Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der einem Großhändler eingeräumte wechselnde Bankkredit kann eine laufende Schuld des Unternehmens sein, auch wenn er nicht unmittelbar der kurzfristigen Abwicklung einzelner Warengeschäfte dient, sondern zu einzelnen Darlehnsgewährungen benutzt wird, die die Abwicklung einzelner Warengeschäfte fördern sollen.

Diese Beurteilung setzt aber eine Geschäftsabwicklung mit der Bank voraus, die den Zusammenhang des Bankkredits mit den einzelnen Darlehen eindeutig offenbar macht.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 1, § 12/2/1

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurechnung von Dauerschulden zum Gewerbekapital gemäß § 12 GewStG und von entsprechenden Dauerschuldzinsen gemäß § 8 Ziff. 1 GewStG.

Die Bfin. betreibt den Großhandel mit Rundfunk- und Elektrogeräten. Im Mai 1952 schloß sie mit einer Großbank im Zusammenhang mit einer Kreditzusage einen Mantelzessions-Vertrag, auf Grund dessen sie der Bank zur Sicherung aller gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus dem gewährten laufenden Kredit Forderungen abzutreten hatte, die jeweils den gewährten Kredit mit mindestens 10 v. H. überdecken sollten.

Für die Gewerbesteuer des Streitjahres 1953 schätzte das Finanzamt die gemäß § 12 GewStG zuzurechnende Dauerschuld der Bfin. aus dem Bankkredit auf 60.000 DM und die dafür gezahlten Zinsen auf 5.000 DM. Es rechnete diese Beträge dem Gewinn aus Gewerbebetrieb bzw. dem Einheitswert des Betriebsvermögens wieder zu. Der Einspruch und die Berufung der Bfin. blieben erfolglos. Auf deren Rb. hob der Bundesfinanzhof im ersten Rechtsgang die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück, vor allem um festzustellen, welcher Art die an die Bank abgetretenen Forderungen gewesen seien, nämlich ob es sich um Kaufpreisforderungen der Bfin. aus Lieferungen an ihre Abnehmer (Einzelhändler) gehandelt habe, oder um Kaufpreisforderungen der Einzelhändler an ihre Kunden (Endabnehmer), die die Einzelhändler dann an die Bfin. abgetreten hätten.

Das Finanzgericht hat im zweiten Rechtsgang festgestellt, daß die von der Bfin. der Bank abgetretenen Forderungen weder zu der einen noch zu der anderen Gruppe gehörten, sondern daß es sich um Forderungen aus Darlehen handelte, die die Bfin. den Kunden der Einzelhändler (Endabnehmern) jeweils zur Abdeckung ihrer Kaufpreisschuld bei den Einzelhändlern gewährt hatte. Den Bankkredit hatte die Bfin. benutzt, um den Endabnehmern solche Darlehen geben zu können. Den geringsten Bestand des von der Bfin. in Anspruch genommenen Bankkredits ermittelte das Finanzgericht für das Streitjahr 1953 mit 61.000 DM und die hierauf gezahlten Zinsen mit 16.200 DM.

Das Finanzgericht nahm auf Grund dieser neuen Feststellungen an, daß zwischen dem Bankkredit und den Warengeschäften der Bfin. kein unmittelbarer Zusammenhang bestanden habe. Der Bankkredit habe nicht unmittelbar mit den einzelnen Verkaufsgeschäften und Warenlieferungen der Bfin. an ihre Abnehmer (Einzelhändler) in Verbindung gestanden, sondern sei von der Bfin. zu Kreditgeschäften eigener Art mit den Kunden der Einzelhändler (Endabnehmern) benutzt worden. Die Bfin. habe an die Endabnehmer nicht unmittelbar geliefert.

Die Bfin. rügt mit ihrer Rb. unrichtige Rechtsanwendung durch unrichtige Würdigung der Feststellungen. Sie führt aus, der Kredit hänge durchaus wirtschaftlich mit kurzfristig abgewickelten Geschäften zusammen. Das ergebe sich daraus, daß sich die Höhe des Bankkredits nach der Höhe der abgetretenen Forderungen richte und daß die von den Endabnehmern geleisteten Darlehns-Tilgungsbeträge nur zur Abdeckung des Bankkredits dienten. Die Darlehnsgeschäfte wickelten sich genau so schnell ab wie Abzahlungsverträge. Der enge wirtschaftliche Zusammenhang zeige sich auch darin, daß die Bank die Abtretung von ihr nicht genehmen Darlehnsforderungen zurückweisen dürfe. Die von den Kunden zurückgezahlten Darlehnsbeträge würden einem besonderen Konto zugeführt und von dort zur Abdeckung des Bankkredits verwendet.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur erneuten Aufhebung der Vorentscheidung.

Die weiteren Ermittlungen des Finanzgerichts im zweiten Rechtsgang haben zu der Feststellung geführt, daß die Bfin. den ihr gewährten Bankkredit durch die Abtretung von Darlehnsforderungen gesichert hat, die sie aus Darlehnsgeschäften mit Endabnehmern erworben hatte. Die Bfin. hat also die Abzahlungskäufe der Endabnehmer bei den Einzelhändlern selbst zwischenfinanziert, offenbar um zur Förderung ihres Großhandels die Zwischenfinanzierung durch andere Stellen auszuschalten.

Das Finanzgericht konnte aus diesen Feststellungen ohne Rechtsverstoß folgern, daß zwischen dem laufenden Bankkredit und den einzelnen Warengeschäften der Bfin. mit den Einzelhändlern kein so enger wirtschaftlicher Zusammenhang bestand, daß man den Bankkredit etwa als kurzfristigen Lombardkredit bezeichnen könnte, der jeweils mit der Abwicklung eines einzelnen Warengeschäftes wieder getilgt wurde.

Aus den Feststellungen des Finanzgerichts kann man aber nicht ohne weiteres auch folgern, daß der Bankkredit ein laufender allgemeiner Kontokorrent-Geschäftskredit war, der in bestimmter Höhe eine Dauerschuld im Sinne der §§ 8 und 12 GewStG bildete. Das Finanzgericht hat bisher nicht festgestellt, ob nicht etwa ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Bankkredit und den einzelnen Darlehen, die die Bfin. den Endabnehmern gewährte, bestand. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Bfin. sich neben dem Hauptzweig ihres Geschäfts, nämlich dem Großhandel, auch mit dem Kreditgeschäft befaßte, wie es heute vielfach von Teilzahlungsbanken betrieben wird. Ein Kaufmann kann durchaus solche Kreditgeschäfte in den Bereich seines Betriebs ziehen. Geschieht das, so können grundsätzlich auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Abgrenzung von Dauerschulden und von kurzfristigen Warenschulden (siehe dazu die übersicht in Abschnitt 47 Abs. 5 und 7 GewStR 1958) auf die Bankkredite angewendet werden, die zur Zwischenfinanzierung von solchen Darlehnsgeschäften dienen, wie die Bfin. sie geschlossen hat.

Die Beurteilung hängt davon ab, ob der Bankkredit als allgemeiner Geschäftskredit (Kontokorrentkredit) gewährt wurde, der vereinbarungsgemäß durch die Abtretung der Darlehnsforderungen der Bfin. an die Endabnehmer zu sichern war. In diesem Fall ist der streitige Bankkredit nach den in den Urteilen des Bundesfinanzhofs I 171/58 U vom 17. März 1959 (BStBl 1960 III S. 49, Slg. Bd. 70 S. 131) und I 172/58 U vom 1. Dezember 1959 (BStBl 1960 III S. 51, Slg. Bd. 70 S. 137) ausgesprochenen Grundsätzen als Dauerschuld im Sinne von §§ 8 Ziff. 1 und 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG zu behandeln. Es spricht vieles dafür, daß es sich im Streitfall um einen Kredit dieser Art gehandelt hat.

Es ist aber auch möglich, daß die Bank der Bfin. jeweils nur einen Kredit in Höhe des mit einem Endabnehmer geschlossenen Darlehnsvertrages gewährte, die Abtretung dieser Forderung entgegennahm, nachdem sie die Bonität des Darlehnsnehmers geprüft hatte, für jeden Darlehnsnehmer ein Konto bildete, auf das sie die bei ihr nach der Abtretung eingehenden Darlehnsrückzahlungen verbuchte und bei Zahlungsverzug des Darlehnsnehmers entweder die Bfin. zur Beitreibung der Forderung veranlaßte oder die Beitreibung selbst durchführte. Wenn es auch wenig wahrscheinlich sein mag, daß die Bank die mit einer solchen Geschäftsabwicklung verbundene große Arbeit der Verbuchung und überwachung jedes einzelnen Darlehens zu übernehmen bereit war, so lassen doch die bisherigen Feststellungen eine abschließende Entscheidung nicht zu. Es bedarf dazu der weiteren Aufklärung durch Auslegung des Kreditvertrages und durch Prüfung der tatsächlichen Geschäftsabwicklung zwischen der Bank und der Bfin. bei der Krediteinräumung und der Behandlung der Abtretungen.

Auf Grund dieser weiteren Feststellungen muß dann das Finanzgericht erneut entscheiden, ob die Beteiligten einen Bankkredit vereinbart haben, bei dem die Abtretung der einzelnen Darlehnsforderungen nur eine Sicherheit für einen globalen laufenden Geschäftskredit (Kontokorrentkredit) war, oder ob ein Kredit der Bank für die einzelnen Darlehen der Bfin. gewollt und gewährt wurde.

Die nicht spruchreife Sache war an das Finanzgericht zurückzuverweisen, damit es den Streitfall nach den vorstehenden Rechtsgrundsätzen erneut beurteilt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411427

BStBl III 1965, 195

BFHE 1965, 539

BFHE 81, 539

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