Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfteermittlung bei Ferienwohnungen

 

Leitsatz (NV)

Bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung ist ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen auszugehen. Bei einer teils selbstgenutzten und teils an wechselnde Feriengäste vermieteten Ferienwohnung ist ‐ nach Aufteilung der auf die Selbstnutzung und auf die Vermietung entfallenden Kosten ‐ durch eine Prognose festzustellen, ob in einem Zeitraum von 30 Jahren aus der Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann.

 

Normenkette

EStG §§ 2, 9, 21; FGO § 118 Abs. 2

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine aus zwei Beteiligten bestehende Grundstücksgemeinschaft, ist Eigentümerin einer Ferienwohnung, die sie einem Verwalter ganzjährig zur Vermietung an wechselnde Feriengäste überlassen hat. Im Streitjahr (1997) war die Ferienwohnung an 79 Tagen vermietet.

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Streitjahres machte die Klägerin einen ―durch Gegenüberstellen der Einnahmen (7 453 DM) und der gesamten Aufwendungen (25 989 DM) ermittelten― Werbungskostenüberschuss geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ließ nur 5 558 DM zum Werbungskostenabzug zu.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FA habe zutreffend die geltend gemachten (auf Selbstnutzung und Vermietung entfallenden) Werbungskosten nur mit dem auf die Vermietungstage im Streitjahr entfallenden Anteil (79/365) zum Abzug zugelassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien die Leerstandszeiten einer Ferienwohnung der Selbstnutzung zuzurechnen, wenn ―wie im Streitfall― beim Vermieten durch einen Dritten die Selbstnutzung tatsächlich und rechtlich nicht ausgeschlossen sei. Auf das Vorbringen der Klägerin, die Ferienwohnung im Streitjahr nicht selbst genutzt zu haben, komme es nicht an; nach der Rechtsprechung des BFH reiche die Möglichkeit der Selbstnutzung aus.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuss von 18 536 DM festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Unrecht allein wegen der Möglichkeit der Selbstnutzung die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zugerechnet.

1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des BFH im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.

a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Einkünfteerzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).

b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt ―wie der Senat in seinem Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat― unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte keine Selbstnutzung sind.

c) Dagegen ist nach dem Urteil IX R 97/00 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils IX R 97/00.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat ―ausgehend von seiner Rechtsauffassung zutreffend― keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die Ferienwohnung durch Einschalten des Verwalters ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit zur Vermietung bereitgehalten oder ob sie die Ferienwohnung auch selbst genutzt hat. Trifft das Erstere zu, ist ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Liegt eine Selbstnutzung vor (s. dazu auch BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 2/99, BFH/NV 2002, 771), muss das FG die Kosten aufteilen und durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen, ob durch die Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 921385

BFH/NV 2003, 598

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