Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Steht bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Umfang des übernommenen Wagnisses noch nicht endgültig fest und wird auf Grund der endgültigen Feststellung des Umfangs des Wagnisses das zunächst gezahlte Versicherungsentgelt herabgesetzt, dann ist der Anspruch auf Erstattung der Steuer in dem in der Erstattungsvorschrift vorgesehenen Ausmaß gegeben.

 

Normenkette

VersStG § 10; FeuerschStG § 7

 

Tatbestand

Die Bfin. betreibt unter anderem

die Betriebsunterbrechungsversicherung,

die Feuerversicherung für wechselnden Warenbestand,

die Versicherung gegen gesetzliche Haftpflichtansprüche.

Zu a) Gegenstand der Versicherung ist der Schaden, den der Versicherungsnehmer durch Unterbrechung seines Betriebs infolge eines bestimmten Sachschadens erleidet. Als Unterbrechungsschaden kommt der entgehende Geschäftsgewinn und der Aufwand an fortlaufenden Geschäftskosten in dem versicherten Betrieb in Betracht. Maßgebend für den Versicherungswert im Schadensfall sind der Geschäftsgewinn und die Geschäftskosten, die der Versicherungsnehmer ohne Unterbrechung des Betriebs in dem Bewertungszeitraum von 12 Monaten erwirtschaftet hätte. Entspricht das Versicherungsjahr dem Geschäftsjahr und meldet der Versicherungsnehmer spätestens vier Monate nach Ablauf des Versicherungsjahres, daß nach seinen Geschäftsbüchern Geschäftsgewinn und erwirtschaftete Geschäftskosten niedriger waren als die Versicherungssumme, so wird die auf den überschießenden Betrag gezahlte Prämie bis zu 1/3 der Jahresprämie rückvergütet.

Zu b) Gegenstand der Versicherung ist der Schaden, der dem Versicherungsnehmer durch Feuer entsteht. Die Güter sind in Höhe ihres jeweiligen Werts versichert, soweit dieser die Höchstversicherungssumme nicht übersteigt. Der innerhalb eines Monats vorhanden gewesene Höchstwert der versicherten Güter ist dem Versicherer jeweils spätestens bis zum 10. des folgenden Monats aufzugeben. Bei Unterlassung gilt für diesen Monat die Höchstversicherungssumme. Die Prämie ist für die Höchstversicherungssumme für das ganze Versicherungsjahr im voraus zu zahlen. Die endgültige Prämie wird auf Grund der Meldungen mit einem Zwölftel der Jahresprämie für den Monat berechnet und vierteljährlich abgerechnet.

Zu c) Gegenstand der Versicherung sind die gesetzlichen Haftpflichtschäden eines Betriebsunternehmers. Bei der Versicherung gegen die Haftpflicht für Schäden bei Personen, die im Betrieb beschäftigt sind, richtet sich die Höhe der Prämie nach der Zahl der beschäftigten Personen. Je nach der Zahl der im versicherten Betrieb tätigen Personen wird bei der endgültigen Berechnung der Jahresprämie ein Nachlaß auf diese gewährt, der bei mindestens 10 Personen 5 v. H., bei mindestens 25 Personen 10 v. H., bei mindestens 50 Personen 15 v. H. und bei mindestens 100 Personen 20 v. H. beträgt. Nach Abgabe einer vordruckmäßigen "Erklärung zur endgültigen Prämienabrechnung für das abgelaufene Versicherungsjahr" erteilt die Bfin. eine Prämienabrechnung.

Streitig ist, ob für die von der Bfin. hiernach rückvergüteten Prämien die darauf entfallende Versicherungsteuer und Feuerschutzsteuer nach § 10 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) und § 7 des Feuerschutzsteuergesetzes (FeuerschStG) zu erstatten sind. Das Finanzamt hat diese Frage verneint. Es forderte in den im Prüfungsbericht vom 23. Juli 1956 festgestellten Fällen Versicherungsteuer in Höhe von 184,30 DM und Feuerschutzsteuer in Höhe von 137,60 DM.

Das Finanzgericht wies die Sprungberufung der Bfin. als unbegründet zurück. Die Erstattungsmöglichkeit scheitere von vornherein daran, daß die ursprünglich festgesetzte und vereinnahmte Prämie von der Bfin. auch verdient sei. Bei Zahlung der Prämie sei es während des ganzen Versicherungsjahres ungewiß, wie hoch ein wirklicher Schaden sein könnte. Die Bfin. müsse also immer damit rechnen, in voller Höhe der Versicherungssumme in Anspruch genommen zu werden. Dies gelte nicht nur für die unter a) und b), sondern auch für die unter c) genannten Versicherungen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde der Bfin. hat Erfolg.

Allerdings ist die Erstattungsmöglichkeit nach § 10 Abs. 1 VersStG nur gegeben, wenn es sich bei dem herabgesetzten und zurückgewährten Versicherungsentgelt um nicht verdientes Versicherungsentgelt handelt. Der Senat nimmt hierzu Bezug auf seine Entscheidung II 143/54 U vom 11. Januar 1956 (BStBl 1956 III S. 59, Slg. Bd. 62 S. 160). Soweit die Bfin. in ihren Ausführungen die gegenteilige Meinung vertritt, kann ihr nicht gefolgt werden.

Jedoch kann den Vorinstanzen nicht darin zugestimmt werden, daß es sich in den strittigen Fällen bei der teilweisen Prämienrückgewähr um verdiente Prämien gehandelt hat. Zum Unterschied von dem im Urteil II 143/54 U vom 11. Januar 1956 behandelten Fall stand in den Streitfällen der Umfang des Wagnisses, das durch die Prämie gedeckt werden sollte, bei Zahlung der Prämie noch nicht endgültig fest. Es lag nur die Annahme des vermutlichen Umfangs des zu übernehmenden Wagnisses und die Festsetzung der diesem vermutlichen Umfang entsprechenden Prämie, also nur eine vorläufige Prämie vor. Damit aber war das Wagnis nicht unter allen Umständen in dem der Prämie entsprechenden Umfang von der Bfin. übernommen. Die Bfin. brauchte während des Versicherungszeitraums nur in Höhe des tatsächlichen Wagnisses mit ihrer Inanspruchnahme zu rechnen. Dies gilt sowohl für die Betriebsunterbrechungsversicherung, bei der der entgehende Geschäftsgewinn und der Aufwand an fortlaufenden Geschäftskosten in dem versicherten Betrieb durch die Versicherung gedeckt werden soll, als auch für die Feuerversicherung bei wechselndem Warenbestand und für die Versicherung gegen gesetzliche Haftpflichtansprüche, die sich auf die im Betrieb beschäftigten Personen beziehen. Soweit bei der zunächst vereinbarten Versicherungssumme in den Versicherungsfällen zu a) und b) und bei der zunächst zugrunde gelegten Zahl von im Betrieb beschäftigten Personen in den Versicherungsfällen zu c) ein Wagnis in einem höheren Umfang angenommen wurde, als dem nachträglich festgestellten tatsächlichen Wagnis entsprach, und damit die Prämie zunächst höher festgesetzt wurde, konnte die Prämie nicht verdient gewesen sein. Es handelt sich also insoweit um die Rückgewähr unverdienter Prämien, die unter die Vorschrift des § 10 Abs. 1 VersStG und die Vorschrift des § 7 FeuerschStG fällt.

Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Ziff. 3 VersStG steht der Erstattung der Versicherungsteuer nicht entgegen. Das Verbot der Erstattung der Steuer, "wenn die Prämienrückgewähr ausdrücklich versichert war", bezieht sich nur auf die Rückgewähr verdienter Prämien (vgl. Wunschel-Kostboth, Versicherungsteuergesetz, § 10, Anm. 9 zu c), die - wie oben dargelegt - in den strittigen Fällen nicht gegeben ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409516

BStBl III 1959, 478

BFHE 1960, 588

BFHE 69, 588

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