Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Tarifbegünstigung der Veräußerung des zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers gehörenden Grundstücks ‐ auch bei Betriebsaufgabe und Aufgabe der Bebauungsabsicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Veräußerung des zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers gehörenden Grundstücks ist auch dann nicht nach den §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, wenn sie mit der Betriebsaufgabe zusammentrifft und hiermit zugleich eine zunächst bestehende Bebauungsabsicht aufgegeben wird. Soweit der Senat im Urteil vom 21. November 1989 VIII R 19/85 (BFH/NV 1990, 625) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.

2. Die vorstehenden Grundsätze gelten auch, wenn das Betriebsvermögen einer den gewerblichen Grundstückshandel betreibenden Personengesellschaft ―mit Ausnahme der Grundstücke des Umlaufvermögens― auf ein Schwesterunternehmen ausgelagert wird und im Anschluss hieran der Mitunternehmer seinen Gesellschaftsanteil veräußert.

 

Normenkette

EStG 1990 §§ 16, 34

 

Verfahrensgang

FG München (Entscheidung vom 25.07.2002; Aktenzeichen 5 K 5285/99; EFG 2002, 1526)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ―die A-KG― war bis zum Beginn des Streitjahrs (1992) zu 100 v.H. als alleinige Kommanditistin an der beigeladenen B-KG beteiligt, deren Zweck in der wirtschaftlichen und bautechnischen Grundstückserschließung und -entwicklung sowie der Baubetreuung und -durchführung aller Art bestand; darüber hinaus sah der Gesellschaftsvertrag die Ausdehnung des Betriebs auf andere Tätigkeiten vor.

Im Mai 1991 erwarb die B-KG zwei ―teilweise bebaute― Grundstücke (X) mit einer Gesamtfläche von ca. 4,1 ha zum Kaufpreis von rd. 64,5 Mio. DM. Mit Wirkung vom 15. Januar 1992 veräußerte die Klägerin ihren Kommanditanteil für 95 Mio. DM an drei ―nicht zum Konzernverbund der A-Gruppe gehörende― Erwerber. Die B-KG (jetzt Y-KG) wurde daraufhin mehrfach umfirmiert.

Entsprechend einer gegenüber den Anteilserwerbern eingegangenen Verpflichtung hatte die B-KG in der Zeit vom 1. Januar bis 15. Januar 1992 ―mit Ausnahme der in der Bilanz zum 31. Dezember 1991 als Umlaufvermögen ausgewiesenen Grundstücke X― ihren gesamten Geschäftsbetrieb auf die S-KG (Schwesterpersonengesellschaft), an der die A-KG gleichfalls zu 100 v.H. beteiligt war, unter Fortführung der bisherigen Buchwerte übertragen. Dies umfasste neben dem Anlagevermögen (Fuhrpark, Geschäftsausstattung mit Buchwert zum 31. Dezember 1991 in Höhe von rd. 209 000 DM), den halbfertigen Arbeiten (rd. 377 000 DM) und den Forderungen (einschließlich liquider Mittel) und Verbindlichkeiten auch die Dienst- und Arbeitsverhältnisse (Aufwand 1991 ohne Geschäftsführergehälter: rd. 359 000 DM) sowie die Geschäftsbeziehungen.

Im Anschluss an eine für das Streitjahr durchgeführte Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Auffassung, dass der Verkauf des Kommanditanteils an der B-KG zu einem laufenden Gewinn geführt habe, da zu deren (Gesamthands-)Vermögen im Veräußerungszeitpunkt lediglich die Grundstücke X gehört hätten.

Der gegen den geänderten Feststellungsbescheid 1992 erhobene Einspruch, mit dem die Klägerin die Feststellung der Tarifbegünstigung ihres Veräußerungsgewinns nach den §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes 1990 (EStG 1990) begehrte, blieb ohne Erfolg.

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens hat das FA den Feststellungsbescheid erneut geändert, ohne jedoch dem Klagebegehren abzuhelfen. In der Sache ist das FA zwar nicht mehr dem Vortrag der Klägerin entgegengetreten, dass die B-KG sich bezüglich der Grundstücke X als Projektentwickler betätigt habe und für den von der Klägerin erzielten Veräußerungserlös auch der Stand der Bauplanungsverhandlungen mit der Stadt X von Bedeutung gewesen sei. Strittig blieb jedoch, ob ―wie vom FA angenommen― es sich bei den auf die S-KG übertragenen Wirtschaftsgütern um wesentliches Betriebsvermögen gehandelt hat und ob die Wirtschaftsgüter über (erhebliche) stille Reserven verfügten.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es ist dabei der Ansicht des FA gefolgt, dass die S-KG ―mit Ausnahme der Grundstücke X― den gesamten betrieblichen Organismus der B-KG (einschließlich Personal) und damit wesentliche Betriebsgrundlagen übernommen habe. Da die von der S-KG fortgeführten Buchwerte dieser Wirtschaftsgüter ―jedenfalls mit Rücksicht auf die vollständige Abschreibung der im Jahre 1991 erworbenen geringwertigen Wirtschaftsgüter (rd. 45 000 DM)― deren wirklichen Wert unterschritten hätten und somit die stillen Reserven des Betriebs der B-KG insoweit nicht aufgedeckt worden seien, scheide für die Veräußerung des KG-Anteils durch die Klägerin die Tarifbegünstigung nach den §§ 16, 34 EStG 1990 aus. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang der Einwand der Klägerin, dass die Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven gewollt gewesen sei; maßgeblich sei vielmehr der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt (hier: Buchwertfortführung trotz Vorhandenseins stiller Reserven). Demgemäß könne nicht nur dahinstehen, ob die Gestaltung i.S. von § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) missbräuchlich gewesen sei, sondern ferner auch, ob der Vorgang zu einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils durch die Klägerin geführt habe.

Mit der Revision hält die Klägerin nicht nur daran fest, dass das auf die S-KG übergegangene Vermögen nicht wesentlich gewesen sei und keine stillen Reserven aufgewiesen habe. Darüber hinaus macht sie geltend, dass selbst dann, wenn man insoweit die Einschätzung der Vorinstanz teilte und den stillen Reserven des Anlagevermögens, das lediglich 0,28 v.H. der Bilanzsumme repräsentiert habe, Bedeutung beimessen wollte, das FA es jedenfalls versehentlich unterlassen habe, die in diesen Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven aufzudecken. Hieraus könnten der Klägerin aber keine Nachteile erwachsen, da die Voraussetzungen einer Buchwertfortführung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Rechtslage bis einschließlich 1998 im Streitfall nicht erfüllt worden seien. Demgemäß sei ―hilfsweise― der festzustellende Veräußerungsgewinn zu erhöhen und hierfür insgesamt die Tarifermäßigung zu gewähren.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. das Urteil der Vorinstanz sowie den Feststellungsbescheid vom 5. Juli 2002 aufzuheben und den von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinn ―unter entsprechender Minderung des laufenden Gewinns― als tarifbegünstigt festzustellen,

2. hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückzuverweisen, dass diese den Veräußerungsgewinn einschließlich der stillen Reserven des Anlagevermögens ermittelt und unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Juli 2002 als tarifbegünstigt feststellt.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist nicht begründet. Sie ist deshalb zurückzuweisen.

1. Der Senat geht zugunsten der Klägerin davon aus, dass die Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebs der B-KG auf ihre Schwesterpersonengesellschaft (S-KG) angesichts des Rückbehalts der als wesentliche Betriebsgrundlagen zu qualifizierenden Grundstücke X (dazu Senatsurteile vom 21. November 1989 VIII R 19/85, BFH/NV 1990, 625; vom 18. August 1992 VIII R 22/91, BFH/NV 1993, 225) sowie der Übernahme der Verbindlichkeiten durch die S-KG mit einer Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG 1990 verbunden war. Gleichwohl kann die Klage auch auf der Grundlage dieser Annahme keinen Erfolg haben, da der von der Klägerin erzielte Gewinn aus der Veräußerung ihres KG-Anteils als Veräußerung der Grundstücke X zu werten ist und damit nicht den Vergünstigungen der §§ 16, 34 EStG 1990 unterstünde (dazu nachfolgend zu Abschn. 2 der Gründe). Demgemäß kann auch dahinstehen, ob in den auf die S-KG übertragenen Wirtschaftsgütern überhaupt von der Klägerin aufzulösende stille Reserven ruhten.

2. Nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG 1990 (jetzt: § 16 Abs. 3 Satz 6 EStG) sind Gewinne aus der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter, die im Zuge der Betriebsaufgabe erzielt werden, nur dann Teil des nach den §§ 16, 34 EStG 1990 begünstigten Betriebsaufgabegewinns, wenn sie "im Rahmen der Aufgabe des Betriebs" anfallen. Das Gesetz bringt hiermit zum Ausdruck, dass es nicht jegliche zusammengeballte Gewinnrealisierung, sondern nur eine solche privilegieren will, die sich in den sachlich abgrenzbaren Formen einer Betriebsveräußerung oder ‐aufgabe vollzieht; es sondert damit diejenigen Erträge, die auf der im Wesentlichen unveränderten Fortsetzung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit beruhen, ungeachtet dessen, ob die in Frage stehenden Vorgänge im zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe (oder ‐veräußerung) stehen und die gewerbliche Gesamttätigkeit abschließen (BFH-Urteil vom 9. September 1993 IV R 30/92, BFHE 172, 344, BStBl II 1994, 105, 106, mit zahlreichen Nachweisen).

a) Nach zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung sind Gewinne aus der Veräußerung des zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers gehörenden Grundbesitzes selbst dann der laufenden ―d.h. der bisherigen und damit nicht begünstigten― unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen, wenn es sich um die Veräußerung des letzten zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks an nur einen Abnehmer handelt. Unerheblich ist hierbei ferner, ob es sich bei dem Erwerber um einen sog. Endabnehmer oder einen gewerblich oder nicht gewerblich tätigen Wiederverkäufer handelt. Die Irrelevanz des Abnehmerkreises gründet in dem Umstand, dass der gewerbliche Grundstückshändler ―im Gegensatz zu sonstigen Handelsunternehmen (dazu Senatsurteil vom 29. November 1988 VIII R 316/82, BFHE 156, 408, BStBl II 1989, 602, betr. Teppich-Einzelhandel)― mit Rücksicht auf den Wert der zu beurteilenden Vorräte (Grundbesitz) auf keinen im Vorhinein bestimmten Abnehmerkreis trifft, dieser vielmehr im Einzelfall gesucht und geworben werden muss. Hieraus folgt aber nicht nur, dass der gewerbliche Grundstückshandel keine bestimmten und damit für die steuerrechtliche Beurteilung signifikanten Handelsstufen kennt, sondern weiterhin auch, dass das typusprägende Händlerbild das Gesamtspektrum des Grundstücksumschlags (Erwerb und Veräußerung) und damit neben dem bloßen Durchhandeln auch sämtliche Phasen der Grundstücksentwicklung, -bebauung oder ‐modernisierung und Grundstücksteilung sowie die Zwischenschaltung von Großabnehmern umfasst (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 25. Januar 1995 X R 76-77/92, BFHE 76, 426, BStBl II 1995, 388; vom 23. Januar 2003 IV R 75/00, BFHE 201, 278, BStBl II 2003, 467; vom 30. November 2004 VIII R 15/00, juris; BFH-Beschluss vom 15. Februar 2002 XI B 19/01, BFH/NV 2002, 783).

b) Dem Einwand der Klägerin, im Streitfall stünde der Geltung dieser Grundsätze entgegen, dass mit der Veräußerung des durch den Gesellschaftsanteil repräsentierten Grundbesitzes der B-KG (dazu nachfolgend zu Abschn. II.2.c) zugleich die ursprünglichen Planungs-, Bebauungs- und Verkaufsabsichten aufgegeben worden seien, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

(1) Angesichts des weit gefassten und mit Rücksicht auf seine konkreten Erscheinungsformen nicht spezifizierten Bildes des gewerblichen Grundstückshandels ist der einzelne Geschäftsvorfall immer dann Teil des laufenden Geschäftsbetriebs, wenn ―ungeachtet der Person des Abnehmers und die diesem zugedachte Funktion in der Entwicklung, Bebauung und Vermarktung des betroffenen Grundstücks― der Veräußerungsvorgang dem durch das Gesamtspektrum des gewerblichen Grundstückshandels geprägten Tätigkeitsfeld zugeordnet werden kann. Letzteres ist aber auch dann zu bejahen, wenn das Grundstück vor Abschluss der zunächst ins Auge gefassten Arbeiten an einen Erwerber veräußert wird, der die begonnenen Tätigkeiten fortzuführen beabsichtigt. Demgemäß ist nicht nur der im Veräußerungszeitpunkt gegebene Planungsstand sowie der zu diesem Zeitpunkt erreichte Baufortschritt ohne Bedeutung; darüber hinaus kommt es nicht darauf an, ob ―und ggf. bei Eintritt welcher Umstände― bereits im Erwerbszeitpunkt die Bereitschaft bestand, das Grundstück vor Abschluss der Planungs- oder Bauarbeiten bestmöglich zu verwerten. Keine Bedeutung ist ferner dem Umstand zuzumessen, ob der Veräußerungsgewinn aus dem bloßen Durchhandeln des Grundstücks erzielt wurde ―also beispielsweise auf eine allgemeine Veränderung des Preisgefüges auf dem betroffenen Grundstücksmarkt oder auf die konkrete Verhandlungssituation der Vertragspartner zurückzuführen ist― oder ob die Höhe des Kaufangebots ―wie von der Klägerin für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt geltend gemacht― auf den bisherigen gewerblichen Aktivitäten des Veräußerers im Zusammenhang mit den Grundstücken beruhte (hier: der im Verlauf mehrerer Jahre mit der Stadt X erreichte Verhandlungsstand).

(2) Abweichendes ergibt sich ―entgegen der offenbar von sämtlichen Beteiligten des anhängigen Verfahrens vertretenen Ansicht― nicht aus dem BFH-Urteil in BFH/NV 1990, 625, mit dem der erkennende Senat den aus der Veräußerung eines ―einzelnen und tatsächlich nur gehandelten― Grundstücks erzielten Gewinn durch eine zuvor jahrelang inaktive Gesellschaft, die gerade (und ausschließlich) mit dem Erwerb dieses Einzelgrundstücks ihre gewerbliche Tätigkeit wieder aufgenommen (begonnen) hatte, dem Vorgang der Betriebsaufgabe zugerechnet hat, weil zum einen der bloße An- und Verkauf von Grundvermögen nicht Gesellschaftszweck gewesen, zum anderen auch die für das in Frage stehende Einzelgrundstück bestehende Planung (Renovierung und Veräußerung nach Teilung in Wohneigentumsrechte) nur aufgrund eines Zerwürfnisses im Gesellschafterkreis gescheitert und damit das Grundstücksgeschäft nicht entsprechend der geplanten Geschäftstätigkeit ―d.h. "nicht genauso"― abgewickelt worden sei. Abgesehen davon, dass das Urteil vom BFH nicht mehr bestätigt, sondern durchgängig als besonders gelagerter "atypischer" Fall eingestuft worden ist (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1993, 225; in BFHE 76, 426, BStBl II 1995, 388; in BFHE 201, 278, BStBl II 2003, 467; vom 30. November 2004 VIII R 15/00, juris; BFH-Beschlüsse vom 17. Februar 1999 IV B 44/98, BFH/NV 1999, 1110; vom 26. April 2000 III B 47/99, BFH/NV 2000, 1451; in BFH/NV 2002, 783; vgl. auch FG München, Urteil vom 6. Dezember 2002 5 K 4177/99, Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2003, 703, rkr.) und der im anhängigen Verfahren zu beurteilende Sachverhalt keine signifikanten Parallelen zu den Verhältnissen des Verfahrens VIII R 19/85 aufweist (keine Beschränkung des Gesellschaftszwecks, keine beginnende Geschäftstätigkeit, keine Beschränkung der gewerblichen Tätigkeit auf ein einziges Grundstück), ist die Entscheidung durch die zu Abschn. II.2.a der Gründe wiedergegebene Folgerechtsprechung, der der erkennende Senat nicht nur ―wie ausgeführt― angesichts der sie tragenden sachlichen Erwägungen, sondern auch aus Gründen der objektiven Nachprüfbarkeit und damit im Interesse der Rechtsvereinfachung und Normanwendungsgleichheit, ausdrücklich zustimmt, überholt.

c) Allerdings sind die Verhältnisse des Streitfalls dadurch gekennzeichnet, dass zivilrechtlich Gegenstand der Veräußerung nicht die zum Gesamthandsvermögen der B-KG gehörenden Grundstücke X, sondern die Anteilsrechte der Klägerin an der B-KG waren. Auch dies vermag indes keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

aa) Die nach den dargelegten Grundsätzen zu bestimmende Abgrenzung zwischen den nach den §§ 16, 34 EStG 1990 begünstigten Gewinnen und den in Verfolg der laufenden Geschäftstätigkeit erzielten Erträgen ist nicht nur im Falle der Aufgabe eines Betriebs oder Teilbetriebs durch ein Einzelunternehmen, sondern gleichermaßen auch dann zu beachten, wenn der Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft aufgegeben wird. Folge hiervon ist nicht nur, dass diejenigen Gewinne, die auf der Veräußerung der zu ihrem Gesamthandsvermögen (Umlaufvermögen) gehörenden Grundstücke beruhen, auch dann mit dem Anfall eines laufenden Ertrags verbunden sind, wenn sie mit dem Tatbestand der Aufgabe des gewerblichen Grundstückshandels zusammentreffen. Gleiches gilt weiterhin unter der Annahme, dass die ―im Kontext der Betriebsaufgabe durch die Personengesellschaft veräußerten― Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer gehalten wurden.

bb) Nichts anderes gilt für die im anhängigen Verfahren zu beurteilende Konstellation, dass das Gesamthandsvermögen ―mit Ausnahme des dem gewerblichen Grundstückshandel dienenden Grundbesitzes― an eine Schwesterpersonengesellschaft (hier: S-KG) ausgekehrt wird und im Anschluss hieran der Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil an der Ursprungsgesellschaft (hier: B-KG) veräußert.

(1) Wäre das Vermögen zu Buchwerten auf die S-KG übertragen worden und geht man weiterhin davon aus, dass in diesem Vermögen erhebliche stille Reserven ruhten, so wäre nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 6. September 2000 IV R 18/99 (BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229) die Annahme einer begünstigten Veräußerung des Mitunternehmeranteils bereits deshalb ausgeschlossen gewesen, weil der Mitunternehmeranteil nicht nur durch das Sonderbetriebsvermögen, sondern auch durch das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft geprägt ist mit der Folge, dass die Vergünstigung der §§ 16, 34 EStG 1990 mangels Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven nicht gewährt werden könnte; insbesondere ist es nach dieser Zwecksetzung ausgeschlossen, den Mitunternehmer allein deshalb gegenüber einem Einzelunternehmer, der unter sonst gleichen Verhältnissen von der Inanspruchnahme der Tarifvergünstigung ausgeschlossen wäre, besser zu stellen, weil er ―zivilrechtlich― nicht die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens, sondern seinen Personengesellschaftsanteil veräußert.

(2) Nach den nämlichen Grundsätzen ist auch zu entscheiden, wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Wirtschaftsgüter der B-KG ―mit der Folge einer Betriebsaufgabe― unter Ansatz ihrer wirklichen Werte auf die S-KG übertragen worden sind und es somit innerhalb des Geltungsbereichs der §§ 16, 34 EStG 1990 der Sonderung von begünstigtem Aufgabegewinn und laufendem Veräußerungsgewinn bedarf. Auch hierbei kann der zivilrechtlichen Unterscheidung zwischen Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft und Gesellschaftsanteil des Mitunternehmers kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden; maßgeblich ist vielmehr unter systematisch-teleologischen Gesichtspunkten zum einen der Zweck des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG 1990, Gewinne aus der im Wesentlichen unveränderten Fortsetzung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit von den privilegierten Betriebsaufgabe- oder -veräußerungsgewinnen zu scheiden, sowie zum anderen die Erwägung einer möglichst weitgehenden Gleichbehandlung von Einzel- und Mitunternehmern. Hiernach kann aber nicht zweifelhaft sein, dass im Streitfall die Veräußerung der Gesellschaftsanteile durch die A-KG als Veräußerung der zum Gesamthandsvermögen gehörenden Grundstücke zu werten und damit dem Sachverhalt gleichzustellen ist, dass die B-KG unmittelbar über die ihr verbliebenen Eigentumsrechte an den Grundstücken X verfügt hätte. Nur diese rechtliche Wertung sichert zudem die Gleichstellung zu dem Sachverhalt, dass das dem gewerblichen Grundstückshandel dienende Grundvermögen dem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers angehört und im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabe des Betriebs veräußert wird (s. dazu vorstehend zu Abschn. II.2.c aa der Gründe).

(3) Bestätigung findet diese Beurteilung schließlich in der Rechtsprechung des BFH, nach der der Gedanke der Einheit der Personengesellschaft dann zurücktreten muss, wenn ―entsprechend der Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977― ein Durchgriff durch die zivilrechtliche Struktur der Gesamthand im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung erforderlich ist (BFH-Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, 621 f.). Ob hieraus weiterhin abzuleiten ist, dass in Fällen der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen, die ertragsteuerrechtlich überwiegend als Veräußerung der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens ausgedeutet wird (vgl. Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 16 Rz. 452, m.w.N.), der Teil des Veräußerungsgewinns als laufender Ertrag zu qualifizieren ist, der auf das Grundstücksumlaufvermögen der Gesellschaft entfällt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (bejahend z.B. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13. März 2001 2 K 1233/99, juris, Revision eingelegt, VIII R 28/05; Urteil des FG Berlin vom 21. April 2004 6 K 6347/00, EFG 2004, 1315, Revision eingelegt, VIII R 41/04; kritisch Wüllenkemper, EFG 2004, 1317).

3. Die Revision kann demnach weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg haben. Der Senat kann deshalb auch offen lassen, ob einer Klagestattgabe nach Maßgabe des Hilfsantrags (Feststellung eines Aufgabegewinns unter Berücksichtigung bisher nicht erfasster stiller Reserven) bereits der Umstand entgegensteht, dass eine Klageerweiterung im Revisionsverfahren ausgeschlossen ist (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 123 Rz. 2, m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1458078

BFH/NV 2006, 397

BStBl II 2006, 160

BFHE 2006, 100

BFHE 211, 100

BB 2006, 197

BB 2006, 33

DB 2006, 1250

DStR 2006, 18

DStRE 2006, 125

DStZ 2006, 3

HFR 2006, 167

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