Leitsatz (amtlich)

Mietzinsen, die eine Personengesellschaft einem Gesellschafter zahlt oder schuldet, können den Gewerbeertrag auch dann nicht mindern, wenn der an die Personengesellschaft vermietete und von ihr betrieblich genutzte Grundstücksteil seinem Werte nach im Verhältnis zum Wert des gesamten Grundstücks nur von untergeordneter Bedeutung ist.

 

Normenkette

GewStG § 7; EStG § 15 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Personengesellschaft, betrieb in den Streitjahren 1959 bis 1967 ein Werbeunternehmen. Gesellschafter waren G mit einem Gewinn- und Verlustanteil von 60 v. H. und Frau K mit einem Gewinn- und Verlustanteil von 40 v. H. G war zum alleinigen Geschäftsführer bestellt.

Die Klägerin benutzte für ihre gewerblichen Zwecke in den Streitjahren aufgrund eines Mietvertrages Geschäfts- und Lagerräume im Anwesen A, das allein der Gesellschafterin K gehörte. Die Klägerin zahlte an Frau K einen Mietzins. Die von der Klägerin genutzte Gebäudefläche betrug 15 v. H. der Gesamtgebäudefläche.

Seit Mitte 1965 unterhielt die Klägerin außerdem im Anwesen B, das allein dem Gesellschafter G gehörte, ein Lager. Die Klägerin zahlte auch an den Gesellschafter G einen Mietzins. Die von der Klägerin genutzte Gebäudefläche betrug 12,6 v. H. der Gesamtgebäudefläche.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat bei der Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge für 1959 bis 1967 die Auffassung, daß der Wert der von der Klägerin genutzten Grundstücksteile der Grundstücke A und B jeweils im Verhältnis zum Gesamtwert des Grundstücks von untergeordneter Bedeutung und deshalb nicht "in die Firmenbilanz" aufzunehmen sei. Gleichwohl seien die von der Klägerin an ihre Gesellschafter gezahlten Mietzinsen, die die Klägerin bei der Ermittlung ihres Gewinnes als Betriebsausgaben abgezogen habe, gemäß § 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Gewinnanteil des Gesellschafters, der die Mietzinsen erhalten habe, und damit auch dem Gesamtgewinn der Klägerin wieder hinzuzurechnen.

Auf dieser Grundlage erließ das FA endgültige Gewerbesteuermeßbetragsbescheide für 1959 bis 1967.

Mit ihren Einsprüchen wandte sich die Klägerin gegen die Zurechnung der Mietzinsen. Das FA wies die Einsprüche insoweit zurück.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die gezahlten Mietzinsen seien Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern i. S. von § 15 Nr. 2 EStG; die Hinzurechnung sei unabhängig davon vorzunehmen, ob der überlassene Gegenstand notwendiges Betriebsvermögen sei oder nicht.

Mit der Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Gewerbesteuermeßbescheide dahin zu ändern, daß bei der Ermittlung der Gewinne die an die Gesellschafter gezahlten Mietzinsen nicht hinzugerechnet werden.

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

a) Nach § 15 Nr. 2 EStG gehören zu den einkommensteuerpflichtigen Einkünften aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, und (u. a. ) "die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft ... für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat".

Nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (oder des Körperschaftsteuergesetzes - KStG -) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist § 15 Nr. 2 EStG auch bei der Ermittlung des dem Gewerbeertrag zugrunde zu legenden Gewinns anzuwenden (s. z. B. Urteile vom 10. Oktober 1952 I 99/52 U, BFHE 57, 236, BStBl III 1953, 94; vom 11. Dezember 1956 I 194/56 U, BFHE 64, 275, BStBl III 1957, 105; vom 23. August 1963 VI 305/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964 S. 18 - HFR 1964, 18 -; vom 26. Januar 1968 VI R 129/66, BFHE 91, 420, BStBl II 1968, 369).

Vermietet demgemäß ein Gesellschafter einer Personengesellschaft, der Alleineigentümer eines Grundstücks ist, das Grundstück als Ganzes oder einen räumlich abgegrenzten Teil des Grundstücks an die Personengesellschaft, so können die Mietzinsen, die die Personengesellschaft an den Gesellschafter zahlt, den Gewerbeertrag nicht als Betriebsausgaben mindern, weil sie "Vergütungen ... für die Überlassung von Wirtschaftsgütern" sind.

Zu Unrecht wendet die Revision ein, diese Rechtsgrundsätze seien nicht anzuwenden, wenn der an die Personengesellschaft vermietete und von ihr betrieblich genutzte Teil des Gesellschaftergrundstücks seinem Werte nach im Verhältnis zum Wert des gesamten Grundstücks nur von untergeordneter Bedeutung ist.

Der Senat läßt ausdrücklich offen, ob die Verwaltungsanweisung in Abschn. 14 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) Rechtens ist, nach der betrieblich genutzte Grundstücksteile von untergeordneter Bedeutung nicht als Betriebsvermögen gelten, und ob dieser Grundsatz auch auf Grundstücksteile anzuwenden ist, die ein Gesellschafter seiner Personengesellschaft zur betrieblichen Nutzung überlassen hat (vgl. Abschn. 14 Abs. 10 Sätze 4 und 5 EStR; ferner z. B. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 20. August 1975 III 169/73, Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 79 - EFG 1976, 79 -). Unterstellt man, daß beide Fragen zu bejahen sind, so ist der Vorentscheidung darin beizupflichten, daß § 15 Nr. 2 zweiter Halbsatz EStG auf die von der Personengesellschaft gezahlten Mietzinsen auch dann anzuwenden wäre, wenn an die Personengesellschaft vermietete Grundstücksteile entsprechend den für Einzelunternehmer gültigen Grundsätzen ausnahmsweise nicht notwendiges Sonderbetriebsvermögen wären, weil ihr Wert im Verhältnis zum Gesamtwert des Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist.

Der BFH hat allerdings im Zusammenhang mit der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung von Wirtschaftsgütern, die ein Gesellschafter seiner Personengesellschaft zur betrieblichen Nutzung überlassen hat, wiederholt ausgesprochen, daß der Ertrag des Wirtschaftsgutes und die Substanz des Wirtschaftsgutes einkommensteuerrechtlich nicht getrennt beurteilt werden könnten und daß gerade deshalb, weil gemäß § 15 Nr. 2 EStG der Ertrag des Wirtschaftsgutes als Gewinn aus Gewerbebetrieb erfaßt wird, das Wirtschaftsgut selbst als notwendiges Betriebsvermögen zu werten sei (z. B. Urteile vom 1. April 1966 VI 26/65, BFHE 86, 131 [136], BStBl III 1966, 365; vom 28. März 1966 VI 43/65, BFHE 86, 80 [83], BStBl III 1966, 352; vom 29. September 1966 IV 308/64, BFHE 87, 419, BStBl III 1967, 180). Danach bilden der Ertrag und die Substanz eines Wirtschaftsgutes, das ein Gesellschafter seiner Personengesellschaft zur Nutzung überlassen hat, einkommensteuerrechtlich eine Einheit. Dieser Grundsatz müßte aber - auf der hypothetischen Grundlage der oben erwähnten Unterstellung - im Hinblick darauf, daß § 15 Nr. 2 EStG erstrebt, Einzelunternehmer und Mitunternehmer nach Möglichkeit gleichzustellen (vgl. BFH-Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 1/70, BFHE 101, 62, BStBl II 1971, 177; ferner Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 15. Juli 1969 1 BvR 457/66, BVerfGE 26, 327 [337], BStBl II 1969, 718), eine Ausnahme erleiden für die der Personengesellschaft zur Nutzung überlassenen Grundstücksteile, deren Wert im Verhältnis zum Wert des gesamten Grundstückes nur von untergeordneter Bedeutung ist. Denn wenn es Rechtens sein sollte, daß bei einem Einzelunternehmer eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile deshalb nicht als notwendiges Betriebsvermögen beurteilt werden, weil ihr Wert im Verhältnis zum Wert des ganzen Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. Abschn. 14 Abs. 2 EStR; dazu z. B. BFH-Urteil vom 12. November 1964 IV 99/63 S, BFHE 81, 128, BStBl III 1965, 46), so muß Entsprechendes für Grundstücksteile gelten, die einer Personengesellschaft zur Nutzung überlassen sind, sofern ihr Wert im Verhältnis zum Wert des ganzen Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist; sie sind dann nicht notwendiges Sonderbetriebsvermögen (vgl. auch Abschn. 14 Abs. 10 EStR; ferner z. B. BFH-Urteile vom 21. Juli 1967 VI 290/65, BFHE 90, 10, BStBl III 1967, 752; vom 12. Februar 1965 VI 306/63, HFR 1965, 404). Dem primären Zweck des § 15 Nr. 2 EStG, nämlich Einzelunternehmer und Mitunternehmer einkommensteuerrechtlich nach Möglichkeit gleichzustellen, auf den die Rechtsprechung die Beurteilung von Wirtschaftsgütern, die ein Gesellschafter der Personengesellschaft zur Nutzung überläßt, als notwendiges Betriebsvermögen stützt, entspricht es hier gerade, den von einer Personengesellschaft genutzten Teil eines Gesellschaftergrundstücks, dessen Wert im Verhältnis zum Wert des gesamten Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist, nicht als notwendiges Sonderbetriebsvermögen zu beurteilen, weil er auch bei einer eigenbetrieblichen Nutzung durch einen Einzelunternehmer bei diesem nicht notwendiges Betriebsvermögen wäre.

Daraus, daß die von einer Personengesellschaft eigenbetrieblich genutzten Teile eines Gesellschaftergrundstücks, deren Wert im Verhältnis zum Wert des gesamten Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist, nicht notwendiges Sonderbetriebsvermögen wären, würde nun aber nicht folgen, daß die von der Personengesellschaft hierfür gezahlten Mietzinsen nicht den Vorschriften des § 15 Nr. 2 EStG unterlägen, also keine "Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern" waren. Vielmehr würde gerade die primäre Zwecksetzung des § 15 Nr. 2 EStG, Einzelunternehmer und Mitunternehmer einkommensteuerrechtlich und gewerbesteuerrechtlich nach Möglichkeit gleichzustellen, eine Anwendung der Vorschrift auf Mietzinsen für Grundstücksteile erfordern, deren Wert im Verhältnis zum Wert des ganzen Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist. Denn auch ein Einzelunternehmer kann für den Nutzungswert eines derartigen Grundstücksteils keine (fiktiven, an sich selbst gezahlten) Mietzinsen als Betriebsausgaben abziehen.

b) Auch die übrigen Einwände der Revision greifen nicht durch.

aa) Die Anwendung des § 15 Nr. 2 EStG auf Mietzinsen für Grundstücksteile, deren Wert im Verhältnis zum Wert des gesamten Grundstücks von untergeordneter Bedeutung ist und die deshalb - hier nur unterstellt - nicht notwendiges Sonderbetriebsvermögen sind, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes; sie dient vielmehr insofern gerade seiner Verwirklichung, als sie zu einer Gleichbehandlung von Einzelunternehmer und Mitunternehmer führt.

bb) Ob die durch die Anwendung des § 15 Nr. 2 EStG entstehende gewerbesteuerrechtliche Mehrbelastung im Verhältnis der Gesellschafter zueinander von allen Gesellschaftern oder nur von demjenigen Gesellschafter zu tragen ist, der die Grundstücksteile an die Gesellschaft vermietet hat, unterliegt der zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern.

cc) Entgegen der Annahme der Revision hat das FA die auf die Grundstücksteile entfallenden Unkosten einschließlich Absetzung für Abnutzung (AfA) als Betriebsausgaben berücksichtigt. Ob diese offensichtlich auf Abschn. 14 Abs. 7 Satz 5 EStR zurückgehende Sachbehandlung - unterstellt, daß die Grundstücksteile nicht Betriebsvermögen sind, gleichwohl (mindestens im Ergebnis vgl. insoweit neuerdings Beck, Finanz-Rundschau 1978 S. 281/284 f.) - zutraf, insbesondere hinsichtlich der AfA, kann auf sich beruhen, weil die Klägerin durch einen zu hohen Ansatz der Aufwendungen nicht beschwert ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72857

BStBl II 1978, 647

BFHE 1979, 549

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