Entscheidungsstichwort (Thema)

(Minderung des Ausbildungsfreibetrags durch BAföG-Leistungen - Nachprüfung durch das Revisionsgericht)

 

Leitsatz (amtlich)

§ 33a Abs.2 EStG regelt den Abzug von Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes durch drei selbständige Tatbestände (Ausbildungsfreibeträge), mit der Folge, daß als Ausbildungshilfen bezogene Zuschüsse nur den Ausbildungsfreibetrag des jeweiligen Zeitraumes mindern, für den sie geleistet worden sind.

 

Orientierungssatz

Eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht ist nur in den Grenzen der erstinstanzlichen Entscheidung möglich (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG 1986 § 33a Abs. 2 S. 1, Abs. 4; FGO § 123

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Mutter einer am 14.Dezember 1967 geborenen Tochter, die sich während des gesamten Streitjahres (1987) in Berufsausbildung befand. Während der Monate Januar bis Juni war die Tochter auswärts untergebracht und erhielt Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von monatlich 407 DM. Ab Juli lebte sie wieder im Haushalt der Mutter mit der Folge, daß sich die Leistungen nach dem BAföG ab August auf monatlich 60 DM ermäßigten.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr begehrte die Klägerin die Berücksichtigung eines Ausbildungsfreibetrages gemäß § 33a Abs.2 Ziff.1 a des Einkommensteuergesetzes 1986 (EStG) für die Monate Juli bis Dezember in Höhe von 600 DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte dies auch im Einspruchsverfahren ab.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es u.a. aus, das FA stütze seine Auffassung, die Bezüge des unterstützten Kindes seien nicht zu "zwölfteln", auf eine Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die durch die Einfügung des § 33a Abs.4 Satz 3 durch das Einkommensteuerreformgesetz (EStRG) 1990 nicht bestätigt worden sei. Diese ab dem Veranlagungszeitraum 1990 geltende Regelung besage, daß als Ausbildungshilfe bezogene Zuschüsse nur die zeitanteiligen Höchst- und Freibeträge der Kalendermonate minderten, für die die Zuschüsse bestimmt seien. Die Einfügung des § 33a Abs.4 Satz 3 EStG, der anstelle des Jahresprinzips die Zwölftelung vorsehe, sei als eine Klarstellung der bereits im Streitjahr geltenden Regelung des § 33a Abs.4 Satz 2 EStG anzusehen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Während des Revisionsverfahrens ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge und des Grundfreibetrages für vorläufig erklärt worden. Die Klägerin hat den geänderten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (§ 68 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß der Klägerin ein Ausbildungsfreibetrag in der in der Einkommensteuererklärung beantragten Höhe zusteht.

Nach § 33a Abs.2 Satz 1 EStG werden bei einem Steuerpflichtigen, dem Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes erwachsen, für das er einen Kinderfreibetrag erhält, auf Antrag folgende Beträge (Ausbildungsfreibeträge) vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen:

1. Für ein Kind, das das 18.Lebensjahr vollendet hat,

a) ein Betrag von 1 800 DM im Kalenderjahr, wenn das Kind im Haushalt des Steuerpflichtigen untergebracht ist,

b) ein Betrag von 3 000 DM im Kalenderjahr, wenn das Kind auswärts untergebracht ist;

2. für ein Kind, das das 18.Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein Betrag von 1 200 DM im Kalenderjahr, wenn das Kind auswärts untergebracht ist.

Nach § 33a Abs.2 Satz 2 EStG vermindern sich diese Beträge jeweils u.a. um die von dem Kind als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse. § 33a Abs.4 EStG bestimmt in Satz 1, daß sich für jeden Kalendermonat, in dem die in Abs.1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, die dort bezeichneten Beträge um je ein Zwölftel ermäßigen.

Auf Grund dieser Vorschriften kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß der Klägerin für die Monate Juli bis Dezember 1987 ein anteiliger Ausbildungsfreibetrag zusteht.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs.2 FGO) befand sich die volljährige Tochter der Klägerin während des gesamten Streitjahres in Ausbildung. Sie war jedoch nur in den Monaten Januar bis Juni auswärts untergebracht. Für das Streitjahr liegen somit zeitanteilig sowohl die Voraussetzungen für einen Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs.2 Satz 1 a EStG als auch nach § 33a Abs.2 Satz 1 b EStG vor.

Der Senat geht davon aus, daß die Vorschrift des § 33a Abs.2 Satz 1 EStG den Abzug von Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes durch drei (verschiedene) selbständige Tatbestände regelt, und zwar differenzierend nach dem Alter des Kindes und dem Unterbringungsort. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, die von "Ausbildungsfreibeträgen" spricht. Vor allem aber sprechen die unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale für die Annahme von selbständigen Regelungen. Besonders deutlich zeigt dies ein Vergleich der in § 33a Abs.2 Satz 1 Nr.1 a und Nr.2 EStG genannten Voraussetzungen: Während nur die auswärtige Unterbringung eines minderjährigen Kindes zu einer Ermäßigung führt, steht dem Steuerpflichtigen für ein volljähriges Kind auch dann ein Freibetrag zu, wenn dieses in seinem Haushalt lebt. Auch die Finanzverwaltung geht von verschiedenen Ausbildungsfreibeträgen aus, z.B. in Abschn.68 Abs.7 Sätze 4 und 5 der Lohnsteuer- Richtlinien 1987 sowie in Abschn.192a Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 1987.

Für die weitere Entscheidung folgt daraus, daß der Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni ein Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 1 500 DM (§ 33a Abs.2 Satz 1 Ziff.1 b i.V.m. § 33a Abs.4 Satz 1 EStG) und für die Monate Juli bis Dezember ein solcher in Höhe von 900 DM (§ 33a Abs.2 Satz 1 Ziff.1 a i.V.m. § 33a Abs.4 Satz 1 EStG) zusteht. Beide Freibeträge sind um die auf diese Zeiträume entfallenden Ausbildungszuschüsse nach dem BAföG der Tochter zu mindern (§ 33a Abs.2 Satz 2 EStG). Diese haben nach den Feststellungen des FG in den ersten Monaten des Streitjahres 2 442 DM und in der übrigen Zeit 300 DM betragen --wobei der Senat mit dem FG davon ausgeht, daß es sich hierbei nicht um Darlehen handelt--.

Das bedeutet, daß die im ersten Halbjahr bezogenen BAföG- Leistungen auf den für diesen Zeitraum bestehenden Freibetrag anzurechnen sind mit der Folge, daß ein solcher entfällt. Für das 2.Halbjahr besteht ein anteiliger Freibetrag von 900 DM. Bei gewährten BAföG-Leistungen von 300 DM steht der Klägerin zumindest ein Freibetrag in Höhe von 600 DM zu.

Bei dieser Auslegung und unter Berücksichtigung des von der Klägerin auf 600 DM beschränkten Klageantrags kommt es auf die Frage, ob § 33a Abs.4 Satz 3 EStG 1990 nur eine Klarstellung gegenüber der früheren Gesetzeslage gebracht hat, nicht mehr an.

Soweit die Klägerin wegen der nachträglichen Ermäßigung der Ausbildungszuschüsse für die Monate August bis Dezember eine Erhöhung des Ausbildungsfreibetrages über 600 DM hinaus begehrt, kann dies im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Aus § 123 FGO folgt, daß eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur in den Grenzen der erstinstanzlichen Entscheidung möglich ist (BFH-Urteile vom 8.Februar 1979 V R 114/74, BFHE 127, 254, BStBl II 1979, 358; vom 21.April 1983 IV R 217/82, BFHE 138, 292, BStBl II 1983, 532).

 

Fundstellen

Haufe-Index 64179

BFH/NV 1992, 82

BStBl II 1992, 1023

BFHE 168, 569

BFHE 1993, 569

BB 1992, 2067 (L)

DB 1993, 310 (L)

DStR 1992, 1614 (KT)

HFR 1992, 701 (LT)

StE 1992, 575 (K)

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