Leitsatz (amtlich)

Das sich für beschränkt Steuerpflichtige aus § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG ergebende Verbot, die Vermögensteuer als Sonderausgabe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, wird durch Art. 12 A DBA-Schweiz nicht berührt.

 

Normenkette

DBA SWE Art. 12 a; EStG § 3 Nr. 41, § 10 Abs. 1 Nr. 5, § 50 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) hat ihren Wohnsitz in der Schweiz. Sie ist in der Bundesrepublik Deutschland beschränkt steuerpflichtig mit Einkünften aus der Beteiligung an zwei inländischen Kommanditgesellschaften. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1962 begehrte sie den Abzug der in der Bundesrepublik bezahlten Vermögensteuer als Sonderausgabe. Der Revisionsbeklagte (das FA) lehnte diesen Abzug unter Hinweis auf § 50 EStG ab.

Einspruch und Berufung der Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG, dessen Entscheidung in EFG 1965, 16 veröffentlicht ist, ließ die Rechtsbeschwerde (Revision) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu. Es begründete sein Urteil wie folgt:

Nach § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG sei der Abzug der Vermögensteuer bei der Veranlagung beschränkt steuerpflichtiger Personen nicht möglich. Dem stehe auch Art. 12 A des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern vom 15. Juli 1931 in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 20. März 1959 - DBAS - (BGBl II 1959, 1253, BStBl I 1959, 1006) nicht entgegen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien schon deshalb nicht erfüllt, weil die ungleichmäßige Behandlung hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Sonderausgaben des § 10 EStG nicht auf der verschiedenen Staatsangehörigkeit, sondern auf der - von der Staatsangehörigkeit unabhängigen - verschiedenartigen Stellung der unbeschränkt und der beschränkt Steuerpflichtigen beruhe. Auch Art. 12 A Abs. 3 DBAS greife nicht ein, da der vorliegende Sachverhalt schon im Ausgangspunkt anders gelagert sei als die Fälle, die von Art. 12 A Abs. 3 Satz 1 DBAS erfaßt würden. Die Betriebe, an denen die Steuerpflichtige als Mitunternehmerin beteiligt sei, seien nämlich inländische und nicht schweizerische Unternehmen, die im Inland - in der Bundesrepublik - eine Betriebstätte unterhielten. Allenfalls sei Art. 12 A Abs. 4 DBAS einschlägig. Aber auch diese Bestimmung sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, denn sie wolle eine unterschiedliche Besteuerung von Unternehmen oder deren Betriebstätten in den Vertragsstaaten vermeiden. Sie beziehe sich demnach bei den Ertragsteuern nur auf die gewerblichen Einkünfte und bewirke hier - falls Unterschiede bestehen sollten - auch eine Gleichstellung der beschränkt Steuerpflichtigen mit den unbeschränkt Steuerpflichtigen (vgl. Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., Anm. 2 zu § 49 EStG). Durch Art. 12 A Abs. 3 und 4 DBAS müsse jedoch keine Vergünstigung der das Unternehmen betreibenden Personen außerhalb des Bereichs der gewerblichen Einkünfte erfolgen. Da die Sonderausgaben des § 10 EStG nicht die Ermittlung und damit die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beträfen, sondern vielmehr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen seien, könne Art. 12 A DBAS auf sie keine Wirkung haben.

Mit der Revision beantragt die Steuerpflichtige, die Vorentscheidung aufzuheben und die in der Bundesrepublik bezahlte Vermögensteuer als Sonderausgabe i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG anzuerkennen. Sie rügt die Verletzung des materiellen Rechts, insbesondere des Art. 12 A DBAS und macht geltend, daß einem beschränkt Steuerpflichtigen der Sonderausgabenabzug der Vermögensteuer dann nicht versagt werden dürfe, wenn dieser Steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele und andererseits die Vermögensteuerzahlungen ihren Grund in eben diesem Gewerbebetrieb hätten. Auch müsse berücksichtigt werden, daß die deutsche Vermögensteuer im Prinzip eine Vermögensertragsteuer sei. Da aber die Erträgnisse des Vermögens nach deutschem Steuerrecht auch der Einkommensteuer unterlägen, habe das Gesetz - um die dadurch bedingte innerdeutsche Doppelbesteuerung des Vermögensertrags zu beseitigen oder doch zu mindern - den Weg gewählt, die bezahlte Vermögensteuer als abzugsfähige Sonderausgabe bei der Errechnung des Einkommens und damit der Einkommensteuer zu berücksichtigen. Die Möglichkeit des Vermögensteuerabzugs könne daher nicht der steuerlichen Berücksichtigung des Personenstandes und der Familienlasten - die bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht zulässig sei - gleichgestellt werden. Schließlich vertrete auch die Eidgenössische Steuerverwaltung in dem zu den Akten gereichten Schreiben vom 8. Juli 1964 die Auffassung, daß der Vermögensteuerabzug im vorliegenden Fall gemäß Art. 12 A DBAS zulässig und geboten sei.

Der BdF ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 FGO beigetreten. Er beantragt, die Revision zurückzuweisen. Zur Sache führt er im wesentlichen folgendes aus: Die Vermögensteuer gehöre wie die Einkommensteuer zu den Personensteuern, die als Einkommensverwendung weder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürften (§ 12 Nr. 3 EStG). Von diesem allgemeinen Abzugsverbot mache jedoch das EStG seit 1946 bzw. 1949 in § 10 Abs. 1 Nr. 5 für die Vermögensteuer eine Ausnahme, indem es ihren Abzug als Sonderausgabe zulasse. Die Einführung dieses Sonderausgabenabzugs stehe in engem Zusammenhang mit den damaligen sehr hohen Einkommensteuersätzen und unterstreiche damit den auf eine Ergänzung der Einkommensbesteuerung gerichteten Zweck der Vermögensteuer. Ihr Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte solle für natürliche Personen die Belastung mildern, die sich aus dem Zusammentreffen von Einkommensteuer und Vermögensteuer als Belastung des verfügbaren Einkommens des Steuerpflichtigen ergäbe. Dieser Belastungsausgleich werde daher nicht etwa bei den Einkünften, die aus dem vermögensteuerpflichtigen Vermögen erzielt werden, sondern bei der allgemeinen Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Einkommensteuer vorgenommen. Auf diesem Wege finde ein Ausgleich auch dann statt, wenn ein steuerpflichtiges Vermögen gar keine steuerpflichtigen Erträge abwerfe. Der Abzug der Vermögensteuer erweise sich dadurch als eine Steuervergünstigung, die der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung trage.

Als Maßnahme zur Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit könne ein solcher Abzug nur dort gewährt werden, wo diese Leistungsfähigkeit vollständig überblickbar sei. Dies sei nur im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht möglich.

Hieraus folge, daß ein Vermögensteuerabzug für beschränkt Steuerpflichtige auch dann nicht in Betracht komme, wenn - wie im vorliegenden Fall - Einkommensteuer und Vermögensteuer an der gleichen Besteuerungsgrundlage ansetzten. Denn nicht hierauf stelle der Vermögensteuerabzug ab, sondern auf die Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen; gerade diese aber müsse bei der beschränkten Steuerpflicht grundsätzlich außer Betracht bleiben.

Der Einwand, die Versagung des Vermögensteuerabzugs führe zu einer höheren Besteuerung, leide auch daran, daß für den Belastungsvergleich aus dem Gesamtkomplex der Besteuerung ein einzelnes Merkmal herausgegriffen werde. Der Versagung des Vermögensteuerabzugs bei der beschränkten Steuerpflicht stehe aber der Verzicht auf eine Besteuerung zu dem nach dem Welteinkommen bemessenen Tarif gegenüber, wie auch umgekehrt bei der unbeschränkten Steuerpflicht die Gewährung des Sonderausgabenabzugs im Zusammenhang mit der höheren Besteuerung zum Welttarif gesehen werden müsse. Der Belastungsvergleich müsse alle "Nachteile" und "Vorteile" einbeziehen, wobei sich dann nicht selten zeigen werde, daß die Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht trotz Versagung des Vermögensteuerabzugs günstiger als bei der unbeschränkten Steuerpflicht sei.

Im übrigen sei im vorliegenden Fall nicht dargelegt worden, daß die Steuerpflichtige tatsächlich eine höhere Steuer zu tragen hätte als ein vergleichbar unbeschränkt Steuerpflichtiger. Der Hinweis, daß ein deutscher Gesellschafter der Personengesellschaft den Vermögensteuerabzug erhalte, genüge dafür nicht. Vielmehr müsse die deutsche Steuer nach dem Steuersatz für das tatsächliche Welteinkommen der Steuerpflichtigen fiktiv für den Fall der unbeschränkten Steuerpflicht ermittelt und mit der von der Steuerpflichtigen tatsächlich zu entrichtenden deutschen Steuer verglichen werden, wobei der Vermögensteuerabzug im ersten Fall zu gewähren und im zweiten Fall zu versagen sei.

Die Steuerpflichtige macht im Rahmen ihrer Erwiderung auf die Stellungnahme des BdF ein Schreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 31. Oktober 1968 zum Gegenstand ihres Sachvortrags. Das Schreiben enthält folgende Ausführungen:

"Die Personengesellschaft ist in der Regel kein selbständiges Steuersubjekt. Es wird nicht das Unternehmen als solches, sondern der einzelne Teilhaber besteuert. Vermögen und Ertrag der Gesellschaft werden direkt bei den Gesellschaftern erfaßt. Bei den Personengesellschaften kann, abgesehen von der Gewerbesteuer, nicht von einer Betriebstättenbesteuerung gesprochen werden, die losgelöst von der Besteuerung der Gesellschafter erfolgt. Es wird daher schweizerischerseits die vom Bundesminister der Finanzen vertretene Meinung, daß Artikel 12 A Absatz 3 Unterabsatz 1 DBAS nur der Betriebstätte, nicht aber auch der Person des Unternehmers eine steuerliche Gleichbehandlung zusichert, abgelehnt. Da die Betriebstätte ja nicht als solche, sondern bei ihren Gesellschaftern besteuert wird, hätte die Gleichbehandlungsklausel, wollte man sie nur auf die Betriebstätte anwenden, bei Personengesellschaften gar keine Bedeutung.

Es mag zutreffen, wie der Bundesminister der Finanzen ausführt, daß die deutsche beschränkte Steuerpflicht objektsteuerähnlich hier nur die Beteiligung der Gesellschafterin und die Einkünfte daraus erfaßt. Der Besteuerung des Betriebstättegewinns bei der Gesellschafterin entspricht aber als Korrelat die Sonderabzugsfähigkeit der auf dem Betriebstättevermögen bei der Gesellschafterin erfaßten Vermögensteuer. Es ist nicht einzusehen, warum bei beschränkter Steuerpflicht die Steuer, die auf dem Vermögen, aus welchem das Einkommen herrührt, erhoben wird, bei der Besteuerung eben dieses Einkommens nicht abgesetzt werden kann."

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Gemäß § 50 EStG ist bei beschränkt Steuerpflichtigen die Vorschrift des § 10 EStG nur hinsichtlich der als Sonderausgaben abzugsfähigen Teile der Vermögensabgabe anzuwenden. Ein Abzug der gezahlten Vermögensteuer kann somit grundsätzlich nicht vorgenommen werden. Dieser Grundsatz könnte zwar Ausnahmen erfahren durch die in einem Doppelbesteuerungsabkommen getroffenen zwischenstaatlichen Vereinbarungen (§ 9 StAnpG, § 3 Nr. 41 EStG). Entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen steht jedoch Art. 12 A DBAS dem in § 50 EStG festgelegten Vermögensteuerabzugsverbot nicht im Wege.

Art. 12 A DBAS unterscheidet zwischen drei Sachverhaltsgruppen:

1. Die Absätze 1 und 2 der Bestimmung befassen sich mit der Gleichbehandlung der Staatsangehörigen der Vertragsstaaten. Diese Regelung ist - wie auch die Beteiligten übereinstimmend bekunden - auf den zu entscheidenden Fall nicht anwendbar, denn der Steuerpflichtigen wird nicht auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit, sondern als Folge ihrer von der Staatsangehörigkeit unabhängigen beschränkten Steuerpflicht in der Bundesrepublik der Abzug der Vermögensteuer versagt.

2. Abs. 3 der Bestimmung stellt die Besteuerung von Betriebstätten, die ein Unternehmen eines der beiden Staaten in dem anderen Staate hat, der Besteuerung von Unternehmen des anderen Staates gleich. Diese Regelung ist grundsätzlich auch auf Beteiligungen von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz an Personengesellschaften in der Bundesrepublik anwendbar.

Als Unternehmen eines Vertragsstaats sind, soweit Gewerbebetriebe natürlicher Personen in Betracht kommen, Unternehmen anzusehen, deren Inhaber ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben, gleichgültig wo sich die Betriebstätten befinden. Diese aus Art. 3 Abs. 1d des OECD-Musterabkommens entnommene Begriffsbestimmung erscheint gerechtfertigt, da Art. 12 A Abs. 3 DBAS wörtlich aus dem OECD-Abkommen entnommen ist und wird auch durch die Fassung des Abs. 3 Nr. 2 bestätigt. Diese Definition ist auf die Gesellschafter von Personengesellschaften, die in einem Vertragsstaat als Mitunternehmer behandelt werden - dies geschieht sowohl in der Bundesrepublik als auch in der Schweiz - entsprechend anwendbar. Hier ist also der Gesellschaftsanteil einer Person mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat als Unternehmen dieses Vertragsstaats anzusehen. Sowohl in der Schweiz als in der Bundesrepublik werden ferner sowohl nach innerem Recht als auch nach Art. 3 Abs. 4 DBAS Anteile an einer OHG als Beteiligungen an gesellschaftlichen Unternehmen hinsichtlich der Einkünfte und Vermögen wie Einzelunternehmen in den Vertragsstaaten besteuert, in denen sich Betriebstätten befinden. Hierauf beruht die beschränkte Steuerpflicht der in der Schweiz wohnenden Revisionsklägerin mit den auf ihren Gesellschaftsanteil entfallenden Gewinnen aus den Betriebstätten der Gesellschaft in der Bundesrepublik.

Die Vorschrift des Art. 12 A Abs. 3 DBAS, daß die Betriebstätte eines Unternehmens des anderen Vertragsstaates (hier der Schweiz) in einem Vertragsstaat (hier Bundesrepublik) hinsichtlich der Einkünfte und Vermögen nicht höher zu besteuern ist, als ein (entsprechendes) inländisches Unternehmen (oder Teil eines Unternehmens) eines im Vertragsstaat (der Bundesrepublik) wohnenden unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmens, ist also im vorliegenden Fall anwendbar.

3. Abs. 4 der Bestimmung schließlich regelt die gleiche Behandlung von Unternehmen eines der beiden Staaten, deren Kapital ganz oder teilweise einer Person mit Wohnsitz in dem anderen Staate gehört, mit solchen Unternehmen, deren Kapital Personen gehört, die in dem Staat, in welchem sich das Unternehmen befindet, ansässig sind. Diese auf Kapitalgesellschaften zugeschnittene Regelung ist auf Fälle der vorliegenden Art nicht anwendbar.

Trotz der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Art. 12 A Abs. 3 DBAS kann die Steuerpflichtige aus dieser Bestimmung nicht das Recht zum Vermögensteuerabzug für sich herleiten.

Die einkommensteuerliche Erfassung der Betriebstätte einer natürlichen Person erfolgt nach dem deutschen Einkommensteuerrecht nicht - objektsteuerartig - losgelöst von der natürlichen Person selbst, sondern vollzieht sich vielmehr als Teil der Einkommensteuerveranlagung der natürlichen Person. Dieser Einkommensteuerveranlagung liegen verschiedenartige Besteuerungsmerkmale zugrunde, die teils mit der Betriebstätte im Zusammenhang stehen, teils anderer Natur sind. Das Gebot des Art. 12 A DBAS, die Betriebstätte eines schweizerischen Unternehmens in Deutschland objektsteuerartig nur einer solchen steuerlichen Belastung zu unterwerfen, der auch die Betriebstätte eines inländischen Unternehmens unterworfen sein würde, zwingt dazu, eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Besteuerungsmerkmalen vorzunehmen. Für einen Teil dieser Merkmale gebietet es Art. 12 A DBAS, ein und dieselben steuerlichen Rechtsfolgen zu ziehen, unabhängig davon, ob der Inhaber der Betriebstätte seinen Wohnsitz (bzw. Sitz) oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder nicht. Für einen anderen Teil dieser Merkmale läßt Art. 12 A DBAS unterschiedliche steuerliche Rechtsfolgen zu.

Die Abgrenzung zwischen beiden Gruppen von Besteuerungsmerkmalen ergibt sich aus Art. 12 A DBAS nicht eindeutig. Zweifelsfrei ist einerseits, daß ausschließlich betriebsbezogene Merkmale identische steuerliche Rechtsfolgen nach sich ziehen müssen (z. B. gleiche Abschreibungssätze für gleiche Wirtschaftsgüter). Klargestellt durch Art. 12 A Abs. 3 Satz 2 DBAS ist andererseits, daß rein personenbezogene Besteuerungsmerkmale (Personenstand, Kinderzahl) dazu führen dürfen, daß der inländische Betrieb eines beschränkt Steuerpflichtigen im Ergebnis mit einer höheren inländischen Steuer belastet wird als der inländische Betrieb eines unbeschränkt Steuerpflichtigen.

Die Vermögensteuer, deren Abzug bei der Einkommensteuer den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet, enthält sowohl betriebsbezogene wie auch personenbezogene Elemente. Ihre Betriebsbezogenheit resultiert daraus, daß auch ein Betrieb oder eine gewerbliche Beteiligung die Besteuerungsgrundlage bilden kann. Ihre Personenbezogenheit wird besonders deutlich durch zahlreiche, die Besteuerungshöhe bestimmende, im außerbetrieblichen - meist im persönlichen - Bereich liegende Faktoren (vgl. § 5 VStG).

Unter Abwägung aller Umstände ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, daß die Vermögensteuer typischerweise ausschlaggebend durch Umstände mitbestimmt wird, die außerhalb der betrieblichen Sphäre liegen, nämlich durch das außerbetriebliche Vermögen des Betriebsinhabers und durch die ihm zustehenden persönlichen Freibeträge und Vergünstigungen. So kann trotz erheblichen Betriebsvermögens eine Vermögensteuerschuld z. B. deshalb nicht entstanden sein, weil der Betriebsinhaber außerbetriebliche Schulden hat. Umgekehrt kann sich ein negatives Betriebsvermögen dahingehend auswirken, daß eine auf Grund anderer Vermögenswerte des Betriebsinhabers denkbare Vermögensteuer nicht anfällt.

Der weitgehenden Lösung der Vermögensteuer von den verschiedenartigen Vermögensobjekten, die die Grundlage für die Besteuerung bilden, wird im Bereich der Einkommensteuer Rechnung getragen. Dies wird deutlich, wenn man die vom EStG gezogene Rechtsfolge - nämlich die Ausgestaltung des Vermögensteuerabzugs bei der Einkommensteuer - berücksichtigt. Nach der dort getroffenen Regelung kann nicht etwa die auf dem Betriebsvermögen beruhende anteilige Vermögensteuer bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns als Betriebsausgabe abgezogen werden, sondern die gesamte Vermögensteuer eines Steuerpflichtigen kann gemäß § 10 EStG von dessen Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Zu Recht weist der BdF darauf hin, daß dieser Abzug auch dann zulässig ist, wenn ein steuerpflichtiges Vermögen gar keine steuerpflichtigen Erträge abwirft. So kann die auf ertraglosem Grundvermögen beruhende Vermögensteuer bei der Besteuerung gewerblicher Einkünfte als Sonderausgabe auch dann berücksichtigt werden, wenn es sich um einen vermögenslosen Gewerbebetrieb handelt.

Aus diesen Überlegungen folgt, daß das in § 50 EStG festgelegte Abzugsverbot bei beschränkter Steuerpflicht nicht gegen Art. 12 A DBAS verstößt, weil der Vermögensteuerabzug bei der Einkommensteuer eine Rechtsfolge ist, die auf einem überwiegend außerbetrieblichen Besteuerungsmerkmal, nämlich der Vermögensteuer, beruht.

Der von der Steuerpflichtigen vorgetragene Gesichtspunkt, die deutsche Vermögensteuer sei im Prinzip eine Vermögenertragsteuer und solle von den Erträgnissen des Vermögens einen Teil wegsteuern, greift demgegenüber nicht durch. Denn das VStG stellt nach seiner derzeitigen Ausgestaltung gerade nicht auf das ertragbringende Vermögen ab. Dahinstehen kann auch, ob es systematisch richtiger wäre, den Abzug der Vermögensteuer - soweit sie auf Vermögen beruht, das der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 EStG dient - als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zuzulassen (so Urteil des BFH I 39/50 S vom 16. Januar 1951, BFH 55, 93, BStBl III 1951, 37), oder ob die Abzugsfähigkeit der Vermögensteuer bei der Einkommensteuer abgeschafft und dafür allenfalls der Vermögensteuersatz gesenkt werden sollte, wie vielfach gefordert wird, denn diese Überlegungen haben bislang keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Unter diesen Umständen bedarf die Frage, wie im Falle des Durchgreifens von Art. 12 A Abs. 3 DBAS der Steuerbetrag festzusetzen gewesen wäre, keiner Erörterung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68555

BStBl II 1969, 466

BFHE 1969, 378

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