Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Stirbt der Geber von 7c-Darlehen vor ihrer Rückzahlung, so mindert die möglicherweise in Zukunft eintretende Rückflußbelastung des Erben mit Einkommensteuer den erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb im Zeitpunkt des Todes des Erblassers nicht.

 

Normenkette

ErbStG §§ 21-24; EStDV § 11e

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat als Alleinerbin ihres am 12. April 1953 verstorbenen Ehemannes neben anderen Vermögenswerten auch das Betriebsvermögen des Erblassers beerbt. Zu diesem Betriebsvermögen gehören u. a. Forderungen aus unverzinslichen 7c-Darlehen im Nennbetrage von 261.050 DM.

Das Finanzamt hat bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer diese unverzinslichen Forderungen unter Abzinsung gemäß § 14 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) mit 209.790,67 DM in Ansatz gebracht und danach unter Berücksichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten den Nachlaßwert auf 268.317,87 DM berechnet. Nach Abzug des der Ehefrau gemäß § 17 a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) zustehenden Freibetrages in Höhe von 250.000 DM ergab sich bei einem steuerpflichtigen Erwerb im Betrage von 18.310 DM eine Erbschaftsteuer von 915,50 DM, die das Finanzamt mit Steuerbescheid vom 22. Juli 1955 bei dem Steuerberater in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker angefordert hat.

Die Bfin. ist der Ansicht, daß die unverzinslichen Forderungen aus den vom Erblasser gegebenen 7c-Darlehen mit einem zu hohen Wert in Ansatz gebracht worden seien, weil das Finanzamt die beim Rückfluß dieser Darlehen zu erwartende, ihrerseits mit dem Betrag von 137.727 DM bezifferte Einkommensteuerbelastung unberücksichtigt gelassen habe.

Um den Abzug dieser nach ihrer Ansicht als Schuldverbindlichkeit zu berücksichtigenden Einkommensteuerlast herbeizuführen, hat die Bfin., vertreten durch ihren Steuerberater, mit Zustimmung des Vorstehers des Finanzamts gegen den Steuerbescheid des Finanzamts Sprungberufung eingelegt. Sie stellt in erster Linie den Antrag, die mutmaßlich beim Rückfluß der 7c-Darlehen zu entrichtende Einkommensteuer als Nachlaßverbindlichkeit in Abzug zu bringen; hilfsweise beantragt sie festzustellen, daß der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid gemäß § 5 Abs. 2 BewG zu berichtigen sei, sobald feststehe, welche Einkommensteuer von Jahr zu Jahr auf die Darlehnsrückflüsse entfalle. Die Bfin. vertritt die Ansicht, daß die künftige Einkommensteuerschuld ebenso als eine den Erbschaftserwerb mindernde Last berücksichtigt werden müsse wie eine vom Erblasser angeordnete Auflage, auf Grund deren der Erbe zur Zahlung einer Rente oder zur Einräumung eines Wohnrechts verpflichtet sei. Sofern aber diese Last als eine aufschiebend bedingte angesehen werde und ihrem Abzug deshalb vorerst der § 6 BewG entgegenstehe, rechtfertige sich doch zum mindesten der von ihr gestellte Eventualantrag im Hinblick auf den Abs. 2 der letztgenannten Bestimmung in Verbindung mit der Vorschrift des § 5 Abs. 2 BewG.

Das Finanzgericht hat die Sprungberufung als unbegründet zurückgewiesen. Es ist bei seiner Entscheidung von dem Urteil des erkennenden Senats III 133 und 134/55 S vom 26. August 1955 (Slg. Bd. 61 S. 207, Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 S. 278) ausgegangen, in dem der Senat ausgeführt hat, daß bei der Bewertung von 7c-Darlehnsforderungen im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens die Rückflußbelastung durch Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer weder bei dem Wertansatz der Forderungen noch durch den Ansatz eines besonderen Schuldpostens berücksichtigt werden kann. Im Anschluß an diese Ausführungen, die sich das Finanzgericht zu eigen macht, hat es auch die Frage geprüft, ob die Rückflußbelastung etwa außerhalb der Bewertung des Betriebsvermögens als abzugsfähige Verbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen wäre. Das Finanzgericht kommt aber bei der Prüfung dieser Frage zu dem Ergebnis, daß die Entstehung der künftigen Einkommensteuer nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach ungewiß sei. Es handele sich demnach bei dieser künftigen Einkommensteuer um eine aufschiebend bedingte Last, die gemäß § 6 BewG bei der Feststellung des Wertes der Erbschaft nicht berücksichtigt werden dürfe. Ebenso wie den Hauptantrag hat das Finanzgericht auch den auf Feststellung gerichteten Eventualantrag der Bfin. zurückgewiesen; diesen deshalb, weil nach seiner Ansicht insoweit ein rechtsschutzbedürftiges Feststellungsinteresse der Bfin. zum mindesten im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anerkannt werden könne.

Die Bfin. hat Rechtsbeschwerde (Rb.) erhoben. Sie rügt Verletzung des geltenden Rechts und weist in Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens noch besonders darauf hin, daß der Erbe berechtigt sei, rückständige Privatsteuern des Erblassers nachlaßmindernd in Abzug zu bringen. Das gelte auch für noch nicht veranlagte Einkommensteuern, die auf die Lebenszeit des Verstorbenen entfielen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Von der möglicherweise zur Zurückverweisung Anlaß gebenden Entscheidung der formellen Frage, ob ungeachtet der Ernennung eines Testamentsvollstreckers die Bfin. selbst zur Einlegung des Rechtsmittels befugt war, kann abgesehen werden, da der Testamentsvollstrecker in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter der Bfin. die Rechtsbeschwerdeschrift verfaßt hat. Die Rb. ist in der Sache selbst entscheidungsreif. Sie ist unbegründet.

Der Senat hat in seiner Entscheidung III 133 und 134/55 S vom 26. August 1955 eingehend zu der Frage Stellung genommen, ob Forderungen aus der Hingabe von 7c-Darlehen deshalb unter ihrem Nennwert anzusetzen sind, weil sie bei ihrem Rückfluß der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen. Der Senat hat dies im Rahmen der Bewertung des Betriebsvermögens verneint, wobei er nicht allein auf die praktischen Schwierigkeiten hingewiesen, sondern auch aufgeführt hat, daß eine gegenteilige Entscheidung dem Sinn und Zweck des § 53 a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) zuwiderlaufen würde; dieser sei gerade dazu bestimmt und geschaffen, die kaum zu bewältigenden Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich aus der Berücksichtigung zukünftiger Steuerlasten aus laufend veranlagten Steuern, insbesondere der Einkommen- und Körperschaftsteuer, ergeben würden. Der Senat hält an dieser Auffassung für die Bewertung des Betriebsvermögens fest. Sie ist auch bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer im Einzelfalle zu beachten, da § 22 Abs. 6 ErbStG neben verschiedenen anderen für die Bewertung des Betriebsvermögens maßgeblichen Gesetzesvorschriften auch auf die des § 62 BewG verweist, zu dessen näherer Ausführung und Ergänzung der eben erwähnte § 53 a BewDV dient.

Damit war indessen noch nichts darüber gesagt, ob die bei dem Ansatz des Betriebsvermögens nicht zu beachtende Rückflußbelastung durch Einkommen- oder Körperschaftsteuern außerhalb der Einheitswertfeststellung zu berücksichtigen und wie eine Nachlaßverbindlichkeit vom Erbschaftserwerb in Abzug zu bringen wäre. Der Senat hat diese Frage in dem vorerwähnten Urteil vom 26. August 1955 offengelassen.

Das Finanzgericht hat sie verneint, obwohl es zutreffend darauf hingewiesen hat, daß § 53 a BewDV in diesem Zusammenhang nicht mehr zur Begründung der ablehnenden Entscheidung herangezogen werden könne. Die Bfin. hat die Entscheidung des Finanzgerichts angegriffen, weil es nach ihrer Ansicht nur in unvollständiger Weise zu dem Problem Stellung genommen und insbesondere außer acht gelassen habe, daß der Erbe Privatsteuern des Erblassers nachlaßmindernd in Abzug zu bringen berechtigt sei, selbst wenn die Veranlagung der auf den Erblasser entfallenden Einkommensteuer noch nicht vorliege. Es sei daher nicht einzusehen, weshalb die mit dem Zufluß von 7c-Darlehen untrennbar verbundene Einkommensteuerschuld nicht wertmindernd berücksichtigt werden solle. An diesen Ausführungen ist soviel richtig, daß auch die vom Erblasser bei seinem Tode geschuldeten Personensteuern, selbst wenn sie in diesem Zeitpunkt noch nicht veranlagt waren, vom Erbschaftserwerb in Abzug gebracht werden dürfen, weil es sich insoweit um echte Nachlaßverbindlichkeiten handelt. Die Bfin. übersieht aber, daß eine Einkommensteuer in der Person des Erblassers überhaupt nicht mehr zur Entstehung gelangen kann, soweit die von ihm gewährten 7c-Darlehen erst nach dem Tode des Erblassers an den Erben zurückfließen. Dem entspricht die Bestimmung des § 11e der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, in der zwar die Abtretung einer solchen Darlehnsforderung der Rückzahlung des 7c-Darlehens gleichgestellt, im übrigen aber gesagt wird, daß dies für den übergang von 7c-Darlehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht zu gelten habe. Bei 7c-Forderungen, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben übergegangen sind, trifft demnach die Rückflußbelastung nicht mehr den Erblasser selbst, sondern seinen Rechtsnachfolger. Das Finanzgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Entstehung der Einkommensteuer, die in derartigen Fällen eine persönliche Steuerbelastung des einzelnen Erben darstellt, sowohl von der Rückzahlung des Darlehens überhaupt als auch davon abhängig ist, daß der Erbe in dem Veranlagungszeitraum, in dem der Rückfluß der Darlehensbeträge erfolgt, ein steuerpflichtiges Einkommen erzielt. Das Finanzgericht hat unter Berufung auf § 6 Abs. 1 BewG die Abzugsfähigkeit einer künftigen Einkommensteuerbelastung des Erben bei der Durchführung der Erbschaftsteuerveranlagung verneint. Dem ist im Ergebnis beizupflichten.

Daß aber dem auf Feststellung der künftigen Abzugsfähigkeit derartiger Steuerlasten gerichteten Eventualantrag der Bfin. nicht entsprochen werden konnte, ergibt sich schon allein aus der Systematik der in der Reichsabgabenordnung (AO) geregelten Verfahrensvorschriften für das steuerliche Rechtsmittelverfahren. Neben den auf die Gestaltung von steuerlichen Rechtsverhältnissen gerichteten Rechtsmitteln gegen Steuerbescheide sind nämlich Feststellungsklagen, sofern man davon überhaupt sprechen kann, nur in dem seltenen Falle gegeben, daß ein vom Finanzamt gemäß § 125 AO erteilter Abrechnungsbescheid, der das Bestehen einer Steuerschuld in bestimmter Höhe feststellt, vom Steuerpflichtigen im Berufsverfahren angegriffen wird. Da sonst aber im Rechtsmittelsystem der AO Feststellungsklagen, wie sie beispielsweise im Zivilprozeßverfahren geläufig sind, keinen Platz gefunden haben, ist auch insoweit die Entscheidung der Vorinstanz nicht zu beanstanden.

Die Rb. war daher mit der Kostenfolge aus § 307 AO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408506

BStBl III 1956, 253

BFHE 1957, 145

BFHE 63, 145

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