Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines von der Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Verfügung gestellten Kfz

 

Leitsatz (amtlich)

Eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines Kraftfahrzeugs durch eine Kapitalgesellschaft setzt voraus, daß die Gesellschaft das Fahrzeug ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses im Rahmen eines besonderen schuldrechtlichen Vertrags, z.B. eines Anstellungs- oder Mietvertrags, zur Verfügung gestellt hat. Dafür trägt die Kapitalgesellschaft die Feststellungslast.

 

Orientierungssatz

Die Anwendung der Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) setzt voraus, daß eine nicht behebbare Ungewißheit besteht und das FG sich aufgrund der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse keine Überzeugung von dem Geschehensablauf bilden kann (vgl. BFH-Urteil vom 22.1.1985 VIII R 29/82).

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b; FGO § 96 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt einen Großhandel. Bis zum Streitjahr 1983 unterhielt sie einen aus drei PKW bestehenden Fuhrpark. Die Fahrzeuge standen den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Geschäftsführerverträge enthielten jedoch keine ausdrückliche Regelung darüber, in welchem Umfang die Geschäftsführer die PKW für private Fahrten benutzen durften.

Im Oktober 1982 bestellte die Klägerin einen vierten PKW, der Mitte 1983 an sie ausgeliefert wurde. Die Anschaffungskosten beliefen sich auf 38 075,08 DM. Die Klägerin beantragte für die Anschaffung dieses Fahrzeugs die Gewährung einer Investitionszulage. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag --auch im Einspruchsverfahren-- ab, da die Klägerin den PKW weder ausschließlich noch fast ausschließlich betrieblich genutzt habe.

Die Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Klägerin habe die Voraussetzung der betrieblichen oder fast ausschließlich betrieblichen Nutzung der Wirtschaftsgüter nicht beweisen können. Es habe nicht aufgeklärt werden können, aufgrund welcher Vereinbarung und in welchem Umfang das Kraftfahrzeug privat genutzt worden sei.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 4b Abs.2 Satz 7 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982. Unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 23.Mai 1986 III R 144/85 (BFHE 147, 195, BStBl II 1986, 919) ist sie der Auffassung, eine GmbH könne zulagenrechtlich keine außerbetriebliche Sphäre haben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 8.November 1984 und unter Änderung des Investitionszulagebescheids 1983 vom 2.August 1984 die Investitionszulage auf 3 304 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FG es abgelehnt, der Klägerin eine Investitionszulage für die Anschaffung des vierten Kraftfahrzeuges zu gewähren.

1. Gemäß § 4b Abs.2 Satz 7 InvZulG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (InvZulG 1982) ist eine Investition u.a. nur begünstigt, wenn das angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Hat der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut einem anderen zur Nutzung überlassen, so ist diese Voraussetzung aus der Sicht desjenigen zu beurteilen, bei dem das Wirtschaftsgut i.S. des § 4b Abs.2 Satz 1 Nr.1 InvZulG 1982 verblieben ist (vgl. zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.Juli 1989 III R 29/88, BFHE 157, 472, BStBl II 1989, 903).

2. Die Vorentscheidung entspricht im Ergebnis diesen Rechtsgrundsätzen.

a) Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil in BFHE 147, 195, BStBl II 1986, 919 entschieden, daß ein vom Investor angeschaffter Kraftwagen, den dieser als Arbeitgeber einem Arbeitnehmer (entgeltlich oder unentgeltlich) zur Benutzung überläßt, auch bei langfristiger Gebrauchsüberlassung an den Arbeitnehmer im Betrieb (in der Betriebstätte) des Investors verbleibt. Für den Senat war entscheidend, daß der Betriebsinhaber wegen der Funktion und der Eingliederung des Arbeitnehmers im Betrieb eine tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf das überlassene Kraftfahrzeug hat. Handelt es sich bei dem Arbeitnehmer, wie im Streitfall, um einen Gesellschafter-Geschäftsführer, kann nichts anderes gelten; denn es besteht eine nahezu immerwährende, unmittelbare tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf das überlassene Kraftfahrzeug durch die Geschäftsführung der Gesellschaft. Durch die Wahrnehmung leitender Aufgaben ist ein Geschäftsführer eng mit dem Betrieb verbunden. Dies gilt ganz besonders dann, wenn der Geschäftsführer durch seine gleichzeitige Gesellschafterstellung dem Betreib nicht nur arbeits-, sondern auch gesellschaftsrechtlich verbunden ist.

b) Die Klägerin hat das Kraftfahrzeug jedoch nicht ausschließlich betrieblich genutzt. Eine ausschließlich betriebliche Nutzung ist nur dann gegeben, wenn die Klägerin das Kraftfahrzeug ihren Gesellschafter-Geschäftsführern außerhalb des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses im Rahmen eines besonderen schuldrechtlichen Vertrags, z.B. eines Anstellungs- oder Mietvertrags, zur Verfügung gestellt hat.

Das FG hat zutreffend eine ausschließlich betriebliche Nutzung des PKW aufgrund der zwischen den Gesellschafter-Geschäftsführern und der Klägerin bestehenden Anstellungsverträge verneint. Die Verträge enthielten über eine vereinbarte Nutzungsüberlassung keine Regelungen. Die Klägerin selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärt, daß die Überlassung des Kraftfahrzeugs nicht im Rahmen der zwischen den Gesellschafter-Geschäftsführern und ihr bestehenden Arbeitsverhältnisse erfolgt sei. Eine ausschließlich betriebliche Nutzung des Kraftfahrzeugs läßt sich auch nicht aus einem Vertrag herleiten, der die entgeltliche Nutzungsüberlassung des Fahrzeuges zum Gegenstand hat. Es ist nicht zu beanstanden, daß das FG zu diesem Ergebnis nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) gelangt ist. Die Anwendung dieser Regeln setzt voraus, daß eine nicht behebbare Ungewißheit besteht und das FG sich aufgrund der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse keine Überzeugung von dem Geschehensablauf bilden kann (BFH-Urteil vom 22.Januar 1985 VIII R 29/82, BFHE 143, 71, BStBl II 1985, 308; ferner BFH-Urteil vom 24.Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562). Das FG hat im einzelnen dargelegt, weshalb sich ihm Zweifel an einer besonderen Nutzungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern aufgedrängt haben. So hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärt, die entgeltliche Nutzung des PKW beruhe auf einer mündlichen Vereinbarung. Wie den nicht angegriffenen und damit den erkennenden Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) des FG zu entnehmen ist, hat die Klägerin jedoch keine konkreten Angaben zum Inhalt dieser Vereinbarung gemacht. Hinsichtlich des Entgelts verwies sie lediglich auf eine "Pauschalvereinbarung" ohne einen konkreten Betrag zu nennen. Eine weitere Aufklärung dieser im Tatsächlichen bestehenden Ungewißheit war der Vorinstanz nicht möglich; denn die Klägerin hat trotz schriftlicher Aufforderung durch das FG keinen Nachweis über die Entgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung erbracht. Für das zulagebegründende Merkmal der ausschließlich betrieblichen Nutzung aber trägt die Klägerin entsprechend den im Urteil des BFH in BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562 dargestellten Grundsätzen die Feststellungslast (s. auch BFH-Urteil vom 19.November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289, 291).

c) Die Klägerin hat das Kraftfahrzeug auch nicht fast ausschließlich betrieblich genutzt. Es bestand auch insoweit eine unbehebbare Ungewißheit darüber, ob die Gesellschafter-Geschäftsführer den PKW zu weniger als 10 v.H. zu privaten Zwecken und damit fast ausschließlich betrieblich genutzt haben. Das FG hat im einzelnen dargelegt, warum sich ihm erhebliche Zweifel an einer unter 10 v.H. liegenden Privatnutzung des PKW durch die Gesellschafter-Geschäftsführer aufgedrängt haben. Insbesondere weist die Vorentscheidung auf die im Verlauf des Verfahrens wechselnde Sachverhaltsdarstellung durch die Klägerin hin. Die berechtigten Zweifel, die das FG an der Sachverhaltsdarstellung der Klägerin haben konnte, waren nicht behebbar. Die Klägerin hat trotz richterlicher Auflage keine konkreten Angaben über den Umfang der Privatfahrten durch die Gesellschafter-Geschäftsführer gemacht, sondern erklärt, dazu keinen Nachweis führen zu können. Ebenso wie für die ausschließlich betriebliche Nutzung trägt die Klägerin auch für den Sachverhalt, daß das Kraftfahrzeug fast ausschließlich betrieblich genutzt wurde, die objektive Beweislast.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63299

BFH/NV 1990, 70

BStBl II 1990, 752

BFHE 161, 237

BFHE 1991, 237

BB 1990, 217

BB 1990, 2176-2177 (LT)

DB 1990, 1952 (T)

DStR 1990, 671 (KT)

HFR 1990, 643 (LT)

StE 1990, 299 (K)

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