Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Spiegelmiete bei öffentlichen Förderungsmaßnahmen

 

Leitsatz (NV)

1. Nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) eingeführte Förderungsmaßnahmen des sog. zweiten Förderungsweges können die Höhe der üblichen Miete gemäß § 79 Abs. 5 BewG nicht beeinflussen (Anschluß an BFH-Urteil in BFHE 158, 87, BStBl II 1990, 147).

2. Sehen Darlehensverträge über die Gewährung von Wohnungsfürsorgemitteln öffentlicher Körperschaften eine Mietpreisbindung wie im öffentlich geförderten Wohnungsbau nicht vor, so darf die übliche Miete i.S. des § 79 Abs. 2 BewG nicht aus Mietspiegeln für den öffentlich geförderten Wohnungsbau abgeleitet werden (Anschluß an BFH-Urteile in BFHE 142, 297, BStBl II 1985, 200, in BFHE 142, 303, BStBl II 1985, 234 und in BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36).

 

Normenkette

BewG 1965 §§ 27, 79 Abs. 2, 5

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und die Beigeladene sind Eigentümer eines im Jahre 1980 bezugsfertig errichteten, selbstgenutzten Einfamilienhauses. Das Gebäude ist nach den §§ 82 und 83 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II.WoBauG) als steuerbegünstigt anerkannt worden. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) haben der Kläger und die Beigeladene das Grundstück mit einem Darlehen aus Wohnungsfürsorgemitteln des Landes angeschafft.

Auf den streitigen Feststellungszeitpunkt (1. Januar 1981) stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Einheitswert unter Zugrundelegung einer Monatsmiete von 2,70 DM/qm auf 47600 DM fest.

Mit der Klage begehrte der Kläger die Herabsetzung des Einheitswerts auf 43500 DM.

Das FG gab der Klage teilweise statt. Es schätzte die übliche Miete auf 2,58 DM/qm, wobei es die übliche Miete aus dem für öffentlich geförderten Wohnungsbau geltenden Mietspiegel des FA (2,35 DM/qm) entnahm und diesen Betrag um einen Zuschlag von 10 v.H. wegen des Vorteils des Wohnens im eigenen Haus (= 0,23 DM/qm) erhöhte.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es trägt im wesentlichen vor:

Das FG sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und habe dadurch gegen den klaren Inhalt der (Einheitswert-)Akten verstoßen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) Aus den Einheitswertakten gehe eindeutig hervor, daß das streitbefangene Grundstück ausschließlich mit nichtöffentlichen Mitteln (Baudarlehen und Aufwendungszuschuß) gefördert worden sei. Ein Darlehen aus Wohnungsfürsorgemitteln des Landes sei entgegen der Annahme des FG nicht gewährt worden.

Im Streitfall handle es sich um eine Förderungsmaßnahme des sog. zweiten Förderungsweges, die es im Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) noch nicht gegeben habe und die deshalb auch die Höhe der zu schätzenden üblichen Miete nicht beeinflussen könne (§ 27 des Bewertungsgesetzes - BewG -; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Juli 1989 II R 65/86, BFHE 158, 87, BStBl II 1990, 147).

Eine Förderung mit öffentlichen Mitteln bzw. eine Bindung an die Kostenmiete des sozialen Wohnungsbaus sei aus dem Bewilligungsbescheid der Kreisbehörde nicht erkennbar.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Die von der Revision geltend gemachte Verfahrensrüge greift durch. Das FG ist ohne nähere Feststellungen und ohne erkennbaren Anhalt in den Akten unter Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO davon ausgegangen, daß der Erwerb des streitbefangenen Einfamilienhauses durch Wohnungsfürsorgemittel des Landes gefördert worden sei. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Der erkennende Senat sieht sich mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen außerstande, selbst zu entscheiden, ob die im Streitfall anzusetzende übliche Miete aus dem Mietspiegel für den öffentlich geförderten Wohnungsbau oder demjenigen für lediglich steuerbegünstigte Objekte abzuleiten ist. Im zweiten Rechtsgang wird das FG die entsprechenden Feststellungen nachzuholen haben. Dabei wird es - unter Beachtung der vom Senat in BFHE 158, 87, BStBl II 1990, 147 dargelegten Grundsätze - zunächst prüfen müssen, ob es die im Streitfall gewährten Förderungen im Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) bereits gab. Ist dies zu verneinen - etwa weil es sich um erst nach dem 1. Januar 1964 eingeführte Förderungsmaßnahmen des sog. zweiten Förderungsweges handelte -, wird es die Klage schon aus den vom Senat in dem genannten Urteil angeführten Gründen abzuweisen haben.

Existierten die im Streitfall getroffenen Förderungsmaßnahmen hingegen bereits am Hauptfeststellungszeitpunkt, so wird das FG zu untersuchen haben, ob die hier - offensichtlich nicht im Rahmen des öffentlich geförderten Wohnungsbaues - gewährten Mittel zu den gleichen (Mietpreis-) Bindungen führten wie im öffentlich geförderten Wohnungsbau (vgl. BFH-Urteile vom 10. August 1984 III R 18/76, BFHE 142, 297, BStBl II 1985, 200; III R 82/75, BFHE 142, 303, BStBl II 1985, 234 und III R 41/75, BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36, unter 3. c). Nur in diesem Fall ist es gerechtfertigt, den Mietspiegel für öffentlich geförderte Objekte anzuwenden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419197

BFH/NV 1994, 10

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