Entscheidungsstichwort (Thema)

GmbH & Co. KG - Verfahrensfragen beim Ausscheiden der Komplementär-GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Nimmt die an einer GmbH & Co. KG als Komplementärin beteiligte GmbH zugunsten der an ihr als Gesellschafter beteiligten Kommanditisten eine Verminderung ihrer Rechte hin, so ist über die hierin liegende verdeckte Gewinnausschüttung im Verfahren über die einheitliche Gewinnfeststellung für die KG zu befinden.

2. Die Höhe des Vorteils, den die Kommanditisten aus der verdeckten Gewinnausschüttung erlangen, ist eine die Gesellschafter persönlich angehende Frage im Sinne des § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO. Im gerichtlichen Verfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid steht ihnen deshalb gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO ein Klagerecht zu. Machen sie von dem Klagerecht keinen Gebrauch, müssen sie zum Verfahren notwendig beigeladen werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 2, § 60 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1, eine GmbH & Co. KG (Klägerin zu 1 oder KG), betreibt einen Großhandel mit . . . Sie wurde im Jahre 1961 gegründet. Bis 1971 waren persönlich haftende Gesellschafterin die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2, eine GmbH (GmbH), mit einer Festeinlage von 5 000 DM, und Kommanditisten X. A. mit einer Festeinlage von 130 000 DM, dessen Ehefrau Y. A. mit einer Festeinlage von 30 000 DM und die beiden Söhne des Ehepaares A. mit einer Festeinlage von je 20 000 DM. Die Kommanditisten der KG waren zugleich die alleinigen Gesellschafter der GmbH.

Der Gesellschaftsvertrag vom 1. November 1961 sah u. a. vor, daß der nach Abzug der Geschäftsführervergütungen und der Zinsen auf die Privat- und Darlehenskonten der Gesellschafter verbleibende Gewinn ,,an die Gesellschafter entsprechend ihrer Kapitaleinlage aufgeteilt" wird und daß nicht ausgezahlte Gewinnanteile den Darlehenskonten der Gesellschafter gutgeschrieben werden (§ 6). Für die ,,Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens" beim Ausscheiden eines Gesellschafters sollte die letzte dem Ausscheiden vorausgegangene Steuerbilanz gelten, wobei ein Firmenwert nicht in Ansatz gebracht wird (§ 10). Eine Bestimmung über die Errechnung und Verteilung eines etwaigen Liquidationsgewinns enthält der Gesellschaftsvertrag nicht.

Zur Urkunde Nr. . . . des Notars . . . vom 10. Dezember 1971 (im folgenden: Vertrag Nr. 931) erklärten die Gesellschafter der Klägerin zu 1, daß die GmbH mit Wirkung vom 1. Januar 1972 nicht mehr kapitalmäßig an der KG beteiligt sein solle. Darin heißt es u. a.:

§ 1: Die GmbH scheidet mit Wirkung vom 1. 1. 1972 kapitalmäßig aus der KG aus. Ihre Beteiligung am Vermögen der KG bleibt hiervon unberührt. In Abänderung der §§ 10 u. 12 des KG-Vertrages erhält die GmbH ihr Auseinandersetzungsguthaben am 2. 1. 1972 durch Gutschrift auf ein zu errichtendes Darlehenskonto ausbezahlt.

§ 2: Die GmbH stellt ihr gesamtes Auseinandersetzungsguthaben der KG darlehensweise gegen Verzinsung und unter Vereinbarung einer Kündigungsfrist zur Verfügung.

§ 3: Der GmbH verbleiben ab 1. 1. 1972 ausschließlich die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse bei der KG. Hierfür steht ihr nach Verringerung des Risikos ein Gewinn vorab von 2,5 v. H. zu. Daneben werden ihr wie bisher alle durch die Geschäftsführung entstehenden Aufwendungen ersetzt.

Gleichzeitig wurde zu Urkunde Nr. . . . (im folgenden: Vertrag Nr. 934) des Notars . . . der KG-Vertrag mit Wirkung vom 1. Januar 1972 neu gefaßt. In dieser Neufassung war u. a. bestimmt, daß die persönlich haftende Gesellschafterin eine Kapitaleinlage nicht zu erbringen habe (§ 3 Abs. 3) und die Einlage der Kommanditisten von zusammen 200 000 DM ,,das feste Kapital der Gesellschaft" bilde (§ 3 Abs. 4). Für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters war bestimmt, daß dieser ,,Anspruch auf die Guthaben auf dem Darlehenskonto und dem Gewinn- und Entnahmekonto sowie auf das Abfindungsguthaben" habe (§ 17 Abs. 1) und daß sich das Abfindungsguthaben ,,nach dem Verhältnis der gemäß § 3 dieses Vertrags vereinbarten Kapitalkonten zueinander" bemesse (§ 17 Abs. 2).

Im Hinblick auf den Vertrag Nr. 931 wurde in der Bilanz der KG zum 31. Dezember 1972 eine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der GmbH in Höhe von 152 182,81 DM ausgewiesen, die sich aus der bisherigen Kapitaleinlage von 5 000 DM, dem Stand des Privatkontos der GmbH zum 31. Dezember 1971 in Höhe von 137 226,92 DM und einer Zinsgutschrift für 1972 errechnet.

Im Anschluß an eine 1975 durchgeführte Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, im Gegensatz zum ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vom 1. November 1961 sei die GmbH aufgrund der Vereinbarungen Nr. 931 und Nr. 934 vom 10. Dezember 1971 im Falle eines Ausscheidens oder bei Auflösung der KG nicht mehr an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt. Mit ihrer Zustimmung zu den Verträgen Nr. 931 und Nr. 934 habe die GmbH zugunsten ihrer Gesellschafter, den Kommanditisten der KG, auf ihren Anteil an den stillen Reserven und am Firmenwert verzichtet und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 118 064 DM vorgenommen. Auf dieser Grundlage erließ das FA einen Gewinnfeststellungsbescheid für 1972, mit dem es den Gewinn der KG, wie vom Betriebsprüfer vorgeschlagen, auf 1 779 365 DM feststellte und auf die GmbH und die Kommanditisten verteilte.

Die Klägerinnen legten hiergegen Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens beschlossen die Gesellschafter der KG in Anwendung der ,,salvatorischen Klausel" des § 21 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags (Vereinbarung über die Schließung einer bei Durchführung des Gesellschaftsvertrags offenbar gewordenen ergänzungsbedürftigen Lücke) klarzustellen, daß die GmbH ,,entsprechend ihrer Vermögensbeteiligung an einem Liquidationsgewinn und Auseinandersetzungsguthaben beteiligt ist", daß § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags demgemäß folgende Fassung erhalte:

,,Das Abfindungsguthaben bemißt sich nach dem Verhältnis der gemäß § 3 dieses Vertrags vereinbarten Kapitalkonten zueinander, wobei für die Bemessung des Anteils der persönlich haftenden Gesellschafterin ein Betrag von 5 000 DM zugrundezulegen ist" und daß § 20 des Gesellschaftsvertrags wie folgt ergänzt werde: ,,Die Verteilung eines Liquidationsergebnisses erfolgt entsprechend § 17 Abs. 2 dieses Vertrags."

Gleichwohl wies das FA den Einspruch zurück.

Auch die Klage, mit der die Klägerinnen beantragten, den Gewinn für 1972 auf 1 543 663 DM festzusetzen, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) entschied, daß durch den Vertrag Nr. 931 i. V. m. dem Vertrag Nr. 934 der Anteil der GmbH am bis zum 31. Dezember 1971 geschaffenen Geschäftswert und den stillen Reserven im Jahre 1972 ,,aufgedeckt worden" sei und ,,die GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten ihrer Gesellschafter, die gleichzeitig die Kommanditisten der KG waren, vorgenommen habe, indem sie bei ihrem kapitalmäßigen Ausscheiden aus der KG ihren Anteil am insoweit aufgedeckten Geschäftswert und den stillen Reserven nicht geltend gemacht" habe. Gegen die Höhe des vom FA angesetzten anteiligen Geschäftswerts und der stillen Reserven seien keine Einwände erhoben worden.

Mit der Revision beantragen die Kläger, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Gewinn 1972 auf 1 543 663 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision der Klägerinnen muß das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden; das FG hat Beiladungserfordernisse nicht beachtet.

1. Das FA ist in der angefochtenen Gewinnfeststellung davon ausgegangen, daß die Klägerin zu 2 durch Hinnahme einer Verminderung ihrer Gesellschafterrechte eine verdeckte Gewinnausschüttung an ihre Gesellschafter geleistet habe, die zugleich die Kommanditisten der Klägerin zu 1 sind. Das FA hat hieraus die zutreffenden verfahrensrechtlichen Folgerungen gezogen. Denn die angenommene verdeckte Gewinnausschüttung der Klägerin zu 2 betrifft ihren Vermögensanteil an der Klägerin zu 1, über den im Rahmen der Feststellung ihres Gewinnanteils zu befinden ist; insoweit ist auch einer verdeckten Gewinnausschüttung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) a. F., § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 Rechnung zu tragen. Aus der vom FA angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung würden die Gesellschafter der Klägerin zu 2 Vorteile erlangt haben. Da die Beteiligung an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten gehörte, mußten die erlangten Vorteile ebenfalls in der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Juni 1980 IV R 40/77, BFHE 131, 224, BStBl II 1980, 723). Die doppelte Erfassung des Vorgangs beruht darauf, daß die verdeckte Gewinnausschüttung sowohl bei der Kapitalgesellschaft als auch ihren Gesellschaftern zu einer Erhöhung der Einkünfte führt und im Streitfall die Erträge bei den Gesellschaftern nicht in ihrem Privatvermögen, sondern im Sonderbetriebsvermögen anfallen.

Die Höhe des aus seinem Sonderbetriebsvermögen entstehenden Gewinns ist eine den Gesellschafter persönlich angehende Frage; gegenüber einem Feststellungsbescheid, der die Höhe dieses Sondergewinnes feststellt, steht ihm nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein Klagerecht zu. Macht er von diesem Klagerecht keinen Gebrauch, muß er nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen werden, weil die Entscheidung in dieser Frage auch ihm gegenüber nur einheitlich mit den übrigen Prozeßbeteiligten ergehen kann. Darum hätten im Streitfall auch die Kommanditisten der Klägerin zu 1 zum Rechtsstreit beigeladen werden müssen. Die Versäumung der Beiladung stellt einen Verstoß gegen die Grundordnung des gerichtlichen Verfahrens dar, der auch ohne Rüge zu beachten ist.

2. Ohne Bindung für das FG weist der Senat aus verfahrensökonomischen Gründen darauf hin, daß die Beteiligten mit der Änderung des Gesellschaftsvertrags möglicherweise dem BFH-Urteil vom 15. November 1967 IV R 139/67 (BFHE 90, 399, BStBl II 1968, 152) Rechnung tragen wollten, das eine geringere Erfolgsbeteiligung der geschäftsführenden GmbH zuließ, als sie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen war. Zur Frage, ob in einer Anpassung des Gesellschaftsvertrags an die Grundsätze dieser Entscheidung eine verdeckte Gewinnausschüttung seitens der GmbH gesehen werden kann, hat die Finanzverwaltung in einem koordinierten Ländererlaß im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen vom 13. April 1970 (vgl. Erlaß der Finanzbehörde Hamburg vom 13. April 1970 - 52 - S 2252 - 23/67, Steuererlasse in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 20 Nr. 34; Deutsches Steuerrecht 1970, 310) Stellung genommen. Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 25. November 1976 IV R 38/73 (BFHE 120, 511, BStBl II 1977, 477) und vom 3. Februar 1977 IV R 153/74 (BFHE 121, 333, BStBl II 1977, 504) im einzelnen erörtert, unter welchen Voraussetzungen die Änderung der Gewinnverteilungsabrede einer GmbH & Co. KG eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Dem kann auch im Streitfall Bedeutung zukommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415131

BFH/NV 1988, 761

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