Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollständiger Gesellschafterwechsel bei einer - Grundbesitz haltenden - OHG mit anschließender Betriebsverpachtung und Löschung im Handelsregister

 

Leitsatz (NV)

1. Im Falle der grunderwerbsteuerrechtlichen Steuerbarkeit des vollständigen Gesellschafterwechsels bei einer OHG, wobei diese zur GbR wird, ist Steuerschuldner nicht ein neuer Gesellschafter, sondern die Personengesellschaft.

2. § 128 Abs. 3 AO 1977 schließt die Umdeutung eines GrESt-Bescheides in einen Haftungsbescheid aus.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 42, 128 Abs. 3, § 191; BGB §§ 421, 427; GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

An der Z-OHG waren A und B als persönlich haftende Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt. Am 30. September 1979 schlossen sie mit der Klin. und C eine privatschriftliche Vereinbarung, ausweislich derer A seinen Gesellschaftsanteil auf C und B von seinem Gesellschaftsanteil 9/10 ebenfalls auf C und 1/10 auf die Klin. übertrug. Zum Gesellschaftsvermögen gehörte Grundbesitz.

Die Anteilserwerber verpachteten den Betrieb an eine neu gegründete GmbH. Die OHG wurde im Handelsregister gelöscht.

Das beklagte FA nahm an, daß die Vereinbarung vom 30. September 1979 zu einem der GrESt unterliegenden Erwerb geführt habe. Es setzte deshalb durch Steuerbescheide vom 13. Januar 1982 gegen die Klin. und C nach einer Gegenleistung von insgesamt . . . DM getrennt GrESt fest, und zwar gegen die Klin. 7 v.H. aus . . . DM und gegen C 7 v.H. aus . . . DM.

Nach erfolglosem Einspruch hat die Klin. Klage erhoben und beantragt, den GrESt-Bescheid aufzuheben.

Sie hat geltend gemacht, daß der Erwerb der Gesellschaftsanteile zu keiner GrESt führe, es habe sich lediglich um den Austausch von Gesellschaftern gehandelt.

Das FA hat eingewendet, es handle sich nicht lediglich um den Austausch aller Gesellschafter eines lebenden Betriebes. Die alte OHG sei aufgelöst worden, eine neue GbR entstanden, die sich auf die Vermögensverwaltung beschränke.

Das FG hat dem Klagantrag stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, daß ein nicht zur GrESt-Pflicht führender Austausch aller Gesellschafter vorgelegen habe. Auch eine Steuerumgehung sei nicht anzunehmen.

Nach Zulassung der Revision durch den erkennenden Senat hat das FA Revision eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Ergebnis unbegründet. Dabei kann der Senat es offenlassen, ob durch die Übertragung aller Gesellschaftsanteile unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles GrESt aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 des früheren Baden-Württembergischen GrEStG (ggf. i.V.m. § 42 AO 1977) entstanden ist. Denn auch wenn GrESt enstanden sein sollte, wäre die Klin. nicht Steuerschuldnerin geworden. Steuerschuldnerin ist in Fällen dieser Art stets die Personengesellschaft, die nach der Rechtsprechung des Senats hinsichtlich der GrESt steuerrechtsfähig ist (vgl. die Senatsurteile vom 22. Oktober 1986 II R 118/84, BFHE 148, 331, BStBl II 1987, 183, und vom 11. Februar 1987 II R 103/84, BFHE 149, 12, BStBl II 1987, 325). Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß die GrESt-Schuld eine Gesamthandsschuld der Personengesellschaft ist, die zu einer GbR geworden ist.

Allerdings hafteten die Gesellschafter der GbR und damit auch die Klägerin für die GrESt aufgrund der §§ 421, 427 BGB. Diese Haftung mußte aber durch Haftungsbescheid gemäß § 191 AO 1977 geltend gemacht werden (vgl. hierzu das BFH-Urteil vom 23. Oktober 1985 VII R 187/82, BFHE 145, 13, BStBl II 1986, 156). Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.

Der gegen die Klin. erlassene Steuerbescheid kann auch nicht gemäß § 128 AO 1977 in einen Haftungsbescheid umgedeutet werden. Einer derartigen Umdeutung steht § 128 Abs. 3 AO 1977 entgegen, wonach eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden darf. Dem Erlaß eines Haftungsbescheides aber liegt regelmäßig eine Ermessensentscheidung zugrunde, wie eingeschränkt die Ausübung des Ermessens im Einzelfall auch immer sein mag. Das FA wird in Fällen der vorliegenden Art, in denen die GbR fortbesteht, stets zu prüfen haben, ob Gründe vorliegen, die es ggf. erforderlich machen, nicht nur aufgrund des Steuerbescheides in das Gesellschaftsvermögen, sondern auch aufgrund eines Haftungsbescheides in das sonstige Vermögen der Gesellschafter vollstrecken zu können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416628

BFH/NV 1990, 594

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