschätzt worden sei.

Für die Ermittlung des gemeinen Wertes (ß 10 BewG) und des Teilwertes (ß 12 BewG) ist zwar ein bestimmtes Verfahren nicht vorgeschrieben. Im Ergebnis handelt es sich um eine Schätzung, die allerdings einen gewissen Spielraum offenläßt, gleichwohl aber nicht willkürlich ohne jede Grundlage durchgeführt werden darf. Vielmehr müssen der Schätzungsweg und dessen Ergebnis in sich verständlich und ausreichend dargelegt werden, soll nicht die Vorentscheidung aufgehoben werden.

Im Streitfall hätte das Finanzgericht also unter den oben dargelegten Umständen und auch wegen der Höhe der geschätzten Beträge keinesfalls diese Wertansätze (gemeiner Wert) des Finanzamts seiner Entscheidung ohne eigene überprüfung und im übrigen ohne Begründung als Teilwerte zugrunde legen dürfen, zumal der Bf. die Richtigkeit des Wertansatzes bereits in der Berufungsbegründung bestritten hatte. Auch wenn der Bf. selbst keine weitere rechtzeitige Begründung brachte, konnte das Finanzgericht - übrigens auch unter Verstoß gegen den klaren Akteninhalt - nicht einfach unterstellen, daß der Bf. keine entsprechenden Einwendungen geltend machen könne. Es hätte vielmehr den Wert der Grundstücke selbst ermitteln müssen, falls ihm eigene Unterlagen (etwa in Form vergleichbarer Veräußerungspreise oder von Kaufpreissammlungen) fehlten, erforderlichenfalls durch ein Sachverständigengutachten.

Scheidet aus einer zweigliedrigen OHG der eine Gesellschafter aus und übernimmt der andere das Geschäft ohne Liquidation mit allen Aktiven und Passiven, so treten hierdurch zwar Auflösung und Vollbeendigung der OHG ein und das Geschäft wird durch den übernehmenden als Alleininhaber fortgeführt. Die übertragung vollzieht sich aber uno actu und ermöglicht dem übernehmenden als Gesamtrechtsnachfolger (vgl. zur KG Urteil des Senats II 9/62 U vom 28. April 1965, BStBl 1965 III S. 422, 423 rechte Spalte oben mit weiteren Zitaten) die Fortführung des als Ganzes fortbestehenden lebenden Unternehmens wie bei Fortsetzung der OHG durch die übrigen Gesellschafter (vgl. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 3. Aufl., S. 342, 343; Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum HGB - HGB-RGRK -, 2. Aufl., § 138 Anm. 25, § 142 Anm. 15, 18, 20). Deshalb erscheint es dem Senat angemessen, daß in solchen Fällen statt des im allgemeinen in Betracht kommenden gemeinen Wertes (ß 10 BewG) der Teilwert (ß 12 BewG) anzusetzen ist (vgl. zu einem anderen Sachverhalt das Urteil des Senats zur Gesellschaftsteuer II 91/61 U vom 22. Mai 1963, BStBl 1963 III S. 369, Slg. Bd. 77 S. 142; Rössler-Troll, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Aufl., § 66 BewG Tz. 2 a. E.).

Die Gegenleistung (ß 10 Abs. 1 GrEStG) für die hinsichtlich des Grundstücksübergangs nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtige Geschäftsübertragung besteht außer in evtl. zusätzlichen Leistungen in der übernahme der Betriebsschulden, im Auseinandersetzungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters und im Wert des untergehenden Kapitalanteils des übernehmenden Gesellschafters im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld (vgl. Urteil des Senats II 191/61 vom 1. Juli 1964, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Grunderwerbsteuergesetz, § 1, Rechtsspruch 136). Dieser Wert des Kapitalanteils an einer OHG wie auch allgemein der Wert des Vermögensanteils im Sinne des § 6 GrEStG - im letzteren Falle vorbehaltlich einer abweichenden Auseinandersetzungsquote (ß 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 GrEStG) - richtet sich nicht nach den Werten der Ertragsteuerbilanzen und auch nicht nach den besonderen Bewertungsvorschriften der §§ 18 bis 77 BewG, sondern nach den Vorschriften des Handelsrechts in Verbindung mit den allgemeinen Bewertungsvorschriften der §§ 2 bis 17 a BewG (ß 1 BewG). Für Zwecke der Grunderwerbsteuer als einer Stichtagsteuer muß deshalb erforderlichenfalls auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs eine besondere Vermögensaufstellung erstellt werden, in der die verschiedenen Wirtschaftsgüter zur Ermittlung des (wirklichen) Reinvermögens mit den Werten nach den o. a. allgemeinen Bewertungsvorschriften anzusetzen sind, insbesondere Grundstücke also nicht mit dem Einheitswert oder dem Buchwert, sondern mit dem gemeinen bzw. im Streitfall mit dem Teilwert nach §§ 10, 12 BewG. Es ist also z. B. möglich, daß auch die auf diese Weise berücksichtigten stillen Reserven die Höhe der Anteile der Gesellschafter am Vermögen der KG wesentlich beeinflussen (vgl. auch Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 8. Aufl., § 5 Tz. 26; vgl. noch neuerdings Urteil des Senats II 93/62 U vom 1. September 1965, BStBl 1965 III S. 670).

Die stillen Reserven sind, da nur der Anteilswert des einzelnen Gesellschafters am Gesamthandsvermögen der OHG für die Besteuerung in Betracht kommt, anteilig auf die Kapitalkonten aller Gesellschafter zu verteilen. Da der übernehmende Gesellschafter bei Auslösung der OHG seinerseits nicht mehr als seine eigenen Werte aufgeben kann, durfte das Finanzamt die stillen Reserven nicht in vollem Umfange nur dem Kapitalkonto des Bf. hinzurechnen; dies auch dann nicht, wenn der Auseinandersetzungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters vereinbarungsgemäß sich - unter Verzicht auf die Feststellung von dessen wirklichem Vermögensanteil durch eine besondere Auseinandersetzungsbilanz - auf den Stand seines Kapitalkontos nach der Schlußbilanz zum 31. Dezember 1954 beschränkte. Grunderwerbsteuerrechtlich bedeutet dies, daß der Bf. insoweit als anteilige Gegenleistung für den Grundstückserwerb nicht mehr als den dem ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindungsbetrag aufzuwenden hatte (vgl. auch Boruttau-Klein, a. a. O., § 11 Tz. 305, 308).

Demgemäß beruhen die Ermittlung der Gegenleistung und auch die der Vermögensanteile der Gesellschafter nach dem Stand vom 31. Juli 1951 - jeweils an Hand der Steuerbilanzen - in mehrfacher Hinsicht auf Rechtsirrtum.

Im übrigen ist der Senat der Meinung, daß nach den besonderen Umständen des Streitfalls auch der Vermögensanteil im Sinne des § 6 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 GrEStG von den Vorinstanzen unzutreffend ermittelt worden ist.

§ 6 Abs. 4 GrEStG soll (objektiven) Steuerumgehungen vorbeugen, die der steuerfreie übergang von Anteilen an einer Gesamthand ermöglicht. Eine solche Steuerumgehung kommt aber nicht in Betracht, wenn der Erwerber seinerzeit bei seinem früheren Anteilserwerb - bzw. im Streitfall bei Erhöhung seines Anteils im Jahre 1951 - von der OHG Eigentum (auch Bruchteilseigentum) am Grundstück selbst nach den allgemeinen Grunderwerbsteuer-Befreiungsvorschriften hätte erwerben können (ständige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs; vgl. zuletzt das Urteil des Senats II 30/61 U vom 10. Juni 1964, BStBl 1964 III S. 486 zu II, 3, Slg. Bd. 80 S. 33; Boruttau-Klein, a. a. O., § 6, Tz. 79 - 79c). Die Gesamtheit aller Gesellschafter (als die Gesellschaft) konnte aber jederzeit Gesellschaftsvermögen bzw. einzelne Gegenstände dieses Vermögens, z. B. Grundstücke (Grundstücksbruchteile) nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts auch in das Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter überführen (HGB-RGRK, 2. Aufl., § 105 Anm. 34, 41, 42).

Der Betriebsprüfer und ihm folgend das Finanzamt haben in der den Betrag von 50.000 DM übersteigenden übertragung des Kapitalanteils des bisherigen Gesellschafters H. S. an seine Brüder im Jahre 1951 eine Schenkung in vorweggenommener Erbfolge erblickt, für die nach einem Vermerk des Finanzamts eine Schenkungsteuer entrichtet worden ist. Es muß für den Streitfall deshalb davon ausgegangen werden, daß auch bei übertragung eines Grundstücks (Grundstücksbruchteils) die Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 2 GrEStG in Betracht gekommen wäre. Andererseits muß auch grunderwerbsteuerrechtlich beachtet werden, daß der Gesellschafter H. S. auf Grund der am 12. August 1951 schriftlich niedergelegten Abänderung des Gesellschaftsvertrages (wie für die Ertragsteuern) nicht schon mit Wirkung vom 21. Juni 1948, sondern erst mit Wirkung vom 31. Juli 1951 - also innerhalb der letzten fünf Jahre im Sinne des § 6 Abs. 4 GrEStG - aus der OHG ausgeschieden war. Der Vermögensanteil des Bf. im Sinne des § 6 Abs. 2 GrEStG errechnet sich demgemäß zwar nach dem Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter am 31. Juli 1951; unter Würdigung aller Besonderheiten des Streitfalles ist dabei jedoch für Zwecke des § 6 Abs. 4 GrEStG der Kapitalanteil des im Jahre 1951 ausgeschiedenen Gesellschafters H. S. nur noch rechnerisch mit dem Festkapitalbetrag von 50.000 DM anzusetzen. Im übrigen ist mit Rücksicht auf die von der Finanzverwaltung als Schenkung (ß 3 Ziff. 2 GrEStG) behandelte übertragung des 50.000 DM überschießenden Kapitalanteils des ausscheidenden Gesellschafters auf seine beiden Brüder das gesamte andere, sich nach der Vermögensaufstellung auf den 31. Juli 1951 ergebende Gesellschaftskapital (Reinvermögen) anteilmäßig nur auf die beiden verbleibenden Gesellschafter zu verteilen.

Der Bf. hat den Einwand, daß die Berichtigungsveranlagung gegen Treu und Glauben verstoße, nach den Ausführungen des Finanzgerichts hierzu in der Rb. nicht mehr aufrechterhalten. Der Senat kann sich deshalb auf die Bemerkung beschränken, daß auch für Maßnahmen nach § 222 AO der Grundsatz von Treu und Glauben gilt (vgl. Urteil des Senats II 87/60 U vom 18. Dezember 1963 zu II 3, BStBl 1964 III S. 102, Slg. Bd. 78 S. 256), daß aber im Streitfall Umstände, aus denen sich ein Verstoß gegen Treu und Glauben ergeben könnte, weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich sind.

Die Vorentscheidung war wegen mangelnder Sachaufklärung und wegen Rechtsirrtums aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache geht an das Finanzamt zurück, das unter Beachtung der vorstehenden Rechtsausführungen den Wert der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung (Stichtag 31. Dezember 1954) und den des Vermögensanteils des Bf. an der aufgelösten OHG (Stichtag 31. Juli 1951) neu zu ermitteln und dementsprechend die Grunderwerbsteuer neu festzusetzen haben wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411891

BStBl III 1966, 54

BFHE 1966, 149

BFHE 84, 149

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