Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Anspruch gegen den Steuerpflichtigen verjährt, so tritt eine Befreiung des Haftungsschuldners auch dann nicht nach § 149 AO ein, wenn dem Haftungsschuldner eine Steuerhehlerei zur Last fällt.

 

Normenkette

AO § 149

 

Gründe

Der im Anfechtungsverfahren erhobene Einwand der Verjährung vermag nicht durchzugreifen. Die Vorinstanz hat ohne rechtliche Bedenken wahlweise festgestellt, daß sich der Beschwerdeführer (Bf.) entweder einer Steuerhinterziehung oder einer Steuerhehlerei schuldig gemacht hat, da nicht geklärt werden könne, ob der Bf. die Zigaretten unmittelbar von Besatzungsangehörigen oder von nicht der Besatzungsmacht angehörenden Personen erworben hat. Auch wenn sich der Bf. nicht einer Steuerhinterziehung, sondern einer Steuerhehlerei schuldig gemacht hat, läuft für den Haftungsanspruch die Verjährungsfrist von 10 Jahren des § 144 der Reichsabgabenordnung (AO). Der erkennende Senat tritt der Auffassung des Reichsfinanzhofs in seinem Urteil IV A 147/26 vom 19. Mai 1926 (Slg. Bd. 19 S. 96, 103 = Reichszollblatt 1926 S. 139) bei, daß für den Haftungsschuldner, der sich einer Steuerhehlerei schuldig gemacht hat, kein Rechtsschutzbedürfnis für die gewöhnliche Verjährungsfrist von einem Jahr besteht. Da der Bf. möglicherweise die Zigaretten aus zweiter Hand erworben hat, dem Ersterwerber aber, da er unbekannt ist, der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung nicht nachgewiesen werden und die Steuerforderung daher unter Umständen verjährt sein kann, könnte eingewendet werden, daß dem Bf. die Befreiungsvorschrift des § 149 AO zugute kommen müsse. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Wenn das vorerwähnte Urteil des Reichsfinanzhofs die in § 144 AO für hinterzogene Beträge festgesetzte Verjährungsfrist von 10 Jahren auch auf die Haftungsschuld des Steuerhehlers ausdehnt, so muß in gleicher Weise der Steuerhinterziehung im Sinne des § 149 AO die Steuerhehlerei gleichgestellt werden. Es wäre widersinnig, wenn einerseits zufolge der rechtlichen Selbständigkeit von Steuerschuld und Haftungsschuld hinsichtlich der Verjährungsfristen (vgl. das angezogene Urteil des Reichsfinanzhofs) trotz Verjährung der Steuerschuld die zehnjährige Verjährungsfrist gegen den Steuerhehler als Haftenden liefe, er aber dann gemäß § 149 AO von seiner Haftung befreit würde. Eine Besserstellung des Steuerhehlers gegenüber dem Steuerhinterzieher nach § 149 AO würde auch dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 112 AO entgegenstehen, daß für das Haftungsrecht die Steuerhehlerei der Steuerhinterziehung gleichzustellen ist. Demnach ist der Bf. durch eine etwaige Verjährung der Steuerschuld nicht von seiner Haftungsschuld befreit.

 

Fundstellen

BStBl III 1957, 231

BFHE 64, 616

StRK, AO:149 R 1

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