Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung von Ferienwohnungen als Liebhaberei

 

Leitsatz (NV)

1. Wird zur Begründung, daß die Vermietung von Ferienwohnungen als Liebhaberei zu werten ist, darauf abgestellt, daß der Stpfl. über einen längeren Zeitraum Verluste erzielt hat, so sind für die Ermittlung der Höhe der Verluste die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften maßgebend; dies gilt auch für den Ansatz eines Nutzungswerts bei Selbstnutzung einer Wohnung durch den Stpfl. Für den Verlustzeitraum sind Wertänderungen der Ferienwohnungen zu berücksichtigen, sofern deren Nutzung im Falle der Verneinung der Liebhaberei einen Gewerbebetrieb darstellen und daher nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen würde.

2. Zur Frage, welche Umstände bei der Vermietung von Ferienwohnungen Rückschlüsse auf ein Handeln des Stpfl. aus persönlichen Motiven zulassen.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte im Streitjahr 1976 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und ferner als Dolmetscherin freiberufliche Einkünfte. Im Jahre 1972 erwarb sie ein altes und renovierungsbedürftiges Bauernhaus mit angebauter Scheune zum Preis von 27 000 DM. Sie baute in das Haus drei Wohnungen ein, die sie an Feriengäste vermietete.

In den Einkommensteuererklärungen gab die Klägerin an, daß ihr aus der Vermietung der Wohnungen Verluste aus Gewerbebetrieb entstanden seien, und zwar in folgender Höhe:

1972 18 962 DM,

1973 12 085 DM,

1974 10 960 DM,

1975 24 215 DM,

1976 21 660 DM,

1977 24 110 DM.

Nach ihrer Darstellung hatte die Klägerin in den Jahren 1978 bis 1982 folgende Verluste:

1978 438 DM,

1979 8 044 DM,

1980 6 175 DM,

1981 14 579 DM,

1982 10 836 DM.

In dem geänderten Einkommensteuerbescheid 1976 vom 20. August 1979 versagte der Beklagte und Revisionbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Anerkennung des ursprünglich bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigten Verlustes mit der Begründung, es handle sich bei der Vermietung des Hauses um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit der Klage machte die Klägerin u. a. geltend:

Das Haus habe für ca. 80 000 DM von ihrem Vater renoviert werden sollen. Es habe im Jahre 1977 einen Wert von ca. 120 000 DM gehabt. Da es für 27 000 DM im Jahre 1972 gekauft worden sei, seien in den Jahren vor 1977 Gewinne im steuerlich relevanten Bereich erzielt worden, auch wenn diese noch zu keiner positiven Besteuerung geführt hätten. Im Jahre 1977 sei eine Vermietungsgesellschaft eingeschaltet worden. Diese habe kurzfristig Mieteinnahmen von jährlich 3 900 DM, mittelfristig von 11 700 DM und langfristig von 18 200 DM erwartet. Es hätten jährlich bessere Ergebnisse erzielt werden können, wenn an Ort und Stelle eine Vertrauensperson mit handwerklichen Fähigkeiten zur Erledigung aller Kleinigkeiten anwesend gewesen wäre. Sie habe aber keine derartige Arbeitskraft gefunden. Auch die Absicht ihrer Eltern, diese Aufgabe zu übernehmen, sei aus Gesundheitsgründen gescheitert.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, daß die Vermietungstätigkeit als Liebhaberei zu werten sei und deshalb keine einkommensteuerlich zu erfassenden Verluste vorgelegen hätten.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den erklärten Verlust bei der Ermittlung des Einkommens des Streitjahres 1976 zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur vor, wenn neben anderen Voraussetzungen die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Fehlt es an dem Gewinnstreben, ist das Tätigwerden als Liebhaberei anzusehen mit der Folge, daß die aus ihr entstandenen Verluste einkommensteuerlich nicht zu berücksichtigen sind. Gewinn in diesem Sinne ist die Betriebsvermögensmehrung - also z. B. auch die durch Veräußerung von Anlagevermögen erzielte - in Gestalt eines Totalgewinns; darunter ist der Gewinn von der Gründung bis zur Veräußerung oder Aufgabe oder Liquidation zu verstehen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766).

Entsprechendes gilt für die Überschußeinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG. Eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung gemäß § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG ist nur gegeben, wenn die Absicht besteht, auf Dauer gesehen, nachhaltig Überschüsse zu erzielen; dabei wird nicht auf das Ergebnis der Vermögensnutzung eines oder weniger Jahre, sondern auf das positive Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung abgestellt, wobei allerdings steuerfreie Veräußerungsgewinne nicht in diese Betrachtung einzubeziehen sind (Beschluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766).

Gewinnerzielungsabsicht ist eine innere Tatsache, die nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muß auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können, der vom Steuerpflichtigen entkräftet werden kann. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten (BFH-Urteil vom 15. November 1984 IV R 139/81, BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205). Dies erfordert eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können. Längere Verlustperioden allein reichen aber noch nicht aus, um die Liebhaberei zu begründen. Es müssen Beweisanzeichen hinzukommen, die den Schluß rechtfertigen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus dem Bereich der Lebensführung zuzuordnenden persönlichen Gründen ausübt (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767). Entsprechende Grundsätze gelten für die Überschußerzielungsabsicht bei Überschußeinkünften.

2. Das FG-Urteil entspricht diesen Grundsätzen nicht. Das FG hat seine Entscheidung, daß die Nutzung des umgebauten Bauernhauses durch die Klägerin als eine einkommensteuerrechtlich unerhebliche Liebhaberei zu bewerten sei, im wesentlichen darauf gestützt, daß aus der Nutzung über längere Zeit nur Verluste erzielt worden seien und nach der Art der Bewirtschaftung auf Dauer auch nicht mit Gewinnen hätte gerechnet werden können. Hierbei ist das FG von den Verlusten ausgegangen, die die Klägerin erklärt hat. Es hat nicht geprüft, ob die Höhe der von ihr angegebenen Einkünfte bei Annahme einer gewerblichen Tätigkeit den einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften oder bei Annahme von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung den Vorschriften zur Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten entspricht. Aus dem angefochtenen Urteil ist nicht erkennbar, ob eine Eigennutzung der Wohnungen durch die Klägerin oder ihre Eltern stattgefunden hat und der Nutzungswert nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften in zutreffender Höhe erfaßt worden ist. Nach Aktenlage bestehen auch Zweifel, ob die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können.

Für die Entscheidung des FG war auch erheblich, daß Wertsteigerungen des von der Klägerin genutzten Grundstücks der Annahme einer einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Liebhaberei nicht entgegenständen. Dem kann, wie unter Ziff. 1 ausgeführt, nicht gefolgt werden, sofern eine Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zum betrieblichen Bereich in Betracht kommt. In diesem Fall wird das FG deshalb auch die Frage zu klären haben, ob in dem der Prüfung des Gewinnstrebens zugrunde gelegten Zeitraum Wertsteigerungen des Grundstücks eingetreten sind. Ohne Berücksichtigung etwaiger Werterhöhungen wäre es nicht möglich, den Grundsatz, daß auf den Gewinn von der Gründung bis zur Beendigung des Betriebs abzustellen ist, in sinnvoller Weise zu verwirklichen. Daß in einem solchen Fall nach den einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften noch keine Gewinnrealisierung stattgefunden hat, ist hier deshalb unbeachtlich, weil es für die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Liebhaberei allein auf das Gewinnstreben ankommt und dieser Anforderung auch dann genügt ist, wenn der erstrebte Gewinn erst in späteren Jahren realisiert wird.

3. Das FG-Urteil mußte deshalb aufgehoben werden. Die Sache ist nicht spruchreif; sie war deshalb an das FG zurückzuverweisen.

Bei der erneuten Entscheidung wird das FG zu berücksichtigen haben, daß nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 59/82, BFHE 143, 58, BStBl II 1985, 455) die Vermietung eines Gästehauses, die lange Zeit nur zu Verlusten geführt hat, nicht schon dann als Liebhaberei zu beurteilen ist, wenn eine objektive betriebswirtschaftliche Beurteilung ergibt, daß das Unternehmen auf absehbare Zeit nicht zur Einkünfteerzielung geeignet ist; es muß vielmehr geprüft werden, ob diese objektive Feststellung den Rückschluß auf ein Handeln des Steuerpflichtigen aus persönlichen Motiven zuläßt. Bei der Entscheidung dieser Frage wird das FG wohl kaum der Tatsache Bedeutung beimessen können, daß sich die Renovierungsarbeiten am Haus der Klägerin deshalb eine längere Zeit hingezogen haben, weil der Vater der Klägerin die Arbeiten nur an Wochenenden ausgeführt hat; denn für das Gewinnstreben der Klägerin kommt es in erster Linie darauf an, welche Anstrengungen zur Einkünfteerzielung sie nach Fertigstellung des Hauses unternommen hat. Andererseits kann jedoch das FG in diesem Zusammenhang den Umstand in seine Würdigung miteinbeziehen, daß sich die Ferienwohnungen in einem alten, aber renovierten Bauernhaus in landschaftlich schöner Gegend befinden, und dabei von der Überlegung ausgehen, daß für ein solches Handeln auch private Neigungen mitbestimmend sein können, falls die Klägerin die Wohnungen selbst in nicht unerheblichem Umfang zu Wohnzwecken genutzt hat bzw. nutzt.

Bleiben die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs unaufgeklärt, so hat das FG zu beachten, daß die Klägerin insoweit die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt (BFH-Urteile vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289, und vom 28. August 1987 III R 273/83, BFHE 151, 42, BStBl II 1988, 10).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415771

BFH/NV 1988, 774

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