Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abzugsfähigkeit von Beitragsrückerstattungen in den Fällen des § 22 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 KStDV 1953 ist u. a. davon abhängig, daß ein "Geschäftsergebnis" (ß 22 Abs. 1, Einleitungssatz) erzielt wurde; Geschäftsergebnis ist der handelsbilanzmäßige überschuß des von der Beitragsrückerstattung betroffenen Geschäftszweigs des Versicherungsunternehmens.

Beitragsermäßigungen, die eine Versicherungs-Aktiengesellschaft in der Kraftfahrtversicherung auf Grund der Verordnung PR Nr. 7/52 in der Fassung der Anlage zur Verordnung PR Nr. 24/53 vom 2. September 1953 BA Nr. 172 vom 8. September 1953, freiwillig ihren Versicherungsnehmern gewährt, sind nur dann abzugsfähige Betriebsausgaben, wenn die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV 1953 vorliegen.

 

Normenkette

KStDV § 22 Abs. 1 Ziff. 2; AO § 12

 

Tatbestand

Die AG betreibt als Versicherungsunternehmen u. a. auch die Kraftfahrtversicherung (Fahrzeug- und Haftpflichtversicherung). Sie gewährte zu Lasten ihres Gewinns 1953 den Versicherungsnehmern dieses Versicherungszweiges Beitragsermäßigungen in Höhe von 131 618 DM. Streitig ist der Abzug dieses Betrages als Betriebsausgabe.

Die AG erzielte im Jahre 1953 einen die Beitragsermäßigung deckenden Handelsbilanzgewinn, der auf den Erträgnissen anderer Versicherungszweige beruhte. Die Kraftfahrtversicherung erbrachte keinen versicherungstechnischen überschuß im Sinne des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes 1953 (KStDV). Die AG gewährte die Beitragsermäßigung ihren Versicherungsnehmern nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs freiwillig auf Grund der Verordnung PR Nr. 7/52 in der Fassung der Anlage der Verordnung PR Nr. 24/53 vom 2. September 1953, Bundesanzeiger Nr. 172 vom 8. September 1953 - Verordnung vom 2. September 1953 -, weil sie sich dazu aus Wettbewerbsgründen gegenüber anderen Versicherungsunternehmen, die entweder zu solchen Beitragsermäßigungen nach der Verordnung vom 2. September 1953 gezwungen waren oder sie freiwillig gewährten, veranlaßt sah. Die AG war der Auffassung, daß § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV, der eine Beschränkung der Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen vorsehe, nicht anwendbar sei, weil keine Beitragsrückerstattung im Sinne dieser Vorschrift vorliege und die Beitragsermäßigung nicht auf Grund des Geschäftsergebnisses, sondern auf Grund der durch die Verordnung vom 2. September 1953 geschaffenen Sachlage habe beschlossen werden müssen.

Das Finanzamt wandte § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV an und ließ die Beitragsermäßigung nicht zum Abzug zu. Der Einspruch der AG hatte Erfolg. Der Steuerausschuß des Finanzamts schloß sich der Auffassung der AG an. Die Berufung des Vorstehers des Finanzamts wurde mit der folgenden Begründung als unbegründet zurückgewiesen.

Die Vorschrift des § 22 KStDV sei bei Versicherungsunternehmen in der Form einer Kapitalgesellschaft nicht anwendbar. Das ergebe sich aus dem heute noch für die Auslegung maßgebenden Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 25. Juli 1936, RStBl 1936 S. 825. Dort sei unter "1. Rechtsgrundlage" nur von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten, nicht aber von Kapitalgesellschaften die Rede. Daraus folge, daß der Gesetzgeber § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV nur auf solche Versicherungsunternehmen habe anwenden wollen, bei denen die Versicherer gleichzeitig die Versicherten seien. Etwas anderes könne auch nicht aus der Ziffer 2 des Abschnitts 1 dieses Erlasses entnommen werden, die sich mit der Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen bei Versicherungs-Aktiengesellschaften und Versicherungsgesellschaften mbH befasse. Denn damit seien offenbar nur solche Kapitalgesellschaften gemeint, die sachlich den Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit oder den öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten gleichstünden, die also in ihrer Bilanz keinen Gewinn auswiesen, der unmittelbar der Ermittlung des Einkommens zugrunde gelegt werden könne.

Nach Einlegung der Rb. durch den Vorsteher des Finanzamts, mit der er die Anwendung des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV und die Versagung des Abzugs der Beitragsermäßigung als Betriebsausgabe erstrebt, trat der Bundesminister der Finanzen dem Verfahren bei und äußerte sich im wesentlichen wie folgt:

"Streitig ist die Auslegung der Vorschrift des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV, des jetzigen § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG, durch die die Abzugsfähigkeit von Beitragsrückerstattungen eingeschränkt wird. Die Beitragsrückerstattungen, die nicht aus dem Lebensversicherungsgeschäft stammen, sind danach nur insoweit abzugsfähig, als sie durch die Differenz zwischen den Beitragseinnahmen auf der einen Seite und den Versicherungsleistungen, überträgen und Rücklagen sowie sämtlichen sonstigen persönlichen und sachlichen Betriebsausgaben auf der anderen Seite gedeckt sind. Das gilt nach der Fassung der Vorschrift nur für solche Beitragsermäßigungen, die auf Grund des Geschäftsergebnisses gewährt werden. Es kann zweifelhaft sein, was unter Geschäftsergebnis und was mit der Formulierung "auf Grund des Geschäftsergebnisses" gemeint ist.

Unter Geschäftsergebnis wird man den von Versicherungsunternehmen erwirtschafteten Handelsbilanzgewinn zu verstehen haben, der noch nicht um die Beitragsrückerstattungen der in § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV bezeichneten Art, und zwar gleichgültig, ob sie steuerrechtlich zum Abzug zugelassen sind oder nicht, gekürzt ist (vgl. BFH-Urteil I 145/57 U vom 3. 2. 1959, BStBl 1959 III S. 138). In gleichem Sinn wird der Begriff des Geschäftsergebnisses offensichtlich auch in dem RdF-Erlaß vom 25. 7. 1936, RStBl 1936 S. 825, verwendet.

Von größerem Gewicht ist, daß die Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen durch § 22 KStDV 1953 nur insoweit beschränkt wird, als sie auf Grund des Geschäftsergebnisses gewährt werden. Der Sinn dieser Fassung scheint mir darin zu liegen, daß alle Beitragsrückerstattungen unbeschränkt abzugsfähig sein sollen, die völlig unabhängig vom Geschäftsergebnis, etwa auf Grund eines gesetzlichen Gebots zu leisten sind, wie dies z. B. bei der Beitragsrückgewähr auf Grund des § 2 und des § 3 der VO vom 2. 9. 1953 der Fall ist (so auch BFH-Urteil I 44/60 U vom 6. 12. 1960, BStBl 1961 III S. 81). Hier hat das Versicherungsunternehmen keine Möglichkeit, die Entscheidung über das Ob und Wieviel derartiger Zahlungen an die Versicherungsnehmer zu beeinflussen. Das wird auch dann gelten, wenn das Gesetz die Zahlung von Beitragsrückerstattungen davon abhängig machen sollte, daß ein entsprechendes Geschäftsergebnis erzielt wurde. Denn in diesen Fällen würde die Beitragsrückerstattung zwar unbestreitbar aus dem Geschäftsergebnis, aber nicht auf Grund des Geschäftsergebnisses gezahlt. Ein entsprechendes Geschäftsergebnis ist hier also wohl Voraussetzung, aber nicht die die Zahlung auslösende Ursache.

Die Zahlung ist nach den Darstellungen der AG auf Grund eines Beschlusses der für die Geschäftsführung zuständigen Organe des Versicherungsunternehmens erfolgt. Die Versicherungsunternehmer hatten darauf keinen Rechtsanspruch. Die Freiwilligkeit der Beitragsrückerstattung steht in jedem Fall ihrer unbeschränkten Abzugsfähigkeit entgegen. Zwar ist es denkbar, daß für derartige freiwillige Beitragsrückerstattungen auch betriebliche Gründe und nicht nur die Absicht, den Gewinn an die Versicherungsnehmer zu verteilen, ausschlaggebend sein können. Die Entscheidung darüber, ob das eine oder das andere der Fall ist, würde aber im Einzelfall kaum mit Sicherheit getroffen werden können. Bei Versicherungsunternehmen in der Rechtsform des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit wird dies besonders deutlich. Es erscheint kaum möglich, die Einlassung eines Versicherungsunternehmens zu entkräften, daß die freiwilligen Beitragsrückerstattungen von ihm aus Gründen der Werbung gezahlt worden seien und daß mit diesen Zahlungen nicht das Ziel verfolgt werde, die sonst eintretenden steuerpflichtigen Gewinne zu beseitigen. Die Bedeutung des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV ist vor allem darin zu sehen, daß dadurch die Notwendigkeit einer solchen Beweisführung entfällt. Das Motiv für die Zahlung freiwilliger Beitragsrückerstattungen wird damit bedeutungslos. Es kommt vielmehr nur darauf an, ob die Beitragsrückerstattungen aus dem Geschäftsergebnis gezahlt werden und daß die Zahlungen seitens des Versicherungsunternehmens nicht freiwillig erfolgen.

Das, was für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gilt, muß nach der Fassung des § 22 KStDV für alle Versicherungsunternehmen gelten. Der Auffassung des FG, daß die Vorschrift nur auf solche Versicherungsunternehmen anzuwenden sei, bei denen die Versicherer gleichzeitig auch die Versicherten sind, vermag ich nicht beizutreten. Eine solche Auffassung findet im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze.

Die Neuregelung der Besteuerung der Versicherungsunternehmen im Zuge der Reform des Körperschaftsteuerrecht 1934 hatte das Ziel, alle Versicherungsunternehmen ohne Rücksicht auf deren Form einer gleichen Besteuerung zu unterwerfen. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV ist ihrem Wesen nach nichts anderes als ein Verbot, Kapitalerträge und sonstige Einnahmen außerhalb des versicherungstechnischen Geschäfts oder aus Kapitalansammlungen auf dem Weg über freiwillige Beitragsrückerstattungen der Besteuerung zu entziehen. Dieses Verbot gilt für alle Versicherungsunternehmen ohne Unterschied der Rechtsform und ohne Rücksicht darauf, in welchem Verhältnis Versicherer und Versicherte zueinander stehen. Die Vorschrift erhält bei solcher Auslegung auch nicht, wie von der AG behauptet wird, einen willkürlichen Charakter. Es ist unter dem für die Schaffung der Vorschrift maßgebenden Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Versicherungsunternehmen vielmehr gerechtfertigt und zwingend, daß freiwillige Beitragsrückerstattungen, die nicht aus dem versicherungstechnischen Geschäft stammen, bei allen unter § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV fallenden Versicherungsunternehmen gleichbehandelt werden. Andernfalls würde die im vorliegenden Fall nach der Darstellung der AG aus Wettbewerbsgründen gezahlte Beitragsrückerstattung bei ihr zum Abzug zuzulassen sein, während ein mit ihr im Wettbewerb stehender Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit die aus den gleichen Gründen gezahlte Beitragsrückerstattung insoweit, als sie nicht aus dem technischen überschuß stammt, als Einkommen zu versteuern hätte. Die Auslegung der Vorschrift im Sinn des Urteils des FG würde damit unbestreitbar eine empfindliche Benachteiligung der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und vergleichbarer Versicherungsunternehmen im Wettbewerb zur Folge haben. Daraus folgt, daß die umstrittene Vorschrift, wenn man in ihr eine Einschränkung des Betriebsausgabenbegriffs sieht, zu einem sinnvollen Ergebnis führt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV macht keinen Unterschied, in welcher Form ein Versicherungsunternehmen betrieben wird. Ihrem eindeutigen Wortlaut nach ist diese Vorschrift für die Beitragsrückerstattung aller Versicherungsunternehmen anwendbar, die nicht das Lebensversicherungsgeschäft betreiben. Der Auffassung des Finanzgerichts, daß die einschränkende Auslegung dahingehend, daß sich diese Vorschrift nur auf Versicherungsvereine und öffentlich-rechtliche Versicherungsanstalten beziehe, aus dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 25. Juli 1936 entnommen werden müsse, kann der Senat nicht folgen. Aus der Einleitung des Abschnitts II Ziffer 1 dieses Erlasses muß entnommen werden, daß durch eine einheitliche Regelung der Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen eine gleichmäßige Behandlung der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und der öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten einerseits und der Versicherungsunternehmen in der Form einer Kapitalgesellschaft andererseits erreicht werden sollte. Dafür, daß sich die Ausführungen unter II 3 Abs. 2 des Erlasses des Reichsminister der Finanzen nur auf Versicherungs-Aktiengesellschaften und Versicherungsgesellschaften mbH beziehen sollen, die in ihrer Struktur den Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten gleichen, ist kein Anhalt gegeben. Nur bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, bei denen die Versicherungsnehmer gleichzeitig Mitglieder sind, tritt bei Beitragsrückerstattungen die Frage der verdeckten Gewinnausschüttung auf. Bei der Kapitalgesellschaft dagegen können Beitragsrückerstattungen, wenn nicht ausnahmsweise die Versicherungsnehmer gleichzeitig die Gesellschafter sind, als Betriebsausgaben abgezogen werden. Die sich bei Anwendung der allgemeinen Vorschriften des Steuerrechts ergebenden Grundsätze, nach denen die Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen ohne eine ausdrückliche Vorschrift zu beurteilen wäre, weichen jedenfalls für die verschiedenen Rechtsformen der Versicherungsunternehmen voneinander ab. Es gibt deshalb einen guten Sinn, aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV die Absicht des Verordnungsgebers zu entnehmen, die für den Wettbewerb der Versicherungsunternehmen untereinander bedeutsame steuerliche Beurteilung von Beitragsrückerstattungen für alle Unternehmensformen in gleicher Weise zu regeln. Das kann z. B. bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit eine Ausdehnung und bei Kapitalgesellschaften eine Einschränkung der Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen bedeuten. Es kann jedenfalls keine Rede davon sein, daß der eindeutige Wortlaut der Vorschrift zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt und deshalb die Vorschrift gegen ihren Wortlaut ausgelegt werden muß.

Da somit § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV auch auf die von der AG ausgeschütteten Beitragsrückerstattungen anwendbar ist, bleibt zu prüfen, ob es sich bei der Beitragsermäßigung um eine auf Grund des Geschäftsergebnisses gewährte Rückerstattung handelt. Wie der Senat im Urteil I 145/57 U vom 3. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 138, Slg. Bd. 68 S. 354, ausgeführt hat, kann unter "Geschäftsergebnis", das für die satzungsmäßigen Zuführungen zur Rückstellung der Beitragsrückgewähr im Lebensversicherungsgeschäft maßgebend ist, grundsätzlich nur das Ergebnis der Handelsbilanz und nicht das der Steuerbilanz verstanden werden. Aus dem Urteil, von dem abzuweichen keine Veranlassung besteht, ergibt sich weiter, daß die im übrigen unbeschränkte Abzugsfähigkeit von Beitragsrückerstattungen im Lebensversicherungsgeschäft davon abhängig ist, daß ein die Beitragsrückerstattung deckendes Geschäftsergebnis erzielt wurde und daß mangels eines Geschäftsergebnisses auch Beitragsrückerstattungen im Lebensversicherungsgeschäft keine abzugsfähigen Betriebsausgaben sind. Die Erzielung eines Geschäftsergebnisses ist also Voraussetzung der Abzugsfähigkeit.

Eine Auslegung des Einleitungssatzes des § 22 Abs. 1 KStDV dahin, daß sich die Vorschriften in den Ziffern 1 und 2 nur auf Beitragsrückerstattungen bei Erzielung eines Geschäftsergebnisses bezögen und daß die Abzugsfähigkeit solcher Beitragsrückerstattungen, die bei einem fehlenden Geschäftsergebnis nicht "auf Grund eines Geschäftsergebnisses" gewährt sein könnten, nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen sei, führt zu einem unverständlichen Ergebnis und ist mit dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht vereinbar. Denn wenn der Zweck des § 22 KStDV darin besteht, alle Versicherungsunternehmen im Wettbewerb untereinander hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Beitragsrückerstattungen gleichzustellen, so muß das auch für solche Beitragsrückerstattungen gelten, die mangels eines in dem betreffenden Versicherungszweig erzielten Geschäftsergebnisses aus Wettbewerbsgründen gewährt werden und die bei Beurteilung der Abzugsfähigkeit nach allgemeinen Grundsätzen in vielen Fällen zu in den folgenden Jahren abzugsfähigen Verlusten führen würden. Bei einem Versicherungsunternehmen, das verschiedene Zweige des Versicherungsgeschäfts betreibt, wird die Beitragsrückerstattung für jeden Geschäftszweig besonders bestimmt. Es kommt dann auf das in diesem Geschäftszweig erzielte Geschäftsergebnis an.

Bei Anwendung des § 22 Abs. 1 Ziff. 2 KStDV, also bei der Sachversicherung , können die beide Ziffern des § 22 Abs. 1 KStDV betreffenden Worte "auf Grund des Geschäftsergebnisses" keine unterschiedliche Bedeutung haben. Es ist also auch hier in übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen davon auszugehen, daß unter Geschäftsergebnis der handelsbilanzmäßige überschuß des betreffenden Versicherungszweiges zu verstehen ist und daß mangels eines solchen Ergebnisses die Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen unabhängig von der Prüfung der Voraussetzungen der Ziffer 2 (Deckung durch den dort bezeichneten technischen überschuß) verneint werden muß. Obwohl sich das Geschäftsergebnis des einleitenden Relativsatzes in § 22 Abs. 1 KStDV nicht mit dem überschuß im Sinn der Ziffer 2 deckt (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs I 44/60 U vom 6. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 81, Slg. Bd. 72 S. 216), so wird doch das Vorliegen eines Geschäftsergebnisses als Voraussetzung der Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattungen in den Ziffern 1 und 2 jedenfalls bei der Sachversicherung (Ziffer 2) in der Regel keine erhebliche Bedeutung haben, weil, wenn ein die Beitragsrückerstattung deckender überschuß im Sinne der Ziffer 2 vorhanden ist, in aller Regel auch ein entsprechender handelsbilanzmäßiger überschuß erzielt wurde.

Der vorliegende Fall zwingt den Senat nicht zu einer näheren Abgrenzung der versicherungstechnischen und der handelsbilanzmäßigen überschüsse, weil die AG in der Kraftfahrtversicherung unstreitig weder einen versicherungstechnischen noch einen handelsbilanzmäßigen überschuß erzielte. Die Anwendung der hier entwickelten Grundsätze für die Auslegung des § 22 Abs. 1 KStDV führt deshalb dazu, die Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattung zu versagen. Aus welchen Beweggründen im einzelnen sich ein Versicherungsunternehmen zur freiwilligen Beitragsrückgewähr oder zur nachträglichen Beitragsermäßigung entschließt und ob diese Beitragsermäßigung preisrechtlich zulässig ist, ist für die steuerliche Beurteilung ohne Bedeutung. Denn die Beitragsrückerstattung ist stets ein Mittel im Wettbewerb und wird immer deshalb gewährt, um entweder die Versicherungsnehmer zur Verlängerung bestehender Verträge zu veranlassen oder um neue Versicherungsnehmer zu gewinnen. Die preisrechtliche Rechtslage ist nur dann auch von steuerlicher Bedeutung, wenn sie den Versicherungsnehmern einen Anspruch auf eine Beitragsrückerstattung gewährt. Denn wie bereits im Urteil des Bundesfinanzhofs I 44/60 U ausgeführt ist, gilt § 22 KStDV nicht für Beitragsrückerstattungen, auf die der Versicherungsnehmer einen gesetzlichen Anspruch hat. Es ist im vorliegenden Fall aber unbestritten, daß die Versicherungsnehmer gegen die AG auf Grund des § 3 der Verordnung vom 2. September 1953 keinen Anspruch hatten, weil die AG keinen 4 v. H. der Beitragseinnahmen übersteigenden technischen überschuß im Sinne des § 2 der Verordnung vom 2. September 1953 erzielte.

Gegen die Gültigkeit der vom Reichsfinanzhof und vom Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung angewendeten Vorschrift des § 22 KStDV bestehen keine Bedenken. Schon die Erste Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes vom 6. Februar 1935, RGBl 1935 I S. 163, enthielt die mit dem § 22 KStDV übereinstimmende Vorschrift des § 25. Der Bundesfinanzhof ging in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die dem Reichsminister der Finanzen in § 12 AO alter Fassung gegebene Ermächtigung, zur Ergänzung und zur Durchführung des Gesetzes Verordnungen zu erlassen, weit ausgelegt werden muß, weil an die Rechtsetzung im totalitären Staat nicht dieselben strengen Maßstäbe angelegt werden können wie in einem demokratischen Rechtsstaat (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs 6 23/55 S vom 25. Januar 1957, BStBl III 1957 S. 131, Slg. Bd. 64 S. 345). Das muß um so mehr für solche Vorschriften gelten, die vom Bundesgesetzgeber in einem Bundesgesetz ausdrücklich gebilligt wurden (vgl. Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950, BGBl 1950 I S. 95). Mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes (GG) wurde also § 22 KStDV nach Art. 125 GG Bundesrecht, und er wurde außerdem ausdrücklich als Bundesrecht bestätigt. Im übrigen befindet sich die gleiche Vorschrift im § 22 KStDV 1949 vom 4. Juli 1949, Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949 S. 183, die auf Grund der Ermächtigung des Art. 12 des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 22. Juni 1948, Beilage Nr. 4 zum Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1948, erging und die von der Besatzungsmacht ausdrücklich gebilligt wurde. Umfang und Wirksamkeit dieser Ermächtigung sind nicht nach den Vorschriften des GG zu beurteilen. Daß die Vorschrift des § 22 KStDV den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG nicht verletzt, ergibt sich aus ihrem oben dargelegten Sinn und Zweck. Sie dient im Gegenteil einer möglichst gleichmäßigen Besteuerung aller Versicherungsunternehmen.

Die Vorentscheidungen werden aufgehoben. Der Körperschaftsteuerbescheid des Finanzamts wird wiederhergestellt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410547

BStBl III 1962, 483

BFHE 1963, 591

BFHE 75, 591

DB 1962, 1427

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge