Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine tarifbegünstigte Besteuerung einer Schieflagenentschädigung im Bergbau

 

Leitsatz (NV)

Ausgleichszahlungen eines Bergbauunternehmens für Schäden an einem zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden, selbstgenutzten Wohnhaus sind keine tarifbegünstigte Entschädigung i. S. der §§24 Nr. 1 Buchst. a, 34 Abs. 1 und 2 EStG.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bezieht u. a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er durch Betriebsvermögensvergleich nach §4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. In den Streitjahren 1990 und 1991 gehörte das von ihm und seiner Familie genutzte Wohnhaus zu seinem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen; als Mietwert hatte der Kläger nach §13 Abs. 2 Nr. 2 EStG stets einen Jahresbetrag von 2500 DM angesetzt. Im Jahre 1991 erhielt der Kläger von einem Bergbauunternehmen für Schäden an seinem Wohnhaus eine Bergschadensvergütung (sog. Schieflagenentschädigung) in Höhe von 25 474 DM, die einen durch die Schieflage des Gebäudes entstandenen Minderwert ausgleichen sollte. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 1990 und 1991 und dem Einspruchsbescheid versagte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) den ermäßigten Steuersatz nach §§24 Nr. 1 Buchst. a, 34 Abs. 1 EStG.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 289 veröffentlichten Entscheidung im wesentlichen aus, die Bergschadensvergütung sei als Entschädigung nach §24 Nr. 1 Buchst. a EStG den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen und tarifbegünstigt zu besteuern. Die Entschädigung habe den durch die bergbaubedingte Schieflage entstandenen Minderwert des landwirtschaftlichen Wohngebäudes ausgleichen sollen. Dieser Schaden sei mit einem Prozent des festgestellten Restnutzungswerts des Gebäudes pro 2 mm Schieflage bemessen worden. Da die Nutzungsfähigkeit eines Wohnhauses mit Schieflage dauerhaft eingeschränkt sei, diene die Bergschadensvergütung dem Ausgleich von Ertragsausfällen im Zusammenhang mit der Nutzung des Gebäudes. Die Vorschrift des §24 EStG erfasse auch Ersatzeinnahmen, wie den Nutzungswert einer Wohnung, denn eine abweichende Behandlung fiktiver gegenüber tatsächlichen Einnahmen hätte der Gesetzgeber ausdrücklich regeln müssen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er ist mit dem FG der Auffassung, die Bergschadensvergütung sei eine Entschädigung i. S. des §24 Nr. 1 Buchst. a EStG; die Tarifbegünstigung sei auch deshalb gerechtfertigt, weil es sich um einen zusammengeballten Zufluß handele.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, die Klage abzuweisen (§126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zu Unrecht hat das FG die dem Kläger geleistete Bergschadensvergütung als Entschädigung i. S. des §24 Nr. 1 Buchst. a EStG beurteilt und dafür die Tarifbegünstigung nach §34 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 EStG gewährt.

1. Gemäß §24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften i. S. von §2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind. Das Tatbestandsmerkmal "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" setzt voraus, daß Ersatz für Einnahmen geleistet wird, die ausgefallen sind und daß diese Einnahmen -- ihr Zufluß unterstellt -- unter eine der in §2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten gefallen wären.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß die für das Wohnhaus des Klägers geleistete Entschädigung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen war. Die Zahlung dient dem Ausgleich bergbaubedingter Schäden am Wohnhaus des Klägers, das in den Streitjahren zum Betriebsvermögen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehörte. Allerdings diente die sog. Schieflageentschädigung nicht dem Ersatz entgangener oder künftig entgehender Einnahmen des Klägers. Zwar umfaßt der zu ersetzende Bergschaden auch den entgangenen Gewinn (§117 des Bundesberggesetzes -- BBergG -- i. V. m. §252 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --), so daß eine entsprechende Schadensersatzleistung durchaus als Entschädigung i. S. des §24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu behandeln sein kann. Nach den Feststellungen des FG wurde der Schaden im Streitfall jedoch nicht, auch nicht teilweise, nach einem entgangenen Gewinn berechnet; die Entschädigung war vielmehr dazu bestimmt, die durch die Schieflage eingetretene Wertminderung des Wohngebäudes auszugleichen.

Dies entspricht auch der bergrechtlichen Praxis, in der die Schieflage oder Schrägstellung des Gebäudes zwar nur eine von insgesamt 10 Minderwertsfaktoren, zugleich aber auch der bedeutendste ist (vgl. Drisch, Bewertung von Bergschäden an Gebäuden, 1972, 37 ff.). Daneben ist u. a. der weitere Faktor der "Verringerung der Erträgnisse", die sich zwar auch aus einer Schieflage ergeben kann, nur ausnahmsweise dann von Bedeutung, wenn dem Geschädigten der Nachweis entsprechender Produktions- oder Mietausfälle gelingt (vgl. Drisch, a. a. O., 45; Piens/Schulte/Vitzthum, Bundesberggesetz, Kommentar, §117 Anm. 9). So ist auch im Streitfall die Entschädigung nach der Wertminderung des land- und forstwirtschaftlichen Wohngebäudes bemessen und nicht für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden. Eine nach §34 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 EStG tarifbegünstigte Entschädigung i. S. des §24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt nur dann vor, wenn die Ersatzleistung unmittelbar für entgangene oder entgehende Einnahmen geleistet wird (BFH-Urteile vom 20. Juli 1978 IV R 43/74, BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9, und vom 24. Januar 1979 I R 150/75, nicht veröffentlicht).

Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch nach dem Zweck der Regelungen in §34 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 EStG i. V. m. §24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht geboten, die Schieflageentschädigung tarifbegünstigt zu besteuern. Der Kläger kann nämlich für eine durch die Schieflage bedingte Wertminderung des Wohngebäudes eine Teilwertabschreibung nach §6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG vornehmen, die ihm auch im Hinblick auf die spätere steuerfreie Entnahme nach §52 Abs. 15 Satz 4 ff. EStG nicht verwehrt ist.

2. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen (§126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 302787

BFH/NV 1999, 40

HFR 1999, 101

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