Leitsatz (amtlich)

1. Verlangt der Gemeinschuldner, daß das Finanzamt zuviel gezahlte Steuern ihm und nicht dem Konkursverwalter erstattet, so ist für einen Streit hierüber der Finanzrechtsweg gegeben.

2. Der Anspruch auf Erstattung zuviel entrichteter Steuern steht, auch wenn die Steuerzahlungen vor Konkurseröffnung erfolgten, nicht dem Gemeinschuldner zu; er gehört zur Konkursmasse.

 

Normenkette

FGO § 33; AO § 150 ff.; StAnpG § 3; KO § 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuer für die Jahre 1956 bis 1958 zur Konkursmasse oder zum konkursfreien Vermögen des Revisionsklägers (Steuerpflichtigen) gehört.

Der Steuerpflichtige betrieb seit 1955 ein Einzelunternehmen, über das am 22. Januar 1960 der Konkurs eröffnet wurde. Zum Konkursverwalter wurde der beigeladene Dr. X bestellt. Gegen den Steuerpflichtigen wurde ein Strafverfahren wegen Konkursvergehens und Betruges eingeleitet.

Bei der gesonderten Feststellung der Gewinne des Unternehmens für die Jahre 1955 bis 1958 und den Einkommensteuerveranlagungen folgten das Betriebs-FA und der Beklagte (Wohnsitz-FA - im folgenden FA -) den Erklärungen des Steuerpflichtigen. Die Feststellungsund Einkommensteuerbescheide wurden rechtskräftig. Der Steuerpflichtige leistete für die Veranlagungszeiträume 1956 bis 1958 teils in Form von Vorauszahlungen während der jeweiligen Veranlagungszeiträume, teils in Form von Abschlußzahlungen auf Grund der Steuerbescheide auf die Einkommensteuer, die Kirchensteuer und die Abgabe "Notopfer Berlin" Zahlungen. Alle diese Zahlungen erfolgten vor der Konkurseröffnung.

Der Konkursverwalter beantragte während des Konkursverfahrens beim Betriebs-FA die Durchführung einer Betriebsprüfung mit der Begründung, in den Bilanzen 1956 bis 1958 seien zwecks Täuschung der Geldgeber und Gläubiger die Warenbestände mit überhöhten Werten eingesetzt und damit Steuern überzahlt worden.

Der Prüfer des FA, der neben den Geschäftsunterlagen ein im Auftrag der Staatsanwaltschaft erstelltes Gutachten des Buchsachverständigen Y verwendete, kam zu dem Ergebnis, daß die Warenbestände überhöht bilanziert worden seien. Die Gewinnfeststellungsbescheide für 1956 bis 1958 wurden deshalb und aus anderen Gründen vom Betriebs-FA im Einklang mit dem Ergebnis des Prüfungsberichts im Wege der Berichtigung nach § 222 AO durch Feststellungsbescheide 1956 bis 1958 ersetzt, die - wie auch der Betriebsprüfungsbericht - dem Steuerpflichtigen und dem Konkursverwalter zugingen. Die neuen Bescheide wurden rechtskräftig. Auch die vom FA entsprechend den berichtigten Feststellungsbescheiden nach § 218 Abs. 4 AO geänderten Einkommensteuerbescheide 1956 bis 1958 wurden rechtskräftig. Nach diesen neuen Bescheiden hatte der Steuerpflichtige 34 043,15 DM zuviel an Steuern gezahlt, die das FA an den Konkursverwalter zurückzahlte.

Der Steuerpflichtige verlangte mit Schreiben vom 6. Februar 1964 Erstattung an sich. Er ist der Ansicht, durch die erst lange nach Konkurseröffnung erfolgte Änderung der Steuerbescheide sei ein neues Vermögensstück entstanden, nämlich die Erstattungsforderung, die ihm, nicht dagegen der Konkursmasse zustehe.

Das FA lehnte den Erstattungsantrag ab. Dagegen wandte sich der Steuerpflichtige mit der Sprungberufung (Klage), mit der er zusätzlich vortrug, ein Erstattungsanspruch habe nie bestanden; sei man anderer Ansicht, so sei er jedenfalls vom Konkurs nicht erfaßt worden. Der Prüfer und das FA hätten das für die Staatsanwaltschaft erstellte Gutachten ohne eigene Nachprüfung übernommen; es lägen daher keine Betriebsprüfung im Sinn des § 222 AO und keine für eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Nr. 2 AO ausreichenden neuen Tatsachen, sondern nur Vermutungen vor. Das FA habe die Steuern aus Billigkeitsgründen erstattet, um den Konkursgläubigern entgegenzukommen. Insofern liege allenfalls eine nachträgliche Vereinbarung über Besteuerungsgrundlagen vor. Der Anspruch auf Rückzahlung der Steuern habe seinen Grund nicht in den zur Zeit der Entstehung des Steueranspruchs vorliegenden Tatsachen, sondern in den nach Konkurseröffnung getroffenen Vereinbarungen, so daß er auch erst nachträglich entstanden sein könne und daher in sein, des Steuerpflichtigen, konkursfreies Vermögen falle.

Das FG wies die Klage ab.

Der Steuerpflichtige legte Revision ein.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Der Finanzrechtsweg ist gegeben (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 FGO). Es handelt sich um einen Streit zwischen dem Gemeinschuldner und dem FA außerhalb des Konkursverfahrens, so daß etwaige konkursrechtliche Sonderbestimmungen außer Betracht bleiben. Die in dem Urteil des BFH VI 13/64 S vom 29. Juni 1965 (BFH 82, 678, BStBl III 1965, 491) angestellten Erwägungen treffen hier nicht zu.

2. Ein Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen könnte nur auf Grund der Änderungsbescheide geltend gemacht werden. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob nach Konkurseröffnung Änderungsbescheide noch wirksam erlassen werden konnten. Wäre das nicht der Fall, so könnte der Steuerpflichtige ohnehin keine Erstattung verlangen. Auch der Steuerpflichtige kann Einwände, die sich gegen die Berichtigungsbescheide richten, also die Frage betreffen, ob ein Erstattungsanspruch besteht und ggf. wie hoch dieser ist, im Erstattungsverfahren nicht mehr geltend machen (Urteil des RFH IV A 10/33 vom 10. Februar 1933, RStBl 1933, 112).

Derartige Einwände will der Steuerpflichtige hier auch offenbar nicht erheben. Er macht vielmehr geltend, der Erstattungsanspruch sei zwar vorhanden, und zwar auch in der infolge der Steuerfestsetzung durch die berichtigten Steuerbescheide festgesetzten Höhe, er gehöre aber nicht, wie das FA annimmt, zur Konkursmasse, sondern stehe ihm zu: es handele sich nämlich nicht um eine Berichtigung und damit eine Erstattung aus Rechtsgründen, sondern um eine Erstattung aus Billigkeitsgründen.

Es ist fraglich, ob derartige Einwände im Erstattungsverfahren noch vorgebracht werden können. Dagegen spricht, daß sich der Steuerpflichtige wohl schon gegen die Berichtigungen hätte wenden können. Selbst wenn er sich dabei nicht gegen die Herabsetzung der Steuern hätte zur Wehr setzen wollen oder können (mangels Beschwer), so hätte man wohl eine Beschwer darin sehen müssen, daß bei einer Berichtigung aus Rechtsgründen, wie noch auszuführen sein wird, der Erstattungsanspruch zur Konkursmasse, bei der vom Steuerpflichtigen behaupteten Erstattung aus Billigkeitsgründen dagegen möglicherweise zum konkursfreien Vermögen des Steuerpflichtigen gehört hätte. Für die Zulassung der Einwände des Steuerpflichtigen im Erstattungsverfahren spricht dagegen, daß die Frage, wem ein Erstattungsanspruch zusteht, eine gerade in das Erstattungsverfahren gehörende Frage zu sein scheint.

Fraglich kann ferner sein, ob der Vortrag des Steuerpflichtigen - ließe man ihn zu - schlüssig wäre. Denn mit seiner Behauptung, das FA habe in konspiratorischer Zusammenarbeit mit dem Konkursverwalter eine Billigkeitsregelung zugunsten der Gläubiger treffen wollen, schließt er aus, daß das FA eine Billigkeitsregelung zu seinen Gunsten treffen wollte.

Doch bedarf es keiner endgültigen Klärung dieser Fragen. Das FG hat in den Berichtigungsbescheiden solche nach § 222 AO und nach § 218 Abs. 4 AO gesehen. Es hat dabei weder einen Rechtsfehler begangen noch seine Aufklärungspflicht verletzt. Die Bescheide sind ihrer äußeren Form, ihrem materiellen Inhalt und der dem Betriebsprüfungsbericht zu entnehmenden Begründung nach eindeutig Bescheide, durch die Gewinn- oder Steuerfestsetzungen berichtigt werden, weil die zunächst angenommenen Besteuerungsgrundlagen nicht zutreffend waren, nicht aber Bescheide, durch die sich das FA trotz Bestehens einer Steuerschuld zu einer Erstattung verpflichten wollte. Gerade wenn sich das FA durch die von dem Sachverständigen geäußerte Vermutung, es habe sich um Kreditbetrug gehandelt, hätte beeinflussen lassen, hätte es um so näher gelegen, die Betriebsergebnisse des Steuerpflichtigen - wie geschehen - niedriger zu schätzen und sich dabei auf die Ermittlungen des Sachverständigen zu verlassen. Gegen die Unterstellungen des Steuerpflichtigen spricht auch, daß bei einem FA mangels entgegenstehender näherer und konkret vorzutragender Anhaltspunkte zu unterstellen ist, daß es sich im Rahmen der Gesetze hält und nicht ohne Grund Steuern ermäßigt, mag es auch bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mehr oder weniger großzügig verfahren sein.

Dem FG brauchten auch keine Bedenken zu kommen auf Grund der Tatsache, daß der Konkursverwalter eine steuerliche Überprüfung angeregt hatte. Es gehört zu dessen Pflichten, eventuelle Erstattungsansprüche zu realisieren. Das FG hatte keinen Anlaß zu weiteren Untersuchungen von Amts wegen, da nichts darauf hindeutete, daß das FA hier in illoyaler Weise und gegen seine eigenen Interessen zum Nachteil des Steuerpflichtigen mit dem Konkursverwalter zusammengearbeitet hätte.

3. der Anspruch auf Erstattung steht dem Steuerpflichtigen nicht zu, da er bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses zu seinem Vermögen gehörte und da er von der Beschlagnahme durch das Konkursverfahren erfaßt wurde (§ 1 der Konkursordnung - KO -).

Die §§ 150 ff. AO regeln die Rückzahlung (Erstattung) zuviel entrichteter Steuern. Die Grundlage für die Rückzahlung ist in Einzelgesetzen, z. B. § 47 Abs. 3 EStG oder § 20 Abs. 3 GewStG, enthalten. Nach solchen Vorschriften ist die Steuer "nach Bekanntgabe des Steuerbescheids" zurückzuerstatten, wenn die Steuerschuld kleiner als die Summe der anzurechnenden Vorauszahlungen ist. Nach § 151 AO hat eine Erstattung dessen zu erfolgen, "was zu Unrecht gezahlt ist", wenn "eine Steuerfestsetzung durch Aufhebung, Rücknahme oder Änderung des früher erlassenen Bescheids berichtigt" wird. Zu derartigen abändernden Bescheiden gehören auch abändernde Entscheidungen über Rechtsbehelfe (Becker-Riewald-Koch, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, 9. Aufl., § 151 Anm. 1 (2) c; Tipke-Kruse, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, 2./3. Aufl., § 151 Anm. 1 c; Kühn, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, 8. Aufl., § 151 Anm. 1).

RFH und BFH behandelten mehrfach (RFH-Urteile I B 8/29 vom 13. September 1929, RStBl 1929, 601; IV A 10/33; I A 269/33 vom 7. November 1933, RStBl 1933, 1225; BFH-Urteil VI 204/59 U vom 5. Februar 1960, BFH 70, 374, BStBl III 1960, 140) Fälle, in denen es um die Frage ging, wann ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden kann. Insofern besteht Einigkeit, daß die Erstattung nicht verlangt werden kann, bevor der Bescheid oder der Berichtigungsbescheid bekanntgegeben ist.

Es ist dagegen durch die Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt, wann ein Erstattungsanspruch entstanden ist, ab wann er also zum Vermögen des Erstattungsgläubigers (Steuerpflichtigen) gehört. In einem Teil der genannten Urteile ist zwar gelegentlich die (für die Frage der Fälligkeit des Anspruchs) nicht entscheidungserhebliche Bemerkung zu finden, mit der Bekanntgabe der Bescheide sei der Anspruch "gegeben" oder "entstanden". Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß der RFH mehr entscheiden wollte, als daß die Erstattung von diesem Zeitpunkt an begehrt werden könne, wie es im Rechtsspruch des Urteils I A 269/33 auch ausdrücklich heißt. Die BFH-Entscheidung VI 204/59 U spricht eindeutig nur von der Fälligkeit des Anspruchs, um die allein es auch geht, wenn nur im Streit ist, ob ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden kann. Darauf, daß ein Unterschied zwischen Fälligkeit und Entstehung des Erstattungsanspruchs besteht, wird in der Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs (OFH) III 19/48 vom 25. August 1948 (Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs und des Obersten Finanzgerichtshofs Bd. 54 S. 265) ausdrücklich hingewiesen.

Der Zeitpunkt der Entstehung des Erstattungsanspruchs blieb noch in dem RFH-Urteil I A 107/27 vom 17. Mai 1927 (Steuer und Wirtschaft 1927 Sp. 325) ausdrücklich dahingestellt. Das RFH-Urteil III A 112/33 vom 19. Oktober 1933 (RStBl 1934, 70) enthält die nicht entscheidungserhebliche Bemerkung, der Anspruch möge schon mit Ablauf des Steuerabschnitts entstanden sein. In den Fällen, in denen die Frage des Zeitpunkts der Entstehung des Steuererstattungsanspruchs entscheidungserheblich war, vertraten RFH, OFH und BFH stets die Auffassung, der Erstattungsanspruch entstehe nach § 3 StAnpG wie der Steueranspruch selbst unabhängig von der Festsetzung der Steuer, die also nur deklaratorische Bedeutung habe, mit Ablauf des jeweiligen Steuerabschnitts (RFH-Urteil VI A 71/27 vom 8. Februar 1928, Steuer und Wirtschaft II 1928 Sp. 291; OFH-Urteil III 19/48 BFH-Urteile VI 213/56 vom 20. Februar 1959, unveröffentlicht; I 168/60 U vom 9. Mai 1960, BFH 73, 300, BStBl III 1961, 375; I 356/61 vom 28. April 1964, HFR 1964, 344). Anderer Ansicht ist, soweit ersichtlich, nur der I. Senat des BFH in dem unveröffentlichten Urteil I 154/59 vom 20. Oktober 1959. Dieses betraf aber einen Sonderfall. Es war nämlich streitig, ob ein Erstattungsanspruch schon zum 31. Dezember 1957 zu aktivieren sei, der nur deshalb fällig wurde, weil das BVerfG durch ein Urteil vom März 1958 eine Rechtsnorm für nichtig erklärt und das FA deshalb die ursprünglichen Bescheide berichtigt hatte. Der BFH sah den Anspruch als zum 31. Dezember 1957 noch nicht aktivierungsfähig an und äußerte dabei die Ansicht, der Erstattungsanspruch sei "rechtlich entstanden" mit dem Erlaß der Änderungsbescheide.

Die genannten Entscheidungen beziehen sich allerdings alle auf den Fall, daß Vorauszahlungen geleistet waren, die sich bei der erstmaligen Steuerfestsetzung (z. B. also in den Fällen der §§ 47 Abs. 3 EStG, 20 Abs. 3 GewStG) als zu hoch erwiesen. Für den Fall des § 151 AO also den Fall, daß erst eine Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung eine Überzahlung ergibt, liegt noch keine Entscheidung vor. (Das erwähnte Urteil des RFH III A 112/33 betraf zwar einen solchen Fall, der RFH äußerte sich aber nur unbestimmt.)

In der Literatur gehen die Ansichten auseinander, ob die Fälle des § 151 AO ebenso zu behandeln sind wie die bereits von den obersten Steuergerichten entschiedenen. Zwar ist man allgemein der Ansicht, auch hier gehöre nach § 3 Abs. 1 StAnpG zur Entstehung des Anspruchs die Verwirklichung des Tatbestandes. Dieser - so meinen einige - sei aber erst verwirklicht, wenn nicht nur die (möglicherweise nach Erlaß des ersten Bescheids liegende und erst eine Überzahlung bewirkende) Abschlußzahlung, sondern auch die Bekanntmachung des Änderungsbescheids erfolgt sei (Becker-Riewald-Koch, a. a. O., § 150 Anm. 2a (6); Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, § 150 Anm. 8). Becker-Riewald-Koch unterscheiden dabei zwischen einem Erstattungsanspruch, der erst mit dem Bescheid entstehen soll, wobei sie unter die in § 151 AO erwähnten Änderungsbescheide auch den erstmaligen Veranlagungsbescheid rechnen [vgl. § 151 Anm. 1 (1) und (2)], und einem "Anspruch auf Begründung eines Erstattungsanspruchs", der aber ebenfalls mit dem Bescheid entstehen, jedoch einen bereits zu aktivierenden Vermögenswert haben und schon zur Konkursmasse gehören soll. Dagegen stehen Heyden, Steuer und Wirtschaft 1957 Sp. 137, 142; Kühn, a. a. O., § 150 Anm. 1; Reimann, Vierteljahresschrift für Steuerund Finanzrecht 1928 S. 389 f., und Tipke-Kruse, a. a. O., Vorbem. 4 zu §§ 150 bis 159, auf dem Standpunkt, der Erstattungsanspruch entstehe bereits im Zeitpunkt der Überzahlung, v. Canstein, Der Erstattungsanspruch im Steuerrecht, Düsseldorf 1966 S. 111, er entstehe durch den Berichtigungsbescheid, aber mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Zahlung.

Der erkennende Senat schließt sich der Ansicht an, daß der Erstattungsanspruch, jedenfalls soweit es sich darum handelt, ob er bereits zum konkursbeschlagfähigen Vermögen des Gemeinschuldners gehört, in dem Zeitpunkt entstanden ist, in dem entweder der fragliche Steuerabschnitt abgelaufen ist oder (später) in dem durch Abschlußzahlungen eine Überzahlung eintritt. Der Erstattungsanspruch wird mit Recht mit dem Steueranspruch in enge Beziehung gebracht und als sein Gegenstück angesehen. Der Steueranspruch selbst entsteht nach § 3 Abs. 1 StAnpG durch die Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen. Die Feststellung, und zwar auch die evtl. wechselnde oder auch unrichtige Feststellung des Steueranspruchs nach dem Maß des jeweils von diesem Sachverhalt Bekannten, beeinflussen den Anspruch selbst nicht. Die Feststellung schafft nur eine Klarstellung und eine Vollstreckungsgrundlage. Sie legt damit auch fest, ob und um wieviel das bereits Geleistete die nunmehr als richtig erkannte aber möglicherweise dem wirklichen Steueranspruch nicht entsprechende Steuer übersteigt, also ob und in welcher Höhe ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden kann. Ebensowenig wie die falsche Festsetzung den Steueranspruch in seiner Existenz betreffen kann, kann sie den Erstattungsanspruch in seiner Existenz beeinträchtigen. So wie der Staat einen durch den Sachverhalt fixierten Anspruch auf die Steuer hat, hat der Steuerpflichtige einen durch das Verhältnis seiner Zahlungen zu diesem Anspruch fixierten Erstattungsanspruch. Es kann also für die Frage der Entstehung des Erstattungsanspruchs (im Gegensatz zur Frage seiner Fälligkeit) auch keinen Unterschied machen, ob die Steuer erstmalig festgesetzt wurde, ob die Festsetzung im Rechtsmittelverfahren geändert wurde oder ob eine rechtskräftige Festsetzung durch einen Berichtigungsbescheid geändert wurde.

Demnach steht einem Steuerpflichtigen ein Erstattungsanspruch unabhängig davon, in welcher Höhe er entsprechend der gerade erfolgten Feststellung des Steueranspruchs selbst geltend gemacht werden kann, bereits zu, wenn der jeweilige Steuerabschnitt abgelaufen und die Überzahlung eingetreten ist, und gehört der Anspruch im vorliegenden Falle deshalb zur Konkursmasse.

4. Nach den Umständen des Falles, insbesondere auch weil der Beigeladene keine Veranlassung zu dem Rechtsstreit gab, erscheint es billig, seine außergerichtlichen Kosten dem unterliegenden Kläger aufzuerlegen (§ 139 Abs. 4 FGO). Insoweit war von Amts wegen auch die Kostenentscheidung des FG zu berichtigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68037

BStBl II 1968, 496

BFHE 1968, 153

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge