Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Erbschaft/Schenkung und Steuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergünstigung des § 7 c EStG entfällt, wenn Zuschüsse oder unverzinsliche Darlehen zwischen Eltern und Kindern gegeben werden und Geber und Nehmer zusammen veranlagt werden.

Zu den Begriffen "Zusammenveranlagung" und "Zusammenrechnung".

 

Normenkette

EStG §§ 7c, 26-27; VStG § 11/1; VStG § 11/2

 

Tatbestand

Im Jahre 1949 hat der Beschwerdeführer (Bf.) seiner am 23. November 1930 geborenen Tochter zur Errichtung eines Wohnhauses ein zinsloses Darlehen von 15.000 DM gegeben. Er beansprucht die Vergünstigung des § 7 c des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949.

Das Finanzamt hat diese im Hinblick auf die Ziffer 7 b des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 17. November 1949 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen - MinBlFin. - 1949 S. 310, Anlage 3 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - II/1948 und 1949) versagt, nach der die Anwendung der bezeichneten Gesetzesvorschrift entfalle, wenn Zuschüsse oder unverzinsliche Darlehen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern gegeben werden.

Das Finanzgericht hat dem Antrag entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) begehrt der Vorsteher des Finanzamts die Wiederherstellung der Steuerbescheide. Die Ziffer 7 b des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 17. November 1949 sei eine sinngemäße Ergänzung des § 7 c EStG; die Auffassung des Finanzgerichts führe dazu, auch Baudarlehen zwischen Ehegatten anzuerkennen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann keinen Erfolg haben.

Ohne Rechtsirrtum wird in der Vorentscheidung dem Erlaß vom 17. November 1949 nicht der Charakter einer Rechtsverordnung zugesprochen. Abgesehen davon, daß die Anordnung vom 17. November 1949 nur als Erlaß bezeichnet ist, ergibt sich die Tatsache, daß es sich um eine Verwaltungsanweisung handelt, daraus, daß der Bundesminister der Finanzen die streitige Frage im Abschnitt 74 Absatz 1 EStR 1950 insofern anders beurteilt, als er die Steuervergünstigung nur dann nicht für zulässig hält, wenn Eltern und Kinder zusammen veranlagt werden. Würde der Erlaß vom 17. November 1949 eine Rechtsverordnung darstellen, so hätte die Abänderung nicht durch Richtlinien vorgenommen werden können. Ebenso wie diese enthält der bezeichnete Erlaß nur Auslegungsregeln, an die die Steuergerichte nicht gebunden sind; die Einkommensteuer-Richtlinien 1950 bringen das zudem in der Einführung noch besonders zum Ausdruck.

Im übrigen hält das Finanzgericht außer der nach seiner Meinung widerspruchsvollen Fassung der Ziffer 7 b des Erlasses vom 17. November 1949 die in dieser ausgesprochenen Auslegung des § 7 c EStG 1949 deshalb nicht für zutreffend, weil bürgerlich-rechtliche Begriffe für die Beurteilung steuerlicher Tatbestände nur insoweit verwendet werden könnten, als sie mit den Grundgedanken und Zwecken der Steuergesetze vereinbar seien. Danach käme es für die Veranlagung für Ehegatten zur Einkommensteuer nur darauf an, ob sie unbeschränkt steuerpflichtig seien und nicht dauernd voneinander getrennt lebten (ß 26 EStG), und für die Zusammenveranlagung von Eltern und Kindern, ob beim Vorliegen der unbeschränkten Steuerpflicht Kinderermäßigung nach § 32 Absatz 4 Ziffer 2 EStG zu gewähren sei, d. h. die Kinder im Veranlagungszeitraum mindestens vier Monate das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Das gelte auch für den hier zu beurteilenden Fall eines noch nicht volljährigen Kindes von über 18 Jahren. Das in Ziffer 7 b des bezeichneten Erlasses ohne Rücksicht darauf ausgesprochene Abzugsverbot, ob die Einkünfte der Kinder mit denen des Haushaltsvorstandes zusammen veranlagt werden, vertrage sich nicht mit dem Inhalt und Zweck des § 7 c EStG 1949 und sei deshalb nicht zu beachten. Da Umstände, die den Tatbestand des § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) erfüllen könnten, nicht erkennbar seien, müsse der Abzug des Darlehens an die Tochter zugelassen werden.

Wenn auch dem Ergebnis zuzustimmen ist, so erscheint die Begründung des Finanzgerichts insoweit nicht bedenkenfrei, als das Abzugsverbot auch dann nicht zum Zuge kommen soll, wenn eine Zusammenveranlagung zwischen Haushaltsvorstand und Kindern stattzufinden hat. Soweit letzteres der Fall ist, kann § 7 c EStG 1949 keine Anwendung finden. Die im Abschnitt 74 Absatz 1 EStR 1950 enthaltene Auslegung entspricht dem Gesetz. Das Finanzgericht sieht anscheinend den Sinn und Zweck der Vorschriften über die Zusammenveranlagung von Ehegatten und zwischen Haushaltsvorstand und Kindern (§§ 26, 27 EStG) sich darin erschöpfen, daß es sich beim Vorliegen der Voraussetzungen nur um eine technische Angelegenheit handle. Das ist nicht richtig. Dabei werden die zweiten Absätze der §§ 26, 27 EStG, nach denen die Einkünfte der Ehegatten bzw. die des Haushaltsvorstandes und der Kinder zusammenzurechnen sind, übersehen. Das bedeutet, daß die Einkünfte beider Teile (im § 26 der Ehegatten, im § 27 des Haushaltsvorstandes und der Kinder) als eine Einheit behandelt werden und zu behandeln sind; die zusammengerechneten Einkünfte bilden ein Einkommen; es ist davon auszugehen, als ob die Einkünfte von einer Person bezogen wären. Durch die Zusammenrechnung wird jedoch keine Einheit der Personen, sondern nur der Einkünfte herbeigeführt. Demgegenüber bedeutet eine "Zusammenveranlagung", daß sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau bzw. sowohl der Haushaltsvorstand wie auch die Kinder veranlagt werden, sie sind danach Steuersubjekte. Der Sinn der Vorschriften der §§ 26, 27 EStG ist daher der, daß die Einkünfte der Ehegatten bzw. des Haushaltsvorstandes und der Kinder als ein einziges Ganzes anzusehen sind, jedoch nicht als ein solches des Ehemannes bzw. des Haushaltsvorstandes, sondern als gemeinsames Einkommen, im § 26 des Ehemannes und der Ehefrau, im § 27 des Haushaltsvorstandes und der Kinder, mit der Folge, daß die Veranlagung gegen beide Teile, Ehemann und Ehefrau bzw. Haushaltsvorstand und Kinder, zu richten ist; alle sind sie Steuerpflichtige. Insofern ist es richtig, wenn die Haushaltsbesteuerung als eine Art steuerliche Einkommens- und Gütergemeinschaft bezeichnet wird.

Die gleichen Grundsätze gelten für die Zusammenrechnung und Zusammenveranlagung der Vermögen bei der Vermögensteuer (ß 75 des Reichsbewertungsgesetzes - RBewG -, § 11 Absätze 1 und 2 des Vermögensteuergesetzes - VermStG -). Auch hier handelt es sich infolge der Zusammenrechnung um ein Vermögen; andererseits bleibt infolge der Zusammenveranlagung die Eigenschaft der Ehegatten bzw. der Eltern und Kinder als selbständiger Steuersubjekte bestehen.

Für die Auslegung des § 7 c EStG ergibt sich hiernach folgendes: Diese Vorschrift dient der Finanzierung fremder Bauvorhaben. Die Vergünstigung (Abzug des Zuschusses oder zinslosen Darlehens) setzt Nehmer und Geber voraus und kann daher nur gewährt werden, wenn die Zuschüsse oder unverzinslichen Darlehen aus dem Vermögen des Gebers ausscheiden und in das Vermögen des Nehmers übergehe. Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer dürfen hiernach nicht nur nicht die gleiche Person sein, die Anwendung des § 7 c EStG ist auch nicht möglich, wenn das gewährte Darlehen (Zuschuß) mit dem Vermögen des Darlehnsgebers zusammenzurechnen ist. Es liegt dann keine Aussonderung aus dessen Vermögen vor, da diese Frage nicht nach bürgerlich-rechtlichen, sondern steuerlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist.

Die Voraussetzungen des § 7 c EStG 1949 sind danach nicht gegeben bei Darlehnsgewährungen zwischen Ehegatten und zwischen Haushaltsvorstand (Eltern) und Kindern, wenn die Ehegatten bzw. Eltern und Kinder zusammen zu veranlagen sind. Ist das nicht der Fall, so ist die Vergünstigung des § 7 c EStG 1949 auch bei Zuschüssen oder Darlehen zwischen den genannten Personen zu gewähren.

Da die Tochter bei der Darlehnsgewährung das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte und demgemäß eine Veranlagung mit dem Bf. nicht mehr in Betracht kam, ist der Abzug des Darlehens vom Finanzgericht im Ergebnis mit Recht zugelassen worden, da im übrigen alle Voraussetzungen des § 7 c EStG 1949 erfüllt sind.

Die Vorentscheidung hat auch ohne Rechtsirrtum das Vorliegen des Tatbestandes von § 6 StAnpG verneint. Es sind keine Umstände erkennbar, die darauf schließen lassen, daß ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts vorliegt. Die Ernsthaftigkeit der Darlehnsgewährung wird auch noch dadurch besonders unterstrichen, daß der Bf. inzwischen die Tochter hat für volljährig erklären lassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407371

BStBl III 1952, 107

BFHE 1953, 273

BFHE 56, 273

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