Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

ß 3 Ziff. 5 EStG 1951 begünstigt Bezüge, die auf versorgungsrechtlichen Bestimmungen beruhen. Bezüge, die Kriegsbeschädigte auf Grund beamtenrechtlicher Bestimmungen beziehen, fallen auch insoweit nicht darunter, als ihr Bezug das Ruhen versorgungsrechtlicher Ansprüche zur Folge hat.

EStG 1951 § 3 Ziff. 5; LStDV § 6 Ziff. 4.

 

Normenkette

EStG § 3 Ziff. 5, § 3/6; LStDV § 6 Ziff. 4, § 6/5

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat als aktiver Wehrmachtsbeamter in Ausübung seines Dienstes am 19. November 1943 einen Dienstunfall erlitten, der seine Dienstunfähigkeit zur Folge hatte. Während des Jahres 1952 erhielt er Versorgungsbezüge auf Grund von §§ 79, 107 des Deutschen Beamtengesetzes (DBG) in Verbindung mit § 5 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) fallenden Personen. Sein Ruhegehalt betrug 75 v. H. seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Es ist in der Weise errechnet worden, daß zu den sich aus einer abgeleisteten Dienstzeit von 27 Jahren ergebenden Versorgungsbezügen in Höhe von 67 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (ß 89 DBG) wegen des Dienstunfalls ein sogenannter Veredlungszuschlag von 8 v. H. nach § 111 Abs. 2 DBG hinzutrat. Nach dieser in das Bundesbeamtengesetz (BBG) Unter § 141 übernommenen Bestimmung beträgt das Unfallruhegehalt grundsätzlich 66 2/3 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge des Verletzten. Es erhöht sich, wenn das Ruhegehalt nach den allgemeinen Vorschriften bereits 47 v. H. betragen würde, um 20 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, jedoch nicht über 75 v. H. dieser Dienstbezüge hinaus. Darum, ob der Zuschlag von 8 v. H. der Einkommensteuer unterliegt, geht der Streit.

Die auszahlende Stelle hat die strittigen Beträge dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterworfen. Der Bf. beantragt Erstattung nach § 152 der Reichsabgabenordnung (AO). Er nimmt Steuerbefreiung nach § 3 Ziff. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 6 Ziff. 4 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) in Anspruch. Er habe bis zum Einsetzen der beamtenrechtlichen Versorgung neben seiner Kriegsbeschädigtenrente wegen hundertprozentiger Minderung seiner Erwerbsfähigkeit eine Pflegezulage nach § 35 des Bundesversorgungsgesetzes erhalten. Sein Anspruch auf diese steuerbefreiten Versorgungsbezüge ruhe seither nach § 65 des Bundesversorgungsgesetzes. Auf die an ihre Stelle getretenen beamtenrechtlichen Bezüge, soweit sie als Zuschlag zu dem normalen Ruhegehalt auf der gleichen Ursache der Kriegsbeschädigung beruhten und nicht auf Grund der Dienstzeit gewährt würden, sei die Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 5 EStG ebenfalls anzuwenden. Das Finanzamt hat den Antrag abgelehnt, weil die fraglichen Bezüge wegen ihrer beamtenrechtlichen Natur nicht versorgungshalber gezahlt würden.

Das Finanzgericht hat die Sprungberufung mit im wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen: Nur die Bezüge, die auf dem nunmehr in der Hauptsache im Bundesversorgungsgesetz zusammengefaßten Sonderrecht beruhen, seien nach § 3 Ziff. 5 EStG steuerfrei, was aus der Entwicklung dieser Vorschrift folge. Es komme nicht auf die Kriegsbeschädigteneigenschaft eines Steuerpflichtigen an, sondern darauf, ob er seine Bezüge auf Grund einer für § 3 Ziff. 5 EStG einschlägigen versorgungsrechtlichen Bestimmung beziehe, zu denen die Unfallfürsorgebestimmungen des Beamtengesetzes nicht gehörten. Auch könne § 3 Ziff. 5 EStG nicht unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Wege der Auslegung auf den strittigen Zuschlag zum Ruhegehalt als anstelle ruhender Ansprüche aus dem Bundesversorgungsgesetz getreten ausgedehnt werden, weil dies die eindeutige gesetzliche Regelung der fraglichen Befreiungsvorschrift verbiete.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hält an der Steuerbefreiung des achtprozentigen Zuschlages zu dem erdienten Ruhegehalt fest. Sie ergebe sich aus dem klaren Wortlaut des § 3 Ziff. 5 EStG, der, ohne nach der gesetzlichen Grundlage zu unterscheiden, alle versorgungshalber aus öffentlichen Kassen an Kriegsbeschädigte gezahlten Bezüge freistelle, soweit sie nicht auf Grund der Dienstzeit gewährt wurden. Da seine Kriegsbeschädigung der Grund sei, aus dem er aus einer öffentlichen Kasse den Zuschlag zu seinem Ruhegehalt erhalte, nicht aber seine Dienstzeit, falle der Zuschlag unter die Befreiungsvorschrift. Unerheblich sei es, daß der Zuschlag nicht nach dem Bundesversorgungsgesetz, sondern nach den beamtenrechtlichen Unfallfürsorgebestimmungen gezahlt werde.

Der Vorsteher des Finanzamts stimmt dem Bf. zwar darin zu, daß es für die Anwendung des § 3 Ziff. 5 EStG einerlei sei, ob die wegen einer Kriegsbeschädigung gewährten Bezüge auf dem Bundesversorgungsgesetz oder auf einer anderen gesetzlichen Grundlage beruhten. Er ist aber der Ansicht, daß diese Grundlage sich immer aus einem Gesetz ergeben müsse, das Ansprüche auf Grund der Kriegsbeschädigung gewähre. Der Bf. erhalte seine Bezüge nicht auf Grund von Vorschriften, die die Versorgung Kriegsbeschädigter regeln, sondern infolge seiner Beamteneigenschaft auf Grund einer Vorschrift des Beamtenrechts. Er würde sie in gleicher Weise auch dann erhalten, wenn seine Unfallbeschädigung nicht gleichzeitig eine Kriegsbeschädigung wäre. Davon abgesehen sei die Befreiungsvorschrift auch deswegen nicht anwendbar, weil der Bezug des strittigen Zuschlags an die Voraussetzung einer gewissen Dienstzeit als Beamter geknüpft sei. Demgegenüber hält der Bf. weiter daran fest, daß § 3 Ziff. 5 EStG lediglich an die Kriegsbeschädigteneigenschaft des Empfängers der fraglichen Bezüge anknüpfe. Der Gesetzgeber habe die Kriegsbeschädigten begünstigen wollen, ohne Unterschiede zu machen, auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmung sie ihre wegen der Kriegsbeschädigung gewährte Versorgung erhielten. Unfallfürsorge würde jedem Beamten unabhängig von der Länge seiner Dienstzeit gewährt. Auch die strittigen Bezüge beruhten nicht auf der abgeleisteten Dienstzeit als Beamter.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. vermag nicht zum Erfolg zu führen.

Nach § 3 Ziff. 5 EStG in der auf Grund des Einkommensteuer-Änderungsgesetzes vom 20. April 1950 eingeführten Fassung sind steuerfrei Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden. Damit sind für die Steuerbefreiung zwei Voraussetzungen aufgestellt:

1.Die Bezüge müssen auf Grund von gesetzlichen Vorschriften gewährt werden, die die Versorgung von Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und ihnen gleichgestellten Personen regeln,

2.diese Bezüge dürfen nicht auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.

Beide Voraussetzungen sind bei den Zuschlägen zum Unfallruhegehalt nach § 111 Abs. 2 DBG (ß 140 BBG) nicht gegeben.

Was die erste Voraussetzung angeht, so kann dem Bf. darin nicht gefolgt werden, daß aus § 3 Ziff. 5 EStG die Begünstigung aller Bezüge zu entnehmen sei, die Kriegsbeschädigte aus öffentlichen Mitteln infolge ihrer Kriegsbeschädigung auf Grund gesetzlicher Bestimmungen erhielten, ohne Rücksicht auf die rechtliche Natur dieser Bestimmung. Die Bezüge müssen vielmehr versorgungshalber gewährt werden. Wie das Finanzgericht zutreffend dargelegt hat, ist aus der Entwicklung der entsprechenden Befreiungsvorschrift, wie sie zunächst im § 8 Ziff. 1 - 3 EStG 1925, dann im § 3 Zff. 1 EStG 1934 und im § 3 Ziff. 2 EStG 1949 gefaßt waren, zu folgern, daß nur solche Bezüge die Steuerfreiheit genießen sollten, die auf Grund versorgungsrechtlicher Bestimmungen gewährt wurden. In den bis zum Kriegsende geltenden Befreiungsvorschriften waren die einschlägigen Bestimmungen im einzelnen aufgeführt. Es war eine Folge der Zersplitterung des nunmehr auf landesrechtlicher Grundlage beruhenden Versorgungsrechts, daß im § 3 Ziff. 2 EStG 1949 die fragliche Bestimmung dahin gefaßt wurde, daß als steuerbefreit Bezüge, die versorgungshalber gezahlt wurden, gelten sollten. Das Einkommensteuer-Änderungsgesetz vom 29. April 1950 brachte die für das Jahr 1952 geltende Fassung. Nach der amtlichen Begründung zu diesem Gesetz war eine Neufassung des § 3 notwendig geworden, um die Bezüge, die steuerfrei belassen werden sollten, nach dem damals geltenden Versorgungs- und Sozialversicherungsrecht festzulegen. Die Neufassung stellte hiernach keine grundsätzliche Erweiterung des Kreises der steuerfreien Einkünfte dar, weder gegenüber dem EStG 1949 noch gegenüber dem EStG 1939; welche Bezüge unter § 3 Ziff. 5 EStG fielen, ergab sich in diesem Zeitpunkt aus dem in den einzelnen Ländern geltenden Versorgungsrecht (siehe die Zusammenstellung in Anlage 1 zu Abschn. 8 a der Lohnsteuer-Richtlinien 1959). An dessen Stelle ist ab 1. Oktober 1950 im wesentlichen das Bundesversorgungsgesetz vom 20. Dezember 1950 getreten.

Die Bezüge, die der Bf. im Jahre 1952 erhielt, beruhen nicht auf dem Bundesversorgungsgesetz oder anderen die Versorgung Kriegsbeschädigter regelnden Bestimmungen, sondern auf den eingangs angeführten beamtenrechtlichen Vorschriften. Seine Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz ruhten nach dessen § 65, und zwar die Grundrente des § 29 nach Abs. 2 und die Ausgleichsrente für Schwerbeschädigte des § 32 nach Abs. 1 Ziff. 2 (Schiekel, Bundesversorgungsgesetz Anm. 4 und 6 zu § 65). Mithin hat der Bf. seine Bezüge aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge gemäß ß 111 DBG einschließlich des aus Abs. 2 sich ergebenden Erhöhungsbetrages nicht versorgungshalber i. S. des § 3 Ziff. 5 EStG bezogen. Diese Befreiungsvorschrift kann, wie das Finanzgericht weiter zutreffend dargetan hat, auch nicht im Wege der Auslegung auf die nicht unter sie fallende Bezüge des Bf. ausgedehnt werden.

Auch an der zweiten Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Ziff. 5 EStG, daß es sich nämlich nicht um Bezüge handeln darf, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden, fehlt es hier. Das Unfallruhegehalt wird nach § 111 DBG wie jedes andere Ruhegehalt auf Grundlage der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit errechnet (Fischbach, Anm. I zu § 140 BBG). Diese Abhängigkeit von der Dienstzeit kommt gerade bei dem strittigen Zuschlag nach § 111 Abs. 2 DBG (ß 140 Abs. 2 BBG) zum Ausdruck, da dieser Zuschlag zur Voraussetzung die Ableistung einer Dienstzeit hat, die nach allgemeinen Vorschriften zu einer Bemessung des Ruhegehalts auf bereits 47 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge geführt hat. Nach § 89 DBG erhält in der Laufbahn des Bf. ein Beamter ein Ruhegehalt von 47 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nach einer ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von acht Jahren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408723

BStBl III 1957, 174

BFHE 1957, 467

BFHE 64, 467

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