Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Kurkosten durch den Arbeitgeber als Arbeitslohn

 

Leitsatz (NV)

Übernimmt der Arbeitgeber Kosten der Heilbehandlung (Kurkosten) seiner Arbeitnehmer, deren Übernahme oder Erstattung die Versicherung abgelehnt hat, so liegt darin grundsätzlich die Zuwendung von Arbeitslohn.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Eine Prokuristin der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) führte im Jahr 1985 eine einwöchige Heilbehandlung (Schlafkur) in einer Privatklinik durch. Der zuständige Versicherungsträger lehnte eine Erstattung der Kosten des Klinikaufenthalts in Höhe von ca.3000 DM ab. Die Klägerin übernahm die Kosten und versteuerte sie gemäß § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal mit 25 v.H.. Im Anschluß an eine Lohnsteueraußenprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gegenüber der Klägerin einen auf § 42d EStG gestützten Haftungsbescheid, in dem er die übernommenen Kosten als normal zu versteuernden Arbeitslohn der Prokuristin behandelte.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es vertrat die Ansicht, die Kur sei im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin durchgeführt worden.

Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung der §§ 19 und 8 EStG sowie des § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) und eine Divergenz. Es macht geltend, das FG habe den Begriff der in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse erbrachten Leistung verkannt und sei dabei von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen. Dieser nehme ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse nur dann an, wenn der Belegschaft als Gesamtheit ein Vorteil zugewendet werde (Urteil vom 31. Oktober 1986 VI R 73/83, BFHE 148, 61, BStBl II 1987, 142) oder wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer aufgedrängt werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Entgegen der Auffassung des FG ist in der Übernahme der Kurkosten zugunsten der Prokuristin steuerpflichtiger Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu sehen. Der angefochtene Haftungsbescheid ist deshalb rechtmäßig.

Der Senat hat in dem Urteil vom 24. Januar 1975 VI R 242/71 (BFHE 114, 496, BStBl II 1975, 340) in Sachzuwendungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer in Form einer Kur dann keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gesehen, wenn die Kur im überwiegenden betrieblichen Interesse zur Wiederherstellung oder Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmer durchgeführt wird. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse hatte der Senat für die Fallgestaltung bejaht, daß bei Kreislauftrainingskursen die Teilnehmer durch Betriebsärzte ausgewählt werden, daß die Kur notwendig ist und daß sie unter betriebsärztlicher Aufsicht in einer streng auf den Kurzweck abgestellten Weise durchgeführt wird. Er hat der möglicherweise in gewissem Maße anzunehmenden Bereicherung der Arbeitnehmer durch die Gewährung der Kur deshalb kein entscheidendes Gewicht beigemessen, weil alle Kurteilnehmer krankenversichert waren und somit einen Anspruch auf Bezahlung von Heilbehandlung und Kurkosten durch ihre Krankenkasse gehabt hatten (BFHE 114, 496, BStBl II 1975, 340, 342, rechte Spalte, oben).

In Abgrenzung zu dieser Entscheidung hat der Senat in dem Urteil in BFHE 148, 61, BStBl II 1987, 142 bei vom Arbeitgeber getragenen Kosten für Kuren bei älteren Arbeitnehmern in der Regel steuerpflichtigen Arbeitslohn gesehen. Im konkreten Fall habe gegenüber dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers an der Gesundheit seiner Belegschaft das Interesse der Arbeitnehmer an der Bereicherung eindeutig im Vordergund gestanden. Insbesondere sei den Arbeitnehmern die Kur - anders als die Untersuchung in dem die Vorsorgeuntersuchungen bei leitenden Angestellten betreffenden Urteilsfall vom 17. September 1982 VI R 75/79 (BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39) - nicht aufgedrängt worden; die Arbeitnehmer hätten im Falle der Ablehnung der Kur keine Nachteile erlitten.

Ist danach in der Übernahme von Kurkosten durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn zu sehen, so lassen die im Streitfall vom FG festgestellten Umstände nicht den Schluß zu, daß ausnahmsweise eine andere Beurteilung gerechtfertigt ist. Wegen der schwierigen finanziellen Situation der Klägerin hatte diese zwar ein besonderes Interesse an der Arbeitsfähigkeit der Prokuristin. Die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind aber stets auch für den einzelnen Arbeitnehmer von großer Bedeutung. Deshalb könnte ausnahmsweise nur für den Fall kein Arbeitslohn angenommen werden, daß der einzelne Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet durch die Übernahme der Kurkosten deshalb nicht bereichert ist, weil anderenfalls sein Krankenversicherer die Kosten übernommen hätte. Eine derartige Fallgestaltung lag dem Urteil in BFHE 114, 496, BStBl II 1975, 340 zugrunde. Sie liegt im Streitfall nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419574

BFH/NV 1994, 313

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