Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerrechtsfolgen einer Vereinbarung nach § 1587 o BGB

 

Leitsatz (NV)

Zahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs, die ein Ehegatte auf der Rechtsgrundlage des § 1587 o BGB leistet, um die mit einer Übertragung der Rentenanwartschaft verbundene Minderung späterer eigener Rentenansprüche zu verhindern, sind nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 1 SAtz 3 Buchst. a EStG abziehbar.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 9 Abs. 1 S. 1; BGB § 1587 Abs. 1 S. 1, § 1587a Abs. 2 Nr. 2, §§ 1587b, 1587o

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte aufgrund von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften i. S. der §§ 1587 Abs. 1 Satz 1, 1587 a Abs. 2 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erworben. Seine Ehe wurde im Streitjahr 1982 geschieden. Die Ehegatten vereinbarten auf der Rechtsgrundlage des § 1587 o BGB, daß der Kläger zur Durchführung des Versorgungsausgleichs seiner geschiedenen Ehefrau den Betrag von 5 000 DM zahlt. Zweck dieser Vereinbarung war es, die mit einer Übertragung der Rentenanwartschaft (§ 1587 b BGB) verbundene Minderung späterer Rentenansprüche des Klägers zu verhindern, zumal seine geschiedene Ehefrau, eine Beamtin, keine Rente erhielte.

In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger, den Betrag von 5 000 DM zum Abzug als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften (Leibrenten; § 22 Nr. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) zuzulassen. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Die Zahlung an seine Ehefrau sei mit Beiträgen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), mit denen ein ,,Rentenstammrecht" (Rentenanwartschaft bzw. -anspruch) erworben würde, nicht vergleichbar. Es handle sich vielmehr um Aufwendungen zur Erhaltung einer Einkunftsquelle, und zwar der Erhaltung ungeschmälerter, später steuerpflichtiger Rentenbezüge. Aufwendungen für den ungeschmälerten Erhalt einer Einkunftsquelle seien stets als Werbungskosten abziehbar.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 1. Juli 1983 die Einkommensteuer 1982 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 5 000 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß die Zahlung des Klägers an seine Ehefrau ,,zur Erhaltung der Rentenanwartschaft" nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG abziehbar ist.

1. Das FG ist zutreffend von den im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juli 1986 IX R 206/84 (BFHE 147, 176, BStBl II 1986, 747) dargelegten Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Hiernach sind Beiträge (eines Arbeitnehmers) zur gesetzlichen Rentenversicherung keine vorab entstandenen Werbungskosten zur Erlangung (späterer) sonstiger Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG.

Aufwendungen zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern, die der Einnahmeerzielung dienen, sind bei den Einkünften i. S. von § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG (sog. Überschußeinkünfte) keine (sofort abziehbaren) Werbungskosten. Derartige Aufwendungen könnten nur in Form von Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG als Werbungskosten berücksichtigt werden, sofern sie sich auf die Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Wirtschaftsgüter beziehen. Danach ist bei Einkünften aus Kapitalvermögen zu unterscheiden zwischen dem Ansparen des Kapitalvermögens, das sich als rechtsbegründender Anschaffungsvorgang einkommensteuerrechtlich nicht auswirkt, und den steuerbaren Einkünften aus diesem Kapitalvermögen (ausführlich BFH-Urteil vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934). Der Erwerb einer Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch Aufwendung von Vermögen ist in steuerrechtlicher Hinsicht dem vorgenannten Ansparvorgang gleichzusetzen, weil der gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG steuerbare Ertragsanteil nach seiner Rechtsnatur der (pauschalierte) Kapitalertrag eines verrenteten Vermögensanspruchs ist. Die Anschaffung einer Rentenanwartschaft führt ebensowenig zu Werbungskosten, wie die in den Rentenbezügen enthaltene Rückzahlung von Kapital eine steuerpflichtige Einnahme ist. Der Ansparvorgang erlangt einkommensteuerrechtliche Bedeutung nicht dadurch, daß die hierfür getätigten Aufwendungen auch durch die späteren (Renten) Einkünfte ,,veranlaßt sind" (vgl. auch Schmidt / Drenseck, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., § 9 Anm. 2 i, m. w. N.).

Dies folgt auch daraus, daß Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung dem Regelungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zugewiesen sind. Daher sind Auffüllungszahlungen (§ 1304 a der Reichsversicherungsordnung, § 83 a Abs. 4 des Angestelltenversicherungsgesetzes) an einen Rentenversicherungsträger aus Anlaß des sog. öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs als Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG abziehbar (Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 20. Juli 1981, BStBl I 1981, 567, unter I.1.; Hermann /Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 10 EStG Rdnr. 130, Stichwort ,,Versorgungsausgleich"; Söhn in Kirchhof / Söhn, Einkommensteuergesetz, § 10 Rdnr. E 271, m. w. N.; Arndt in Kirchhof / Söhn, a.a.O., § 12 Rdnr. B 150, Stichwort: ,,Versorgungsausgleich"; Göppinger / Märkle, Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung, 6. Aufl. 1988, Rdnr. 439).

2. a) Im Ergebnis ohne Erfolg macht der Kläger geltend, er habe Aufwendungen zur Erhaltung einer Einkunftsquelle getätigt, um später ungeschmälert steuerpflichtige Renteneinkünfte zu beziehen. Diese Besonderheit des Sachverhalts rechtfertigt keine abweichende steuerrechtliche Beurteilung. Das FG hat - für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) festgestellt, daß der Kläger 5 000 DM gezahlt hat, um die Übertragung der Rentenanwartschaft in Höhe eines nach Maßgabe des § 1587 b BGB zu ermittelnden Wertes auf seine Ehefrau zu verhindern. Das bedeutet für die hier erforderliche Abgrenzung (s. o. unter 1.), daß die Zahlung aus der Sicht des Klägers dazu diente, eine in der Person seiner Ehefrau entstandene Anwartschaft auf ihn übergehen zu lassen.

b) Aufwendungen zum Erwerb von - auch: ertragsbringendem - Vermögen sind keine Werbungskosten; dies ungeachtet dessen, daß sie in einem Veranlassungszusammenhang mit Einkünften (hier: Ertrag des Rentenrechts, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG) stehen. Demnach gehören Kosten für die Anschaffung einer Kapitalanlage - eines ,,Rentenrechts" ebenso wie etwa einer verzinslichen Forderung oder eines Wertpapiers - nicht zu den bei der betreffenden Einkunftsart abziehbaren Werbungskosten (Urteil in BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, unter 2., m. w. N.).

c) Die vermögensmäßige Auseinandersetzung geschiedener Ehegatten beruht auf dem rechtlichen Grundgedanken, daß die während der Ehe erworbenen Vermögenswerte (einschließlich der Versorgungsanwartschaften) unabhängig davon, welchem Ehegatten sie als Eigentümer (Rechtsinhaber) zugerechnet werden, wirtschaftlich beiden Ehegatten gehören und nunmehr wegen der Beendigung der Ehe aufgeteilt werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1983 VI R 198/79, BFHE 139, 524, BStBl II 1984, 106 unter 2. d). Zu Unrecht rügt der Kläger, diese Auffassung führe zu einer durch den Gesetzestatbestand nicht gedeckten ,,wirtschaftlichen Betrachtungsweise". Der Rechtsgedanke der wirtschaftlichen Zurechnung von Vermögensgegenständen ist in § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) verankert. Setzen sich Eheleute wie im Streitfall in der Weise auseinander, daß ein Ehegatte wirtschaftlich dem anderen Ehegatten gehörendes Vermögen gegen eine Ausgleichszahlung erwirbt, tätigt er Aufwendungen, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben; dies ist eine Anschaffung im steuerrechtlichen Sinne.

d) Der Kläger wendet ein, seiner geschiedenen Ehefrau habe bürgerlich-rechtlich ein Anteil an der Versorgungsanwartschaft nicht zugestanden, da ein Versorgungsausgleich von Rechts wegen als unbillig hätte unterbleiben müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Sachvortrag in materiell-rechtlicher Hinsicht der Revision zum Erfolg verhelfen könnte. Denn der Kläger kann mit diesem neuen Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren nicht mehr gehört werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416938

BFH/NV 1990, 762

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